Herr Minister, sind Sie bereit, mir zuzusagen, dass bei der globalen Minderausgabe, bei den Einsparauflagen die Titel zum Antiterrorprogramm, die Sie gerade angesprochen haben, nicht herangezogen werden?
Herr Kollege, im Rahmen der globalen Minderausgabe ist natürlich der gesamte Einzelplan in Betracht zu ziehen. Aber schauen Sie sich einmal die Mittel an, die wir dort etatisiert haben. Dann werden Sie feststellen, dass wir genügend Mittel haben, um die Ziele zu verwirklichen, die ich gerade eben genannt habe.
In diesem Zusammenhang muss auch – das wurde vorhin schon erwähnt – die Feuerwehrfinanzierung genannt werden. Ich bin natürlich sehr froh darüber, dass sich die Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer außerordentlich positiv entwickeln. Damit scheint die Förderung der Feuerwehren durch das Land – aus heutiger Sicht jedenfalls – auch für die kommenden Jahre in ausreichendem Maße gesichert.
Jetzt zum Thema „Zuwanderung und Eingliederung“: Meine Damen und Herren Kollegen, wie ist die Lage? In Baden-Württemberg leben rund 1,2 Millionen Ausländer. Das entspricht einem Ausländeranteil von ca. 12 %. Viele der hier lebenden Ausländer haben sich problemlos in unsere Gesellschaft integriert und leisten ja auch einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung.
Aber lassen Sie es uns ganz offen ansprechen: Bei vielen anderen besteht Grund zur Sorge. Vor allem junge Ausländer haben oft nur mangelnde Sprachkenntnisse, eine unzureichende Ausbildung und häufig auch keine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt.
Unter den inzwischen über 5 Millionen Arbeitslosen in der Bundesrepublik sind Ausländer überproportional vertreten. In Baden-Württemberg sind 6,1 % Deutsche, aber 14,1 % Ausländer arbeitslos. Entsprechend hoch ist natürlich dann auch der Anteil an den Sozialhilfeempfängern in BadenWürttemberg. Der Ausländeranteil der Sozialhilfeempfänger liegt bei 3,6 %, bei den Deutschen sind es nur 1,8 %.
Deshalb gibt es auch bei uns Tendenzen, dass viele Ausländer am liebsten unter sich bleiben und sich gegenüber unserer Gesellschaft mehr und mehr abschotten. Dadurch wächst natürlich die Gefahr, dass Parallelgesellschaften entstehen, die wir nicht dulden dürfen und die wir in BadenWürttemberg auch nicht dulden werden. Deswegen wird die Landesregierung mit einer zukunftsgerichteten und die berechtigten Interessen unseres Landes wahrenden Ausländerpolitik diesen Herausforderungen auch weiterhin entgegentreten.
Herr Minister, sind Sie bereit, zuzugeben, dass die jungen Ausländer mit mangelnden deutschen Sprachkenntnissen zum größten Teil hier geboren sind und dass deshalb die Defizite in diesem Land im Erziehungssystem dieses Landes begründet sind?
Frau Kollegin Utzt, die Ursachen sind vielfältiger Natur. Ich gehe nachher noch auf ein, zwei ein. Häufig verhindert schlichtweg auch die Einstellung der Eltern eine Sprachkompetenz der Schüler, der Jugendlichen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Blenke CDU: So ist es! Genau! – Abg. Stickelberger SPD: Eingeständnis!)
außer dass ich auf die mir plausibel erscheinenden Ursachen hinweisen möchte, die wir natürlich angehen müssen.
Unsere Politik in diesem Punkt lautet: fördern und fordern. Auf das Fordern müssen wir künftig vielleicht noch mehr Gewicht legen, als es in der Vergangenheit der Fall war.
Aber natürlich sind unsere ausländerpolitischen Zielsetzungen auch von einer sinnvollen Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung, der Integration von integrationsbereiten bleibeberechtigten Ausländern und unserem Anspruch, humanitären Verpflichtungen gerecht zu werden, geprägt. Dazu komme ich gleich noch. Ein Zuwanderungskonzept nach dem Motto „In dubio pro libertate“ verbietet sich schon deshalb, weil die Integrationskraft und die Integrationsfähigkeit einer jeden Gesellschaft naturgemäß begrenzt sind.
Im Interesse des inneren Friedens unseres Landes dürfen wir diese Integrationsbereitschaft nicht überfordern. Wir müssen dafür sorgen, dass nur solche Zuwanderer nach Deutschland kommen, die für unsere Entwicklung gut sind und deren Integration wahrscheinlich ist oder die aus wirklich humanitären oder politischen Gründen ein Bleiberecht erhalten sollen. Insbesondere die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt muss sich also an unseren Bedürfnissen orientieren. „Wir müssen diejenigen holen, die dem Land nutzen, und nicht diejenigen, die unser Land ausnutzen“, hat einmal jemand gesagt. Dieser Satz ist nicht ganz falsch.
