Herr Justizminister, Gleiches gilt für das Thema Privatisierung insgesamt. Ich komme darauf zurück. Sie haben die Privatisierung des ZDF angesprochen – überlassen Sie das dem Medienminister dieser Regierung oder vielleicht seinem Vorgänger, Herrn Dr. Palmer,
der Sie ja sicher kompetent beraten kann. In Zukunft hat er ja etwas Zeit dafür. Aber begnügen Sie sich doch mit den Justizproblemen. Die sind groß genug und bedürfen der Lösung. Da haben Sie, Herr Justizminister, viele Baustellen eröffnet, die nicht zu Ende gebracht sind. Ich denke an den Bau von Haftanstalten. Da stehen große Probleme vor uns, die zwar angegangen sind, die aber auch zu Ende geführt werden müssen.
Die Sicherheit in den Gefängnissen befriedigt uns ebenfalls nicht – ich sage nur Mannheim. Sie spielen das zwar als einmalige Vorgänge herunter, haben jetzt aber sogar extra einen Sicherheitsbeauftragten nach Mannheim abgestellt. Ich frage mich: Wieso reichen die bisherigen Sicherungssysteme mit den Bediensteten vor Ort nicht aus, um dort die Sicherheit zu gewährleisten? Warum brauchen Sie neben
Es ist für uns auch nicht nachvollziehbar, wie Sie die Privatisierungsdiskussion in diesem Land weiterführen wollen. Die Notariatsreform, die Sie auf den Weg gebracht haben, ist Teil einer groß angelegten Reform gewesen. Was herauskam, ist allenfalls ein Reförmchen: 25 Stellen. Berlin kann das so nicht mittragen, weil verfassungsrechtliche und andere rechtliche Bedenken bestehen. Wie geht der Weg weiter?
Sie verunsichern die Justiz; Sie verunsichern die Rechtsuchenden in diesem Land und die Bediensteten der Justiz. Man weiß nicht, wohin der Weg führt. Sagen Sie uns, wohin Sie mit der Privatisierung wollen. Dann können wir über Einzelheiten sprechen. Manchmal habe ich den Eindruck, Sie fahren nach Frankreich, kommen euphorisch zurück und wollen ihre Erkenntnisse hier gleich umsetzen, ohne zu prüfen, welche Voraussetzungen und Gegebenheiten in unserem Land bestehen.
Eines kann ich Ihnen sagen: Eine Privatisierung von Kernaufgaben des Staates kommt für uns in diesem Land nicht infrage.
Dann erwarten wir von Ihnen klare Aussagen darüber, was Sie unter Kernaufgaben der Justiz verstehen. Nach unserem Rechtsverständnis gehört dazu insbesondere die Vollstreckungstätigkeit. Wer Vermögen beschlagnahmt, wer Haftbefehle ausführt, wer Vermögen von Privatleuten versteigert, muss aus unserer Sicht hoheitlich handeln. Insoweit hat sich dieses System in der Vergangenheit bewährt, und daran halten wir jedenfalls fest, zumal wir auch nicht überzeugt sind, dass diese Privatisierungen insgesamt eine finanzielle Entlastung bringen.
Wir haben im Finanzausschuss das Thema Bewährungshilfe diskutiert. Die Einsparerwartungen sind bisher sehr vage. Aus einem Pilotprojekt, wie wir es uns vorgestellt haben, bei dem man ermittelt, welche Möglichkeiten bestehen, welche Einsparpotenziale vorliegen, haben Sie ein Projekt gemacht, das nach einer Erkundungsphase vom gleichen Betreiber fortgesetzt wird. Es gibt keinen Wettbewerb mehr, und wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Sie haben sich im Grunde einem Bewerber auf lange Sicht ausgeliefert, ohne zu prüfen, was ein Modellprojekt an vergleichbaren Bewertungen erbringen könnte.
Es gibt andere Felder, wo wir skeptisch sind. Sie haben andere Baustellen eröffnet. Die Zusammenlegung von Fachgerichtsbarkeiten kann ohnehin nur vom Bund vorgenommen werden. Isoliert davon haben Sie eine Standortdebatte in Baden-Württemberg geführt: Zusammenlegung von Sozialgerichten, etwa Mannheim mit Karlsruhe, und anderes. Auch damit haben Sie Verunsicherung für die Rechtsuchenden geschaffen, auch für die Bediensteten in unserem Land. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass Sie klar sagen, wohin die
Reise gehen soll, anstatt sich von Tag zu Tag mit neuen Ideen in der Öffentlichkeit zu profilieren, wobei Sie dann nach wenigen Tagen erkennen müssen, dass entweder verfassungsrechtliche Bedenken bestehen oder der Bund für diese Regelungen zuständig ist.
Lassen Sie mich noch kurz auf das Antidiskriminierungsgesetz eingehen, das Herr Kollege Schüle erwähnt hat. Über den Inhalt dieses Gesetzes und seine Regelungen kann man im Einzelnen sicher streiten. Es lohnt sich sicher eine getrennt zu führende Auseinandersetzung über einzelne Punkte dieses Gesetzes. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, auch ich bin nicht mit allem einverstanden.
(Beifall der Abg. Theurer FDP/DVP und Heinz CDU – Abg. Heinz CDU: Schreiben Sie dem Schrö- der, was für einen Mist er da gemacht hat! Das ist eine Katastrophe! Zum Davonlaufen!)
