Protokoll der Sitzung vom 17.02.2005

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Also: Zuerst informieren, nachdenken und dann reden. Das ist die richtige Reihenfolge.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Wacker CDU – Abg. Wieser CDU: Das neue Finnland heißt Rheinland-Pfalz!)

Meine Damen und Herren, es ist doch beschämend, wenn jeder zehnte Schüler ohne Schulabschluss die Schule verlässt und damit auf einem immer härter werdenden Arbeitsmarkt chancenlos ist. Deshalb brauchen wir neben einer umfassenden Schulreform auch genügend Lehrkräfte, die einen qualifizierten Unterricht erteilen können. Schauen Sie sich die Situation an den beruflichen Schulen einmal genau an. Ihren eigenen Angaben zufolge – das sind nicht unsere Zahlen – fallen 5 % des Unterrichts im beruflichen Schulalltag vom ersten Schultag an aus. Da sind noch nicht einmal Ausfälle durch Krankheit, Abordnungen und Sonstiges mit dazugerechnet. Im Landkreis Calw fällt zum Beispiel an

den gewerblichen Schulen jede fünfte Unterrichtsstunde aus. Dies halte ich in einem Land wie Baden-Württemberg für einen Skandal.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Bei den allgemein bildenden Schulen weigern Sie sich, statistische Zahlen über den Unterrichtsausfall herauszurücken, was auch vom Landeselternbeirat kritisiert wird. Da entdecken Sie plötzlich eine – falsch verstandene – Eigenständigkeit der Schulen. Schulen sollen mit dem Unterrichtsausfall selber fertig werden, ist Ihre Devise. Richtig verstandene Eigenständigkeit würde aber bedeuten, es den Schulen zu überlassen, wie sie Bildungsziele erreichen, und ihnen genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Richtig verstandene Eigenständigkeit bedeutet auch, dass Schulen ihr Personal selber auswählen können und die Schulleitung Zeit bekommt, um ihre Leitungsaufgaben auch tatsächlich wahrzunehmen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wacker CDU: Wer blockt denn da?)

Aber auch hier gilt: Seit Jahren reden Sie nur darüber, und gehandelt wird nicht.

Jetzt muss ich schon sagen: Der Gipfel Ihres bildungspolitischen Fehlverhaltens ist die Kürzung der Mittel für den zweiten Bildungsweg. Hier zeigt sich, dass Sie zur Lebenswirklichkeit der betroffenen Menschen in den Abendschulen und Kollegs überhaupt keinen Bezug haben.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wir schon!)

Es ist eben ein Unterschied, ob jemand mit 42 Jahren eine Ministerpension erhält

(Widerspruch bei der CDU – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist ja billig! Ihr habt das nicht ge- ändert!)

oder von seinem 420-€-Job noch 35 € für das Schulgeld abzweigen muss. Das ist ein gewaltiger Unterschied!

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Herr Zeller, Ihren Ausführungen fehlt jede Bildung!)

Ich sage Ihnen: Wir können es uns nicht länger leisten, Ressourcen brachliegen zu lassen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Die sollten Sie mal nut- zen, Herr Zeller! Das wäre Klasse!)

Deswegen ist es wichtig, dass wir diese Menschen fördern. Wenn jetzt einige bei diesen Abendschulen abspringen, dann wird es für die anderen noch teurer, und die Gefahr ist, dass Abendschulen schließen müssen. Ich frage Sie: Wollen Sie das wirklich, Herr Fleischer?

(Abg. Fleischer CDU: Auf niveaulose Suggestiv- fragen gehen wir nicht ein!)

Im Übrigen haben Sie auch im Privatschulbereich entgegen Ihren Darstellungen, Herr Wacker, Versprechungen nicht eingehalten. Um den Mangel an den privaten beruflichen Schulen etwas zu lindern, kürzen Sie bei den allgemein bildenden Privatschulen. Damit erschweren Sie für Geringver

dienende den Zugang zu den Privatschulen. Lesen Sie heute einmal die „Stuttgarter Nachrichten“: Bis zu 1 500 € monatlich werden inzwischen an den Privatschulen verlangt. Das ist doch eine soziale Auslese, die uns nicht gleichgültig sein kann.

