Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

Keine Zwischenfrage, Herr Kleinmann?

(Oh-Rufe von der SPD)

Es ist kein Thema für die FDP/DVP, etwas daran zu ändern, dass unser Schulsystem durchlässig bleibt. Im Gegenteil, wir sind immer dafür: Der zweite Bildungsweg muss offen bleiben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Des- wegen kürzen Sie die Mittel!)

Nicht minder haben wir als CDU und FDP/DVP uns dafür eingesetzt, die bei der Sportförderung vorgesehene Kürzung so zurückzunehmen, dass die Gewährung der Übungsleiterpauschale ein weiteres Mal gesichert werden konnte.

(Abg. Zeller SPD: Damit greifen Sie in die Sport- autonomie ein!)

Schließlich haben wir bei den Ersätzen – jetzt kommt etwas ganz Wichtiges, hören Sie einmal zu – an die Kirchen für die Erteilung des Religionsunterrichts eine kleine Verbesserung vornehmen können. Allerdings passt mir persönlich die Reduzierung der Staatsleistungen um 5 Millionen € natürlich nicht. Vor allem passt mir auch nicht, dass man dies einseitig vorgenommen hat, ohne hierüber mit den Kirchen in ein entsprechendes Gespräch zu kommen.

(Abg. Capezzuto SPD: Können Sie das begründen? – Abg. Kretschmann GRÜNE: Warum wurde es nicht geführt? Sie sind doch Mitglied in dem La- den!)

Ich habe das Gespräch natürlich geführt, Herr Kretschmann, das ist kein Thema.

(Abg. Zeller SPD: Aber Sie haben sich nicht durch- gesetzt!)

Ich habe mich nicht durchgesetzt, richtig.

(Abg. Zeller SPD: Auch hier nicht durchgesetzt!)

Wir haben 2004 diese Kürzung schon einmal gehabt, und da wir einen so genannten überrollenden Haushalt haben, wurde das, was damals das Finanzministerium für 2004 angesetzt hat, einfach für 2005 und 2006 fortgeschrieben. So sind die Kürzungen um 5 Millionen € weiterhin geblieben. Rechtlich ist die Sache nicht ganz unbedenklich, aber sie ist auch nicht ganz einwandfrei.

(Heiterkeit – Abg. Drexler SPD: Sehr gute Formu- lierung!)

Ja, die Schwierigkeit hinsichtlich der Staatsleistungen liegt einfach darin: Dass sie zu zahlen sind, ist klar. Seit 1973 haben wir eine Regelung dahin gehend, dass sich die Staatsleistungen automatisch erhöhen, wenn die Beamtengehälter erhöht werden. Das ist die so genannte Eckmannregelung: A 14, Anfangs- und Schlussgehalt geteilt durch zwei. Dann werden die Leistungen entsprechend angehoben, wenn die Kirchen nachweisen, dass sie ihren Beamten diese Erhöhung auch gewähren.

(Abg. Zeller SPD: Sie machen rechtlich problema- tische Dinge!)

Das steht aber in keinem Gesetz, sondern steht nur in jedem Staatshaushaltsplan als Randnotiz unten drin. Es gibt dazu lediglich einen Briefwechsel, und ein Briefwechsel ist natürlich rechtlich gesehen nicht einem Gesetz gleichzusetzen.

(Abg. Zeller SPD: Wer ist für dieses Unrecht jetzt verantwortlich?)

Deshalb steht die Sache, was die Staatsleistungen betrifft, gesetzlich auf keiner festen Basis, aber nicht was die Ersätze betrifft; dazu komme ich gleich.

Schließlich haben wir bei den Ersätzen an die Kirchen – das ist der nächste Punkt – für die Erteilung des Religionsunterrichts die bereits erwähnte Verbesserung vorgenommen. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben. Wenn die Kirchen hier klagen würden, weil sie das nicht kriegen – sie bekommen 40 % und nicht 100 % –, würden sie vor dem Staatsgerichtshof problemlos Recht bekommen. Aber das machen sie nicht.

(Abg. Zeller SPD: Sind Sie seit neuestem unter die Juristen gegangen, oder wie?)

Nein, aber ich war Assistent am Lehrstuhl für Kirchenordnung und habe über dieses Thema publiziert. Ich kann Ihnen das gern einmal zukommen lassen:

(Zurufe von der SPD: Bitte!)

„Staatsleistungen und Religionsunterricht in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg“. Das können Sie haben.

(Abg. Zeller SPD: Weiß das auch Frau Schavan? Haben Sie das auch Frau Schavan schon erzählt?)

Meine Damen und Herren, die finanzielle Situation des Landes ist extrem schwierig. Das wissen wir alle. Wer meint, dass sich dies in absehbarer Zeit wieder ändern würde, hat den Ernst der Lage noch nicht begriffen. Auch der Kultusetat musste dem leider Rechnung tragen, aber er setzt die richtigen Prioritäten und schafft abermals die Voraussetzung dafür, dass die Bildungspolitik in unserem Land nach vorne gerichtet ist und auf neue Herausforderungen die richtigen Antworten gibt; denn das Haushaltsvolumen hat zugenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Frau Kollegin, das Volumen hat zugenommen. Das müssen Sie sich einmal überlegen.

