Deswegen lässt einen das fast sprachlos zurück. Es geht doch wirklich darum, dass wir anerkennen, dass der Staat eine Vielzahl der Aufgaben, die gemacht werden, an die man sich gewöhnt hat, nicht mehr erfüllen kann. Das ist kein Appell in dem Sinn: „Jetzt springt in die Lücke ein. Ihr müsst das ausgleichen, was nicht mehr finanziert werden kann.“ Es ist ein Appell an gutes bürgerschaftliches Verhalten, an Eigenverantwortung, an den mündigen Bürger. Was ist daran schlecht, meine Damen und Herren?
Wenn wir einen weiteren Punkt aufnehmen und sagen, dass wir die Wirtschaft, der es in Baden-Württemberg ja Gott sei Dank nach wie vor vergleichsweise gut geht, ein Stück weit mehr in die Pflicht nehmen wollen – das tun wir ja auch –, dann ist auch das der richtige Weg, meine Damen und Herren.
Wir haben noch eine Vielzahl von Beispielen. Wo wären denn viele unserer kleinen Dorfvereine, wenn die Wirtschaft nicht rundum Sponsoren „anzapfen“ könnte? Wo wären die denn?
Wir brauchen nicht nur auf die kleinen Einheiten zu schauen. Wir können auch einmal schauen und fragen: Wo wären denn, um es ganz deutlich zu sagen, viele berühmte Kunstwerke? Sie wären nicht mehr im Land, wenn wir nicht Wirtschaftsvertreter hätten, die einspringen und sagen: „Wir sorgen dafür, dass sie im Land Baden-Württemberg bleiben können.“ Das ist doch eine fantastische Sache.
Da sagen wir: Die Wirtschaft soll sich in diesem Bereich weiter beispielhaft verhalten und darauf achten, dass dieses Engagement tatsächlich aufrechterhalten wird. Dass dies von Zeit zu Zeit in Anspruch genommen wird, dass man auch zulässt, dass sie wieder loslassen und sagen: „Jetzt haben wir ein paar große Brocken bewältigt; wir können auch nicht ständig“, ist doch das Normalste von der Welt.
Jetzt bin ich von Ihnen dermaßen unterbrochen worden, dass ich ohnehin eine Pause zum Luftholen brauche. Ich bitte den Kollegen, mich zu fragen.
Herr Kollege Döring, Sie haben ja, wie ich finde, dankenswerterweise sehr darauf hingewiesen, dass die Wirtschaft stärker in bürgerschaftliches Engagement eingebunden werden müsse.
Wie erklärt es sich dann, dass es unter Ihrer Regentschaft im Wirtschaftsministerium gerade nicht möglich war, ein winziges Rädchen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im ehrenamtlichen Engagement zu bewegen, indem die Altersgrenze beim Sonderurlaub für Jugendgruppenleiter von 18 Jahren auf 16 Jahre gesenkt wird?
Das wollen alle. Das ist zuerst an der CDU, dann an der FDP/DVP und letztlich anscheinend nur noch an Ihnen selbst gescheitert.
Wenn Sie die Zeit nehmen, in der ich Wirtschaftsminister war, dann kann ich nur sagen, dass sich in diesen Jahren die Wirtschaft des Landes an einer Vielzahl von Wettbewerben, von Anerkennungen, von Preisen beteiligt hat, um bürgerschaftliches Engagement positiv herauszustellen, was ich ganz beispielhaft finde, und dass wir teilweise so viel Unterstützung erfahren haben,
dass wir sagen konnten: Es war außerordentlich wertvoll für diejenigen, die bürgerschaftliches Engagement an den Tag gelegt haben, dass sie dadurch eine Anerkennung erfahren haben.
Ich setze im ganz konkreten Bereich bei Wirtschaft und bei Bürgerinnen und Bürgern auf freiwilliges Engagement und nicht auf eine Verpflichtung. Das freiwillige Engagement ist das Entscheidende
und nicht, dass wir hinter allem, was gemacht werden soll, wieder einen Paragrafen und eine Regel hinterherschieben und alles festschreiben. Genau dies ist der falsche Weg, wenn wir eine wirkliche Bürgergesellschaft in Baden-Württemberg erreichen wollen.
Ich will Ihnen konkret zu einem weiteren Punkt etwas sagen, nämlich was die Übungsleiterpauschalen angeht. In den vergangenen Jahren ist immer wieder der Antrag gekommen, an die Übungsleiterpauschalen heranzugehen. Wer war es denn, der das verhindert hat? Es waren die Regierungsfraktionen, die aus ihrer Erfahrung in der täglichen Arbeit dafür gesorgt haben,
dass mit Mitteln, die für die Fraktionen zur Verfügung gestellt werden, die gravierendsten Kürzungen verhindert werden.
Dies müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Es wird auch in diesem Jahr wieder so sein, dass wir uns von unserer Seite aus darum bemühen, bei den Übungsleiterpauschalen – –
(Abg. Capezzuto SPD: Nur mit den Lottomitteln habt ihr es gekürzt! Wieso haben denn die Sport- verbände die Aktion „Die Luft ist raus!“ durchge- führt?)
Herr Capezzuto, ein kleines bisschen wieder runter vom Gas, die Luft rauslassen, sich kundig machen, dann ans Rednerpult gehen, selber in die Vereine gehen, sich engagieren – dann können Sie kompetent mitreden und sonst nicht.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD – Abg. Blenke CDU: Capezzuto hockt in seinem aufge- motzten Fiat 500! – Abg. Capezzuto SPD: Dieses Jahr wird doch bei den Sportverbänden wieder um Millionen gekürzt! – Gegenruf von der CDU)
Meine Damen und Herren! Ich bin ja, seit ich im Landtag bin, schon einiges gewöhnt. Aber Ihr Auftritt hier, Herr Döring, schlägt ja wirklich dem Fass den Boden aus. Das muss ich ganz einfach so sagen.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das haben Sie doch pro- voziert! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Le- sen Sie im Protokoll nach, was da los war!)
Ich brauche mich von Ihnen nicht belehren zu lassen, was die Vereine zu leisten haben. Ich bin selber in einem Verein; ich weiß, wie das ist. Ich weiß allerdings auch, Herr Döring, wie die Sportvereine letztes Jahr darunter gelitten haben, als die Kürzungen anstanden. Dann muss ich sagen: Was ist das für eine „ehrenhafte“ Politik gegenüber den Sportvereinen oder den anderen Vereinen,
wenn ich zuerst eine Kürzung um mehrere Millionen vornehme, dann wieder 1 Million oder 2 Millionen zurücknehme und mich dann auch noch dafür feiern lassen möchte, dass ich etwas zurückgenommen habe?
(Abg. Capezzuto SPD: So ist es! – Abg. Dr. Döring FDP/DVP: Sie verstehen das nicht! – Abg. Blenke CDU: Miesmacherei!)
Was wir im ehrenamtlichen Engagement brauchen, meine Damen und Herren, ist auch eine gewisse Planungssicherheit.
Wir müssen uns darauf verständigen können, dass bestimmte Bereiche dann eben auch so weiterlaufen. Wir dürfen hier nicht Sonntagsreden halten und dann gleichzeitig in der Politik etwas ganz anderes bestimmen.