Protokoll der Sitzung vom 30.06.2005

(Zuruf von der SPD: Ja super!)

Ich erinnere daran – –

(Zurufe von der SPD – Unruhe)

Jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden. Wollen Sie jetzt zuhören, oder wollen Sie dauernd dazwischenquatschen?

(Abg. Capezzuto SPD: Beides!)

Ich glaube, es dient niemandem, wenn wir uns hier gegenseitig mit Vorwürfen überhäufen.

(Zurufe von der SPD)

Wir müssen doch schauen, wie ein Zukunftskonzept für die Regionalmessen gemeinsam mit einem Landeskonzept für die Landesmesse in der Zukunft aufgestellt ist, damit der Messestandort Baden-Württemberg insgesamt profitiert. Das ist Ihr Interesse und unser Interesse.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir haben 64 Millionen € für die Regionalmessen ausgegeben. Wir haben das deshalb gemacht, weil wir es in einer Komplementärfinanzierung mit bis zu 15 % vereinbart haben. Das heißt zunächst einmal, dass die Regionalmessenbetreiber, auch die Kommunen vor Ort, ihre Standorte ertüchtigen wollten, um zusätzliche Kapazitäten zu bekommen. Diese Kapazitäten wurden in den letzten Jahren erfolgreich geschaffen. Es gab an diesen Regionalmessestandorten auch zusätzliche Messen, und vorhandene Messen konnten ausgebaut werden.

Jetzt ist zunächst einmal festzustellen, dass der Weggang der Schall-Gruppe von Sinsheim die Entscheidung eines freien Unternehmens war. Auch wir haben ein Interesse daran, aufzuklären, ob und inwieweit die Landesregierung an diesen Verhandlungen beteiligt war. Unseres Wissens zufolge ist es aber zunächst einmal so, dass dies von den entsprechenden Geschäftsleitungen verhandelt wurde – mit dem Ergebnis, dass spätestens ab dem Jahr 2008 die Messen der Schall-Gruppe am Messestandort Stuttgart stattfinden sollen.

Es ist sicherlich zu klären, welche Rolle ein der öffentlichen Hand zuzuordnendes Unternehmen wie die Stuttgarter Messe- und Kongress GmbH in diesem Zusammenhang gespielt hat. Auch wir seitens der CDU-Fraktion wollen, dass dies aufgeklärt wird.

Aber wir müssen auf der anderen Seite auch erkennen – ich denke, das wird auch von Ihnen respektiert –: Wenn es

wirklich zutrifft, dass Herr Schall in Sinsheim mit einer Reihe von Messen an Kapazitätsgrenzen gestoßen ist,

(Abg. Gaßmann SPD: Nur zwei!)

dann ist es aus Sicht der CDU-Fraktion allemal besser, dass wir diesen erfolgreichen Messebetreiber im Land halten können und er nicht nach Nürnberg, Frankfurt oder München abwandert.

Ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammenhang anzuführen ist: Wir werden die Vertragsbestandteile sehr genau durchzugehen haben und werden prüfen, wo Freistellungen erfolgt sind und wo nicht. Klar ist auch: Wenn Schall mit seinen Messen abwandert, gibt es auch entsprechende Rückforderungsansprüche im Hinblick auf Landeszuschüsse, die gewährt wurden.

Für uns wäre es nicht akzeptabel – und damit wäre auch die Grenze überschritten –, wenn es seitens der Stuttgarter Messe- und Kongressgesellschaft eine Freistellung von eventuellen Vertragsstrafen oder Haftungsansprüchen geben würde. Ein Unternehmen, an dem die öffentliche Hand beteiligt ist,

(Abg. Schmiedel SPD: Nur öffentliche Hand!)

darf diesbezüglich keine Freistellungen vornehmen. Auch dahin gehend werden wir nochmals einfordern, dass die Verträge analysiert und natürlich auch dem Aufsichtsrat der SMK vorgelegt werden, um das überprüfen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was machen Sie, wenn es doch so ist?)

Dann wird man darüber erneut zu verhandeln haben. Aber zunächst einmal ist da eine ganz klare, auch politisch gewollte Grenze gezogen – ich denke, Herr Kollege Palmer, das ist auch in Ihrem Sinne –, die nicht überschritten werden darf. Denn wenn ein Unternehmen des Landes mit Beteiligung der öffentlichen Hand von Vertragsstrafen freistellen würde, wäre dies sicherlich ein schlechtes Beispiel für privatwirtschaftliches Handeln, dem wir nicht Vorschub leisten sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Bri- gitte Lösch GRÜNE: Aha!)

Lassen Sie uns aber auch in die Zukunft schauen. Jetzt geht es darum, den Messestandort Sinsheim zu profilieren. Das heißt, wir seitens der CDU-Fraktion wünschen und unterstützen dies und sichern auch unsere Mitarbeit zu, damit eine konzeptionelle Förderung und Begleitung von Sinsheim auch im Hinblick auf neue Chancen und Perspektiven für das vorhandene Messegelände stattfinden kann.

Immerhin befindet sich in Sinsheim das Technikmuseum, und immerhin ist eine Initiative „Messestandort Sinsheim“ in Gründung. Wir sichern der Stadt Sinsheim auch gerne zu – dies will auch die Landesregierung –, dass in den nächsten Jahren etwas dafür getan wird, dass die dort vorhandene Infrastruktur bestehen kann und dass eine entsprechende, sinnvolle Nutzung ermöglicht wird.

