Das zeigt die heutige Debatte, und wir werden im Laufe des Tages weitere Beispiele dafür bringen, wie Sie regieren.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir gehen in dieser zweiten Lesung in die Schlussetappe der Aufstellung eines Landeshaushalts für die kommenden zwei Jahre, und wir dokumentieren damit, dass wir es trotz schwierigster Voraussetzungen geschafft haben, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen. Das ist, wie wir wissen, keine Selbstverständlichkeit. Baden-Württemberg ist eines der wenigen Länder – vom Bund will ich gar nicht reden –, das einen verfassungsgemäßen Haushalt aufstellt.
Gleichzeitig ist aber selbstkritisch festzustellen, dass alle unternommenen Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen, wenn man sie an dem Ziel, das wir uns gemeinsam gesetzt haben, den Haushalt durchgreifend zu konsolidieren, misst. Eine Politik immer weiterer Verschuldung nimmt künftigen Generationen Freiheits- und Gestaltungschancen. Haushaltskonsolidierung ist deshalb ein unverzichtbarer Bestandteil einer Strategie der Zukunftsgestaltung.
Dasselbe Motiv erfordert nicht nur Sparen, sondern auch das Setzen von Prioritäten bei den Investitionen. Wir haben
in der Vergangenheit bewiesen und werden auch in der Zukunft beweisen, dass wir genau in diesen Zukunftsfeldern Investitionen tätigen. Diese Investitionen können wir übrigens – ob es Ihnen passt oder nicht – auf Druck der FDP/ DVP massiv aus Privatisierungserlösen finanzieren.
Die Zukunftsoffensiven – wir werden demnächst die vierte Zukunftsoffensive beschließen – sind doch mit die Basis dafür, dass wir im nationalen Ranking bei den Universitäten wirklich Spitze sind. Wenn nicht in der Bildung, wo dann liegen die Zukunftschancen für die jungen Menschen in diesem Land?
Allerdings ist klar zu sagen: Bildung muss natürlich sehr viel breiter gesehen werden. Ich werde zu drei Aspekten etwas sagen.
Lassen Sie mich – das ist vielleicht nachvollziehbar – mit dem Bereich beginnen, in dem wir wirklich Spitze sind, nämlich bei der Fachhochschulausbildung und der Ausbildung an den Berufsakademien. Da ist ganz klar: Dadurch, dass wir aufgrund von Privatisierungserlösen über die Zukunftsoffensiven Mittel bereitstellen konnten, haben wir ja die positiven Ergebnisse erzielt.
Wir wissen aber auch, dass die Universitäten völlig unabhängig von der staatlichen Finanzierung insbesondere weitere Möglichkeiten der Verbesserung der Lehre brauchen. Deshalb sind wir sehr froh, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass der Bund erneut vor dem Verfassungsgericht auf die Nase gefallen ist und wir das Recht haben, Studiengebühren einzuführen. Ich bin dem Kollegen Oettinger für den Hinweis dankbar, dass wir – überhaupt nicht mit Hast, aber sachlich einwandfrei geprüft – anhand gemeinsamer Eckpunkte darangehen wollen, diese Voraussetzungen für eine Verbesserung der Lehre, für eine direktere Beziehung zwischen den Professoren und ihren Studenten zu schaffen.
Ich bitte jetzt einfach darum, die Zerrbilder, die beim Thema Studiengebühren bis hin zum „Staatsanzeiger“ – er ist ja heute schon genannt worden – ständig angeführt werden, endlich einmal wegzuwischen. Ich halte es für unverantwortlich, von einem „sozialen Numerus clausus“ zu reden, obwohl wir doch schon klar geäußert haben, dass wir nachlaufende Studiengebühren wollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der soziale Numerus clausus beginnt im Kindergarten und nicht bei nachlaufenden Studiengebühren einer Hochschule.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Carla Bregenzer SPD: Dann macht doch etwas beim Kindergarten! Sie machen beim Kindergarten auch nichts! – Abg. Drexler SPD: Was machen Sie da?)
Zum zweiten Aspekt: Das Geld, das durch die Studiengebühren zusätzlich eingenommen wird, muss – das ist einer der Eckpunkte – zwingend bei den Hochschulen verbleiben.
Die dritte Prämisse – darüber werden wir uns noch im Detail unterhalten müssen –: Wir wollen auch Autonomie und Wettbewerb – eines der Erfolgsgeheimnisse unserer Hochschulpolitik – erreichen,
was die Studiengebühren anbetrifft. Das heißt für mich, dass wir möglicherweise einen Korridor, eine Obergrenze beschließen. Aber nach unseren Vorstellungen wollen wir versuchen, im Sinne von Wettbewerb – auch zwischen einzelnen Fakultäten, zwischen einzelnen Universitäten – zumindest mittelfristig eine Differenzierung zuzulassen. Darüber gilt es zu reden.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite, von sozialer Gerechtigkeit reden, dann muss ich Ihnen schon einmal klar sagen – hierzu liegen ungefähre Zahlen auf dem Tisch; sie können nach oben und unten abweichen –, dass derjenige, der kostenfrei eine akademische Ausbildung genossen hat, gegenüber demjenigen, der eine berufliche Ausbildung gemacht hat, statistisch gesehen eine deutlich höhere Einkommenserwartung und ein deutlich geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko hat.