(Beifall bei der SPD)

Wir appellieren deshalb an Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP: Stimmen Sie unseren Änderungsanträgen zu: Ja zu mehr pädagogischem Personal an Ganztagsschulen, Nein zu jeglichen Kürzungen beim zweiten Bildungsweg.

Meine Damen und Herren, zum Sport wird die Kollegin Christine Rudolf noch etwas sagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst zu den Pensionen, wenn Sie diese hier schon erwähnen, Herr Kollege, noch etwas sagen.

Werter Herr Kollege Zeller, Sie waren von 1992 bis 1996 an der Regierung. Was haben Sie damals, was die Pensionen betrifft, geändert? Gar nichts.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Der Rechtsgrundsatz damals war: Wer acht Jahre Minister war, konnte anschließend eine volle Pension beziehen. Was haben Sie geändert? Wir haben es 1998 geändert und 2003 noch einmal.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Man muss heute 60 sein. Ich habe darum gekämpft, dass es nicht 58 sind; ich wollte eine sechs davor. Wenn man im Glashaus sitzt, sollte man nicht hier hinstehen und andere beschuldigen!

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Dass die Sache an sich reformbedürftig war, schließt hier gar niemand aus; sonst hätten wir es ja nicht gemacht.

(Abg. Zeller SPD: Sie haben aber unseren Reform- vorschlägen nicht zugestimmt! Das wissen Sie ganz genau, Herr Kleinmann!)

Ihre Reformvorschläge kamen erst dann, als Sie in der Opposition waren. Vorher kam gar nichts. Vorher hätten Sie handeln können, aber das wollten Sie nicht, und jetzt, seit Sie in der Opposition sind, kommen Sie mit neuen Vorschlägen.

(Abg. Zeller SPD: Eine solche Regelung hat vorher gar nicht gegriffen! Das wissen Sie! – Weitere Zu- rufe)

Ja, ja; das ist mir schon klar: Sie wollten sie nicht. Das ist schon klar. Man kassierte, solange man dran war,

(Abg. Zeller SPD: Quatsch!)

und nachher hat man gesagt: „Jetzt sind wir nicht mehr dran“ und kassiert nicht mehr.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Zeller SPD: Das ist doch eine leere Behauptung!)

So einfach ist das. Ganz einfach!

(Abg. Zeller SPD: Das ist nicht nur eine leere Be- hauptung, sondern eine Ablenkung! – Weitere Zu- rufe)

Mit „Lügen“ fangen wir nicht an. Das bringt nichts.

(Unruhe – Abg. Capezzuto SPD: Kollege Zeller ist katholisch! Der kommt leicht weg, im Gegensatz zu Ihnen!)

Punkt 2: Beim Thema Ganztagsschulen stimme ich Herrn Zeller ja voll und ganz zu. Auch ich bin der Meinung, Kollege Zeller, dass wir flächendeckend Ganztagsschulen brauchen. Das heißt nicht, dass jede Schule zur Ganztagsschule werden müsste, aber das heißt, dass jede Schülerin und jeder Schüler, Kollegin Rastätter, die Möglichkeit haben sollte, eine Ganztagsschule zu besuchen, und zwar schulartübergreifend, also nicht nur – wie Sie es gesagt haben – bei brennpunktorientierten Hauptschulen, sondern bei Hauptschulen, Realschulen und – wegen G 8 sogar besonders wichtig; das kommt auch immer mehr – Gymnasien sowie bei Grundschulen.

(Abg. Zeller SPD: Stimmen Sie uns doch zu! Stim- men Sie unseren Anträgen zu!)

Wir brauchen da aber kein Nachhilfeprogramm, verehrter Herr Kollege Zeller, weil nämlich in den Jahren 1992 bis 1996, als die SPD mitregierte, nicht eine einzige zusätzliche Ganztagsschule kam. 1992 waren es 70, und als sie wieder ging, 1996, waren es immer noch 70. Es ist nicht einmal eine 71. dazugekommen.

(Abg. Capezzuto SPD: Weil die CDU sie verhin- dert hat!)