Das kann Ihren Träumen von den schönen großen Gasturbinen auch in Obrigheim sehr schnell die Grundlage nehmen. Sie haben da viele fromme Wünsche, die sich durch außenpolitische Entwicklungen, auf die wir keinen Einfluss haben, sehr schnell zerschlagen können. Wenn es dumm läuft, dann kauft China das Gas auf,
Dann gab es eine Große Anfrage der CDU zur Stromversorgung. Ich hoffe, Sie haben diese auch gelesen, nicht nur Ihre eigene. Sie finden dort eine ganz beeindruckende Liste von Universitäten, Fachhochschulen, Instituten, die sich alle mit der Energieversorgung befassen. Wir sind ein hervorragender Forschungsstandort, gerade auch bei den erneuerbaren Energien.
Wir müssen jetzt mit der Anwendung und mit dem Technologietransfer beginnen. Deshalb werden wir diese neue Zukunftsoffensive jetzt auch im Energiebereich auflegen – ich habe es vorhin gesagt – und mit 10 Millionen € dotieren. Es geht um Anwendungsforschung bei nachwachsenden Rohstoffen und bei Bioenergie. Wir werden neue Verfahren zur Konversion von Biomasse entwickeln, zum Beispiel für die Verwendung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff, Gaserzeugung aus Biomasse für alle Anwendungen, Strom, Wärme, was Sie wollen. Wir werden mit den Instituten analysieren, welche Auswirkungen ein verstärkter Anbau von nachwachsenden Rohstoffen auf die Landwirtschaft hat, welches Potenzial wir hier haben, wie viel wir brauchen, ob das eine Chance für die Landwirtschaft ist. Wir werden forschen, wie man fossile Rohstoffe durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen kann, und vor allem, wie man die Speicherung bewerkstelligen kann.
Alle forschenden Institutionen sind zu einem breiten Technologietransfer verpflichtet. Das heißt, die Erfahrungen werden sofort ausgetauscht, und sie werden auch in die Anwendung weitergegeben. Es können jederzeit neue Partner hinzukommen, und es wird auch eine breite Öffentlichkeitsarbeit stattfinden, anders als bei der Bundesregierung, die die Bevölkerung nur über ihre Lieblingskinder informiert.
Wir werden diese Energiedebatte führen, und zwar unterstützt von hervorragenden Forschern und Instituten hier im Land Baden-Württemberg.
Sie von der Opposition können gerne noch ein Weilchen jammern. Sie können sich aber auch anschauen, was wir vorhaben, und machen dann einfach konstruktive Vorschläge. Ich sage hier ausdrücklich, dass jeder fachlich konstruktive Vorschlag willkommen ist, auch von der Opposition.
(Abg. Drexler SPD: Sie stimmen doch alles nieder! Das haben wir doch heute gesehen! Sie stimmen doch alles nieder!)
Aber willkürliche Ausstiegstermine und wenige rot-grüne Lieblingsthemen bringen uns wirklich nicht weiter.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört: In wenigen Tagen geht Obrigheim vom Netz.
Darauf komme ich noch. – Ich habe dafür auch ein gewisses Verständnis, denn niemand ist so ideologisch mit dem Thema Kernkraftnutzung verbunden wie Sie.
Für niemand anders als für Sie hat gerade Obrigheim einen derart hohen Symbolcharakter. Da kann ich durchaus verstehen, dass Sie da einfach mal richtig eine Sause machen wollten.
Nun wollen Sie das Ganze aber doch nicht als Abschaltfest, sondern mehr als Umschaltfest bezeichnen. Bei einer solchen Wortwahl muss man schon genauer hinhören. Da wird es dann schon ein bisschen unehrlich, weil Sie sich, wie ich meine, mit dem Wort „umschalten“ schon ein bisschen vor der Realität drücken. Wir schalten um – so ist das wohl zu verstehen – in eine schöne Energiezukunft, schön und kuschelig, wie wir es bei den Grünen gewohnt sind.
Aber ich muss Ihnen sagen: Sie dürfen nicht darüber hinwegsehen, dass man es doch ab und zu in diesem hohen Hause auch mit der Realität halten muss. Diese ist nicht attraktiv, aber sie holt einen meistens ein.
Politik heißt ja auch, die Realität wahrzunehmen und nicht wie die Grünen die hohe Kunst zu beherrschen, die Realität zu verdrängen.
