Eine ureigene Haushaltsaufgabe wird so lange gedeichselt und gedrechselt, bis sie den Stiftungsvoraussetzungen entspricht. Keine Hochschule kann und will sich dem entziehen. Angesichts hoher Einsparauflagen hoffen alle auf den warmen Ersatzregen aus der Landesstiftung. Und ob es sich um ein Danaergeschenk handelt und die Hochschulen in drei oder fünf Jahren Folgekosten ohne zusätzliche Mittel übernehmen müssen, darüber liegt der Mantel des Schweigens.
(Abg. Wichmann SPD: Ötzi! – Abg. Pfisterer CDU: Das Geld nützt der Sache aber insgesamt! Es kommt der Forschung zugute!)
Denn in der letzten Woche vertrösteten der Fach- und der Finanzminister die nach den konkreten Forschungsprojekten fragenden Abgeordneten auf den Herbst dieses Jahres. Was sich der Noch-Ministerpräsident gern als Abschiedsgeschenk gedacht hätte, wird ihm aus der Hand genommen
und nun wohl zum Wahlkampfpulver des neuen Ministerpräsidenten. Das ist keine solide Wissenschaftspolitik.
Mit diesem Haushalt wird auch deutlich, wie sicher Verträge und Vereinbarungen sind. Trotz Solidarpakt haben die Universitäten in den letzten Jahren über das vereinbarte Maß hinaus Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe hinnehmen müssen – durch Kürzungen bei den Zentralkapiteln sowie durch eine Verlängerung der Wochen- und der Lebensarbeitszeit. Im jetzt vorliegenden Haushalt sind die Universitäten wieder mit einer globalen Minderausgabe dabei. Sie ertragen es, weil der Wissenschaftsminister wie immer allerlei Übel prognostizierte und ihnen wohl klar gemacht hat, dass es sie nach dem Auslaufen des Solidarpakts noch schlimmer treffen könnte.
Die Fachhochschulen, solidarpaktähnlich geschützt, die bereits im letzten Jahr an den Rand ihrer Handlungsmöglichkeiten gespart wurden, sind zwar vergleichsweise gnädig davongekommen, müssen aber trotzdem Kürzungen hinnehmen.
Zustimmen mussten die Pädagogischen Hochschulen weiterer Mehrarbeit, die der Wissenschaftsminister ihnen mit der öffentlichen Androhung einer Trimesterregelung abgerungen bzw. aufgezwungen hat. Sie hätte die völlige hochschulpolitische Isolation bedeutet. Deshalb haben sie jetzt zugestimmt, 20 % Effizienzrendite zu erwirtschaften, 100 Stellen, indem sie Seminare und Vorlesungen in die vorlesungsfreie Zeit legen – ohne Rücksicht darauf, dass damit die dringend notwendige Verjüngung der Kollegien sowie die Praktika-, Prüfungsvorbereitungs- und Hausarbeitsmöglichkeiten für Studierende eingeschränkt werden.
Im letzten Haushalt wurde das Finanzprogramm – damals gab es noch Geld – „Qualitätsoffensive PH“ abgebrochen und durch die Verlängerung der Wochen- und der Lebensarbeitszeit ersetzt. Die neue Regelung nennt der Minister „Qualitätsoffensive PH plus“ und wird damit zum Meister der Schönfärberei und der Realitätsverfälschung.
(Abg. Pfisterer CDU: Bei dieser Rede lohnt noch nicht mal ein Zwischenruf! Das ignorieren wir ganz einfach! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Das war aber einer!)
In Zeiten schlechter PISA-Ergebnisse und wachsender Anforderungen an die Schulen müssten wir eigentlich einen Schwerpunkt auf die Qualität der Ausbildung unserer Lehrerinnen und Lehrer legen und dürften sie nicht noch mehr strangulieren.
Wer diesen Doppelhaushalt studiert, versteht – abgesehen vom parteitaktisch-ideologischen Kalkül – auch, warum der Wissenschaftsminister das Exzellenzprogramm des Bundes platzen ließ, obwohl unsere Hochschulen die ersten waren, die dies begrüßten, obwohl unser Land davon am meisten profitiert hätte, obwohl Sie, Herr Minister, sich noch im
November dafür rühmten, ein schlüssiges Konzept erarbeitet und dafür alle Fachminister der Länder und Frau Bulmahn gewonnen zu haben.
Wenn Sie in den Doppelhaushalt hineinschauen, sehen Sie: Sie haben beim eigenen Finanzminister keinen einzigen müden Euro dafür locker machen können – das ist traurig –, und das, obwohl Hunderte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre Rektoren Exzellenzkonzepte erarbeitet haben, die jetzt – auf gut Schwäbisch – für die Katz sind.
