Protokoll der Sitzung vom 01.06.2005

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wal- ter GRÜNE: So ist es! – Abg. Fischer SPD: Getrie- ben! – Abg. Alfred Haas CDU: Das Jagen wider- spricht aber dem Naturschutz!)

Das Gleiche gilt für Natura 2000. Von selbst wäre die Landesregierung gar nicht dazu gekommen. Meine Damen und Herren, was in diesem Land fehlt, ist das klare Bekenntnis zum Naturschutz. Landesspezifische Ansätze eines modernen Naturschutzes sind in diesem Land leider Mangelware.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Was träumen Sie, wenn Sie die Augen zuhaben?)

Meine Damen und Herren, das schadet dem Land. – Herr Haas, hören Sie gut zu! Das ist für Sie besonders wichtig, weil bei Ihnen das Defizit beim Bewusstsein besonders groß ist.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das Jagen hat mit Natur- schutz nichts zu tun, Herr Caroli! Da verwechseln Sie etwas!)

Meine Damen und Herren, heute ist der Naturschutzbericht beim Bund vorgelegt worden. Nach diesem Bericht ist der Naturschutz zu einem Motor der regionalen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland geworden.

(Abg. Alfred Haas CDU: Siehe Windkraft! Wind- räder vor allen Dingen!)

Es gibt eine Untersuchung des Bundesamtes für Naturschutz, wonach im vorigen Jahr an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern allein durch die Besucher der Nationalparkregion Umsätze in Höhe von 13,4 Millionen € erzielt wurden.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Meine Damen und Herren, wir sagen es schon lange: Naturschutz und Naturnutzung schließen sich überhaupt nicht

aus. Im Gegenteil, beides kann miteinander in Einklang gebracht werden und positive ökonomische Effekte erzielen.

(Abg. Drexler SPD: Sehr gut! Guter Satz! – Beifall bei der SPD)

Schauen Sie einmal in die Nationalparks in unserem Nachbarland Bayern hinein, und sehen Sie sich diese Erfolgsstory an. Wir im Land Baden-Württemberg haben endlich die Kategorien Nationalpark und Biosphärenreservat, wobei es jetzt Biosphärengebiet heißen soll, aus welchem Grund auch immer.

(Abg. Walter GRÜNE: Wenn es der Sache dient!)

Ja, ich sage auch: Wenn es der Sache dient, soll es recht sein. Auf jeden Fall sind diese Kategorien nur durch die Vorgabe, durch den Zwang des Bundesnaturschutzgesetzes in die hiesige Novelle des neuen Naturschutzgesetzes überhaupt eingegangen und machen es somit möglich, in Münsingen das erste Biosphärengebiet in diesem Land einzurichten.

Ich bin immer noch der Meinung, dass das Land BadenWürttemberg als Flächenland eine große Chance vertan hat, weil es keinen Entwicklungsnationalpark in Angriff genommen hat. Es kommt hier auf die zündende Idee an. Der Begriff ist sehr, sehr wichtig. Diese 13,4 Millionen € in Mecklenburg-Vorpommern haben natürlich einen Grund, genauso wie das für den Bayerischen Wald gilt, wo die Besucherströme sehr stark anwachsen. Ich nenne auch die Eifel in Nordrhein-Westfalen, wo ähnliche Verhältnisse vorliegen wie in Münsingen. Ich kann nur an Sie appellieren, diese Idee nicht zu verwerfen, also den Nationalpark nicht nur in das Gesetz hineinzuschreiben, sondern sich auch einmal im Land umzusehen und zu schauen, an welcher Stelle ein attraktives Angebot gemacht werden kann, um damit für die Touristenströme, aber auch für die Landwirtschaft und die Kommunen in den betreffenden Gebieten Möglichkeiten zu bieten.

(Beifall bei der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

Sehr gern.

Bitte sehr, Herr Abg. Röhm.

Herr Kollege Dr. Caroli, ist Ihnen bekannt, dass der Begriff Nationalpark sowohl nach dem Bundesnaturschutzgesetz als auch nach dem Novellierungsentwurf zum Landesnaturschutzgesetz eine waldwirtschaftliche und eine landwirtschaftliche Nutzung ausschließt? Frage 1.

