Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

Na ja, der Kompromiss kann wirklich nur darin bestehen, dass man die berechtigten Interessen bündelt, gerecht abwägt und meines Erachtens nur zu diesem Ergebnis kommen kann.

Im Übrigen würde ich vorschlagen, dass wir uns auch einmal überlegen, ob es Sinn macht – diesen Gedanken würde ich gerne noch einbringen –, alle fünf Jahre zu beschließen, die Siebenjahresfrist weiterhin nicht anzuwenden. Wir haben das vor fünf Jahren schon einmal beschlossen. Wir wiederholen die damalige Debatte nur noch einmal. Wir sollten überlegen, ob es unter dem Gesichtspunkt der Entbürokratisierung vielleicht sinnvoller wäre, wenn landwirtschaftliche Gebäude mit wertvoller Bausubstanz allgemeinverträglich erhalten bleiben – wir sind eine Kulturgegend, wir haben hier keinen Urwald –, auf die Anwendung der Siebenjahresfrist, die der Bundesgesetzgeber setzt, im Wege der Bürokratieentflechtung künftig ganz zu verzichten.

Wir stimmen jedenfalls dem Gesetz zu.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Heike De- derer CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Witzel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, liebe Heike!

(Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Mein Gott, Wal- ter!)

Ich wundere mich etwas, mit welcher Intensität vonseiten der CDU-Fraktion auf diesen Gesetzentwurf eingegangen wird. Es freut mich natürlich ungemein, dass die landschaftsschützerischen und naturschützerischen Aspekte auch in der CDU – bei euch, liebe Heike – so genau diskutiert werden.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen – Abg. Heike Dederer CDU: Die Oppositionserfahrung, lieber Walter!)

Aber eines müssen wir doch sehen – Herr Hofer hat es ja zugegeben –: Wenn ein landwirtschaftliches Gebäude im Außenbereich umgenutzt wird, wenn ein Bauernhof mit einer großen Scheune umgenutzt wird zur Wohnbebauung, zu einer Gastwirtschaft oder Ähnlichem, dann wird das in der Regel zusätzlichen Verkehr zur Folge haben. Es ist auch nicht auszuschließen, dass im Rahmen der Abrundung des Ganzen hier und dort noch etwas dazugebaut wird.

(Abg. Kiefl CDU: Aber außenbereichsverträglich! Das praktizieren wir seit Jahren!)

Insbesondere der zusätzliche Verkehr, der von Herrn Hofer auch eingeräumt wurde, wird zu einer Beunruhigung der Landschaft führen.

(Zuruf des Abg. Stickelberger SPD)

Ich habe nicht primär von Flächenverbrauch geredet. Aber wenn wir Natur erhalten wollen, dann ist die Beunruhigung der Landschaft ein negativer Fakt. Das müssen wir einfach festhalten.

Herr Hofer fragt, warum man nicht konsequent verbieten sollte. Herr Hofer, für die Grünen sage ich klar und deutlich, dass wir hier einen Interessenkonflikt haben: Auf der einen Seite gibt es in der Landwirtschaft einen Strukturwandel; sie will die Gebäude neu nutzen. Auf der anderen Seite haben wir die Aspekte des Naturschutzes. Unter diesen Aspekten müssten wir eigentlich sagen: Lieber nicht weiter nutzen.

Wir Grüne sagen: Hier ist es wichtig, einen Kompromiss in dem Sinne zu machen, dass man insgesamt abwägen muss, dass man versuchen muss, einen Mittelweg zu finden. Da ist unsere Meinung: Die sieben Jahre sollen bleiben. Wohlgemerkt, die sieben Jahre gelten nicht von der Aufgabe bis zur neuen Nutzung, sondern es muss innerhalb der sieben Jahre ein neues Nutzungskonzept vorgelegt werden. Das muss noch nicht genehmigt sein, es muss auch noch nicht gebaut sein. Ich meine, sieben Jahre sind eine ausreichende Zeit.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Kiefl CDU: Wenn man es richtig macht!)

Ich darf auch noch einmal auf das hinweisen, was du, liebe Heike, gesagt hast. Es ist ja nicht so, dass nach unserer Vorstellung nach den sieben Jahren nichts mehr passieren solle.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Eine alte Freundschaft wird aufgefrischt! – Heiterkeit)

Es heißt ja nur: Wenn die sieben Jahre vorbei sind, dann geht das nicht mehr mit einem einfachen Verfahren, sondern dann muss ein Bebauungsplan gemacht werden – das ist ja auch kein Hexenwerk –, also ein anderes Verfahren gewählt werden. Verhindert wird eine sinnvolle Nutzung auch dann nicht. Deshalb sollten wir den Streitwert niedrig hängen. Aus unserer Sicht aber sind die sieben Jahre ein guter Kompromiss zwischen den Belangen des Naturschutzes auf der einen Seite und den Belangen der Landwirtschaft auf der anderen Seite.

(Abg. Fischer SPD: „Liebe Heike, liebe Frau Dede- rer“!)

Deshalb werden wir der Verlängerung der Nichtanwendung der Siebenjahresfrist nicht zustimmen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Minister Rech.

(Abg. Fischer SPD: Sagt der jetzt auch „liebe Hei- ke“?)