Dieser Umgang mit den Hochschulen hat Folgen. Das Verhältnis zwischen den Universitätsrektoren und dem Wissenschaftsminister ist inzwischen auf einem historischen Tief angelangt. Ursachen sind unter anderem seine Beratungsresistenz beim neuen Hochschulgesetz, die erzwungene Zustimmung zum Bruch des Solidarpakts, das plötzliche Votum gegen das Eliteprogramm der Bundesregierung, die Einrichtung eines Beraterkreises, die Totalumstellung – erzwungenermaßen – auf BA- und MA-Studiengänge und manches mehr. Ich würde sagen: minus 10 auf der nach unten offenen Frankenbergskala.
Noch ein paar Takte zum bei Ihnen so beliebten und von Ihnen als Lösung aller Probleme gefeierten Thema Studiengebühren: Seit Jahren beklagt der Minister, wie es auch schon sein Vorgänger getan hat, die schwere Finanznot der Hochschulen und singt das Hohelied der Studiengebühren. Auf seine alten Tage hat nun auch der Ministerpräsident – der Noch-Ministerpräsident – Abstand genommen von seiner bisherigen Ablehnung von Studiengebühren, die er damit begründet hatte, dass sie weniger zahlungskräftige Familien und solche mit mehreren Kindern benachteiligten.
Seit dem 26. Januar könnten Sie nun Studiengebühren einführen, und Sie hatten eigentlich auch vor, das sofort zu tun, aber seltsamerweise rudern Sie auf einmal zurück.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Was? – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Wo ist denn der Gesetzent- wurf? – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Keine Schnellschüsse! – Vereinzelt Heiterkeit)
In der Pressekonferenz nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil blieben Sie inhaltlich weiter hinter dem zurück, was Sie im Jahr zuvor als Eckpunkte vorgelegt haben. Ein Blick in den Kalender erklärt das plötzliche Zögern: 2006 sind Landtags- und Bundestagswahlen, und da will man es sich mit dem Mittelstand wohl nicht verderben.
Denn genau dieser ist es, der unter Ihren Studiengebühren am meisten zu leiden haben wird, nicht die Studierenden aus Elternhäusern mit kleineren Einkommen. Denn BAföGEmpfänger werden wohl von den Studiengebühren befreit. Durch die Verbesserung des BAföG durch Rot-Grün wird der Anteil der Studierenden aus diesen Bereichen glücklicherweise weiter zunehmen. Sie haben das BAföG in den Ruin getrieben, die rot-grüne Bundesregierung hat es wieder aufleben lassen mit dem Effekt, dass wir inzwischen
Die andere Seite: Wer Eltern mit einem gut gefüllten Geldbeutel hat – also Politikerkinder, Arztsöhne, Rechtsanwaltstöchter –, wird auch weiterhin unbelastet studieren; denn die Eltern werden die Studiengebühren während des Studiums locker aus ihrem Geldbeutel bezahlen.
Für die wird das kein Problem sein. Aber die Facharbeitertöchter, die Söhne aus Handwerksbetrieben, Kinder, deren Eltern ein kleineres Unternehmen haben, oder Kinder von Eltern mit mittlerem Einkommen und/oder mehreren Kindern werden die Studiengebühren zusätzlich zu den Kosten, die ein Hochschulstudium sowieso verursacht, nicht mehr aufbringen können. Diese Eltern werden ihren Kindern entweder vom Studium abraten oder sie mit einem Sack voll Schulden in genau die Phase ihres Lebens schicken, in denen das Geld eh knapp ist, weil Haushalt, Familie und Existenzgründung anstehen.
Bei nachlaufenden Studiengebühren geht es nicht darum, dass jemand, der vom Staat viel erhält, nämlich ein gebührenfreies Studium, dem Staat etwas zurückgibt. Dazu gibt es Steuern, und dass diese gerecht sind, dem haben Sie sich seit Jahren vehement widersetzt.
Da hätten Sie auf Bundesebene gemeinsam mit der rot-grünen Bundesregierung etwas tun können. Stattdessen haben Sie alle Gesetzesinitiativen, die zu mehr Gerechtigkeit geführt hätten, blockiert.
Bei nachlaufenden Studiengebühren geht es darum, dass die soziale Ungerechtigkeit, die bei uns durch das Kindergarten- und das Schulsystem verfestigt wird, über die Schulzeit und das Studium hinaus in das Berufsleben hinein verlängert wird.
Da Sie niemanden zwingen können, einen Kredit aufzunehmen, und da niemand einen Kredit aufnehmen kann, ohne Zinsen und Zinseszinsen leisten zu müssen, werden diejenigen bevorzugt,
deren Eltern es sich leisten können, die Studiengebühren gleich zu bezahlen. Aber diejenigen, deren Eltern es sich nicht leisten können, müssen schließlich mit einem Sack voll Schulden in ihre berufliche Existenz einsteigen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Hauk CDU: Also, Frau Bregenzer! – Abg. Pfisterer CDU: Absoluter Reali- tätsverlust! – Abg. Hauk CDU: Nachlaufend heißt doch etwas ganz anderes!)
So lange, bis sie dieses bestimmte Einkommen haben, laufen Zinsen auf. Aber diejenigen, die die Studiengebühren schon während des Studiums zahlen können, weil ihre Eltern das Geld haben, haben weder die Zinsen