Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Architekten- und des Ingenieurgesetzes und zur Ausführung des Baugesetzbuchs – Drucksache 13/4115
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, der aus zwei Teilen besteht. Der erste Teil, die Änderung des Architekten- und des Ingenieurgesetzes, ist unstrittig. Letztendlich ist es eine Formalie. Es geht um die Umsetzung einer EU-Richtlinie in Landesrecht, die die Erleichterung der Niederlassungsfreiheit für Gartenund Landschaftsplaner und für Ingenieure betrifft.
Im zweiten Teil des Gesetzentwurfs geht es um das Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch. Meine Damen und Herren, wir begrüßen es ausdrücklich, dass auch in den kommenden Jahren landwirtschaftlich genutzte Gebäude nach Ablauf einer Siebenjahresfrist umgenutzt werden können,
Zum einen trägt das dem fortschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung, der auch weiter fortschreiten wird, und zum anderen hat die Praxis gezeigt, dass sieben Jahre für die einschneidenden persönlichen und auch wirtschaftlichen Veränderungen, die bei Landwirten mit einer Hofaufgabe verbunden sind, häufig nicht ausreichen, um eine vernünftige Nachfolgenutzung für Gebäude zu finden. Davor, meine Damen und Herren, kann niemand die Augen verschließen, und dem trägt dieser Gesetzentwurf nun Rechnung.
Die Grünen – Kollege Witzel wird sicher noch darauf eingehen – haben in der ersten Lesung und auch im Ausschuss angeführt, dass die Nichtanwendung dieser Siebenjahresfrist zu zusätzlichem Flächenverbrauch führen würde. Meine Damen und Herren, das genaue Gegenteil ist doch der Fall.
Denn erstens wird doch durch die Umnutzung bestehender Gebäude verhindert, dass es zusätzliche Neubauten auf der grünen Wiese gibt,
durch das Baugesetzbuch Rechnung getragen. Ich bitte Sie, einmal einen Blick in das Baugesetzbuch zu werfen.
Die Umnutzung von Gebäuden im Außenbereich muss außenbereichsverträglich sein. Meine Damen und Herren, auch verehrter Kollege Kretschmann, ich darf hier nur auf einige Punkte hinweisen, die bei solchen Umnutzungen berücksichtigt werden müssen: der Flächennutzungsplan, der Landschaftsplan, das Wasser-, Abfall- und Immissions
schutzrecht. Es darf keine schädlichen Umwelteinwirkungen geben, es müssen die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Bodenschutzes berücksichtigt werden, und es dürfen keine Splittersiedlungen entstehen.
und es ist doch nahezu absurd, als Kriterium für die Zulassung einer Umnutzung das Datum der Hofaufgabe zu wählen.
Meine Damen und Herren, die Alternative wäre, dass solche Gebäude, wenn sie nicht umgenutzt werden könnten, schlichtweg verfallen. Viele von denen sind denkmalgeschützt. Das kann nicht Ihr Ernst sein. Deswegen fordere ich Sie auf, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ich bin schwer beeindruckt!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Dederer, ich muss Ihnen im Namen der SPD-Fraktion sagen, dass wir dem Gesetzentwurf zustimmen.
Ich teile Ihre Auffassung in vollem Umfang, auch wenn mir das naturgemäß in letzter Zeit schwer fallen muss.
(Heiterkeit der Abg. Heike Dederer CDU – Minis- ter Pfister: Das verstehe ich jetzt aber nicht! – Abg. Heike Dederer CDU: Das spricht für Sie, Herr Sti- ckelberger! – Unruhe)
Aber Sie gestatten trotzdem zwei Bemerkungen zur Änderung des Architekten- und des Ingenieurgesetzes. Sie erfolgt in Ausführung europäischer Vorgaben. Die Ingenieurund Architektenkammern haben zugestimmt. Ich habe der Begründung des Gesetzentwurfs entnommen, dass weitere Anregungen oder Vorschläge gekommen sind, die das Innenministerium prüfen wollte. Ich möchte Sie bei dieser Gelegenheit fragen, ob diesen Anregungen näher getreten wird und ob sich da möglicherweise gesetzgeberische Konsequenzen anschließen. Eine Antwort muss nicht heute sein, aber es wäre doch wichtig zu wissen, ob sich aufgrund dieser Anregungen etwas entwickelt.
Zum zweiten Komplex, zur weiteren Aussetzung der Siebenjahresfrist: Die Argumente sind im Wesentlichen genannt. Das ist ja keine schrankenlose Zulassung. Erstens ist das Gesetz seinerseits befristet, und zweitens – Frau Dederer hat zu Recht darauf hingewiesen – müssen ja übrige Belange nach wie vor berücksichtigt werden. Nur ein kleiner Teil der Belange kann einem solchen Vorhaben nicht mehr entgegengesetzt werden. Im Übrigen muss die Außenbereichsverträglichkeit gewahrt sein.
