Das Schlimme, worüber Sie einmal nachdenken sollten, ist, dass Sie dann auch noch den Chef von Toto-Lotto nicht bewegen, sein Landtagsmandat aufzugeben, obwohl er damit seine eigene Aufsichtsbehörde, das Innenministerium, kontrolliert. Das sind Verfilzungsgeschichten, die der Bevölkerung auf den Geist gehen. Von elf Ministern sechs nicht mehr da, eine personell ausgeblutete Regierung.
Für die letzten eineinhalb Jahre haben Sie das letzte Aufgebot. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Anschließend haben Sie nichts mehr.
(Abg. Alfred Haas CDU: Weiter so, Herr Drexler! – Abg. Oettinger CDU: Nicht ganz so kabarettreif! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Das ist nicht kabarettreif, das ist die Wahrheit! Sie vertragen die Wahrheit nicht! – Weitere Zurufe – Abg. Capez- zuto SPD: Haas, du sollst ans Telefon kommen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Teufel, eines Ihrer Lieblingszitate ist von Kurt Schumacher: „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.“ Insofern waren zu viele „Was wäre, wenn?“ und „Hätten wir doch“ in Ihrer ganzen Rede. Was wäre, wenn wir keinen Länderfinanzausgleich hätten?
Wir haben aber nun einmal einen Länderfinanzausgleich; das wissen Sie. Sie als Exekutive haben ihn verhandelt.
Wir als Parlament waren daran überhaupt nicht beteiligt. Sie haben dem Länderfinanzausgleich zugestimmt, und er hat sich ja immerhin auch ein klein wenig verbessert.
Es geht nicht an, Reden zu halten in der Festhalle in Meßkirch und in Osterburken und den Leuten weiszumachen, man käme da irgendwie raus. Das wissen Sie doch selber. Sie selbst haben es gesagt: Die Mehrheiten sind nicht da, und man kann dagegen erst einmal nichts machen. Wir müssen es als Faktum annehmen, dass der Länderfinanzausgleich so ist, wie Sie ihn verhandelt haben und wie Sie ihm zugestimmt haben.
Dann haben Sie gesagt: Was wäre, wenn wir nicht so viele Arbeitslose hätten? Wir haben aber 5 Millionen Arbeitslose.
(Abg. Alfred Haas CDU: Sieben! – Abg. Zimmer- mann CDU: Neun haben wir! – Weitere Zurufe von der CDU)
Das ist ein Faktum. Das wissen wir. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, damit die Zahl der Arbeitslosen sinkt. Aber wir wissen auch, dass sie in drei Jahren nicht bei null liegen wird, egal, wer regiert, und egal, was auch immer wir tun. Also müssen wir mit dem Faktum rechnen, dass wir noch auf lange Zeit eine relativ hohe Arbeitslosigkeit haben.
Sie sagen, wir hätten schon seit Jahren sinkende Steuereinnahmen. Auch das ist ein Faktum, mit dem man rechnen muss, dass nämlich die Steuerquellen in Zukunft nicht so sprudeln werden, wie sie das in der Vergangenheit getan haben.
Wir haben gerade eine der größten Steuerreformen seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gemacht. Diese Steuerreform war von allen gewünscht.
Es wird gerade für unsere mittelständischen Betriebe – bekanntlich haben wir ja 90 % Personengesellschaften – ganz relevant sein, dass wir den Spitzensteuersatz jetzt noch einmal gesenkt haben. Aber man kann doch keine Steuerreform machen mit dem Ziel, die Steuern zu senken, und sich schließlich darüber wundern, dass die Steuereinnahmen niedriger sind als vorher.
Das ist doch wohl der Sinn einer Steuerreform. Das zu beklagen und zu sagen: „Hätten wir doch mehr“, ist auch sinnlos. Wenn wir mit diesem „Hätten wir doch“ und dem „Was wäre, wenn?“ nicht aufhören, kommen wir zu keiner Sanierung des Haushalts.
Das gilt genauso für die Wachstumsraten. Ihr Credo war doch zum Schluss wieder: Wenn wir ganz andere Wachstumsraten hätten, könnten wir in Zukunft den Haushalt sanieren.
(Abg. Alfred Haas CDU, eine Broschüre in die Hö- he haltend: Hier, lesen Sie einmal! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Haas, hör doch auf!)
Wir haben ein Konzept vorgelegt, das schon von einem nominalen Wachstum von 3 % ausgeht. Das ist also ein or
dentliches Wachstum, das real etwa dem entspricht, das wir gegenwärtig haben. Wir können überhaupt nicht davon ausgehen, dass wir in Zukunft auf Dauer relevant höhere Wachstumsraten haben.
Das gab es hier nach dem Krieg, als wir unsere Wirtschaft aufgebaut haben. Aber man muss sich auf Dauer darauf einstellen – das zeigen alle Erfahrungen und Berechnungen –, dass ein Wachstum in der Größenordnung, wie wir es derzeit haben, normal ist.
(Abg. Alfred Haas CDU: Nein! – Abg. Schneider CDU: Das stimmt doch nicht! – Weitere Zurufe von der CDU)
Diesen Tatsachen müssen wir uns stellen. Das heißt ganz konkret – das ist meiner Ansicht nach schon eine optimistische Rechnung –: Wir müssen für die nächsten zehn Jahre von einem realen Wachstum von anderthalb Prozent ausgehen.
Dann müssen wir wegen der strukturellen Haushaltslücken trotzdem jedes Jahr 300 Millionen bis 400 Millionen € strukturell einsparen, um im Jahr 2011 bei einer Nettonullverschuldung anzugelangen. Das ist einfach eine Tatsache. Wer andere Rahmenbedingungen annimmt, wird uns weiter in die Schuldenfalle treiben, weil diese Annahmen nicht eintreffen werden. Das sind schon außerordentlich optimistische Annahmen.
Ich darf noch einmal an Aussagen des Finanzministers erinnern. Der Finanzminister hat offensichtlich als einziger in der Regierung begriffen, dass man mit Wachstum allein einen Haushalt überhaupt nicht sanieren kann. Das können Sie jetzt wieder bei den Tarifverhandlungen sehen. Die Beschäftigten erwarten natürlich auch, am Wachstum beteiligt zu werden, und schon müssen Sie 100 Millionen € mehr in den Haushalt einstellen, wie es nach dem Ergebnis der jetzigen Tarifverhandlungen erforderlich ist.
Sie werden froh sein können, dass das jetzt erzielte Ergebnis überhaupt zustande gekommen ist. Ohne den Druck der Föderalismuskommission, die ja wollte, dass die Länder die Tarifhoheit über ihre eigenen Bediensteten erhalten, wäre dieses Ergebnis überhaupt nicht zustande gekommen. Schily, der Beamtenbund und ver.di haben doch nur mit diesem Druck im Rücken dieses Ergebnis überhaupt erzielt.