Ich bin aber sehr optimistisch, nachdem dies sogar mit einer Empfehlung hinsichtlich der Beträge, die natürlich nicht bindend ist, formuliert wurde, dass wir ein Stück weit dazu kommen werden, dieses Problem jetzt auch zu lösen.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben an verschiedenen Stellen Nachholbedarf. Wir sind insbesondere mit den Kommunen in Diskussionen, wie wir künftig die Aufteilung der Finanzierung dessen regeln, was wir tatsächlich wollen, um Familien in Baden-Württemberg bessere Bedingungen zu geben, damit sie sich frei entscheiden können, ob sie überhaupt Kinder haben wollen, und die freie Wahl haben, entweder das Kind zu Hause zu betreuen oder es teilweise zu Hause zu betreuen und teilweise außerhalb der Familie betreuen zu lassen. Dann, glaube ich, werden wir durchaus ein kinderfreundliches Baden-Württemberg, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität, für unsere Familien erreichen können.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der SPD zeigt alle Handlungsfelder in der Kinderpolitik auf. Fünf Minuten reichen leider nicht aus, um alle Handlungsfelder zu streifen. Deshalb werde ich mich auf drei Themenfelder beschränken: zum Ersten den Ausbau der Kleinkindbetreuung, zum Zweiten die Stärkung des Bildungsauftrags und zum Dritten die Finanzierung.
Die Landesregierung hat die Weiterentwicklung von Baden-Württemberg zum vorbildlichen Kinderland ausgeru
fen. Das ist in der Tat ein ehrgeiziges Ziel, wobei leider nicht zu erkennen ist, wie die Landesregierung dies umsetzen will. Es reicht in der Tat nicht aus, das Ziel verbal zu beschreiben, sondern man muss es auch erreichen wollen. Da hat es, Kollege Klenk, in der Tat keinen Sinn, hier Diskussionen einzufordern, die überhaupt nicht mehr zeitgerecht sind. Denn wir sind da schon weiter. Lesen Sie sich einmal die Regierungserklärung Ihres Ministerpräsidenten durch, der Familienpolitik nicht ideologisch beschrieben hat, sondern auf die Realitäten hingewiesen hat!
Dann können wir über Kinder- und Familienpolitik konstruktiver miteinander diskutieren. Solche überholten Diskussionen bringen in der Tat überhaupt nichts.
Punkt 1: Ausbau der Kleinkindbetreuung. Gestern und heute konnten wir es ja in der Zeitung lesen: Das, was als großer Erfolg im Ausbau der Kleinkindbetreuung gefeiert wird, ist eigentlich eine Farce. Denn es geht nicht um einen weiteren Ausbau, sondern es geht darum, dass die schon bestehenden Angebote weiterfinanziert werden. 8,6 Millionen € originäre Landesmittel sind nach wie vor zu wenig, um den bedarfsgerechten Ausbau der Kleinkindbetreuung bis ins Jahr 2010 für jedes fünfte Kind voranzubringen. Ich spreche deshalb von jedem fünften Kind, weil die Betreuungsquote von 20 % nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern von allen Expertinnen und Experten und in der Zwischenzeit auch von den kommunalen Landesverbänden als Mindestbedarf angesehen wird.
Geht man von durchschnittlich 100 000 Kindern pro Jahrgang aus, müssen Sie bis zum Jahr 2010 für ca. 50 000 Kleinkinder Betreuungsplätze anbieten. Wir brauchen also dringend einen Ausbauplan, einen Stufenplan bis 2010, und vor allem auch eine ausreichende Finanzierung. In diesem Zusammenhang weise ich noch einmal darauf hin, dass es nach unserer Meinung nicht möglich ist, parallel sowohl für das Landeserziehungsgeld als auch für die institutionelle Förderung Gelder aufzubringen. Man muss sich entscheiden. Deshalb sagen wir: Die Mittel für das Landeserziehungsgeld müssen zugunsten des Ausbaus der Kleinkindbetreuung umgewidmet werden.
Punkt 2: Stärkung des Bildungsauftrags. Hier geht es insbesondere um das Thema Sprachförderung. Die von Ministerpräsident Oettinger groß geschriebene Kinderpolitik besteht im Bildungsbereich leider nur aus Stückwerk. Voreilige Einzelmaßnahmen bestimmen die Diskussion: Erst war es die Kindergartenpflicht, jetzt ist es das Konzept „Schulreifes Kind“, und hinzu kommen ein bisschen Sprachförderung und parallel dazu die Auseinandersetzung um die Implementierung des Orientierungsplans. Das bringt keine Orientierung und Verlässlichkeit für die Kindergartenträger, für die Erzieherinnen und Eltern, sondern sorgt nach wie vor für große Desorientierung und Verunsicherung.