Wir halten das – sicher nicht in großem Umfang, aber in einem bescheidenen Umfang – für einen guten strukturpolitischen Beitrag gerade für den ländlichen Raum und darüber hinaus für einen sachdienlichen baurechtlichen Beitrag. Ich glaube, gerade junge Familien in einem Umstrukturierungsprozess im ländlichen Raum sind auf eine lange Frist angewiesen. Für einen solchen Prozess sind sieben Jahre eigentlich keine lange Zeit, sodass man diese Zeit gewähren muss. Denn die Alternative wäre in jedem Fall schlechter. Sie wurde aufgezeigt: Die Gebäude würden brachliegen, eine sinnvolle Nutzung würde nicht gefunden. Es handelt sich, wie Sie, Frau Dederer, ausgeführt haben, zum Teil um denkmalschutzrelevante Bereiche in Außenbereichslagen oder Randlagen zu geschützten Ortskernen. Ich glaube, das kann vielleicht auch dem Wunsch entgegenwirken, Bauplätze im freien Feld zu erwerben, und dadurch auch im Hinblick auf die Bauleitplanung der Gemeinden eine gewisse entlastende Funktion bewirken.
Herr Witzel, es entstehen keine neuen Gebäude, es entsteht keine Ausdehnung in die Landschaft, sondern bestehende Gebäude werden umgenutzt. Was sich verändern kann, ist die Erschließungssituation und die Frequenz in der Nutzung. Aber Sie erhalten keine Verfestigung etwa einer Splittersiedlung in den Außenbereich hinaus und ähnliche negative Auswirkungen, die wir auch nicht wollen. Wir meinen im Gegenteil: Indem man eine sinnvolle Nutzung findet, schaffen wir Ordnung für diese Ortsrandbereiche, die für die Strukturentwicklung unserer Gemeinden durchaus sachgerecht ist.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die Änderung des Architekten- und des Ingenieurgesetzes anbelangt, so stimmen wir zu. Hierzu bedarf es von mir keiner weiteren Ausführung. Hier haben Sie ja alles Notwendige gesagt.
Ich möchte zum zweiten Teil, nämlich der Aussetzung dieser Siebenjahresfrist bei der Umnutzung aufgegebener landwirtschaftlicher Gebäude, noch etwas sagen, weil – es ist ja mehrfach darauf hingewiesen worden – nach mir der geschätzte Kollege Witzel von den Grünen noch etwas sagen wird. Es wäre fast ein bisschen überheblich, wenn man nicht darauf eingehen würde, denn Sie haben ja doch Argumente vorgebracht, zu denen ich von meiner Seite aus noch begründen will, warum wir das nicht so sehen wie Sie.
Zunächst einmal ist schon fraglich, ob denn die Siebenjahresfrist richtig gewählt ist. Ich kann verstehen, dass sich die Grünen mit der Zustimmung zu dem Gesetz nicht leicht tun, denn immerhin haben sich zwei Naturschutzverbände gegen die Aufhebung der Siebenjahresfrist ausgesprochen. Die tun
das natürlich in ihrer Interessenwahrnehmung: Es ist am besten, wenn im Außenbereich gar nichts passiert. Sie schließen sich dem an, und alle, die nicht den Grünen oder nicht mehr den Grünen angehören, tun sich mit der Zustimmung zum Gesetz natürlich leichter.
(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Die, die nicht mehr den Grünen angehören, tun sich besonders leicht! – Ge- genruf der Abg. Heike Dederer CDU: Das hätte ich auch vorher nicht nachvollziehen können!)
Aber ich will Ihnen an dieser Stelle sagen: Sie müssen eine Gesamtabwägung machen. Ich denke, dazu sind wir im Parlament verpflichtet. Wir können nicht nur e i n Interesse vertreten. Wir müssen eine Gesamtabwägung machen. Bei dieser Gesamtabwägung spricht doch alles dafür, sich jetzt nicht an die Siebenjahresfrist zu klammern, sondern deren Nichtanwendung zu verlängern. Denn der Strukturwandel findet statt, und keiner bestreitet ihn. Wir wissen, dass es bei der Aufgabe eines Betriebs schon schwierig ist, Nachfolger zu finden. Zum Teil geht es ja nur um die teilweise Aufgabe eines Betriebs. Die sieben Jahre können ausreichen, sie können aber auch nicht ausreichen. Das kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein.
Im Übrigen muss man auch darauf hinweisen – das ist ja mehrfach gesagt worden –: Kein Mensch lässt nun alles zu. Es muss außenbereichsverträglich sein. Ich räume Ihnen ein: Wenn ich einen Kleinbetrieb eröffne oder eine Wohnung baue oder gar eine Gaststätte eröffne, hat das natürlich schon ein Verkehrsaufkommen zur Folge, das möglicherweise vorher nicht vorhanden war. Aber es muss auch dort allgemeinverträglich sein.
Ich verstehe auch eines nicht: Sie haben, wenn es innerhalb der Siebenjahresfrist stattfindet, keine Bedenken, dass eine Zersiedelung erfolgt. Nur außerhalb der Siebenjahresfrist haben Sie plötzlich Bedenken.
Na ja, der Kompromiss kann wirklich nur darin bestehen, dass man die berechtigten Interessen bündelt, gerecht abwägt und meines Erachtens nur zu diesem Ergebnis kommen kann.