Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Nein, wir sind nicht bescheiden. Das müssen wir auch nicht sein.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Heute am Jubiläum dür- fen Sie bescheiden sein!)

Genau, heute ist das Jubiläum „25 Jahre Grüne im Landtag“.

(Zurufe)

Was heißt „schon wieder“? Heute vor 25 Jahren, Frau Staatssekretärin, sind zum ersten Mal Grüne in den badenwürttembergischen Landtag gewählt worden.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, zum Thema zu sprechen.

(Beifall – Heiterkeit)

Ich wollte das lebendig gestalten und auf die Zwischenrufe eingehen.

(Abg. Fischer SPD: Er wurde gereizt! – Abg. Blen- ke CDU: Frau Präsidentin, nennen Sie das Thema, damit er weiß, wozu er reden soll!)

Ich hätte mir diesen Ordnungsruf natürlich auch beim Kollegen Theurer gewünscht.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Ich habe zum Thema ge- sprochen! – Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Meine Damen und Herren, nochmals mein Appell an die Regierung: Nehmen Sie das Thema ernst! Die Debatte wird ja nicht sonderlich ernst geführt, zumindest seit der Kollege Pauli hier geredet hat. Nehmen Sie aber das Anliegen ernst! Es geht hier um ein Informationsbedürfnis, das viele Menschen, das Leserinnen und Leser von Zeitungen haben. Darüber sollte man nicht einfach lustig hinweggehen, sondern man sollte hier in Baden-Württemberg schauen, dass es Transparenz gibt. Man sollte auch nicht auf die SPD oder sonst etwas verweisen. Damit kämen wir keinen Schritt weiter.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kipfer.

Herr Kollege Pauli, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie sinngemäß gesagt, jeder, der etwas wissen wolle, könne sich informieren, und wer etwas nicht wissen wolle, brauche auch nicht informiert zu werden. Das Erstaunliche und eigentlich das Erschreckende ist – hören Sie mir jetzt einmal zu! –, dass die Landesregie

rung selber nichts wissen will. Ich zitiere aus der Stellungnahme zu unserem Antrag Drucksache 13/2468:

Über die baden-württembergischen Medienunternehmen, die Zeitungen herausgeben, und über die Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse in diesen Medienunternehmen liegen der Landesregierung keine aktuellen Erkenntnisse vor und können mit vertretbarem Aufwand nicht gewonnen werden.

Dann verweist die Landesregierung auf ein Buch aus dem Jahr 2000, aus dem man sich informieren kann. Zum Schluss kommt dann:

Diese Daten dürften aber nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Weitere Informationen liegen der Landesregierung nicht vor.

Ich halte das für erschreckend. Vielleicht können Sie, Herr Minister, hier etwas mehr Aufklärung bieten, wenn Sie gleich das Wort ergreifen.

(Beifall bei der SPD)

Was die Beteiligungen der SPD betrifft, liegen alle Daten offen. Wir halten damit auch nicht hinterm Berg. Ob das verfassungsgemäß ist, wird derzeit in einem Normenkontrollverfahren geprüft. Das haben wir abzuwarten, und dann können wir ja erneut debattieren.

Herr Theurer, Sie haben den Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministers zur Pressekontrolle angesprochen. Der Bundeswirtschaftsminister – der Gesetzentwurf wurde gerade am vergangenen Freitag im Bundestag gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP verabschiedet und kommt demnächst in den Bundesrat – hat versucht, mit dieser Novelle die wirtschaftliche Basis der Medienunternehmen bei – das müsste Ihnen ja eigentlich entgegenkommen – gleichzeitiger Stärkung der redaktionellen Unabhängigkeit zu verbessern.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das ist ihm aber nicht gelungen!)

Denn darum geht es. Er befürchtet nämlich zu Recht, dass Zeitungen einfach vom Markt verschwinden, wenn hier nichts passiert. Er will die Vielfalt erhalten, indem er die Möglichkeiten der Kooperation verbessert, auf der anderen Seite aber die redaktionelle Unabhängigkeit stärkt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich fände es schon gut, Herr Minister, wenn Sie dieser Gesetzesnovelle am 29. April im Bundesrat zustimmen könnten, denn meines Wissens haben selbst die Medienunternehmen dieser Novelle zugestimmt. Deshalb würde es mich wundern, wenn nicht auch Sie diesem Begehren nachkommen würden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pauli CDU: Das wird erst am 26. Mai im Bundeskabinett verabschiedet!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Müller.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber jetzt richtig in die Tiefe gehen!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zu Recht gesagt worden, dass Konzentration immer eine problematische Entwicklung ist – im Pressebereich natürlich erst recht. Sie haben zu diesem Thema zwei Anträge gestellt. Der eine bezieht sich auf die Frage einer erhöhten Transparenz, der zweite begehrt Auskunft über die Situation in Baden-Württemberg. Diese Auskünfte haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gegeben.