Wir lehnen das Konzept „Schulreifes Kind“ der Landesregierung aus zwei Gründen ab: Erstens wird es eine zusätzliche Struktur zwischen Kindergarten und Grundschule schaffen und wird dem Orientierungsplan diametral entgegenstehen, der den Kindergarten von Anfang an als Bildungsort für alle Kinder sieht und Bildung nicht auf acht Stunden im letzten Jahr reduzieren will. Dieses Konzept „Schulreifes Kind“ geht nicht nur an der Sache vorbei, sondern ist ein Rollback in die Siebzigerjahre. Wir lehnen dieses überholte Vorschulkonzept entschieden ab.
Strukturdiskussionen allein bringen die frühkindliche Bildung nicht weiter. Ohne ein Gesamtkonzept, das die Qualität frühkindlicher Bildung in den Mittelpunkt stellt, lässt sich nicht im Schnellverfahren nachholen, was in den Jahren zuvor verpasst wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu einem Gesamtkonzept gehört auch, dass die Bildungspläne nicht auf Drei- bis Sechsjährige beschränkt werden, sondern wir brauchen einen Orientierungsplan aus einem Guss, der für die unter Sechsjährigen insgesamt gilt. Schon jetzt haben wir altersübergreifende Gruppen in den Kindertageseinrichtungen. Auch die Kernregelung des neuen Tagesbetreuungsausbaugesetzes sieht neben dem bedarfsgerechten Ausbau der Angebote für unter Dreijährige auch die Erstellung von Konzeptionen und Qualitätsmerkmalen für die Einrichtungen vor. Dies nicht in die Erstellung der Orientierungspläne zu integrieren wäre eine riesige Ressourcenverschwendung.
Genauso unverständlich ist die Entscheidung, nicht den gesamten Kindergartenbereich in einem Ministerium zu bündeln, wie wir es gedacht hatten, als wir gehört haben, die Kinderbetreuung komme jetzt zum Kultusministerium. Nein, es stellt sich heraus: Der Bereich der unter Dreijährigen bleibt beim Sozialministerium. Ich glaube nicht, dass Sozialminister Renner unterbeschäftigt wäre, wenn er auch den Bereich der unter Dreijährigen an das Kultusministerium abgeben würde. Ich sehe keine Logik darin, diesen Bereich zu splitten.
Bildung beginnt mit der Geburt. Daher gehört die Gesamtzuständigkeit dem Kultusministerium übertragen. Das Ziel muss sein: Kinderpolitik aus einer Hand.
Das Land ist in der Verantwortung für die Kindertageseinrichtungen. Es ist also auch für den Bildungsauftrag verantwortlich, und deshalb muss es sich auch an der Finanzierung beteiligen. Dies betrifft sowohl die Finanzierung der Sprachförderung als auch die Implementierung des Orientierungsplans, wobei sich das Land in der Vereinbarung mit den Trägern dazu verpflichtet hat, 50 % der Kosten zu übernehmen. Aber wie schon bei der Sprachförderung, will sich das Land auch hier um die Beteiligung an den Fortund Weiterbildungskosten für die Erzieherinnen drücken.
Eine der letzten bildungspolitischen Entscheidungen des früheren Ministerpräsidenten Teufel war, für die Sprachförderung 6 Millionen € zu gewähren. Ich sage dazu: für ein Halbkonzept, das eine Sprachförderung nur über ehrenamt
liche Sprachhelferinnen zulässt und all die anderen Einrichtungen mit anderen Sprachförderansätzen, wie zum Beispiel ganzheitliche Sprachförderungen, außen vor lässt.
