Protokoll der Sitzung vom 29.07.2004

Frau Vossschulte und Kollege Fischer haben alle wichtigen Dinge gesagt. Es handelt sich um eine maßvolle Erhöhung mit zeitlicher Verzögerung. Es handelt sich um eine Erhöhung der Pauschalen, die sich zum Beispiel bei der Fahrtpauschale durch den Anstieg der Benzinpreise rechtfertigen lässt.

Es handelt sich aber drittens – und diese drei Schritte hat die Kollegin Vossschulte sehr deutlich dargelegt – auch um wesentliche Einschnitte, die deshalb gerechtfertigt sind, weil wir diese Einschnitte auch bei unseren Beamten vorgenommen haben. Hier gilt es vorbildlich zu handeln. Ich stelle fest, dass wir das damit tun.

Offen bleibt noch, ob die Änderungen bezüglich der Abgeordnetenentschädigung und -versorgung, die zum 1. August in Kraft treten sollen, auch rückwirkend für einige Fälle im Hause, in denen Abgeordnete nach 1996 eingetreten sind, in Kraft treten können.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Bei der Versorgung!)

Versorgung, ja, natürlich, Entschuldigung. Also es geht speziell um die Frage, ob die Änderungen bei der Versorgung rückwirkend in Kraft treten können oder nicht. Das muss man im Ständigen Ausschuss noch im Einzelnen beraten.

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat ein Problem, dass wir uns die Erhöhung der Diäten selbst genehmigen müssen. Aber der Landtag ist und bleibt der Souverän. Über den Haushalt und das Geld kann eben nur der Souverän entscheiden. Gleichwohl haben die Frau Kollegin und der Herr Kollege darauf hingewiesen, dass es auch andere Möglichkeiten gäbe, um dieser alljährlichen Diskussion aus dem Weg zu gehen.

Dabei scheint uns Liberalen das Modell Bayerns ein sehr sinnvolles zu sein, wonach am Beginn einer Legislaturperiode über „Grunddiäten“ diskutiert und beschlossen wird, die dann automatisch steigen oder eben auch nicht, abhängig von einem bestimmten Index, sei es ein Preisindex oder

ein Lohnindex. Damit sind die Diskussionen für die ganze Legislaturperiode erledigt.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Ich glaube, wir sollten uns auf dieses Verfahren ab 2006 verständigen.

Meine Damen und Herren, was wir hier vornehmen, halte ich für bescheiden und gerechtfertigt. Denken Sie daran, dass unsere Beamten, wenn auch verzögert, 2,4 % mehr bekommen haben. Auch wenn sie eine Stunde mehr arbeiten müssen, haben wir sie nicht „verhungern“ lassen, sondern uns darum gekümmert, dass eine Gehaltserhöhung stattfindet. Dagegen ist die Diätenerhöhung, die wir hier vornehmen, aus meiner Sicht bescheiden.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort erhält Frau Abg. Lösch.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute stehen zwei Punkte zur Diskussion. Das eine ist der gemeinsame Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen zur Abgeordnetenentschädigung und -versorgung, das andere die erste Lesung des Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes.

Der Antrag der Fraktionen besteht aus vier Punkten, die gemeinsam betrachtet ein Gesamtpaket darstellen, dem auch wir zugestimmt haben, zwar nicht leichten und vollen Herzens, aber deshalb, weil wir Grünen uns für wichtige Bereiche auch verkämpft haben.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Sie wissen, dass die Höhe und das System der Altersversorgung seit langem unseren Hauptkritikpunkt, das Hauptärgernis darstellen. Bei der Höhe der Diäten bewegt sich Baden-Württemberg im Bundesvergleich am unteren Level, bei der Altersversorgung ist Baden-Württemberg im Bundesvergleich Spitze. Seit 1995 wurde die Altersversorgung in Baden-Württemberg nicht mehr verändert. Die vorgeschlagene Erhöhung der Mindestdauer für eine Versorgungsanwartschaft von acht auf zehn Jahre und die Erhöhung des Mindestalters für den Bezug der Abgeordnetenversorgung von 60 auf 63 Jahre sind deshalb ein längst überfälliger Schritt.