Natürlich gehört zu einer sinnvollen Zuwanderungsbegrenzung auch die konsequente Beendigung des Aufenthalts ausreisepflichtiger Ausländer. Wer kein Aufenthaltsrecht besitzt oder erhalten kann, der muss unser Land wieder verlassen. Dies gilt zum Beispiel für abgelehnte Asylbewerber nach Abschluss des Asylverfahrens genauso wie für straffällig gewordene Ausländer, insbesondere dann, wenn sie terroristische oder extremistische Bestrebungen verfolgen. Wer zu dieser Gruppe gehört, ist nicht integrationsfähig, weil er auch nicht integrationswillig ist.
Die Integration bleibeberechtigter Ausländer ist für diese Landesregierung ein weiterer Eckpfeiler ihrer Ausländerpolitik. Wer auf Dauer in Deutschland leben will, muss unsere Sprache lernen, sich mit unserer Rechts- und Werteordnung vertraut machen und diese auch akzeptieren. Die Achtung der Menschenwürde, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Rechtsstaatsprinzip und die Gewaltfreiheit sind ganz grundlegende Werte unserer Gesellschaft. Sie stehen auch für Menschen aus anderen Kulturkreisen, die auf Dauer bei uns bleiben wollen, nicht zur Disposition.
Jetzt komme ich, Frau Kollegin Utzt, zu den Integrationskursen; sie wurden vorhin auch indirekt angesprochen. Wir fangen in Baden-Württemberg keineswegs bei null an, auch nicht bei den Integrationskursen, die das Zuwanderungsgesetz jetzt neu regelt. Als erstes Bundesland, meine Damen und Herren Kollegen, haben wir schon im Jahr 2001 einen Modellversuch „Integrationskurse für bleibeberechtigte Ausländer“ gestartet. Ab dem Jahr 2002 wurden diese Integrationskurse mit Mitteln der Landesstiftung BadenWürttemberg nahezu flächendeckend angeboten – ich betone ausdrücklich: aus Mitteln der Landesstiftung. Tausende von Ausländerinnen und Ausländern haben seither freiwil
lig an diesen Kursen teilgenommen. Ich hoffe, dass die Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz, die jetzt durch das Bundesamt durchgeführt werden, ähnlich erfolgreich sein werden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle den Kommunen, den Kirchen, den Wohlfahrtsverbänden und vielen privaten Einrichtungen und Personen, die zahlreiche Beiträge zur Integration von bleibeberechtigten Mitbürgerinnen und Mitbürgern geleistet haben und dies, wie ich hoffe, auch weiterhin tun, besonders danken.
Jetzt zur humanitären Verpflichtung. Wir wollen der humanitären Verpflichtung wirklich zu 100 % gerecht werden. In dem Aufenthaltsgesetz, das den Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären und politischen Gründen neu regelt, wird den Ländern ermöglicht, zur Aufenthaltsgewährung in Härtefällen eine Härtefallkommission einzurichten. Wir wollen im Land eine solche Härtefallkommission. Damit soll Ausländern, denen nach den gesetzlichen Voraussetzungen kein Aufenthaltsrecht gewährt werden könnte, trotzdem ein Aufenthaltsrecht ermöglicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass dringende humanitäre und persönliche Gründe die Anwesenheit eines Ausländers in Deutschland rechtfertigen.
Meine Damen und Herren, vorhin wurde ja auch mit dem Hinweis auf die Beratungen im Petitionsausschuss eingeräumt: Schon seit einem Jahr stellen wir Fälle zurück, bei denen nicht auszuschließen ist, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer unter die Härtefallregelung fällt. Betroffenen entstehen deshalb keine Nachteile daraus, dass die Härtefallverordnung noch nicht erlassen worden ist.
Der gelegentlich zu hörende Vorwurf, Ausländerbehörden schafften durch Abschiebungen vollendete Tatsachen, trifft somit in keiner Weise zu.
Ungeachtet dieser Neuregelungen ist Baden-Württemberg schon bisher seinen humanitären Verpflichtungen auch bei der Aufnahme von Flüchtlingen gerecht geworden. Ich will darauf hinweisen, dass nahezu 54 000 Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina in Baden-Württemberg Zuflucht gefunden haben. Mehr als 48 000 jugoslawische Staatsangehörige, davon rund 45 000 aus dem Kosovo, fanden Schutz und Sicherheit in Baden-Württemberg.
Noch ein Wort zur Flüchtlingsaufnahme: Wir haben ja im vergangenen Jahr eine Novellierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes beschlossen. Das novellierte Gesetz ist zum 1. April 2004 in Kraft getreten. Mit dieser Neuregelung haben wir die Ausgabenerstattung des Landes an die Stadtund Landkreise – dies darf man, glaube ich, feststellen – wesentlich vereinfacht. Mit einer einmaligen Gesamtpauschale für jede übernommene Person werden alle Erstattungen des Landes abgegolten. Aufwendige Einzelabrechnungen sind abgeschafft. Nebenbei wurde auch fehleranfällige Bürokratie abgebaut.
