Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als diese Debatte vor einiger Zeit begonnen wurde, hatte ich zumindest anfangs die Hoffnung, dass über das Thema sachlich diskutiert würde. Der Herr Minister hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt. Deshalb hatte ich gedacht, wir könnten diese Diskussion ohne irgendwelche ideologischen Scheuklappen führen. Aber leider sind wir eines Besseren belehrt worden, vor allem durch die zwei Redner – –
Ja, ja. Klar. Aber jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden! – Es zeigt sich doch offensichtlich, dass es hier nicht um eine sachliche Debatte geht.
Sonst könnten Sie nicht gleichzeitig hergehen und sagen: Wir stellen die Lehrmittelfreiheit in Baden-Württemberg infrage. Eigentlich stellen Sie sie gar nicht mehr infrage, sondern Sie killen sie. Dann kommen Sie hierher und bekommen das große soziale Gewissen, als ob man das der FDP/ DVP schon jemals geglaubt hätte,
Haben Sie das einmal ausgerechnet? Das wären rund 3,80 € pro Jahr. 3,80 € pro Jahr! Tut mir Leid! Da geht es doch auch um die Qualität des Programms, das weiterhin anzubieten ist.
Der Bedarf, der vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angemeldet wurde, betrug 2,01 €. Dann hat die KEF gesagt: Das geht zu weit; ihr müsst eure strukturellen Maßnahmen vorlegen und ein wirtschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept vorlegen. Daraufhin ist man auf die 1,09 € gekommen. Ich verstehe wirklich nicht, wie man jetzt hier diesen großen Zinnober machen kann.
Und dann Ihr Antrag! Sie wollen eine „maßvolle Erhöhung der Rundfunkgebühr, wenn möglich unterhalb der von der KEF empfohlenen 1,09 €“. Was heißt denn das? Da ist doch alles möglich. Das ist ja wirklich kaum das Papier wert, auf das Sie es geschrieben haben.
Wenn man sich ansieht, welchen Beigeschmack die Debatte in den letzten Monaten bekommen hat, dann weiß man: Ihnen geht es darum, weiterhin – etwas versteckter als in der Vergangenheit – einen Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fahren.
Ich erinnere zum Beispiel daran: Kaum wurde das öffentlich-rechtliche Fernsehen vom Internationalen Olympischen Komitee für seine Berichterstattung über die Olympischen Spiele gelobt, kommen Kollege Oettinger und andere daher und sagen, das müsse jetzt auch im Privatfernsehen zu sehen sein, so nach dem Motto: Da hat jetzt ein paar Wochen keiner hineingeschaut; deswegen brauchen wir die Privaten jetzt auch bei den Olympischen Spielen.
Schauen Sie sich einmal samstags die „Sportschau“ und sonntags die Bundesligaberichterstattung im DSF an! Ich frage Sie: Wollen Sie Letzteres den Leuten wirklich zumuten? Wenn Sie, Kollege Theurer, eine Umfrage machen, ob die Leute zukünftig lieber 33 Cent monatlich mehr zahlen wollen und dafür die „Sportschau“-Qualität bekommen oder ob sie die DSF-Qualität bekommen wollen, dann werden sie sich zu 100 % dafür entscheiden, 33 Cent mehr zu bezahlen. Darum geht es.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir beispielsweise die Diskussionen über die Auflösung oder die Zusammenle
gung von Orchestern anhöre, befürchte ich, dass Sie, wenn das so weitergeht, Ihre Musikhochschule da drüben schließen können, weil es dann niemanden mehr geben wird, der hinterher irgendwo eine Arbeit findet.
Hier geht es auch um die kulturelle Identität dieses Landes, und deswegen wird jeder gern diese 33 Cent mehr bezahlen. Ich halte den Weg, den Sie da gehen, für völlig falsch.
Wenn Sie wollen, dass die Öffentlich-Rechtlichen und die Privaten gleichberechtigt sind, dann darf man nicht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaputtsparen, sondern – das ist etwas, was der private Rundfunk und das private Fernsehen selbst zu tun haben – dann muss er mindestens genauso gut oder sogar besser sein. Dann wird er auch mehr Zuschauerinnen und Zuschauer haben.
