Fürsorgepflicht für die Bediensteten in der öffentlichen Verwaltung gebietet es geradezu, über die Reform der Verwaltungsstruktur nachzudenken.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir als Parlamentsneuling – nicht mehr ganz jung, aber immerhin Neuling – vielleicht noch ein persönliches Wort. Ich habe mit großer Besorgnis die Diskussionen im Zusammenhang mit der Landtagswahl verfolgt, in denen Stimmen laut wurden: Leiden die Landesparlamente nicht an einem erheblichen Bedeutungsverlust? Wo bleibt ihre politische Legitimation in der Zukunft? Sind überhaupt genügend Aufgaben für die Landesparlamente da, insbesondere auch für den Landtag von Baden-Württemberg? Ich meine, unsere vornehmste Aufgabe ist es, der Verwaltung Vorgaben zu machen, sie zu kontrollieren, und deshalb sollte diese Kommission vom Landtag beschlossen werden.
Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Oettinger, gestatten Sie mir, dreimal auf Sie zu antworten.
Erstens: Ich glaube, wenn wir Aufgaben der Verwaltung auf den bisherigen vier Verwaltungsebenen – Gemeinden, Landkreise, Regierungspräsidien und Ministerien – neu verteilen, brauchen wir dazu einfach Sachverstand, um feststellen zu können, wie die Aufgaben jetzt wahrgenommen werden und welche auf welche Ebene übertragen werden können. Erst dann können wir entscheiden, Herr Oettinger, wie Verwaltungsstrukturen neu aussehen sollen.
Deswegen ist auch – zweitens – Ihr Vorwurf nicht richtig, wir seien ja schon festgelegt. Es muss doch in einer Demokratie den einzelnen Parteien und Fraktionen zugestanden werden, Herr Fleischer,
sich Gedanken zu machen, über welche Ebenen wir diskutieren müssen. Da diskutieren wir unter anderem über die Ebenen, die Sie selbst durch Ihre Politik infrage stellen. Ich will Ihnen das belegen.
Ihre Fraktion in diesem Hause dünnt die Regierungspräsidien personell aus. Sie überträgt Aufgaben von den Regierungspräsidien auf andere Träger. Liegt es denn dann nicht nahe, Herr Oettinger, einmal zu diskutieren, welche Aufgaben die Regierungspräsidien in Zukunft im Verwaltungsaufbau des Landes noch haben? Das wäre doch konsequent.
Des Weiteren beschließen Sie hier im Landtag – noch in der alten Wahlperiode – ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Regionen.
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Regionen hat natürlich primär, sagen wir einmal, doch vielleicht die Harmonisierung von regionaler Entwicklung im Land im Auge. Das sollte man meinen. Wenn dem aber so ist – das haben Sie bei dieser Debatte betont, Herr Oettinger –, muss man sich überlegen, was denn das für die Verwaltungsstrukturen im Land bedeutet. Da kann man doch nicht sagen: Wir beschließen hier Gesetze, und deren Auswirkungen diskutieren und prüfen wir dann nicht mehr. Dafür brauchen wir Experten, dafür brauchen wir Sachverständige.
Diese Forderungen – der Kollege hat es schon ausgeführt – haben überhaupt nichts damit zu tun, dass wir kein Vertrauen in die Menschen, die im Dienste des Landes arbeiten, hätten. Aber, Herr Oettinger, wir sind das Legislativorgan des Landes. Die Menschen arbeiten in den Beamtenstrukturen, die es im Land gibt. Nachzudenken, wie sich das Land entwickelt, ist unser Job und nicht der Job der Beamten, Herr Oettinger. Wenn wir so verfahren, ändert sich im Land gar nichts mehr. Dann verwalten wir nur noch. Das kann nicht unsere Aufgabe sein.