Jetzt bleiben wir einmal bei der Realität. Diese war ja unbestritten. Bleiben wir einmal vor Ort in Obrigheim. Frau Brenner hat darauf hingewiesen: Statt 600 Arbeitsplätzen – wenn man die in der Umgebung damit verbundenen noch hinzunimmt – und 350 Megawatt sind es jetzt noch zehn Arbeitsplätze und 5 Megawatt. Sie, Herr Witzel, haben gesagt: auf den ersten Blick mickrig. Ich kann Ihnen nur sagen: auf den zweiten und dritten auch. Da können Sie den Obrigheimern zehnmal sagen: Wir können das im Bundesgebiet verhundertfachen oder von mir aus auch vertausendfachen. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie Ihr Fest aus Sicherheitsgründen nicht in Obrigheim, sondern mit Sicherheitsabstand in Mosbach gefeiert haben. Das ist das Erste.
Das Zweite: Nun sagen Sie mit Recht: Wir müssen immer übergeordnet denken. Ihre Landesvorsitzende hat ja auch gesagt: Eigentlich tun mir die Obrigheimer Leid, aber mein Gott, wir müssen, wie wir es gewohnt sind, großräumig denken.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Realität ist, dass Sie jetzt nicht nur mit Holzhackschnitzeln reagieren können, sondern dass Sie, wie vorhin auch Herr Schmiedel dankbar registriert hat – ich übrigens auch –, sagen: Wenn ich etwas Großes vom Netz nehme, dann kann ich nicht etwas Mickriges dagegensetzen, sondern dann muss ich etwas ähnlich Großes wieder dagegensetzen. Das kann nur Gas oder Kohle sein, also fossile Rohstoffe, von denen Sie alle sagen: Da werden bald nicht mehr genügend vorhanden sein, und außerdem wird ihre Nutzung mit einem hohen Maß an zusätzlicher CO2-Belastung verbunden sein. Alle Fachleute sagen – das bestreiten nicht einmal Sie –: zwischen 10 und 30 Millionen Tonnen zusätzliches CO2, wenn man Ihrem Atomausstieg folgt.
Nun sagen Sie immer: Das wollen auch wir nicht, aber hier müssen wir es halt hinnehmen, weil wir die Ideologie haben. Da sage ich: Nein. 10 bis 30 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 bleiben in der Luft. Das können Sie nicht wegdiskutieren.
Herr Hofer, haben Sie meine These verstanden, nicht 1 : 1 vorzugehen und ein Großkraftwerk durch ein anderes, sondern ein Großkraftwerk durch eine größere Anzahl kleinerer Kraftwerke zu ersetzen, zum Beispiel, dass man die Kapazität von Obrigheim ersetzt, indem man landesweit 70 Biomassekraftwerke baut?
Herr Witzel, das habe ich verstanden. Ich will auch nicht nur schwarz-weiß denken. Natürlich kann man sich überlegen, ob man, wenn man große Jumbos wegnimmt, wieder gleich große Jumbos hinstellen muss. Sie werden aber zugeben müssen, dass Sie, wenn Sie 400 oder 800 Megawatt wegnehmen, nicht in das andere Extrem gehen können: Wir machen das mit 1 000 Holzhackschnitzelkraftwerken mal 5 Megawatt. Das nimmt Ihnen doch keiner ab. Herr Schmiedel war doch sehr glücklich, dass Sie Ihr Credo „Small is beautiful“ zugunsten einer größeren Einheit etwas zurückgenommen haben.
Ich bin Realist, was die Nutzung der Atomkraft anbelangt. Natürlich muss man dort auch Realität walten lassen. Wir wissen, dass es eine Nutzung ist, vor der viele Sorge haben. Die Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor der Meinung, man sollte nicht auf Kernkraft setzen. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung dieser Meinung ist, kann man das nicht einfach wegwischen. Das ist völlig klar.
Zum Zweiten bleibt die Entsorgung – zum Teil absichtlich – problematisch, aber – Absicht oder nicht – es ist eine Problemstellung.
Das Dritte ist, dass man staatspolitisch, wenn man in einer Regierung einen Konsens getroffen hat, nicht, wenn man eine andere Regierungsmehrheit hat, sagt: Ätsch, das gilt alles nicht mehr, wir drehen uns um 180 Grad.
Ich kann auch die Ostverträge nicht einfach umdrehen. Das heißt, das hat schon eine gewisse Bedeutung, die man nicht verkennen darf. Man kann aber – der Herr Ministerpräsident hat es heute Morgen gesagt – die Laufzeiten verlängern und sich überlegen, ob es sinnvoll ist, Volksvermögen in Milliardenhöhe zu vergeuden.