Zu der Forderung nach Publizität will ich hier etwas sagen. Mir geht es aber in der Tat so, wie es vorhin schon Herr Kollege Theurer gesagt hat: Anträge, die vom August 2003 und vom Oktober 2003 stammen und jetzt aufgerufen werden, haben bei Ihnen selbst vielleicht nicht ganz den Stellenwert, wie das heute erscheint.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Umgekehrt sage ich Ihnen auch: Bei der Frage nach der Transparenz, nach der Publizität kann man natürlich zwei verschiedene Meinungen haben. Wir haben unsere Stellungnahme nicht sozusagen mit den höchsten Gütern der Nation begründet, sondern im Prinzip eigentlich nur mit dem Hinweis auf die fragliche Relation zwischen Aufwand und Ergebnis. Was bringt uns das? Es sind keine schwergewichtigen Gründe; es ist kein Herzblut. Es gibt Länder, die so entscheiden, und Länder, die anders entscheiden. Man kann es so machen, wie Sie es vorschlagen, aber ich glaube, man muss es nicht.

Es gibt übrigens eine schöne Regel, die besagt: Wenn für eine Norm nicht zwingende Gründe sprechen, dann sprechen zwingende Gründe dafür, sie besser nicht zu erlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Warum haben wir uns so entschieden? Wir haben das in der Stellungnahme auch offen gelegt. Was den Rundfunkbereich anbelangt, müssen die Unternehmen, wenn sie von der LfK eine Lizenz bekommen wollen, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offen legen, damit Eigentums- und Treuhandverhältnisse deutlich werden und eine mögliche Abhängigkeit oder problematische Konzentrationsentwicklung überschaubar wird. Das wird angezeigt und von der LfK medienrechtlich überprüft.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Aber nicht veröffent- licht!)

Alle Antragsteller sind dem bisher nachgekommen. Vertreter des Landtags haben im Medienrat der LfK die Möglichkeit der Einsichtnahme.

Insofern muss man sagen: Die Institution, die mit der Information etwas anfangen kann – das ist jetzt der entscheidende Punkt –, nämlich die LfK, verfügt über das Wissen, das notwendig ist, um überprüfen zu können, ob es zu irgendeiner problematischen Entwicklung kommt. Auch die Vertre

(Minister Müller)

ter der Politik im Medienrat der LfK haben die Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen bzw. Transparenz zu erlangen. Insofern glaube ich, dass man darüber hinaus eigentlich nichts tun muss.

Soweit es sich um bundesweit verbreiteten Rundfunk handelt, gibt es dafür eine eigene Kommission, nämlich die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, die KEK. Sie übernimmt genau dieselbe Aufgabe wie die LfK im Landesmaßstab. Insofern liegen, wie gesagt, denen, die es wissen müssen – das gilt auch für das Bundeskartellamt –, natürlich die entscheidenden Informationen vor.

Was die Beteiligungsverhältnisse bei den Printmedien anbelangt, im Pressebereich, schlagen Sie vor, dass es zu einer Publikation im Impressum kommt. Auch das wird vom einen Bundesland so und vom anderen Bundesland anders entschieden. Ich meine, die bloße Darstellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge, nämlich wem welche Zeitung gehört, sagt eigentlich noch nichts über die Schlüsselfrage, die da heißt: Wie unabhängig ist die Redaktion?

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Das wird durch die Darstellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht deutlich.

Es ist schon interessant, dass wir vonseiten der Landesregierung beim letzten Rundfunkstaatsvertrag an einer Stelle tatsächlich mehr Transparenz vorgeschlagen haben, nämlich was den Zusammenhang zwischen den politischen Parteien und den privaten Rundfunkanbietern anbelangt, und das von der SPD bemerkenswerterweise vehement abgelehnt worden ist,

(Abg. Pauli CDU: Aha!)

vermutlich deswegen, weil es zwischen der SPD und privaten Rundfunkanbietern nicht nur bei den Printmedien, sondern eben auch in diesem Bereich Zusammenhänge gibt.