Warten wir ab, was die Revision der Pauschalen auf der Grundlage der tatsächlichen Ergebnisse der Jahre 2004 und 2005 bringt. Dann haben wir konkrete Zahlen, über die wir uns unterhalten können. Aber eines darf man schon heute sagen: Mit der Zusammenführung von Aufgabenverantwortung und Ausgabenverantwortung bei den Stadt- und Landkreisen ist schon jetzt ein – ich möchte einmal so sagen – bemerkenswertes Kostenbewusstsein sichtbar.
Meine Damen und Herren, ich will nur noch zu wenigen Dingen, an denen mir besonders gelegen ist, etwas sagen, zum Beispiel zur Verwaltungsstrukturreform. Wir haben mit dieser Verwaltungsstrukturreform entscheidend zu einer Haushaltskonsolidierung beigetragen. Aus der Verwaltungsreform entstehen Einsparpotenziale für das Land und für die Kreise. Die Haushaltsstrukturkommission – das möchte ich in Erinnerung rufen – hat im Frühjahr 2003 die Situation so beschrieben – ich zitiere –:
Angesichts der dramatischen Haushaltslage, eines Personalkostenanteils von 42 % im Landeshaushalt und steigender Versorgungslasten kann eine Haushaltskonsolidierung nur durch eine drastische Reduzierung der Personalkosten gelingen. Soll die Verschuldung nachhaltig gesenkt werden, führt kein Weg an einer Verringerung der Personalkosten vorbei. Für den kommunalen Bereich gilt das Gleiche.
Zum pauschalen Finanzausgleich will ich nur wenige Sätze sagen. Die Stadt- und Landkreise erhalten nach dem Verwaltungsstruktur-Reformgesetz Personal- und Sachmittel in der Höhe, die das Land für die zu übertragenden Aufgaben zuletzt aufgewendet hat, zugewiesen. Die Abgeltung erfolgt, soweit dies möglich ist, pauschal über den im Finanzausgleichsgesetz geregelten Ausgleich. Die Pauschalierung – ich hoffe, darüber sind wir uns einig – hat den großen Vorteil, dass jeder Stadt- und Landkreis sein Budget im Voraus kennt. Die Stadt- und Landkreise entscheiden dann selbst, wie sie die Finanzmittel am effizientesten einsetzen. Sie erhalten vom Land einen Abgeltungsbetrag von knapp 330 Millionen €. Dieser Betrag wird jährlich in sieben Stufen an die Entwicklung der Personalkosten angepasst. Sie kennen das.
In einem der letzten Redebeiträge wurde die Finanzbeziehung zwischen den Kommunen und dem Land angesprochen. Gerade dieser Bereich liegt mir natürlich, wie Sie sich denken können, besonders am Herzen. Die Landesregierung – dies räume ich hier unumwunden ein – mutet den Kommunen einen beachtlichen Solidarbeitrag zugunsten des Landeshaushalts zu. Der Eingriff in Höhe von jährlich jeweils 350 Millionen € ist aus der Sicht der Landesregierung – auch dies will ich sagen – gerechtfertigt, wenn man die Entwicklung der Steuereinnahmen und der Ausgaben beim Land und den Kommunen vergleicht und die Verschuldung noch in diese Betrachtung einbezieht.
In der Finanzverteilungskommission – deren Bericht liegt Ihnen ja vor – wurde offen über die relevanten Daten gesprochen. Dass die politische Bewertung unterschiedlich ausfiel, ist für mich verständlich. Ich möchte aber feststel
len, dass die Gespräche zwischen den kommunalen Landesverbänden und dem Land trotz gegensätzlicher Positionen in einer doch insgesamt sehr sachlichen Atmosphäre verlaufen sind. Die Gespräche werden auch in Zukunft geführt. Sie werden ihren Beitrag zu Lösungen leisten. Dass sich viele unserer Städte und Gemeinden in einer schwierigen Finanzlage befinden, ist bekannt, aber dies gilt halt in noch höherem Maß für das Land.
Ich habe Verständnis für die Proteste und Resolutionen, die mich aus Kreistagen und auch aus Gemeinderäten erreicht haben, aber die Reform der Kommunalfinanzen muss eben fortgeführt werden. Die bisherigen Maßnahmen, zu denen die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe durch Hartz IV gehört, haben halt nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung geführt. Deshalb hat der Ministerpräsident angemahnt, noch vor 2006 ein bundesweites Konzept zur grundlegenden Neuordnung der kommunalen Finanzen zu erarbeiten.