Schon im März hat unser Fraktionsvorsitzender Winfried Kretschmann die anderen Fraktionen angeschrieben und ihnen den Vorschlag gemacht, die Altersentschädigung von Abgeordneten in zwei Punkten zu verändern: zum einen das derzeitige Versorgungseinstiegsalter anzuheben, und zum Zweiten die Mindestmitgliedsdauer, die den Anspruch der Abgeordneten auf Entschädigung auslöst, von acht auf zehn Jahre zu erhöhen. Des Weiteren hat er für die anstehende Diätenanpassung eine Nullrunde vorgeschlagen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist nicht nur auf sei- nem Mist gewachsen!)

In diesem Punkt konnten wir uns nicht durchsetzen, jedoch wurden unsere Forderungen nach Einschnitten in der Altersentschädigung aufgenommen, ebenso wie weiter gehende Änderungen, die in dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen formuliert sind, weshalb wir in der Gesamtabwägung diesen Antrag und den Gesetzentwurf mittragen.

Ein strittiger Punkt bei uns in der Fraktion ist in der Tat, ab wann diese Änderungen greifen sollen. Die Frage, ob diese Änderungen nur Abgeordnete treffen sollen, die im Jahr 2006 erstmalig in den Landtag gewählt werden, oder auch die bisherigen Abgeordneten, die 2006 erneut in den Landtag gewählt werden, wurde in unserer Fraktion sehr kontrovers diskutiert. Eine Mehrheit hat sich dafür ausgesprochen, den Vertrauensschutz für bestehende Versorgungsansprüche und Anwartschaften, die Erhöhung der Mindestdauer der Versorgungsanwartschaften von acht auf zehn Jahre betreffend, anzuerkennen und zu respektieren, weil es tatsächlich auch einen sehr harten Eingriff darstellt, der Abgeordnete in der Form betreffen könnte, die da heißt: alles oder nichts.

Eine andere Einschätzung haben wir bei der Erhöhung des Mindestalters für den Bezug der Abgeordnetenversorgung von 60 auf 63 Jahre. Das sind Eingriffe, die nicht so hart sind. Es geht nicht um alles oder nichts. Die Ansprüche werden nur geschmälert, und jeder bekommt einfach ein bisschen weniger, da die Ansprüche erst drei Jahre später anfallen. Wir wollen prüfen lassen, ob diese Änderung auf alle Abgeordneten, die 2006 wiedergewählt werden, übertragbar ist. Das wäre für uns auch ein wichtiges Zeichen an die Bürgerinnen und Bürger, dass wir nicht nur Entscheidungen treffen, die uns überhaupt nicht betreffen, sondern dass wir auch bereit sind, bei uns selber Einschnitte vorzunehmen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir haben aber gemeinsam beschlossen, das zu prüfen!)

Klar ist, dass für Gesetze grundsätzlich das Rückwirkungsverbot gilt. Das heißt, dass Gesetzesnormen nicht auf zurückliegende Tatbestände angewendet werden dürfen. Dennoch ist es zulässig, neue Regelungen auf noch nicht abgeschlossene Tatbestände anzuwenden. Jedoch muss der Eingriff des Gesetzgebers in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel stehen. Deshalb ist eine Abwägung zu treffen: Auf der einen Seite stehen die Betroffenen, also die Abgeordneten – da sind Punkte wie Vertrauensschutz, Existenzsicherung und subjektive Zumutbarkeit zu berücksichtigen –; auf der anderen Seite muss den öffentlichen Belangen Rechnung getragen werden. Genau diese Abwägung zu treffen, dies zu überprüfen ist unser Ansinnen. Das wird im Ständigen Ausschuss diskutiert werden, und wenn möglich werden wir dann in der zweiten Lesung einen entsprechenden Änderungsantrag stellen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Nun zu den weiteren Punkten:

Die Absenkung der Bezugsgröße für die Hinterbliebenenversorgung von 60 % auf 55 % analog der Beamtenversorgung und die Kürzung des Überbrückungsgelds für Hinter

bliebene von Abgeordneten um 1 050 € werden von uns begrüßt.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist übrigens auch rückwirkend, ohne Bestandsschutz!)

