Herr Kollege Herrmann, verstehe ich Sie richtig?: Sie argumentieren, wir brauchten keine Schuldenbremse, weil wir derzeit zu viele Schulden machen.
Nein, Herr Kollege Palmer, ich sagte, eine Schuldenbremse in die Verfassung aufzunehmen macht erst Sinn,
Das Beispiel Schweiz zeigt, dass diese Verfassungsregelung durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen faktisch außer Kraft gesetzt ist. Was Sie jetzt beantragen, dient im Augenblick mehr der Schau, als dass es praktische politische Auswirkungen hätte. Der richtige Weg ist zunächst – –
(Beifall bei der CDU – Abg. Junginger SPD: Was ist mit den neuen, zusätzlichen Schulden? – Zuruf des Abg. Moser SPD – Abg. Fischer SPD: Herr Herrmann, was machen Sie in Berlin?)
Herr Fischer, in Berlin sind Sie zusammen mit den Grünen in der Regierung. – Wir sind der Meinung, dass wir den Weg weitergehen sollten, den wir in den letzten Jahren hier in Baden-Württemberg beschritten haben:
Wir waren dem Ziel in Zeiten höherer Steuereinnahmen schon sehr nahe, aber dann kamen die Einbrüche bei den Einnahmen des Landes, die wir nicht beeinflussen konnten. Insbesondere Sie von der SPD sind diejenigen, die sich immer gegen Ausgabenkürzungen aussprechen. Die Grünen sind da sehr viel vernünftiger und wissen, dass man nicht jeder einzelnen Interessengruppe, die irgendwelche Ansprüche stellt, nachgeben kann.
(Abg. Teßmer SPD: Das sagt der Richtige! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD – Weitere Zurufe von der SPD – Unruhe)
Wir haben Einsparungen in Höhe von über 1 Milliarde € in diesem Haushalt durchgesetzt, und zwar gegen den erbitterten Widerstand der SPD vor Ort und hier im Parlament.
Jetzt kommen Sie und stellen sich hier hin und sagen, wir machten zu viele Schulden. Mit uns wären sogar noch mehr Einsparungen machbar.
(Abg. Schmiedel SPD: Wo denn? – Abg. Junginger SPD: Die Schulden machen doch Sie! Was reden Sie denn? Sie haben wohl bei den Haushaltsbera- tungen geschlafen!)
In Bayern und in Hamburg wurden Einsparungen zur Schuldenverringerung durchgesetzt, und trotzdem hat die Regierung in Bayern eine Zweidrittelmehrheit, in Hamburg eine gute absolute Mehrheit bekommen.
Ich glaube, es ist notwendig, den Bürgern auch zu sagen, dass nicht von der Wiege bis zur Bahre alles vom Staat finanziert und übernommen werden kann. Diesen Weg werden wir weitergehen.
Dann sind wir auch der Auffassung, dass es sinnvoll ist, für die Zukunft in die Verfassung eine Schuldenbremse, wie von Ihnen jetzt zum falschen Zeitpunkt vorgeschlagen, aufzunehmen. Aber in der derzeitigen Situation können wir Ihren Gesetzentwurf nur ablehnen, weil er praktisch keine Auswirkungen hat. Das zeigt auch das Beispiel der Schweiz.
(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Unge- heurer Applaus! – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)
Meine Damen und Herren, bevor ich weiter das Wort erteile, möchte ich Sie darüber informieren, dass sich unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne die Ministerin für Außenhandel des Königreichs der Niederlande, Frau Karien van Gennip, befindet. Sie wird vom Botschafter der Niederlande in der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Dr. Nikolaos van Dam, begleitet.
Frau Ministerin, wir heißen Sie und Ihre Delegation im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen. Ich
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir brauchen den Einstieg in den Ausstieg aus der Staatsverschuldung. Man kann sich allerdings fragen, welchen Sinn weitere Verfassungsregeln zu diesem Zweck haben können,
wo doch die Landesregierung seit Jahren eine ganz einfache Regel, nämlich die Vorherigkeit des Haushalts, die in Artikel 79 der Landesverfassung festgeschrieben ist, einzuhalten nicht in der Lage ist. Es steht dort geschrieben, dass der Landeshaushalt zum Jahresbeginn verabschiedet sein muss. Jahr für Jahr wird der Haushalt erst im Februar verabschiedet – ein klarer Verfassungsverstoß. Eine sehr einfache Vorschrift nur formeller Natur – die Landesregierung kann sie nicht einhalten. Wir machen immer vorläufige Haushaltsführung.
Wir haben darüber hinaus weitere inhaltliche Begrenzungen für die Staatsverschuldung. Diese Regeln betreffen einerseits die jährliche Kreditaufnahme, das heißt nicht mehr Kredite als Investitionen im Haushalt,
und zweitens die Maastricht-Kriterien: nicht mehr an öffentlicher Verschuldung für den Gesamtstaat als 3 % des Bruttoinlandsprodukts. Diese jährlichen Verschuldungsgrenzen können in Baden-Württemberg nur mit Tricks eingehalten werden.
Es gibt dann – und das geht in die Richtung des Vorschlags der Grünen – Regeln, die ausgeglichene Haushalte langfristig anstreben. Da haben wir schon eine Vorschrift in § 51 a des Haushaltsgrundsätzegesetzes.
Dort heißt es: „Bund und Länder... streben eine Rückführung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte an.“ Das gilt auch unmittelbar für das Land Baden-Württemberg und besagt nichts anderes als der Grünen-Vorschlag im Kern.
Weiter hat die Landesregierung sich in der Koalitionsvereinbarung verpflichtet, in ihrer Landeshaushaltsordnung eine Sollvorschrift mit dem Ziel ausgeglichener Landeshaushalte zu verankern. Diese gesetzgeberische Maßnahme steht aus. Die Bayern haben schon eine entsprechende Vorschrift in ihrer LHO verankert.
Jetzt wollen die Grünen die mehrjährige Kreditaufnahme mit weiteren Begrenzungen versehen. Im Kern fordert der Gesetzentwurf eine jährliche Nullverschuldung und dass
trotzdem auftretende Defizite in den Folgejahren wieder zurückgezahlt werden, also über mehrjährige Turnusse hinweg einen ausgeglichenen Haushalt. Das führt zu zahlreichen Problemen, die wir aus der mittelfristigen Finanzplanung kennen.