Meine Damen und Herren, mit dem jetzigen Haushalt, der Einsparungen in Höhe von 19,69 Millionen € im Jahr 2005 und von rund 20 Millionen € im Jahr 2006 verkraften muss, ist es, wenn auch mit äußerster Anstrengung, gelungen, sicherzustellen, dass wir unsere Justizpolitik in Baden-Württemberg kontinuierlich fortsetzen können.
Gekürzt wurde vor allem beim Personal: durch die zahlenmäßige Verringerung von Stellen mit höherer Besoldungsstruktur, durch die Streckung von Investitionen im Softwarebereich und durch eine erhebliche Kürzung der Ent
Erstens: Die in den vergangenen Jahren enorm verbesserte Sachausstattung hat sich in der Praxis der Justiz als sehr positiv erwiesen, sodass ein Bremsen des Tempos vorübergehend vertretbar ist, wenn auch nicht auf Dauer.
Zweitens: Beim Personal wurde eingespart, gegenüber der allgemeinen Verwaltung aber in erheblich geringerem Umfang. Das ursprüngliche Ziel der Haushaltsstrukturkommission einer Einsparung um 5 % wurde auf 2,5 % bis zum Jahr 2008 herabgesetzt. Das dokumentiert deutlich: Wir wollen, dass unsere Justiz auch zukünftig am erfolgreichsten in ganz Deutschland arbeitet.
Wir bleiben dabei nicht stehen, sondern streben weitere Reformen an. Dafür gibt es klare Notwendigkeiten. Denn wir haben uns mit einer zunehmenden Zahl an Prozessen auseinander zu setzen. Diese Entwicklung ist wiederum darauf zurückzuführen, dass wir in den vergangenen Jahren eher mehr Gesetze bekommen haben als weniger. Auch macht uns der ganze Bereich der EU immer größere Sorgen bei der Umsetzung an der Basis in der Justiz.
Auf Initiative unseres Ministerpräsidenten haben wir im Zuge der allgemeinen, großen Verwaltungsreform die damalige Justizministerin beauftragt, Vorschläge für eine Justizreform zu machen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind weitestgehend umgesetzt und, soweit sie auf Bundesebene zu verfolgen sind, auf einem ordentlichen Weg.
Es hat sich aber klar herauskristallisiert, dass wesentliche Punkte der Justizreform auf Bundesebene umgesetzt werden müssen. Deshalb ist das unter maßgeblicher Beteiligung unseres Justizministers entwickelte Eckpunktepapier der Justizminister vom 25. November des vergangenen Jahres eine konsequente Fortsetzung unserer Justizpolitik hier in Baden-Württemberg.
Zwei Beispiele will ich Ihnen nennen, Herr Stickelberger, wenn Sie fragen, ob das sicher sei. Erstens bekommen wir Rückendeckung für unseren Ansatz, Fachgerichtsbarkeiten, beispielsweise die Sozial- und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, zusammenzulegen.
Und der zweite Punkt: Wir halten den Ansatz der Justizminister für richtig, den historisch gewachsenen, in der Regel dreigliedrigen Instanzenzug in unserem Land und in allen anderen Bundesländern in sinnvoller Weise zu überprüfen.
Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kollege, dass wir – auch Sie – in der Aktuellen Debatte am 8. Dezember diesem Vorschlag positiv gegenübergestanden haben, jedenfalls damals.
Das gilt auch für den Kollegen Stickelberger. Deswegen freuen wir uns, wenn im Frühjahr des kommenden Jahres diese Ergebnisse auf dem Tisch liegen.
Meine Damen und Herren, eines ist auch klar: Die guten Leistungen unserer Justiz können wir auf Dauer nur dann aufrechterhalten, wenn wir die Justiz vor unnötigen oder unsinnigen Belastungen bewahren. Hier muss ganz aktuell das von der rot-grünen Bundesregierung geplante Antidiskriminierungsgesetz angesprochen werden, weil seine Umsetzung – so die ersten Aussagen auch der Arbeitsrichter – zu einer riesigen Prozessflut führen wird.
Der Grundgedanke ist natürlich richtig und eine Selbstverständlichkeit. Diskriminierungen dürfen in einer aufgeklärten Gesellschaft keinen Platz haben. Man muss ihnen gegebenenfalls auch energisch entgegentreten. Aber das jetzt vorgelegte konkrete Gesetzeswerk hätte unter mehreren Aspekten verheerende Folgen für die Justiz und darüber hinaus für den Wirtschaftsbereich. Der Gesetzentwurf sieht beispielsweise in § 15 vor, dass der Arbeitgeber in Zukunft die Beweislast dafür trägt, dass er einen Arbeitnehmer nicht diskriminiert hat. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer so genannte Vermutungstatsachen für eine Diskriminierung in einer Art und Weise vorträgt, dass das Gericht sie für wahrscheinlich hält. Wenn der Arbeitgeber das nicht entkräften kann, muss er Schadenersatz oder eine Entschädigung zahlen.
