Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Um europäische Spitzenplätze zu erreichen, brauchen wir mehr Mittel. Ein Teil dieser Mittel, die Studiengebühren, dient der Verbesserung der Lehre. Der andere Teil – da haben Sie Recht, Frau Bauer – wird zum Beispiel der Pakt für Forschung und Innovation sein. Wir haben zwei Initiativen, nämlich den Pakt für Forschung und Innovation und derzeit die Exzellenzinitiative oder die Forschungsoffensive Deutschland.

Wir haben am Montag in der BLK eine Blockade aufgehoben: Der Pakt für Forschung und Innovation ist jetzt von der BLK einstimmig verabschiedet worden und soll ohne Bindung an die Exzellenzinitiative in Gang gesetzt werden.

Der Pakt für Forschung und Innovation enthält auch die dreiprozentige Steigerung der Mittel für die DFG. Das

(Minister Dr. Frankenberg)

heißt, er enthält nicht nur Mittel für die außeruniversitäre Forschung, sondern auch Mittel für die universitäre Forschung.

Die Blockade dieses Paktes lag übrigens beim Land Nordrhein-Westfalen, das bekanntermaßen kein CDU- oder FDP-regiertes Land ist.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Noch nicht!)

Richtig, noch nicht. Aber wir hoffen ja, dass es diesem Land bald besser geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Knapp SPD)

Frau Bauer, wir haben bei der BLK unser Papier „Forschungsoffensive Deutschland“ eingebracht. In der Ländervorbesprechung haben übrigens 16 Länder erklärt, das sei ein gutes Papier. Die Vollkostenfinanzierung sei unabdingbar für eine vernünftige Forschungsfinanzierung. Diese Initiative, die wir ergriffen haben, hat dazu geführt, dass die Gespräche über diesen Teil der zukünftigen und zusätzlichen Forschungsfinanzierung überhaupt wieder in Gang gekommen sind.

Wir haben jetzt neue Gespräche auf der Basis der beiden Papiere, der Exzellenzinitiative und der Forschungsoffensive, vereinbart. Diese beiden Papiere stimmen übrigens in zwei Dritteln überein, nämlich im Bereich der Exzellenzcluster und im Bereich der Graduiertenschulen. Das sind eigentlich die wesentlichen Dinge, in denen wir im internationalen Kontext einen Nachholbedarf in der Forschung haben. Dieser besteht in der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses einerseits und in der Verknüpfung der außeruniversitären mit der universitären Forschung andererseits. Wir haben in Deutschland den großen Nachteil, dass wir wie kaum ein anderes Land wissenschaftliche Forschung außerhalb der Universitäten betreiben.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Bauer?

Bitte sehr.

Bitte sehr, Frau Bauer.

Herr Minister Frankenberg, die Exzellenzinitiative haben Sie doch in der BLK auch mitverhandelt. Könnten Sie noch einmal erläutern, wie weit der Verhandlungsstand da war? Sie waren ja in der ersten Reihe daran beteiligt. Hatte die BLK nicht schon grünes Licht für die Exzellenzinitiative gegeben, die Sie jetzt durch den neuen Vorschlag der Vollkostenfinanzierung wieder relativieren?

Nein. Der Exzellenzpakt war nicht ausverhandelt, sondern die Entscheidung hieß, dass wir dieses Papier für eine geeignete Grundlage für weitere Entscheidungen halten. Wir haben die Verhandlungen damals ange

halten, weil wir davon ausgegangen sind – und zwar alle Länder und der Bund –, dass zunächst einmal das Ergebnis der Föderalismuskommission abzuwarten ist, damit man weiß, in welchem Entscheidungskontext man eigentlich steht. Erst mit dem Scheitern der Föderalismuskommission ist die Schwierigkeit dieser Exzellenzoffensive entstanden, weil die Bindung, die wir selbst gegeben haben, damit unauflöslich geworden ist.

Sie können allerdings auch die Frage stellen, wer eigentlich die Verantwortung für das Scheitern der Föderalismusreform hat und in welcher Art und Weise dort bestimmte Bundestagsabgeordnete Forderungen an die Kompetenzen und in die Kompetenzen der Länder hinein gestellt haben, die zu einem Scheitern dieser Föderalismusreform geführt haben.

(Abg. Pfisterer CDU: Da sieht man, wo die Schul- digen sitzen! Mit Recht! – Gegenruf des Abg. Rust SPD)

Das ist die eigentliche Ursache für das Anhalten der Exzellenzinitiative, nicht eine Blockade der CDU/CSU-Länder.

Was ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten kontinuierlichen, systemorientierten und in sich abgestimmten Hochschulpolitik des Landes? Ich glaube, niemand kann bestreiten: In Baden-Württemberg haben wir die besten Hochschulen Deutschlands.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Pfisterer CDU: Da klatschen wir alle!)