Genauso begrüßen wir, dass diese Änderungen – rechtlich nicht umstritten – sofort ohne zeitliche Verzögerung umgesetzt werden können.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das wirkt auf alle, und zwar sofort!)

Gerade habe ich es gesagt, Kollege Noll.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Sie wissen ebenfalls, dass die Grünen seit Jahren mit dem System der Abgeordnetenentschädigung und -versorgung hadern. Deshalb sehen wir in der Einberufung einer externen und unabhängigen Diätenkommission eine Möglichkeit, zu einer Regelung zu kommen, bei der es selbstverständlich ist, dass sich Abgeordnete, genauso wie alle anderen Menschen auch, eigenverantwortlich um ihre Altersversorgung kümmern.

(Zuruf des Abg. Moser SPD)

Es wird auch endlich Zeit, dass wir ein Verfahren beschließen, das regelt, wie zukünftig die Höhe der Abgeordnetenentschädigung festgesetzt wird. Seit Jahren schwirrt die Überlegung durch die Gegend, ein externes Gremium mit dieser Aufgabe zu betrauen. Dies rechtlich prüfen zu lassen bringt uns auf jeden Fall weiter in der Entscheidung, ob wir das Verfahren von Niedersachsen und Bayern übernehmen, bei dem der Landtag am Beginn jeder Legislaturperiode beschließt, dass die Aufwandsentschädigung an die Einkommens- und Preisentwicklung des jeweils abgelaufenen Jahres angepasst wird.

(Abg. Capezzuto SPD: Das kostet mehr als die Er- höhungen!)

Jetzt komme ich zum vierten Punkt des gemeinsamen Antrags: Das ist die Anpassung der Abgeordnetenentschädigung. In diesem Punkt konnten wir uns nicht durchsetzen.

(Abg. Capezzuto SPD: Ha no!)

Wir haben uns schon im März sowohl in einem Brief an die Vorsitzenden der anderen Fraktionen als auch in der Öffentlichkeit für eine Nullrunde ausgesprochen. Diese wurde von den anderen Fraktionen so nicht akzeptiert. Gleichwohl werden die Diäten nicht, wie gesetzlich vorgesehen, am 1. August dieses Jahres erhöht, sondern erst im nächsten Jahr, sodass wir faktisch in diesem Jahr eine „kleine Nullrunde“ haben.

Erreicht haben wir eine Verzögerung der Diätenanhebung vom 1. Januar auf den 1. Februar 2005,

(Abg. Capezzuto SPD: Wer? Wer hat das erreicht? – Weitere Zurufe von der SPD)

sodass wir effektiv eine Erhöhung der steuerpflichtigen Entschädigung – nicht aufregen, zuhören! –

(Abg. Capezzuto SPD: Da kann man sich ja bloß aufregen!)

von unter 1 % haben, nämlich 0,9 %.

(Abg. Schmiedel SPD: Besseres Menschlein!)

Wenn es nach Ihnen ginge, hätten wir die Diätenerhöhung wahrscheinlich nicht erst am 1. Februar.

(Abg. Stickelberger SPD: Jetzt ist es aber gut! – Abg. Dr. Caroli SPD: Jetzt reicht es aber langsam!)

Ganz ruhig bleiben!

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Capezzuto: Ist es richtig, dass Sie die Hälfte Ihres Gehalts spenden?)