Protokoll der Sitzung vom 16.02.2005

Ich möchte auch betonen, dass unser Parlament wirklich sehr preisgünstig ist, und das sollten wir überall nach außen hin vertreten. Leider wird heute der Landtagshaushalt vor leeren Rängen beraten, nicht nur was die Öffentlichkeit angeht, sondern speziell auch was die Presse angeht, die ja immer dazu beiträgt, den Abgeordneten in der Öffentlichkeit zu diskriminieren.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD, der FDP/DVP und der Grünen)

Bestimmt wird über diese Haushaltsberatungen morgen wieder irgendwo berichtet, ohne dass heute jemand anwesend ist, während wir die Aussprache führen. Das möchte ich ganz deutlich ansprechen.

Damit möchte ich es bei den Zahlen bewenden lassen und zu drei aktuellen Themen Stellung nehmen, die den Landtag speziell betreffen.

Lassen Sie mich mit dem Luftballon anfangen, den Justizminister Goll

(Abg. Zeller SPD: Wo ist er?)

und auch der Präsident der IHK Region Stuttgart mit dem Vorschlag haben steigen lassen, den Landtag und Landesbehörden in einen Regierungsbezirk Stuttgart 21 zu verlegen.

(Abg. Scheuermann CDU: Schuster, bleib bei dei- nem Leisten!)

Ich muss schon sagen, das wird unsere Zustimmung nicht finden.

(Abg. Schmiedel SPD: Schnapsidee!)

Das ist – da haben Sie Recht, Kollege Schmiedel – eine Schnapsidee. Ich erinnere daran, dass es im Rahmen der Beratungen der Baukommission um minimale Veränderungen hier im Haus ging, zum Beispiel um eine Kuppel, damit man vernünftiges Tageslicht hat. Oder es ging um eine Verbesserung für die Beschäftigten hier im Landtag, beispielsweise des Gestühls, auf dem wir sitzen, oder um Verbesserungen im Abgeordnetenhaus, zum Beispiel durch die Schaffung von Medienräumen. Kolleginnen und Kollegen,

das wurde hier im Haus bzw. in den Fraktionen immer mehrheitlich abgelehnt. Man hat gesagt: Wir haben momentan kein Geld, wir können uns in der jetzigen Zeit diesem Anliegen nicht stellen.

Dann geht ein Minister her – wahrscheinlich tut er das, weil er Spitzenkandidat der FDP/DVP ist und sich dadurch vielleicht profilieren muss – und lässt eine solche Seifenblase steigen, die in der heutigen Zeit wirklich nicht vertretbar ist. Ich frage mich, was mit den Gebäuden geschehen würde, wenn ein Umzug in das Gebiet Stuttgart 21 wirklich stattfinden würde. Wenn es die Grundidee der IHK ist, dort ein Regierungsviertel anzusiedeln, um eventuell die Ansiedlung von Betrieben oder Kaufhäusern dort zu verhindern, weil dadurch angeblich die Innenstadt von Stuttgart ausblute, dann ist es nicht Aufgabe des Landtags, das zu begleiten, sondern es ist Sache des Gemeinderats der Stadt Stuttgart.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Lassen Sie mich zu einem zweiten Punkt kommen, mit dem wir das Parlament mit Sicherheit auf Dauer finanziell entlasten können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die angedachte Wahlkreisreform, die Sie vor ein paar Wochen mit großem Gehabe als letzte Aktion eingebracht haben. Diese Wahlkreisreform, liebe Kolleginnen und Kollegen, verdient den Namen nicht. Es ist eine reine Reform nach Gutsherrenart, die dazu dienen soll, praktisch niemandem wehzutun.

(Abg. Göschel SPD: Nach Weingutsherrenart!)

Die Kollegin Bierroth hat sich ja – –

(Zurufe von der CDU: Berroth!)

Was habe ich gesagt?

(Zurufe von der CDU: Bierroth!)

Entschuldigung, da habe ich mich versprochen.

(Zurufe von der CDU)

Die Kollegin Berroth natürlich hat sich mit dem, was sie in einem Redebeitrag am 15. Dezember ausgeführt hat, mehr oder weniger entlarvt. Ich darf aus dem Protokoll zitieren.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das brauchen wir nicht mehr zu hören!)

Doch, doch, das ist schon hörenswert. Sie hat ausgeführt:

(Abg. Wintruff SPD: Das war eine Weinhändlerin!)

Ich sage es jetzt so, wie ich es mir aufgeschrieben habe, weil ich nach wie vor dazu stehe: Erfreulicherweise ist es uns gelungen, eine Lösung zu finden, die allen Abgeordneten, die jetzt diesem Landtag angehören und für die nächste Legislaturperiode wieder kandidieren wollen, eine reelle Chance gibt, diesen Sitz auch wieder zu erringen.