Frau Präsidentin,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: „Liebe Heike“!)

verehrte Heike, liebe Grüne,

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU)

meine Damen und Herren! Es ist von allen alles und vor allem alles richtig gesagt worden – bis auf die lieben Grünen.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

Darauf komme ich ganz kurz noch zurück.

Aber zunächst, Herr Kollege Stickelberger, ernsthaft: Die eingegangenen Anregungen werden wir im Zuge der Beratungen des Kammerfusionsgesetzes einbeziehen. Deswegen muss ich das hier nicht im Einzelnen erörtern.

Zum Kollegen Hofer und zu der Frage, ob wir in Bezug auf die Siebenjahresfrist nicht unseren Beitrag zum Bürokratieabbau leisten könnten: Ich halte den Gedanken für gut und richtig, aber es handelt sich um Bundesrecht. Wir haben es versucht, aber er war nicht durchsetzbar.

Meine Damen und Herren Kollegen, ich will nur wenige Sätze noch ergänzen, indem ich darauf hinweise, dass sich die Regelungen, die wir jetzt im Architekten- und im Ingenieurgesetz getroffen haben, auf das unbedingt Notwendige beschränken. Der Vorwurf wurde zwar nicht erhoben, ich will ihm aber mit aller Entschiedenheit begegnen. Von einer Überreglementierung bzw. Übererfüllung europäischer Richtlinien könnte man in diesem Fall auch nicht sprechen.

(Minister Rech)

Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass weder die Architekten- noch die Ingenieurkammer, noch andere mit der Angelegenheit der Architekten und Ingenieure befasste Verbände und Behörden Bedenken oder Änderungsvorschläge eingebracht haben.

Deswegen kann ich schon auf das Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch und auf Ihr offensichtlich zentrales Anliegen zu sprechen kommen: die sieben Jahre und die Frage der Außenverträglichkeit. Kollege Hofer hat aber auch hierzu, wie immer, schon das Richtige gesagt: Das Umnutzungsvorhaben muss außenbereichsverträglich sein.

(Abg. Heike Dederer und Abg. Kiefl CDU: So ist es!)

Da gelten die gleichen Kriterien wie bisher.

Meine Damen und Herren, der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg hat im Anhörungsverfahren die Aussetzung der Umwidmungsfrist kritisiert und hat vorgetragen, die Entwicklung der Gemeinden müsse auf den Innenbereich konzentriert werden und der Außenbereich dürfe nicht weiter zersiedelt werden. Das ist ja alles richtig, aber es ist in diesem Fall nicht überzeugend.

Bei der Umnutzung – ich sage es noch einmal, ein letztes Mal – der bestehenden Gebäude kommt es ja gerade nicht zur Inanspruchnahme weiterer neuer Flächen bzw. zu einem Landschaftsverbrauch und zur Zersiedelung. Im Gegenteil, über die Nutzung bestehender Bausubstanz kann die Ausweitung und Inanspruchnahme weiterer Flächen ja gerade vermieden werden.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Aus Sicht des Natur- und des Landschaftsschutzes kann es also nicht besser sein, wenn ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude verfallen und dafür an anderer Stelle Bauflächen ausgewiesen werden müssen. Es wäre niemandem zu vermitteln, wenn voll erschlossene Gebäude nicht für nahe liegende andere Nutzungen verwendet werden dürften. Natürlich kommt es bei einer anderen Verwendung auf die beabsichtigte Nutzung an. Das kann man so oder auch anders machen.

(Zuruf des Abg. Dr. Witzel GRÜNE)

Wir haben für die Aussetzung der Frist – dies will ich noch sagen – nachgewiesenermaßen in der Praxis auch einen tatsächlichen Bedarf. Das zeigt sich immer wieder bei den entsprechenden Anfragen an die Baurechtsbehörden.

Wenn eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung aufgegeben wird – in der Regel nach dem Tod des Betriebsinhabers –, setzt über viele Jahre hinweg ein schleichender Prozess ein. Da reichen für eine sinnvolle Umnutzung sieben Jahre oft nicht aus. Vielmehr bedarf es da Konzeptionen, längerfristiger Betrachtungsweisen. Auch muss jemand gefunden werden, der diese Umnutzung sinnvoll und in dem vorgesehenen Rahmen auch tatsächlich vornimmt.

Die Befürchtungen sind also unbegründet. Nutzungsänderungen sind nur unter Beachtung strenger Voraussetzungen zulässig. Die äußere Gestalt des Gebäudes muss im Wesentlichen gewahrt bleiben, und das Vorhaben muss außen

bereichsverträglich sein. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege kommen also schon in der Zulässigkeitsprüfung voll zum Tragen.

Es geht bei dem Gesetzentwurf nur darum, die Umwidmungsfrist, die in der Praxis zu unnötigen Einschränkungen für eine sinnvolle Zulässigkeitsprüfung führt, auszusetzen. Meine Damen und Herren Kollegen, es handelt sich hier auch um eine praktisch wirksame Deregulierung und Liberalisierung im Baurecht. Eine solche wollen wir durchsetzen; sie ist sinnvoll und notwendig.

Deswegen danke ich Ihnen für die breite Zustimmung, und ich danke Ihnen, sehr verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Aufmerksamkeit.