Herr Minister, Sie stoßen sich an den 10 % Biotopverbund. Zunächst einmal: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen fordert seit Jahren 15 %. Dabei handelt es sich ja auch nicht um irgendein Gremium, sondern darin sind anerkannte Fachleute vertreten.
2 % der Fläche in Baden-Württemberg unterliegen dem Naturschutz. Jetzt fordern Sie im Umweltplan – er wurde hier ja schon als großes Beispiel dargestellt – „die Realisierung eines ökologisch wirksamen, großräumigen Freiraumverbundes“. Wenn das im Umweltplan steht, muss ich doch erwarten, dass sich der zuständige Minister das auf die Fahne schreibt und nicht darüber lamentiert, dass dies auf Bundesebene eingeführt werden soll.
Herr Minister, Sie wissen auch, dass die bestehenden Schutzflächen in diesem Biotopverbund angerechnet werden können. Das heißt, das, was Sie wollen, nämlich dass die länderspezifischen Gegebenheiten eingerechnet werden, geschieht bereits.
Vielleicht darf ich vor dem Hintergrund der Zersiedelung noch Folgendes sagen: Ich habe vorhin schon aus der Studie der Akademie für Technikfolgenabschätzung zitiert. Darin wird darauf hingewiesen: Wir haben gerade noch sechs Gebiete, sechs zusammenhängende Naturräume, die größer sind als 100 Quadratkilometer. Das ist ein Alarmzeichen. Die Flächenzersiedelung, der Flächenverbrauch sind Aufgaben, die wir angehen müssen. Wir müssen mit dem Biotopverbund einen Gegenpol setzen. Deswegen läuft Ihre Kritik ins Leere.
Das Gleiche gilt für die massiv vorgetragenen Bedenken zum Vertragsnaturschutz. Fakt ist: Das Instrument des Vertragsnaturschutzes wird an verschiedenen Stellen des Ge
setzes gestärkt, insbesondere bei der Vorschrift über den Biotopverbund – dort wird es noch ausdrücklich erwähnt. Deswegen weiß ich nicht, was Ihre Kritik eigentlich soll.
Und noch etwas: Die Länder können nun selbst entscheiden, was sie wollen: Wollen sie Vertragsnaturschutz, oder wollen sie lieber Ordnungsrecht?
Wir reden hier doch immer darüber, dass die Landtage nichts mehr zu entscheiden hätten. Jetzt können wir einmal selbst entscheiden, und dann ist es auch wieder nicht recht.
Noch ein Punkt: Ich glaube, Herr Minister, die Kritik an der guten fachlichen Praxis ist auch der Mottenkiste der Ideologie Ihrer Abteilung 4 entsprungen – das ist die Abteilung für Agrarordnung, für diejenigen, die das nicht genau wissen. Nach dem, was im Bundesrat beschlossen wurde, wird doch jetzt nur allgemein geschrieben, was „gute fachliche Praxis“ ist, ansonsten wird auf das geltende Fachrecht verwiesen. Da frage ich Sie: Wo ist jetzt eigentlich die Kampfansage an die Landwirtschaft?
Die landwirtschaftliche Tätigkeit stellt in der Regel keinen Eingriff in den Naturhaushalt dar, wenn sie sich am Leitbild der guten fachlichen Praxis orientiert.
Das ist nicht die Aufrechterhaltung der Landwirtschaftsklausel, sondern ein Schritt hin zur Realität. Dieses Zitat stammt von Ihrer Bundesvorsitzenden Angela Merkel; sie hat das gesagt, als sie ihren Entwurf des Bundesnaturschutzgesetzes eingebracht hat.
Mein Wunsch an Sie, Herr Minister: Da Frau Merkel nicht unbedingt als die große Naturschützerin in die Geschichte der Bundesrepublik eingegangen ist,
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jetzet! – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Der fällt jetzt über Angela Mer- kel her!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Debatte lautet: „Perspektiven des Naturschutzes“. Herr Kollege Walter bringt als Beispiel das Bundesnaturschutzgesetz, das dafür gerade denkbar ungeeignet ist.
