Ich habe im Zweifel Verständnis dafür, wenn jemanden beim Thema Atomkraft ein gewisses Gefühl der Unsicherheit beschleicht, allein schon deshalb, weil diese Energieform aufgrund ihrer Komplexität so intransparent wie wohl kaum eine andere Energieform ist. Das ist unbestritten. Aber wenn man aus etwas aussteigt, meine Damen und Herren – darüber kann man ja reden –, dann sollte man irgendwann auch einmal sagen, wo man einsteigt.
Wer aus der Kernenergie aussteigt, muss zugeben, dass sie niemals – das bestreitet übrigens der grünste Grüne in der Zwischenzeit nicht mehr – zu 100 % durch erneuerbare Energien kompensierbar ist. Sie müssen ganz konkret zugeben, dass Sie nach dem Ausstieg einen Großteil mit fossilen Brennstoffen substituieren werden.
Jetzt zum Thema „Sicherheit der Kernkraftwerke“. Konjugieren wir das einmal durch. Vor kurzem war die internationale Atomaufsicht aus Wien in Philippsburg – Topnoten, aber aus Ihrer Sicht wahrscheinlich alle unfähig.
Dann darf ich Ihnen Folgendes sagen – das war übrigens das weitere Eigentor, lieber Herr Palmer –: Wir haben – ich möchte jetzt auch einmal lobend erwähnen, dass ich da ein Stück weit die Früchte ernten darf, die mein Vorgänger im Amt
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was meinen Sie jetzt: die Pannenserie, oder was? Radioaktivität im Neckar, kein Bor im Flutbehälter, das ist das Erbe! – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist doch Tatsache! Eine Panne nach der anderen! – Abg. Schmid SPD: Man kann ja auch ein Erbe ausschlagen!)
Ich habe in der Tat – um da weiterzumachen – als zuständiger Ressortminister den Vorteil, dass wir bei der Atomaufsicht nach 2001 ein Sicherheitsmanagementsystem in baden-württembergischen Kernkraftwerken implementiert haben, wie es kein anderes Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland hat.
Tatsache ist auch, dass wir über das, was Sie angesprochen haben, seit Sommer letzten Jahres ständig in Kontakt mit der obersten Atomaufsichtsbehörde sind. Das ist bekanntermaßen das Bundesumweltministerium. Alles, was wir wussten, wurde sofort in Form von Pressemitteilungen ins Internet gestellt.
Alles, was wir wussten, wurde im Verhältnis 1 : 1 direkt an das Bundesumweltministerium gefaxt, mündlich übermittelt, in regelmäßigen Besprechungen behandelt.
Jetzt sage ich Ihnen Folgendes, meine Damen und Herren: In dieser Woche, ganz konkret vorgestern, fand in Bonn die letzte Besprechung mit der zuständigen Abteilung der obersten Atomaufsichtsbehörde im Bundesumweltministerium statt. Wir haben dort mehrmals nachgefragt: „Weisen Sie uns an, dass wir die Atomanlagen aufgrund vermeintlich katastrophaler Sicherheitsmängel herunterfahren müssen?“ Denn das war die Forderung, die Sie ja ständig in den Medien erhoben haben. Wir haben die Frage der obersten Atomaufsichtsbehörde gestellt. Die explizite Antwort war: „Nein, wir weisen Sie nicht an.“
Lieber Herr Palmer, Sie stellen sich hier hin und sagen gerade im O-Ton, hier würden Tschernobyl-Verhältnisse herrschen.
„Es gibt keinerlei Grund für eine Anweisung, die Atomanlagen herunterzufahren.“ Was denn jetzt? Sie spielen mit den Ängsten der Menschen. Das ist das eigentlich Fatale in diesem Land. Darum geht es.