Wir haben die beste Forschungsinfrastruktur. Wir geben über die Zukunftsoffensiven auch Mittel in die Forschung wie kein anderes Land. Wir unterstützen dort erstklassige Berufungen. Wir unterstützen den Studierendenaustausch von besonders begabten Studierenden.

Wenn man die Länder vergleicht, könnte man mit Blick auf die vergangenen Jahrzehnte folgenden Doppelsatz prägen: Je länger ein Land schwarz – ich gebe zu, schwarz kann man eventuell auch als schwarz-gelb ansehen – regiert ist, desto besser sind seine Hochschulen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Oje! – Gegenruf des Abg. Pfisterer CDU: Das ist Fakt! Das sagen unabhängige Rankings, Frau Kol- legin! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD: Deshalb rennen uns ja auch alle Studierenden die Bude ein! – Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Küh- ner SPD)

Das ist so. Warten Sie jetzt bitte auf den zweiten Teil des Satzes. Er wird Sie beruhigen, denn der zweite Teil des Satzes lautet: Je länger ein Land rot regiert ist, desto höher ist seine Verschuldung.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und Abgeord- neten der FDP/DVP – Abg. Rust SPD: So ein Quark! – Abg. Pfisterer CDU: Dem kann man ei- gentlich nichts mehr hinzufügen! – Abg. Carla Bre- genzer SPD: Es lebe der schwarze Kommunismus!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wichmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte ja gern etwas vom Wissenschaftsminister gehört. Was wir hier jedoch gehört haben, war die Antrittsrede des CDU-Vorsitzenden von Mannheim.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Jetzt wird es billig, Herr Kollege!)

Um da einmal anzusetzen: Es ist einfach so: Wenn wir uns die Wissenschaftslandschaft in Baden-Württemberg angucken und gleichzeitig die Verschuldung des Bundeslandes Baden-Württemberg betrachten, dann müssen wir sagen, dass der Ministerpräsident, der am meisten Geld in die Entwicklung der Wissenschaftslandschaft investiert hat, auch derjenige ist, der die Verschuldung am höchsten getrieben hat.

(Oh-Rufe von der CDU)

Das kann man neutral feststellen und festhalten. Unser Verschuldungsstand ist ja ebenso im Wachsen begriffen, wie der Vorsprung des Landes Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen abnimmt.

(Zurufe von der CDU – Zuruf des Abg. Drexler SPD – Unruhe)

Aber wir sind ja alle miteinander Patrioten und wollen ja das Beste für unser Land.

(Zurufe von der CDU – Abg. Drexler SPD zur CDU: Ihr habt doch keine Ahnung! – Abg. Hofer FDP/DVP: Da hat richtig was gefehlt, als Sie nicht da waren! – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Wichmann.

Ich bin im ersten Teil darauf eingegangen, dass wir im Bereich der Forschung und der Forschungsförderung vor diversen Problemen stehen. Wir haben da auch eine überbordende Bürokratie. Wir haben zum Teil doppelte und dreifache Buchführung, wenn es um europaweite Programme geht, und wir haben innerhalb der internen Steuerungsprozesse der Universitäten immer noch in Teilen eine kameralistische Steuerung, während wir daneben auch eine neue, SAP-gestützte Steuerung haben, was zu einer enormen Belastung für die Leute führt. Die Panne, die ich Ihnen vorhin aus einem Petitionsbericht vorgelesen habe, rührt natürlich auch daher, dass man Leute unvorbereitet mit solchen Veränderungen konfrontiert.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Man soll nicht von außen bewerten, was man nicht ver- steht!)

Mein Vorwurf an das Ministerium geht dahin, dass da eine Art Zentralismus von oben betrieben wurde.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: So ist es!)

Ich habe geschaut, ob es für diesen Zentralismus eine Belegstelle in der Literatur gibt, und habe eine schöne Stelle

bei Max Weber gefunden, der den Ministerialdirektor Friedrich Althoff zitiert.

(Abg. Pfisterer CDU: Wir blicken nach vorne und nicht zurück, Herr Kollege!)

Er hat diesen Herrn übrigens auch sehr geschätzt. Dessen Ausführungen zu dem „System Althoff“ karikieren sehr gut das „System Frankenberg“ in der baden-württembergischen Wissenschaftslandschaft.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Worum geht es jetzt gera- de?)

Ich werde dem demnächst neu gewählten Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg einmal ein Exemplar zukommen lassen,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Historischer Rückblick!)

damit er eine Idee davon bekommt, wie sich Wissenschaftspolitik in Baden-Württemberg organisiert. Ich gehe davon aus, dass der Herr Minister diese Abhandlung über Max Weber von Herrn Schöllgen kennt.