Weil er vorhin noch in den höchsten Tönen gepriesen hat, wie gut es mit der Kooperation und mit PLENUM und anderen Dingen funktioniert – überall dort, wo man freiwillige Vereinbarungen trifft. Herr Trittin ist in alter Stamokap-Manier ausgezogen und nahm das Instrumentarium, das er zur Verfügung hat. Was er jetzt verbreitet, ist Dirigismus und hoheitlicher Naturschutz pur, aber nichts anderes.
Das hat mit Föderalismus nicht mehr viel zu tun. Wenn es denn so wäre, Herr Kollege Walter, dass die Verbandsklage eine gute Sache gewesen wäre: 14 von 16 Bundesländern haben die Verbandsklage, zwei, nämlich Bayern und Baden-Württemberg, haben sie nicht. Da frage ich mich, worin dann der Regelungsbedarf des Bundes bestehen soll. Die Frage ist doch, ob solche Dinge verfassungsrechtlich überhaupt noch zulässig sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verankerung der guten fachlichen Praxis im Naturschutzgesetz des Bundes bedeutet ungefähr das Gleiche, als würde man die Definition der guten Naturschutzpolitik im Landwirtschaftsgesetz, im Baugesetz oder im Waldgesetz verankern. Das hat dort einfach nichts verloren.
Solche Definitionen gehören in die jeweiligen Fachgesetze. Denn eines ist klar: Der Gesetzgeber und die Verwaltungen sind den geltenden Gesetzen verpflichtet. Darin haben fremde Dinge nichts zu suchen.
Biotopverbundsystem: Sie preisen die 10 %. Wenn man die Flächen bei uns einmal zusammennimmt – nehmen wir einmal die FFH-Gebiete mit knapp 9 % hinzu –, dann liegen wir mit dem, was de facto und de jure bereits unter Schutz steht, schon weitaus darüber. Aber Sie wollen ja etwas anderes, nämlich enteignungsgleich Eingriffe, die einen großen Teil – –
Aber natürlich, so ist es doch. Ihre Praxis bei Petitionen und anderem deutet genau darauf hin. Sie wollen Nutzern die Nutzungsmöglichkeiten ihrer Flächen einschränken und tun deshalb eines: Sie vernachlässigen einfach jegliche Dynamik sowohl in der kulturellen Entwicklung der BadenWürttemberger als auch in der dynamischen Entwicklung der Natur. Das ist das Problem. Sie sehen Natur und Naturschutz immer noch als ein rein statisches Instrumentarium ohne Fortentwicklungsmöglichkeiten und meinen immer, man muss außen herum Zäune ziehen.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was soll das jetzt ei- gentlich heißen? Das ist mehr als wolkig und ne- bulös!)
Abschaffung der Ausgleichsregelung: Wenn Sie es ernst meinen mit den Partnern und mit der Kooperation im Naturschutz, dann belassen Sie die Ausgleichsregelung im Bundesnaturschutzgesetz. Das ist das Angebot an alle Nutzer, zu sagen: Dort, wo wir im Interesse des Naturschutzes mehr wollen, ist der Staat auch bereit, dafür etwas zu tun und etwas zu leisten. Ich weiß nicht, warum Sie diese Regelung streichen. Um diese Frage drücken Sie sich herum. Das ist die Kampfansage an die Nutzer. Sie kommen mit dem dirigistischen Fallbeil und sagen: Jetzt ist Schluss mit Ausgleichsleistungen; das können ja die Länder machen. Das ist beliebt bei Rot-Grün; das macht man überall, ob bei der Bundeswehr, ob bei der Kernenergie:
Da wird dirigistisch verfügt, und den Rest, die Folgelasten, sollen dann die Länder übernehmen. Diese Methode ist ja derzeit besonders beliebt.
Herr Kollege Hauk, Sie haben jetzt schwere Vorwürfe erhoben, die Bundesregierung wolle die Landwirte auf kaltem Wege enteignen und Ähnliches. Ich fand das ziemlich wolkig und nebulös. Können Sie einmal präzisieren, inwiefern die Bundesregierung durch das Naturschutzgesetz die Bauern kalt enteignet? Können Sie das mal präzisieren? Ich habe das nicht verstanden.