Im Übrigen ist eines interessant: Der gleiche Typus von Anlage steht zum Beispiel in Schleswig-Holstein – Druck
wasserreaktor, grüner Umweltminister. Meine Damen und Herren, da sieht man nichts, da hört man nichts, da liest man nichts. Wenn man mit den Kollegen redet, erfährt man, dass dort die gleichen Probleme bestehen, weil es sich um den gleichen Reaktor
Jetzt muss ich schon einmal fragen, meine Damen und Herren: Was ist das für ein Stil? Ständig lesen wir Äußerungen der obersten Atomaufsichtsbehörde zuerst in der Zeitung, bevor wir sie erfahren. Ständig bekommen wir mit, dass es ein riesiger Unterschied ist, ob ein Land von der CDU oder von Rot-Grün regiert wird, obwohl die Verhältnisse exakt die gleichen sind,
obwohl die Anlagen die gleichen sind, obwohl der Hersteller der gleiche ist. Meine Damen und Herren, das hat mit verantwortungsvoller oberster Atomaufsicht herzlich wenig zu tun. Das ist grüne Ideologie. Das Einzige, was Sie wollen, ist, die Kernkraft so madig zu machen, dass sie nach Möglichkeit keinerlei öffentliche Akzeptanz mehr erfährt. Ich sage Ihnen: Mit dieser Landesregierung und mit mir werden Sie dieses Ziel in Baden-Württemberg niemals erreichen. Das verspreche ich Ihnen.
Jetzt zur Ehrenrettung der EnBW: Ich habe keine Beißhemmung, weiß Gott nicht; das darf ich Ihnen sagen. Wir waren im letzten Sommer das bislang einzige Bundesland, das ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen einen Betreiber eingeleitet hat,
weil dort objektiv ein Problem bestand, das in geringem Maß sicherheitsrelevant war, wo aber die Verhältnisse nicht in Ordnung waren.
Ich sage wiederum: Solange ich die Atomaufsicht im Land leite, wird es niemals einen Sicherheitsrabatt geben. Aber umgekehrt wird es auch nicht den Fall geben, dass man einen Betreiber, der sich korrekt verhalten hat, so vorführt, wie Sie es tun. Es ist ein Unding, was Sie an Behauptungen in den Raum stellen.
Im Übrigen ist eines bemerkenswert: Bisher war es so, dass Sie zwei Tage lang die Sau durchs Dorf getrieben haben, und dann haben Sie den Rücktritt des zuständigen Ministers gefordert. Die einzige Innovation, die Sie jetzt auf den Punkt bringen, ist, dass Sie gestern als Erstes den Rücktritt des Ministers gefordert haben, bevor Sie sich danach einmal gemütlich mit den Inhalten beschäftigen.
Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Sie, lieber Herr Palmer, outen sich im Moment selbst bezüglich dessen, was Sie eigentlich vorhaben.
Die EnBW hat sich nach allem, was wir wissen, objektiv und subjektiv korrekt verhalten. Die EnBW kann uns nach unserem gegenwärtigen Wissensstand nachweisen, dass sie subjektiv alle Daten hatte und sie auch veröffentlicht hatte.
Im Übrigen ist es unwahr, wenn Sie behaupten, dass aufgrund von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft genau das ins Rollen gekommen sei, wovon Sie gesprochen haben. Es ist im Verhältnis 1 : 1 nachweisbar, dass wir dies im Dialog mit der Atomaufsicht gemacht haben. Die EnBW hat nach unserer Kenntnis der Dinge bis zum heutigen Tag nicht gegen das Betriebshandbuch verstoßen. Sie hat nicht gegen entsprechende Verordnungen verstoßen. Insofern ist es ungehörig, dass Sie ständig ein Unternehmen dieses Landes so an den Pranger stellen, obwohl Sie keine Ahnung haben.
Herr Palmer, es gibt keine Hinweise darauf, dass sich die EnBW in diesem konkreten Fall unkorrekt verhalten hätte. Wenn sie sich unkorrekt verhält, können Sie davon ausgehen, dass die Atomaufsicht in diesem Land mit Sicherheit sofort reagieren wird.