Die erste Frage lautet: Wissen Sie, wer die sechs Ministerpräsidenten gewesen sind, die mit den Spitzen von ARD und ZDF verhandelt haben und dann auf die 86 Cent gekommen sind?
Und die zweite Frage – weil Sie die Qualität des öffentlichrechtlichen Rundfunks im Verhältnis zu den Privaten in Gefahr sehen –: Wissen Sie nach den zweimal jährlich erfolgenden Medienanalysen, wie viel Prozent der Bevölkerung in Baden-Württemberg öffentlich-rechtliches Fernsehen sehen und öffentlich-rechtlichen Rundfunk hören?
Zu Ihrer ersten Frage, Herr Scheuermann: Mir ist klar, dass das jetzt keine rein schwarze Veranstaltung war. Darum geht es jetzt auch gar nicht. Wenn ich beispielsweise die Angriffe sehe, die Herr Stoiber und Herr Steinbrück auf arte und Phoenix gefahren haben, dann ist es mir doch egal, von welcher Parteifarbe aus so ein Unfug geäußert wird.
Selbst wenn zwei Grüne mit beschlossen hätten, dass es 86 Cent werden sollen, würde ich es trotzdem für falsch halten.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ich kenne die Mediendaten, aber ich kann Ihnen eines sagen und habe dies an dieser Stelle auch schon gesagt:
Es geht mir gar nicht darum, zu sagen: „Alles im öffentlichrechtlichen Rundfunk geht in die richtige Richtung“ oder „Alles, was dort geschieht, ist prima.“ Ich hätte mir gewünscht, dass diese Diskussion hier nicht um 33 Cent geht,
sondern um die Frage: Was ist eigentlich die Grundversorgung? Was erwarten wir vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Kann der nicht noch besser werden? Ich glaube, die Diskussion hat auf einen völlig falschen Weg geführt. Aber den haben Sie beschritten.
Nein. Doch; Sie haben nämlich mit dieser Unterstützung der 86 Cent den anderen signalisiert, dass die Diskussion zunächst um das Geld gehen muss.
Zum letzten Teil Ihrer Ausführungen möchte ich noch sagen: Sie stellen sich hier hin und sagen: „Ja, 1,09 € wären eigentlich das Bessere.“ Ja, wo sind wir denn, wenn eine Partei wie die CDU, die die stärkste Fraktion hier im Landtag stellt, schon klein beigibt, anstatt von vornherein zu sagen: „Wir kämpfen für das, was wir als das Richtige erkannt haben“? Wenn Sie also 1,09 € als das Richtige erkannt haben, Herr Scheuermann, dann bitte ich Sie, treten Sie unserer Seite bei und lassen Sie den Unfug mit den 86 Cent.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Scheuermann CDU: Das habe ich nicht gesagt! – Glocke der Präsidentin)
Herr Drexler von der letzten Reihe, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Landesregierung hat in der ganzen Gebührendiskussion – das ist ja auch angeklungen – eine abgewogene, eine verfassungskonforme und zurückhaltende Position eingenommen. Wir haben die Urteile und hier vor allem das Urteil von 1994 ganz genau gelesen. Wir respektieren es, und deshalb werden Sie von mir in all den Verfahrensschritten auch keine einzige Äußerung hören, die Sie hier problematisieren könnten.
Ich habe dafür sogar in der Publizistik Kritik einstecken müssen, weil gefragt wurde: „Wo ist denn Baden-Württemberg? Warum beteiligt ihr euch nicht an diesem frischen, notwendigen Vorstoß von Bayern und Nordrhein-Westfalen?“ Das ging ja von diesen beiden Ländern aus. Ich habe immer gesagt: „Wir respektieren das Verfahren.“
Dabei bleibt es. Aber nun muss man natürlich sagen, dass die Rundfunkresolution des SWR vom 24. September dieses Jahres noch gar nicht die Position berücksichtigt hat, die die Länder auch nach der Anhörung von ARD und ZDF und nach der Anhörung der KEF gegenüber den Anstalten und gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert und als Beschlusstext für die morgen und übermorgen stattfindende Ministerpräsidentenkonferenz vorgelegt haben.