Frage 2: Wollen Sie der Region Münsingen zumuten, dass auf den Flächen des Truppenübungsplatzes die Schafbeweidung eingestellt und eine landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Nutzung ausgeschlossen wird?

(Abg. Drexler SPD: Frage 1 ja, Frage 2 nein! – Abg. Kiefl CDU: Das ist nicht der Bayerische Wald!)

Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass es eine neue Definition von Nationalparks gibt.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Es sind Entwicklungsnationalparks vorgesehen, bei denen selbstverständlich derartige Nutzungen zugelassen sind. Das gibt es auch in anderen Bundesländern. Deswegen empfehle ich Ihnen, sich einmal mit der Sache zu befassen.

(Abg. Drexler SPD: Sehr gut! – Heiterkeit und Bei- fall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Sage es noch einmal! – Abg. Röhm CDU: Damit habe ich mich mehr befasst als Sie! Herr Caroli, das war schwach!)

Nein, das ist Tatsache.

(Abg. Alfred Haas CDU: Was wollen Sie jetzt? Sa- gen Sie konkret, was Sie wollen! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Was er will? Er will, dass Sie es lesen!)

Ich sage schon, was ich will.

(Abg. Walter GRÜNE: Er will erst einmal in Ruhe reden! – Abg. Alfred Haas CDU: Aufhören mit dem Herumeiern!)

Meine Damen und Herren, ich erwarte schlichtweg, dass – nachdem ein neuer Minister da ist und nachdem Sie groß getönt haben, einsteigen zu wollen

(Abg. Drexler SPD: In die Atomkraft!)

in die Großschutzgebiete – jetzt in Baden-Württemberg ein Signal ertönt: Jawohl, wir bekennen uns positiv zum Naturschutz.

(Abg. Alfred Haas CDU: Sie wollen Haare spal- ten!)

Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen, wo man etwas verbessern kann.

(Abg. Alfred Haas CDU: In Lahr zum Beispiel!)

Zuständigkeit von Kommunen für geschützte Grünbestände: Seit diese für geschützte Grünbestände zuständig sind, sind keine solchen Schutzflächen mehr ausgewiesen worden. Warum? Weil die Zuständigkeit bei den Kommunen liegt. Da bestünde eine Möglichkeit, über die Landratsämter entsprechend koordinierend zu verfahren. Ich nenne weiter die Zuständigkeit der Kommunen für die Biotopkartierung. Eine landesweite Biotopkartierung wäre dringend angesagt,

(Abg. Alfred Haas CDU: Die haben wir doch!)

damit es funktioniert. Das geht ja schon ewig, nämlich von 1992 bis 2004. Da sind noch nicht einmal die digitalen Aufarbeitungen fertig.

Oder: Es fehlen doch jegliche Zeitvorgaben für die Erstellung von Natura 2000, für den zehnprozentigen Biotopverbund und für die Biotopnachkartierung. Die Landschaftspläne in unserem Land sind nach wie vor unverbindlich.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Selbst für Behörden sind sie unverbindlich. Nach wie vor werden die Landschaftspläne von den Gemeinden als lästige Pflichtakte in der Schublade verschwinden, wenn keine Verbindlichkeit angestrebt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Gesetzesnovellierung müsste die Chance ergriffen werden, eigenständigen Naturschutz in diesem Land zu entwickeln. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit, nachdem wir in den vergangenen Jahren, wie ich bereits sagte, zum Jagen getragen werden mussten – bis hin zur Androhung einer EU-Strafe bei Natura 2000 in Millionenhöhe.

(Abg. Drexler SPD: Peinlich!)

Jetzt endlich Initiative zu ergreifen, das ist der Sinn unseres Antrags. Wir rufen Sie dazu auf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Dr. Brenner.

Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Der Antrag der SPD ist uralt, und deshalb stimmen natürlich einige der Antworten nicht mehr.

(Abg. Walter GRÜNE: Ach so!)