Vor diesem Hintergrund – Umsetzung des Orientierungsplans, Umsetzung der Sprachförderung – bietet es sich an, ein gemeinsames Projekt zu entwickeln, das die vorher genannten Projekte strukturell und konzeptionell miteinander verbindet, ein Konzept, das in einem verlässlichen, von Land und Kommunen – ich komme zum Schluss –
Wir schlagen dazu vor, dass jede Einrichtung einmalig ein Bildungsbudget erhält, das sich an den Kosten für die Weiterbildung der Erzieherinnen und für die Implementierung des Orientierungsplans und der Sprachförderung in Höhe von etwa 14 000 € orientiert. Das wäre bis zum Jahr 2010 eine Gesamtsumme von 51 Millionen €. Das wären also pro Jahr ca. 10 Millionen €, worin die 6 Millionen € für die Sprachförderung integriert wären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur wenn es gelingt, der Bildungseinrichtung Kindergarten ein inhaltliches und strukturelles Gesamtkonzept zu geben und von diesem Flickenteppich und Stückwerk wegzukommen, ist gewährleistet, dass die bildungspolitischen Reformprojekte wie der Orientierungsplan und die Sprachförderung ein großer Wurf werden und nicht zu landespolitischen Blindgängern verkommen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir schon ein paar Sachen zurechtrücken können.
Frau Wonnay, wir sind nicht einmal annähernd so schlecht, wie Sie uns machen. Aber ich räume ein, wir sind in vielen Punkten noch nicht so gut, wie wir es uns wünschten.
Bei allen Diskussionen über Infrastruktur ist festzustellen, dass wir in Baden-Württemberg unter den alten Bundesländern in Bezug auf die Kinderbetreuung Spitze und immer noch die Besten sind. Vergleichen Sie mit anderen Bundesländern. Bei allen Diskussionen über die Infrastruktur kann mir niemand klar machen, dass die Themen „Kinderwunsch“ und „Kinder bekommen“ ausschließlich mit der Infrastruktur in diesem Land zu tun haben. Das hat mit der Einstellung der Menschen in diesem Land zu Kindern zu tun, nicht unbedingt nur mit Geld und Infrastruktur.
Weil Kinder und Zukunft untrennbar miteinander verbunden sind, ist die Politik für Familien und Kinder seit Jahren Kernstück unserer Gesellschafts- und Familienpolitik. Wir haben auch die Zuständigkeiten sinnvoll übergeleitet, weil wir uns darüber im Klaren sind, dass Kinder bis zum Alter von drei Jahren keinen Anspruch auf Bildungspläne haben, aber Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren sehr wohl. Wenn wir das ernst nehmen, was auch die Kultusministerin klar macht – –
Es spielt übrigens überhaupt keine Rolle, wo die Zuständigkeit ist. Diese Landesregierung spricht mit einem Mund
und mit einer Stimme. Dementsprechend ist die Zuständigkeit zweitrangig, weil wir die Konzepte gemeinsam entwickeln und realisieren.
Unser Anspruch ist es, Baden-Württemberg zum Kinderland Deutschlands zu machen, zu einem Land, in dem sich Familien und Kinder nicht nur wohl fühlen, sondern in dem ihnen auch die Chance geboten wird, mit einer guten schulischen Bildung und guten beruflichen Ausbildung in einer sich wandelnden Welt ihren Weg zu finden.
Die Fundamente zur Erreichung dieses ehrgeizigen Ziels hat Ministerpräsident Oettinger in seiner ersten Regierungserklärung vor kurzem in diesem Hause genannt. Sie sind seit Jahren gelegt.
Wir fangen nicht bei null an. Ich erinnere nur daran, dass Baden-Württemberg als eines der ersten Bundesländer den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erfüllt hat.
Mit der Umstrukturierung der Kindergartenförderung im Jahr 1999 wurden die bisherigen Personalkostenzuschüsse in Gruppenpauschalen umgewandelt. Deren Höhe hängt von der Betriebsform ab. Damit hat das Land einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geleistet. Durch dieses Fördersystem hat sich die Anzahl der Gruppen in Kindergärten mit verlängerten Öffnungszeiten sowie der altersgemischten Gruppen bis zum Jahr 2004 mehr als verdreifacht, die Anzahl der Ganztagsgruppen mehr als verdoppelt. Ich denke, dass dies ein guter Weg ist. Diesen Trend werden wir fortsetzen.
Die Zukunftswerkstatt Familie hat eine ganzheitliche Politik für Familien mit Kindern eingeführt. Wesentlicher Bestandteil ist die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Familien in allen politischen Handlungsfeldern.
Nachdem im Bereich der Kindergärten Vollversorgung erreicht ist, konzentrieren wir uns – ich denke, auch konsequenterweise – nunmehr auf den bedarfsgerechten Ausbau der Klein- und Schulkinderbetreuung. Diesem Ziel dient das bereits Anfang 2002 von der Landesregierung beschlossene Konzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“. Wir stellen für dieses Ziel zusätzlich 15 Millionen € zur Verfügung.