Deswegen sage ich: 86 Cent zu bekommen ist besser als eine weitere Ungewissheit in Bezug auf 1,09 €.
(Abg. Walter GRÜNE: Jetzt bin ich gespannt, ob der Aristoteles oder welche Logik der im Blick hat! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Besser ein Bein als gar kein Bein! – Zuruf des Abg. Drexler SPD – Weitere Zurufe)
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir führten erst vor zweieinhalb Monaten in diesem Haus eine Debatte unter dem Titel „Rundfunkgebühren und Medienpolitik“. Es scheint, die SPD-Fraktion hat nichts, aber auch gar nichts aus dieser Debatte gelernt.
Sonst könnte sie mit dem heute zur Abstimmung stehenden Antrag nicht erneut den Eindruck erwecken wollen, dass all diejenigen, die den Empfehlungen der KEF zur Erhöhung der Rundfunkgebühr um 1,09 € nicht uneingeschränkt folgen wollen, damit gegen geltendes Recht verstoßen würden. Tatsache ist: Der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und das ihm zugrunde liegende Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 benennen zwar strenge Voraussetzungen für ein Abweichen von den Empfehlungen der KEF, schließen aber ein Abweichen keineswegs aus.
(Abg. Birzele SPD: Das hat doch überhaupt nie- mand gesagt! – Abg. Drexler SPD: Begründen Sie doch einmal sachlich!)
In den Leitsätzen des Urteils des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts unter Vorsitz von Roman Herzog vom Februar 1994 heißt es unter anderem:
Der so überprüfte Bedarf der Rundfunkanstalten darf bei der Gebührenfestsetzung nur aus Gründen unter
schritten werden, die vor der Rundfunkfreiheit Bestand haben. Dazu gehören namentlich die Interessen der Gebührenzahler.
Ich finde es interessant, dass in der ganzen Debatte der Gebührenzahler bisher überhaupt nicht aufgetaucht ist, meine Damen und Herren.
Deshalb sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, Frau Kollegin Kipfer: Wer sich hier hinstellt und sagt, dass diejenigen, die von der KEF-Empfehlung abweichen wollten, gegen Gesetze verstießen, der behauptet Unerhörtes und Ungeheuerliches.
Der sagt die Unwahrheit, denn er unterstellt, dass nur derjenige das gesetzlich festgelegte Gebührenverfahren beachtet, der sich für die von der KEF empfohlene Gebührenerhöhung einsetzt. Ich finde es nicht in Ordnung, Frau Kollegin Kipfer, wenn Sie diese Auffassung vertreten.
Sie können Ihre Auffassung ja vertreten. Sie können dafür auch Mehrheiten zu finden versuchen. Aber unterlassen Sie die Unterstellung, dass all diejenigen, die Ihnen nicht folgen, Gesetzesbrecher seien. Ich finde das nicht in Ordnung.
Dann sorgen Sie in der Medienkommission, der ja auch SPD-Ministerpräsidenten angehören, für Ordnung. Das sage ich Ihnen an dieser Stelle in aller Deutlichkeit.
(Zuruf des Abg. Fischer SPD – Abg. Walter GRÜ- NE: Das ist doch nicht die Rede von Schöning! Der schreibt doch nicht so einen Käse! – Glocke der Präsidentin)
Herr Theurer, sind Sie der Meinung, dass Sie zur Sozialverträglichkeit beitragen, wenn Sie eine Gebühr für den Einzelnen statt um 30 oder 35 Cent um einen geringeren Betrag erhöhen? Wagen Sie ernsthaft zu sagen, dass Sie das mit Sozialverträglichkeit für den einzelnen Bürger begründen, oder halten Sie das jetzt nicht für eine Lachnummer?
(Lachen bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Der re- det und weiß gar nicht, welche Gebühr er zahlt! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Sie verlangen von den Jungen im Monat für Schulartikel über 10 €!)
Entschuldigung, ich weiß es nicht auswendig, weil es in der Tat bei meinem Einkommen auf die 30 Cent nicht ankommt. Aber die Gebühr ist nicht sozialverträglich.
Die Sozialdemokratische Partei rennt doch landauf, landab bei Tarifverhandlungen und in anderen Bereichen herum und spielt die soziale Karte
und sagt, das sei gar nicht mehr zumutbar. Sie verweist in allen Diskussionen darauf, dass die Einkommen der Haushalte nicht gestiegen seien und dass man deshalb eine Umverteilungspolitik betreiben müsse. Und in dieser Frage halten Sie eine Gebührenerhöhung einfach für gerechtfertigt? Das passt doch nicht zusammen! Das ist nicht glaubwürdig.
Nein, ich gestatte angesichts der ablaufenden Redezeit keine Zwischenfrage mehr. Ich bitte dafür um Verständnis. Ich bin dazu gerne bereit, aber die Redezeit geht zu Ende.