Was auch neu ist: Entsprechend dem amerikanischen Recht sind Schadenersatzansprüche in ihrer Höhe unbegrenzt. Auch das ist eine neue Dimension und stellt für Arbeitgeber ein Risiko dar, das wir ihnen nicht aufbürden können.
Dazu kommt: Betriebsräte, Gewerkschaften und so genannte Antidiskriminierungsverbände erhalten zusätzlich das Recht, eigenständig zu klagen, auch gegen den Willen der Betroffenen. Dies, meine Damen und Herren, wird dazu führen – das haben Arbeitsrichter prognostiziert –, dass eine riesige Prozessflut entsteht, und es wird zu einer Dokumentationspflicht ungeahnten Ausmaßes bei den Arbeitgebern führen, denn sie müssen sich dann schützen, wenn sie einen Arbeitnehmer konkret aussuchen möchten.
Dazu kommt, dass die EU-Richtlinie dieses konkrete Gesetz der Bundesregierung in der vorliegenden Form nicht fordert.
Es geht viel weiter, als es die EU von der Bundesrepublik Deutschland verlangt. Wir haben im Bereich der Benachteiligung im Verhältnis zwischen Mann und Frau in § 611 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs hierzu bereits ausreichende Maßnahmen getroffen. Deshalb kommt dieses Gesetz im Kern einer groß angelegten Entmündigung des Bürgers und einer Unterhöhlung der Vertragsfreiheit gleich.
Dabei zeigen sich zwei unterschiedliche Ansätze, die man herausarbeiten muss. Statt auf die Menschen zu vertrauen – auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer untereinander – und staatliche Eingriffe auf das Nötigste zu beschränken, zielt dieses Gesetz darauf ab, möglichst viel staatlich zu regeln und das vertrauensvolle Zusammenwirken – mit gegenteiligen Wirkungen – sozusagen gesetzlich zu erzwingen.
Deshalb abschließend: Wir sollten dafür kämpfen und uns dafür einsetzen, dass unsere Justiz in Baden-Württemberg ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann. Wir sollten darauf schauen, dass ihr nicht unnötig Steine wie das so genannte Antidiskriminierungsgesetz in den Weg gelegt werden. Wir danken dem Minister und bedanken uns bei den Mitarbeitern im Justizministerium für eine gute Zusammenarbeit.
(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt kommt eine gute Re- de! – Zuruf von der CDU: Wer sagt das? – Weite- rer Zuruf von der CDU: Eine kurze!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Justizhaushalt bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen rechtsstaatlichen Anforderungen einerseits und den knappen finanziellen Ressourcen andererseits. Diese Gratwanderung ist in diesem Haushalt gerade noch geglückt. Die Justiz steht vor großen Herausforderungen, und die Bediensteten der Justiz haben sich in den letzten Jahren diesen Herausforderungen in bewundernswerter Weise gestellt. Ich denke etwa nur an die technischen Erneuerungen im Bereich der Justiz und an die vielfachen Verfahrensänderungen.
Das verdient Lob und Anerkennung für die Dienststellen der Justiz, die Haftanstalten und auch die Mitarbeiter des Justizministeriums.
Wegen dieser schwierigen Situation und in Anbetracht der finanziellen Umstände ist es umso wichtiger, dass die Justizpolitik in diesem Land verlässlich, berechenbar und solide geführt wird.
Die Justiz in Baden-Württemberg hat viele Probleme: Probleme in den Gefängnissen, finanzielle Probleme und andere Probleme. Das größte Problem sind Sie, Herr Justizminister.
(Widerspruch bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: Jetzt aber! Das ist unqualifiziert, was Sie da sagen!)
Ach, Herr Theurer, beruhigen Sie sich. Herr Justizminister, wir haben ja Verständnis dafür, dass angesichts des personellen Ausblutens Ihrer Partei – –
Sie nutzen jedes Feld zur Profilierung als Spitzenkandidat. Dafür haben wir ja Verständnis, aber das darf nicht auf Kosten des Ansehens der Justiz in diesem Land gehen.
Wenn ich mir anschaue, wofür Sie sich alles aussprechen oder engagieren! Stuttgart 21 – ist es Ihre Aufgabe als Justizminister, hierzu eine führende Position zu markieren? Begnügen Sie sich mit den Problemen der Justiz in BadenWürttemberg, die groß genug sind. Überlassen Sie Stuttgart 21 Herrn Schuster und zur Not vielleicht noch Herrn Boris Palmer, das reicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: Lieber nicht! – Abg. Hofer FDP/DVP: Ha no! Nicht dem Boris Palmer! – Zuruf von der CDU: Die Spitzenkandidaten der SPD sollten sich besser auf Berlin konzentrieren! – Abg. Boris Pal- mer GRÜNE hat auf einem Abgeordnetenplatz der CDU-Fraktion Platz genommen.)