Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

weil nicht alle anwesend sind –,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ich bin anwesend!)

hätten ja eigentlich kapieren müssen, welche Chance und Effizienz Ganztagsschulen beinhalten. In Finnland und Ka

nada konnten Sie sich von der positiven Wirkung auf das Lernen selbst überzeugen. Aber noch heute behandeln Sie Ganztagsschulen wie ungeliebte Stiefkinder.

(Abg. Wacker CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

Bis heute muss jede einzelne Schule, Herr Wacker, die eine Ganztagsschule werden will,

(Abg. Wacker CDU: Sie müssen die Gesamtent- wicklung sehen!)

im Sinne des Schulversuchs eine Genehmigung beim Ministerium beantragen. Sie sind nicht bereit, Ganztagsschulen als eine ganz normale Schulart im Schulgesetz zu verankern. Sie blockieren genau diese Entwicklung, die es längst in anderen Bundesländern gibt. Gehen Sie einmal nach Rheinland-Pfalz; dann werden Sie sehen, wie es dort hervorragend funktioniert.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Es entsteht ein Anspruch auf zusätzliches Personal. Sie behaupten, es gebe in Baden-Württemberg schon den bedarfsgerechten Ausbau. Das ist mitnichten der Fall. Es trifft überhaupt nicht zu, wenn Sie behaupten, wir hätten den schon. Sie haben gerade eben auch Zahlen genannt und gesagt, mit einem Anteil von 10 % würden Sie hervorragend dastehen. Ziehen Sie einmal die Sonderschulen ab, die hier einfach nicht mitzuzählen sind, und rechnen Sie auch einmal die Doppelnennungen aus Ihrer Statistik heraus. Dann kommen Sie nicht einmal auf 260 Schulen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ach was! – Abg. Ca- pezzuto SPD: Das ist aber wenig! – Abg. Wacker CDU: Seien Sie doch fair! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wir wollen zusätzliches Personal für alle Ganztagsschulen.

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Herr Wacker: Wie wenig Sie am Ausbau der Ganztagsschulen interessiert sind, zeigt sich auch an Ihrer Verweigerungshaltung, an dem Begleitprogramm des Bundes und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung für Ganztagsschulen „Ideen für mehr! Ganztägig lernen“ mitzumachen. Dieses Projekt, an dem alle Bundesländer außer dem Saarland und Baden-Württemberg teilnehmen,

(Abg. Capezzuto SPD: Oh!)

gibt ja den einzelnen Schulen Unterstützung, Hilfestellung und Beratung

(Abg. Capezzuto SPD: Das darf ja wohl nicht wahr sein! Unverschämt!)

und stellt ihnen auch finanzielle Mittel zur Verfügung. Hier weigern Sie sich, und damit wird Ihre eigentliche geistige Haltung zum Ausdruck gebracht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Das soll jemand verstehen! – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Ich verstehe auch nicht, wie man zu solchen Schlüssen kommen kann!)

Wir wollen den Schulen ermöglichen, die pädagogischen Kräfte einzustellen, die sie brauchen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Das können Schulsozialarbeiter sein, das können Erzieherinnen sein, das können Theaterpädagogen sein, das können Lehrkräfte sein.

(Abg. Seimetz CDU: Koste es, was es wolle!)

Um dies möglichst unkompliziert zu machen, sagen wir, wir wollen den Schulen dafür ein Budget zur Verfügung stellen, und zwar in einer Größenordnung von 20 Millionen €.

(Abg. Seimetz CDU: Wo kommen die denn her?)

Jetzt wollen wir einmal wissen, ob Sie tatsächlich, wie Sie bisher immer behaupten, für den Ausbau von Ganztagsschulen sind. Wenn Sie dies ernst meinen, müssten Sie unserem Antrag zustimmen.

(Abg. Capezzuto SPD: So ist es!)

Es reicht eben nicht aus, nur am Aschermittwoch festzustellen: „Wir tun nicht genügend für unsere Kinder. Sorge bereitet, dass eine wachsende Minderheit der Schüler nicht angemessen auf die Berufswelt vorbereitet ist“, wie Herr Oettinger gesagt hat. Ich kann nur sagen: Dann tun Sie doch endlich etwas für diese Kinder! Machen Sie Ernst, und reden Sie nicht nur darüber.

(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Sehr richtig!)

Interessant ist ja, sich noch einmal zu vergewissern, welche Ergebnisse die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung, die IGLU-Studie, hervorgebracht hat.

(Abg. Wacker CDU: Da sind wir sehr gut in Ba- den-Württemberg!)

Ja, ja. Hören Sie genau zu. – Nach dieser Studie können wir international durchaus noch mithalten.

(Abg. Wacker CDU: Nicht nur da!)

Werden aber die Kinder nach der vierten Klasse getrennt, werden sie also sortiert, fallen diese schulischen Leistungen relativ rasch ab. Das müsste Ihnen doch eigentlich zu denken geben. Das sind doch internationale Studien, die Ihnen dies belegen. Das Prinzip der frühen Selektion,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sortierung!)

die Trennung der Kinder nach der vierten Klasse, um homogene Leistungsgruppen zu erreichen, führt nachweislich eben nicht zu besseren Lernleistungen. Das belegen, wie gesagt, wissenschaftliche Studien, und ich gehe davon aus, dass Ihnen diese Studien bekannt sind.

Was notwendig ist, meine Damen und Herren, sind Formen des gemeinsamen längeren Lernens – individuelle Förderung in heterogenen Lerngruppen, wie es uns die erfolgreichen PISA-Länder vormachen. Deshalb brauchen wir nicht nur ein flächendeckendes Netz von Ganztagsschulen,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist richtig!)

sondern auch die sechsjährige Grundschule, Herr Kleinmann,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Die wollen wir nicht!)

mit einem deutlichen Ausbau des beruflichen Schulwesens und vor allem der beruflichen Gymnasien. Bei Schulschwierigkeiten kann nicht mehr länger den Schülerinnen und Schülern die Schuld zugeschoben werden, sondern die Frage der optimalen Förderung muss in den Vordergrund gestellt werden. Nebenbei gibt es noch einen positiven Effekt: Das Sitzenbleiben erübrigt sich faktisch.

Unser Reformvorschlag für ein besseres Schulwesen legt die Basis für bessere Lernleistungen. Unser neues Konzept hat nicht, wie Sie fälschlicherweise zu suggerieren versuchen, etwas mit Schulschließungen zu tun. Das Gegenteil ist der Fall:

(Abg. Wacker CDU: Da bin ich aber gespannt!)

Unser Konzept hat etwas damit zu tun, dass Schulstandorte gestärkt werden. Dies gilt sowohl für die Grundschulen als gleichermaßen auch für die Regionalschulen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wacker CDU: Da sprechen wir uns noch!)

Wenn Sie es nicht glauben, Herr Wacker – –

(Zuruf des Abg. Wacker CDU)

Sie sagen einfach, es stimme nicht, und behaupten etwas, ohne dies zu belegen.

(Zuruf des Abg. Pauli CDU)

Herr Pauli, verstehen Sie auch etwas von Bildung?

Herr Wacker, ich kann Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie nach Rheinland-Pfalz, und schauen Sie sich an, wie erfolgreich dort die Regionalschulen geführt werden, und zwar parteiübergreifend. Auch vonseiten Ihrer eigenen Kolleginnen und Kollegen der CDU in Rheinland-Pfalz wird diese Schulart hervorragend angenommen.