(Abg. Fleischer CDU: Das ist keine Weinsorte, das ist ein Weingut!)

Sie hat weiter ausgeführt:

Wenn Sie aber als alleinige Veränderung den Wahlkreis des Kollegen Drautz gekürzt hätten, dann wäre er der Einzige im ganzen Landtag gewesen, der unter dieser Regelung gelitten hätte. So etwas, meine Damen und Herren, trage ich nicht mit.

(Zurufe von der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Haben Sie um Erlaubnis für das Zitat gefragt?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das beweist, dass Sie auf dem Weg, zu einer vernünftigen Wahlkreisreform zu kommen, die wirklich auf Dauer eine Entlastung unseres Landtags bedeuten würde, der Mut verlassen hat. Sie verstoßen damit auch gegen das, was uns das Bundesverfassungsgericht aufgegeben hat, nämlich vernünftige Lösungen einzuführen. Sie verlassen damit auch eine demokratische Praxis in Bezug auf diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die irgendwo in kleinen Wahlkreisen kandidieren und nie eine Chance haben, diesem Landtag anzugehören, wenn sie nicht das Direktmandat erringen. Überlegen Sie sich das.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Jetzt zum letzten Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Kollege Hauk, Sie haben eben großzügigerweise die Veränderungen der Diäten angesprochen – sehr umfangreich, aber ohne konkrete Aussage.

(Abg. Wieser CDU: Aber die Richtung stimmt!)

Das werfe ich Ihnen und Ihrem designierten Ministerpräsidenten, Herrn Oettinger, auch hier heute vor. Herr Oettinger hat sich vor 14 Tagen ebenfalls an die Presse gewandt und mit großem Getöse angekündigt:

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

„Wir werden Veränderungen bei den Diäten vornehmen. Wir werden eine grundlegende Änderung vornehmen.“

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Herr Landtagspräsident Straub sagt auch jedes Jahr, wenn der Diätenbericht ansteht: Wir müssen eine grundlegende Änderung der Diäten, der Altersversorgung und, und, und einführen. Wir stimmen Ihnen dabei zu. Aber lassen Sie Taten folgen, und sprechen Sie dieses Thema hier nicht mehr nur vollmundig an. Machen Sie vielmehr einmal konkrete Vorschläge, wie Sie sich das Ganze vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen wir uns das, was jetzt in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht wurde – nicht in Einzelheiten der Umsetzung –, zu Herzen. Nächste Woche entscheidet der Landtag Nordrhein-Westfalen mit der Zustimmung aller Fraktionen in erster Lesung über dieses Thema, um noch vor der Landtagswahl – das bitte ich zu beachten – eine Lösung zu finden, die auch dort vom Steuerzahlerbund absolut mitgetragen wird.

Um Ihnen hierbei aufs Pferd zu helfen, möchte ich die drei Punkte unseres Entschließungsantrags, den wir für heute vorgesehen hatten, vorlesen. Wir haben diesen Antrag heute

aber nicht eingebracht, um Ihnen fairerweise die Möglichkeit zu geben, zunächst in den Fraktionen darüber zu beraten, sodass wir am 23. Februar bei der Dritten Beratung des Haushalts in diesem Bereich vielleicht einen gemeinsamen Antrag zustande bringen.

Ich lese jetzt die drei Punkte vor:

1.In die steuerpflichtige Abgeordnetenentschädigung werden anstelle der jetzigen Altersversorgung und der steuerfreien Unkostenpauschale die Kosten einer angemessenen Alterssicherung und die Kosten der Wahrnehmung der Abgeordnetentätigkeit einbezogen.

2.Es wird eine konsequente Unvereinbarkeit zwischen der Wahrnehmung eines Mandats und einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst oder in einem von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmen vorgesehen.

(Zurufe der Abg. Dr. Repnik CDU und Birzele SPD)

3.Es sind Regelungen vorzusehen, die eine unzulässige Einflussnahme auf politische Entscheidungen ausschließen und die notwendige Transparenz herstellen, wenn Abgeordnete neben ihrer Abgeordnetentätigkeit private, berufliche oder sonstige Erwerbstätigkeiten ausüben oder ehrenamtliche Funktionen wahrnehmen.

(Beifall des Abg. Zeller SPD – Abg. Scheuermann CDU: Das ist zu kurz gesprungen!)

Beraten Sie es in den Fraktionen, stimmen Sie zu! Dann hört in diesem Haus das ganze Herumeiern auf, und wir müssen diese Diskussion nicht jedes Mal neu führen.