Herr Dr. Schüle. Aber bei anderen Punkten, etwa beim Landesjustizkostengesetz oder bei der Notariatsreform, haben Sie sich gerade auf europäische Vorgaben berufen, obwohl es dort zum Teil bisher nicht einmal Richtlinien gibt, sondern lediglich einzelne Urteile zu einzelnen Komplexen. Da sehen Sie sich gezwungen zu handeln, während Sie hier der Bundesregierung vorwerfen, sie würde diese Vorgaben übereifrig umsetzen. Aber das ist nicht mein Hauptpunkt der Kritik.
Der Hauptpunkt meiner Kritik ist, wie Sie mit diesem Thema in der Öffentlichkeit umgegangen sind. Ich glaube, diesen Gesetzentwurf als Ergebnis kranker Hirne zu klassifizieren, entspricht nicht
Wenn Sie sachliche Kritik an diesem Gesetz haben, dann stellen wir uns dieser Kritik und tauschen die Argumente aus. Aber wir sollten nicht auf Stammtischniveau diese Diskussion in der Öffentlichkeit führen.
Gleiches gilt im Übrigen für die Frage der Anerkennung versteckter, heimlicher Vaterschaftstests. Auch darüber ist die Diskussion in vollem Gang. Die Rechtsprechung hat sich hierzu jetzt positioniert. Das ist sicher ein spannendes
Wir sind für Transparenz, für Rechtsstaatlichkeit. Für uns stehen auch und gerade die Rechte des Kindes im Vordergrund. Als Kompensation muss man dafür natürlich Verfahrenserleichterungen gegenüber dem bisherigen Recht schaffen, um baldmöglichst Klarheit zu schaffen. Aber so, wie Sie dieses Thema, etwa in einer Fernsehsendung mit unserer Kollegin Haußmann, diskutiert haben, halte ich das nicht für angebracht.
Wir erwarten von einem zudem liberalen Justizminister, Herr Dr. Noll, dass er die Argumente sorgsam wägt und dann seine Entscheidung begründet und sich nicht von populistischen Strömungen leiten lässt, die gerade in der Öffentlichkeit aufgetaucht sind.
haben Sie dieses Mal noch Glück gehabt, dass Sie das Rechenwerk Haushalt hinbekommen haben – dank des Engagements und der Beteiligung Ihrer Mitarbeiter in der Justizverwaltung, denen ich ja schon mein Kompliment für ihre Arbeit ausgesprochen habe.
Was Not tut, ist eine klare Führung im Justizressort. Der personelle Wechsel in der Führung dieses Hauses, diese Unstetigkeit in personeller Hinsicht darf sich in den nächsten Jahren nicht in den Sachthemen der Justizpolitik fortsetzen. Weil wir das befürchten und weil wir das für diesen Haushalt so sehen, können wir unsere Zustimmung zu diesem Haushalt nicht geben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine unabhängige und bürgernahe, leistungsstarke Justiz ist ein Fundament des liberalen Rechtsstaats. So heißt es im Regierungsprogramm der FDP/ DVP für diese Legislaturperiode. Heute kann ich hier feststellen: Die Justiz in unserem Land steht auf einem soliden Fundament. Das muss auch künftig so bleiben, meine Damen und Herren.
Dass Ihre Argumentation, Herr Kollege Stickelberger, überhaupt kein Fundament hat, lässt sich leicht nachweisen. Sie haben hier die Justizpolitik des Landes fundamental kritisiert. Sie zeigen aber überhaupt keine Alternative auf. Dies wird schon daran deutlich, dass Sie zu diesem Einzelplan keinen einzigen Antrag gestellt haben, mit dem Sie etwas hätten anders machen wollen als die Regierung und die sie tragenden Fraktionen von FDP/DVP und CDU. Deshalb geht auch Ihre Kritik ins Leere, Herr Stickelberger.
Man muss feststellen, dass auch der Justizhaushalt seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten muss. Das beginnt bei den Beschäftigten. Hier wurde die Besoldungsstruktur bei den Landgerichten, den Sozialgerichten und beim Landesarbeitsgericht angepasst. Dadurch sind Beförderungsstellen im richterlichen Bereich entfallen. Es wurde auf ein weiteres „Haus des Jugendrechts“ verzichtet, obwohl es sich dabei um ein sehr erfolgreiches Projekt handelt. Es wurde auch in anderen Bereichen gespart. Die schwierige Haushaltslage erfordert diese Einsparungen in der Justiz selbst.
Mit der Justizreform wurden hier wichtige Schritte eingeleitet. Allein die Zuordnung der Arbeitsgerichtsbarkeit zur Sozialgerichtsbarkeit war ein Beitrag. Das gilt auch für den Einstieg in die Privatisierung zum Beispiel bei der Bewährungshilfe. Weitere Schritte müssen folgen, etwa die Freiberuflichkeit für die Gerichtsvollzieher.
Auch das Notariatswesen bleibt auf der Tagesordnung. Die Stellungnahme des europäischen Generalanwalts an den Europäischen Gerichtshof lässt vermuten, dass die Reform des Notariatswesens in Baden und in Württemberg schneller wieder auf der Tagesordnung dieses Landtags stehen wird, als dies vielleicht dem einen oder anderen angenehm ist.
Eine grundlegende Reform des Notariatswesens ist bisher ja bekanntlich an fiskalpolitischen Überlegungen gescheitert. Man glaubte, dass man auf die Gebühren im Landeshaushalt nicht verzichten könne.