Realisierung der Grundschulfremdsprache und Einführung der Bildungsstandards sind weitere Beispiele hierfür.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mit der eingeleiteten Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Schulen und korrespondierend hierzu den Maßnahmen zur Überprüfung und Selbstvergewisserung ihrer Qualität sind wir auf einem guten Weg, um die in den jüngsten Vergleichsuntersuchungen bestätigte hohe Leistungsfähigkeit der Schulen unseres Landes weiter zu verbessern.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Amen!)

Amen, ja. So ist es. „Amen“ ist ein hebräisches Wort und heißt auf Deutsch „So ist es.“ Wenn die SPD das bestätigt, bin ich dankbar.

(Abg. Capezzuto SPD: Es heißt „So sei es“ und nicht „So ist es“! Als Pfarrer müssten Sie das wis- sen! Ei, ei, ei! – Heiterkeit)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen haben mit unserem Haushaltsentwurf gezeigt, dass es möglich ist, durch erhebliche Einsparungen in allen Bereichen, die nicht zu den Kernaufgaben des Landes gehören, radikal zu kürzen und gleichzeitig durch Strukturreformen zusätzliche Mittel für die Bildung umzuschichten, ohne dass wir gezwungen sind, die Nettoneuverschuldung noch weiter zu erhöhen.

Radikal zu sparen, um Mittel für die Bildung freizuschaufeln, dazu fehlen Ihnen, der Landesregierung und den Regierungsfraktionen, der Mut und der politische Wille.

(Beifall bei den Grünen)

Finanzpolitisch und bildungspolitisch wird der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf des Doppelhaushalts den großen Herausforderungen, vor denen wir im Bildungswesen stehen, nicht gerecht. Dazu vier Beispiele.

Erstens: Sie weigern sich noch immer, das pädagogische Personal für den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen zu finanzieren.

(Abg. Röhm CDU: Schon wieder! – Abg. Wacker CDU: Wem sollen wir es denn wegnehmen?)

Aber, meine Damen und Herren, ob Sie das wollen oder nicht: Spätestens seit dem Beginn des 4-Milliarden-€-Investitionsprogramms des Bundes ist die Halbtagsschule in Baden-Württemberg ein Auslaufmodell. Das ist allein schon daran zu erkennen, dass die 528 Millionen €, die für BadenWürttemberg zur Verfügung stehen, mittlerweile komplett beantragt und bewilligt sind. Es wird also keine Umkehrung dieser Entwicklung mehr möglich sein.

Im Gegensatz zu Kultusministerin Schavan, die noch immer die Begrenzung auf Brennpunkthauptschulen und Sonderschulen propagiert, was Ganztagsschulen anbelangt, hat Herr Oettinger inzwischen zumindest einen Bedarf an einem flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen eingeräumt und anerkannt. Aber auch er ist nicht bereit, in diesen Haushalt auch nur einen einzigen Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen einzustellen. Eltern und Kinder in diesem Land brauchen aber keine wolkigen Zukunftserklärungen eines zukünftigen Ministerpräsidenten, sondern sie brauchen eine verlässliche Landespolitik, die auch die finanzielle Verantwortung für den Ausbau der Ganztagsschulen übernimmt.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Zeller SPD)

Wir bitten Sie deshalb um Zustimmung zu unseren Anträgen, mit denen wir für das Jahr 2005 15 Millionen € zusätzlich beantragen, für das Jahr 2006 zusätzlich 28 Millionen €, zusammen also 43 Millionen € für Ganztagsschulen. Wir haben vorgesehen, dass zwei Drittel davon Mittel für Lehrbeauftragte sein sollen, damit endlich die erwünschten und sinnvollen Kooperationen mit den Trägern der außerschulischen Jugendbildung zustande kommen können.

Zweitens: Sie sparen in Bereichen, in denen es um soziale Zugangsgerechtigkeit im Bildungswesen geht. Bereits im Oktober letzten Jahres habe ich durch Zufall herausgefunden, dass die Landesregierung ausgerechnet bei den Schulen des zweiten Bildungswegs, also bei den Abendrealschulen, den Abendgymnasien und den Erwachsenenkollegs, drastische Einsparungen vornehmen wird. Ich habe sofort die Betroffenen und die Öffentlichkeit informiert. Kultusministerin Frau Schavan hat offensichtlich die Tragweite dieser Kürzungen überhaupt nicht erkannt.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: So ist es!)

Diese Kürzungen um 20 % sind faktisch ein Anschlag auf die gesamte Existenz des zweiten Bildungswegs in BadenWürttemberg.

Auch Ihre Begründung im Haushaltsstrukturgesetz war völlig falsch. Es handelt sich nicht um „Ersatzschulen“, weil es in Baden-Württemberg überhaupt keine staatlichen Schulen des zweiten Bildungswegs gibt – also auch keinen Ersatz dafür –,