Wir sagen auch in aller Klarheit und Deutlichkeit – mit der Abwanderung von Schall aus Sinsheim haben wir einen Präzedenzfall –, dass wir die künftige Messepolitik der SMK mit Beteiligung des Landes sehr genau beobachten werden. Es kann – ich sage dies nochmals – nicht das Ziel sein, weitere Messen von gut funktionierenden Regionalmessestandorten aus Baden-Württemberg abzuziehen. Wir wollen, dass sich die Landesmesse mit all ihren Vorteilen im Bereich der Infrastruktur einen guten Ruf, einen guten Namen macht, und zwar in der Konkurrenz zu München, zu Frankfurt, zu Düsseldorf, zu Leipzig und darüber hinaus natürlich auch europaweit.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Das wird der Maßstab für die künftige Beurteilung der Messepolitik des Landes als Gesellschafter, aber auch als Zuschussgeber sein. Dazu rufen wir die Landesregierung auf.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kein Zweifel, ich schließe mich dem an: Durch den Weggang der Schall-Gruppe nach Stuttgart ist für Sinsheim eine schwierige Situation entstanden. Deswegen begrüßen wir es, halten es aber auch für selbstverständlich, dass der Herr Ministerpräsident und der Herr Wirtschaftsminister bereits Gespräche mit der Stadt Sinsheim angekündigt haben. Auch mit der Familie Layher haben, wie ich gehört habe, schon Gespräche stattgefunden, um hier ein Entwicklungskonzept frühzeitig anzugehen, damit man sieht, wie man die dortigen Gegebenheiten – die Hallen und das Gelände – nutzen kann, damit die Region insgesamt von den Lasten dieses Weggangs befreit werden kann.

Bei aller Sorge und verständlichen Aufregung denke ich aber schon, dass es unsere Aufgabe ist, das, was nicht zueinander gehört und nichts miteinander zu tun hat, auch fein säuberlich zu trennen.

Zunächst einmal, Herr Kretschmann – wir wissen, dass Sie immer gegen die Messe Stuttgart waren –,

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Da ich Recht hatte!)

stelle ich an dieser Stelle ganz bewusst noch einmal fest – ich bin sicher, dass die überwältigende Mehrheit es parteiübergreifend genauso sieht –: Diese Landesmesse Stuttgart ist bei der Wirtschaftskraft des Landes und bei seiner Exportorientierung dringend notwendig,

(Abg. Fleischer CDU: So ist es! – Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

und wir sind froh, dass nach Jahren der Planung und des Verhandelns hier endlich gebaut wird und, wie wir wissen, trotz aller Debatten auch zügig fertig gestellt wird.

(Beifall bei der CDU – Abg. Kretschmann GRÜ- NE: Sie lassen sich doch nicht einmal durch Fakten belehren! Sie sind so ein Marktwirtschaftler!)

Was wäre wohl, Herr Kretschmann, wenn es nicht zu dieser Landesmesse gekommen wäre? Das hätte ja aufgrund der Urteile der Gerichte sein können.

(Abg. Gaßmann SPD: Das ist doch nicht das The- ma! Sprechen Sie doch zu Sinsheim!)

Ich komme darauf.

(Abg. Capezzuto SPD: Wann?)

Und wenn Schall möglicherweise sogar noch woanders hingegangen wäre, hätte ich die Kommentare, das Lamento hören wollen. Ihnen traue ich zu, dass Sie da auch noch mit eingestimmt hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Kretschmann GRÜNE: Völlig dane- ben, was Sie da sagen! – Weitere Zurufe)

Jetzt der nächste Punkt. Die Messen, ob es die Landesmesse oder die Regionalmessen sind, müssen sich im Wettbewerb behaupten. Da gibt es übrigens nicht nur Win-win-Situationen, sondern Wettbewerb bedeutet Rangfolgen und Platzziffern. Wer das wegtäuscht, macht irgendetwas vor. Sie müssen sich im Wettbewerb behaupten.

Die Landesförderung hat sich niemals auf den Betrieb von Messen bezogen, sondern ausschließlich auf Grundstücke, auf Gebäude und auf Infrastruktur, und dies nicht nur für die Landesmesse, sondern auch, wie wir gehört haben, mit 65 Millionen € für die Regionalmessen. Das ist dringend notwendig, weil anderweitig überhaupt kein Wettbewerb entstehen könnte; denn überall in Deutschland geschieht das so, übrigens auch in den meisten Teilen von Europa. Wer das alles selber erwirtschaften muss, während es die anderen vorfinanziert bekommen, der braucht einen Wettbewerb gar nicht mehr zu bestreiten.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist ein deutsches Sonderphänomen! Nirgends gibt es solche Überka- pazitäten!)

Das zum Wettbewerb.

So wurde dann zum Schluss auch noch die Schall-Messe gefördert. Die eigentliche Förderung mit 1,4 Millionen € für die letzte Halle ist ja deshalb erfolgt, weil Karlsruhe gefördert worden ist und Schall gesagt hat: Wenn Karlsruhe gefördert wird, möchte ich endlich als einziger Privater – es ist übrigens auch der Einzige, meine Damen und Herren, der komplett weggehen kann, denn die Stadt Friedrichshafen verlässt Friedrichshafen nicht, und Karlsruhe verlässt nicht Karlsruhe, das muss man an dieser Stelle einmal sehen – auch diese Förderung bekommen.

Nun zu dem Thema, das uns beschäftigt: Geschäftspolitik der Landesmesse. Sie von der SPD-Fraktion haben völlig Recht

(Abg. Gaßmann SPD: Meistens!)