Ein weiterer Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist die Problematik, in der sich Ihr Koalitionspartner befindet. Das kann ich schon verstehen. Ich bin ja auch nicht weltfremd. Ich verfolge auch, was anderenorts – ich will gar keine Namen nennen – so passiert. Aber wir diskutieren jetzt innerhalb von 48 Stunden zum zweiten Mal, Herr Oettinger
sogar innerhalb von 24 Stunden, ich danke für Ihre Unterstützung –, von diesem Pult aus ein Thema, bei dem die FDP/DVP-Fraktion anders denkt,
es aber eine Mehrheit für dieses andere Denken und dieses andere Wollen in diesem Hause gibt, Herr Hofer. Dann ist doch die Frage gestattet – das frage ich Herrn Oettinger, aber ich frage natürlich insbesondere meinen Vorredner, Herrn Hofer –: Haben Sie sich vielleicht den falschen Koalitionspartner herausgesucht?
Politik und die Umsetzung von politischen Überlegungen, Konzepten und Vorstellungen, Herr Kollege Döpper, haben doch immer damit zu tun, dass man sich den Koalitionspartner heraussucht, mit dem man hinterher am meisten umsetzen kann. Ich habe in den letzten 24 Stunden den Eindruck gewonnen, bei Ihnen kann das die CDU nicht
Das kann meines Erachtens für die Zukunft des Landes – dafür tragen Sie natürlich auch Verantwortung – nicht fruchtbar sein.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Bei der Ein- wanderung war es das Gleiche! – Abg. Drexler SPD: Schlampig verhandelt!)
Ein weiterer und letzter Punkt, den ich in der verbleibenden Zeit noch ansprechen möchte, ist das Thema der Übertragung von Aufgaben auf den Funktionsebenen. Wir haben ja noch in der vergangenen Wahlperiode die Fortschreibung des Landesentwicklungsplans andiskutiert. Herr Minister Schäuble, das lag nicht in Ihrer Zuständigkeit, sondern in der Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums, des Herrn Wirtschaftsministers Döring. Wer den Entwurf für die Fortschreibung des Landesentwicklungsplans einmal genau durchliest – Sie können sicher sein, ich habe das getan –, der stellt unschwer fest – das begrüße ich für unsere Fraktion ausdrücklich –, dass in dieser Entwicklungskonzeption, die quasi den Entwurf für die Entwicklung des Landes für die nächsten Jahre darstellt, die Regionen – deswegen habe ich die vorhin angesprochen, wie Sie im Übrigen auch, Herr Kollege Oettinger – eine ganz andere Zuteilung von Kompetenzen bekommen sollen. Dies soll einfach deswegen geschehen, weil dort wahrscheinlich viele Aufgabenstellungen – so ist unsere Auffassung – besser gelöst werden können. Das heißt, die Harmonisierung der Gesetzgebung, die Harmonisierung der Entwicklung unserer Verwaltungsstrukturen – Landesentwicklungsplan, Gesetz zur Weiterentwicklung der Regionen – und die Ausdünnung der Regierungspräsidien, all das zusammengenommen macht doch logisch und klar, warum wir eine Verwaltungsstrukturkommission in Baden-Württemberg brauchen: weil wir dann auch die Entwicklungen, die wir hier im Landtag eingeleitet haben, mit den Verwaltungsstrukturen harmonisieren können.
Herr Oettinger, geben Sie und Ihre Fraktion sich einen Ruck. Tun Sie etwas Gutes für das Land. Stimmen Sie für die Verwaltungsstrukturkommission.
Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Fast könnte man meinen, da wäre nichts gewesen. Kollege Haller sagt, es gehe ergebnisoffen um Expertenrat, und ob da etwas abgeschafft werde, sei überhaupt nicht entschieden. Ich zitiere wörtlich den Kollegen Drexler aus der „Pforzheimer Zeitung“ vom 11. Juni:
(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das ist eine Prüfung! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Das kann man doch einmal fragen!)
Deswegen sage ich: Bitte, meine Herren Kollegen, bleibt mutig und rudert nicht, wenn es Ernst wird, zurück.
Ihr wollt die Landkreise und die Regierungspräsidien abschaffen, und wir sagen dazu ein eindeutiges und klares Nein.
Über alles andere – Weiterentwicklung, Stellenabbau – kann man reden. Aber eure Ideologie machen wir nicht mit.