Ist dann die Forderung so unzumutbar, dass Akademiker, die tatsächlich einen Beruf ausüben – das ist wichtig –, einen Teil – es ist ja nur ein kleiner Teil – dessen, was sie vom Staat, und zwar von den Steuerzahlern, die in der beruflichen Ausbildung fast von Anfang an Steuern zahlen, die ihre Meisterausbildung aus eigener Tasche bezahlen, finanziert bekommen, um die Chance auf einen späteren guten Beruf zu erhalten,
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Schmiedel SPD: Die FDP ist für die Erhöhung der Staatsquote! Das ist ja sehr interessant!)
(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Schmiedel: Sind Sie für die Erhöhung der Staatsquote? – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Zuhören!)
Herr Schmiedel, in diesem Fall gilt das Wort „abstrus“. Wenn die Leute, die in Lohn und Brot sind, etwas vom eigenen Geld an die Universitäten zurückgeben, halten wir das einfach für sinnvoll und richtig. Es gilt eher einmal darüber nachzudenken, ob wir am Beginn, da, wo der soziale Numerus clausus stattfindet, die Gebühren in der bisherigen Form erheben können.
Zum Föderalismus: Warum sind wir denn Spitze im Hochschulbereich? Weil wir nicht im Geleitzug der Schwächsten
mitschwimmen mussten, sondern die Chance hatten, Vorbild zu sein, hier vorbildliche Entwicklungen einzuleiten. Wir finden ja in dieser Beziehung an vielen Stellen immer mehr Nachahmer.
Ich möchte mich an diesem Punkt, weil er das klassische Thema der Staatsreform und der Föderalismusreform betrifft, noch einmal an Sie wenden, verehrter Herr Ministerpräsident Teufel. Ich glaube, es gäbe schon noch einmal die Chance, über eine echte Föderalismusreform zu reden. Mir erschließt sich nicht so ganz, warum Sie persönlich, etwa auch im Verbund mit Herrn Drexler und anderen, unseren Vorschlag in Bezug auf einen Föderalismuskonvent so vehement ablehnen. Ich habe gemerkt, dass ich den Parlamentspräsidenten, Herrn Straub, Gott sei Dank ein bisschen an meiner Seite habe. Herr Ministerpräsident, Sie haben im EU-Konvent sehr viele Zentralisten an Ihrer Seite gehabt, und – Riesenkompliment – Sie haben das Gebot der Subsidiarität in Europa wesentlich mit in die Verfassung und in die Diskussion gebracht.
Warum sollte es nicht gelingen, bei der Föderalismusreform nicht die aktuell Handelnden, sondern wirklich die Elderstatesmen, die Fachleute, zu denen Sie selbstverständlich gehören, in einem solchen Konvent zusammenzubringen und damit einen hohen politisch-moralischen Druck aufzubauen, damit wir endlich nicht nur im Bildungsbereich, sondern in allen Bereichen, insbesondere auch im Bereich der Finanzbeziehungen zwischen den Ländern, zu einer Neuordnung kommen? Ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam – die FDP steht da bereit – diesen Vorschlag verstärkt in die Diskussion zu bringen.
Wenn ich bei den Finanzbeziehungen zwischen den Ländern bin, möchte ich sagen: Man muss schon noch einmal daran erinnern, dass die Zahlungen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs etwas mehr ausmachen als das, was wir an neuen Schulden aufnehmen müssen. Hätten wir diesen Länderfinanzausgleich nicht, brauchten wir keine Nettoneuverschuldung.
Es sind nämlich über 2 Milliarden €. Ich sage es ja nur einmal. Das sollte man sich immer wieder vergegenwärtigen. Es kann nicht auf Dauer sein,
dass diejenigen, die bei uns am Tropf hängen, sich noch viel weniger um Haushaltskonsolidierung kümmern, und zwar vielleicht gerade deshalb, weil wir sie am Tropf unserer Subventionen belassen.
Ich komme zum zweiten Bereich des zentralen Themas „Bildung, Schule“. Auch da brauchen wir uns bei dem, was in der Vergangenheit war, nicht zu verstecken. Es ist schon gesagt worden, ich brauche es nicht zu wiederholen. Wir
haben die Versprechen bezüglich der Lehrerversorgung eingehalten, und wir werden sie mit diesem Haushalt vollends umsetzen. Am Ende verursacht das immerhin Kosten von 250 Millionen € pro Jahr. Wir sparen also nicht an dieser Stelle, sondern setzen tatsächlich Prioritäten. Das war notwendig, und wir sind stolz, dass wir dieses Ziel erreicht haben.
Aber wir haben weit mehr geschafft. Es geht ja nicht nur um Geld zur Finanzierung von Lehrerstellen. Wir haben darüber hinaus den Schulanfang flexibilisiert; das reale Einschulungsalter sinkt. Wir haben das achtjährige Gymnasium eingeführt. An der Grundschule haben wir flächendeckend die Fremdsprache eingeführt. Die verlässliche Grundschule funktioniert. Und wir haben seit 1996, also seitdem wir in der Regierung sind – Herr Drexler, Sie haben so schön gesagt, es seien Ganztagsschulen entstanden, ich habe extra aufgepasst –, im Gegensatz zu Ihnen, als Sie in der Regierung waren, hier und unabhängig und bevor der Bund mit Programmen gekommen ist, die Ganztagsschulen ausgebaut.
Selbstverständlich werden wir weiter an diesem Thema bleiben. Ich halte auch da nichts davon, das ideologisch aufzubauschen. Nein, nicht entweder alles über Lehrer oder nur über Vereine, sondern Schule muss sich öffnen. Da sind wir uns doch alle einig.