Die Landesregierung versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie behauptet, die Verlegung der Messe Sinsheim sei das Ergebnis marktwirtschaftlicher Prozesse und eigener unternehmerischer Entscheidungen, auf die man keinen Einfluss habe und die man auch nicht habe verhindern können. Dazu werden zwei Argumente ins Feld geführt.
Das erste Argument ist: Herr Schall wollte auf jeden Fall aus Sinsheim weg. Er wäre mit all seinen Messen nach Frankfurt oder Nürnberg oder gar nach Hannover gezogen, weil es ihm in Sinsheim zu eng geworden wäre. Deshalb sei es doch gut, wenn er letztlich im Land bleibe. Das sei doch ein Erfolg. Das ist das erste Argument.
Das zweite Argument ist: Das Gelände in Sinsheim sei für die Messeveranstaltungen des Herrn Schall zu klein, und deshalb habe er größere Veranstaltungsräume gebraucht.
Beide Argumente sind falsch. Herr Schall hat im Jahr 2002 Verträge über eine Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen. Herr Schall hat sich selbst beim Bau einer neuen Halle mit vielen Millionen Euro aus seinem persönlichen Vermögen engagiert. Herr Schall hat noch im September des letzten Jahres einen neuen Mietvertrag über 18 000 Quadratmeter mit einer Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen. Dieser Mietvertrag beinhaltet die Klausel, dass er sich beim Bau einer neuen Halle automatisch an die Laufzeit der anderen Verträge anpasst, dann also auch bis 2027 läuft. Verhält sich so jemand, der ein paar Monate später sagt: „Mir wird das alles zu eng, ich muss jetzt in die Champions League“? Das ist doch völlig unglaubwürdig.
Vielmehr wurde Herr Schall durch Drängen und die Aussicht auf viel öffentliches Geld nach Stuttgart gelockt.
Das geschah mit Billigung der Landesregierung. Deshalb tragen Sie natürlich die Verantwortung dafür, dass es jetzt in Sinsheim ein Messehotel, aber keine Messen gibt und dass viele Privatleute im Vertrauen auf die langfristigen Verträge investiert haben – in Privatpensionen mit sechs, acht oder zehn Betten –, in der Erwartung, dass es weitergeht, dass auf diese Verträge Verlass ist, die mit aktiver Unterstützung des Landes gebrochen wurden.
Das zweite Argument ist, das Gelände in Sinsheim sei zu klein geworden. Es stimmt, es gibt zwei Messen, bei denen man an die Grenze stößt. Nun wissen Sie aber auch, dass eine Option dafür besteht, die Flächen in Sinsheim sofort zu vergrößern. Aber man kann argumentieren, dass es sich dabei bereits um internationale Messen handelt, die in Stuttgart natürlich bessere Entwicklungsbedingungen haben, und es deshalb auch ökonomische Überlegungen gibt, die für eine Veränderung sprechen.
Natürlich sind die Kontakte der Stuttgarter Messe an den Eigentümern in Sinsheim nicht einfach vorbeigegangen. Man hat sich ja darauf eingestellt, dass die eine oder andere Messe dann verlegt wird. Aber dass der Prozess damit endet, dass man die gesamte Messe ausverkauft, damit hat überhaupt niemand gerechnet.
Welchen Sinn macht es denn, dass jetzt als Schaufenster der Wirtschaft des Landes solche Messen stattfinden wie die Traktorama, bei der Landwirte mit ihren alten, gepflegten Traktoren kommen
Beim Echtdampf-Hallentreffen kommen alte, dampfbetriebene Fahrzeuge aller Art und werden präsentiert.
Wenn Sie dann darauf reagieren und sagen, dass da doch jetzt eigentlich ein Haufen regionale Veranstaltungen in Stuttgart stattfinden, nachdem man da alles ausverkauft hat, und sagen: „Gut, dann soll die Messe jetzt halt einmal die Internationale Automobilausstellung holen“, dann zeigt das doch, dass hinten und vorne eine Konzeption für die Stuttgarter Messe fehlt.
Zum gleichen Zeitpunkt, zu dem also die Traktorenausstellung nach Stuttgart verkauft wird, redet der Wirtschaftsminister von der Internationalen Automobilausstellung.
Was ist zu tun? Erstens: Wenn nicht rasch etwas passiert, ist die Messe Sinsheim 2008 tot. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, aktiv mitzuhelfen, ein Standortentwicklungskonzept für Sinsheim voranzubringen. Das ist schwierig, und niemand kann die Garantie dafür übernehmen, dass es gelingt; denn die Hallen sind nun einmal für Messen gebaut und nur für Messen zu verwenden. Aber man muss es probieren, und man darf die Stadt und die Region Sinsheim jetzt nicht im Stich lassen.
Das Zweite: Wir erwarten jetzt endlich ein Landesmessekonzept, bei dem geregelt ist, wie man bei solchen Prozessen verfährt und mit den Verlagerungen umgeht. Denn natürlich gibt es auch weiterhin Wettbewerb, und der Wettbewerb im Land nimmt durch die neue Landesmesse noch zu. Aber wir brauchen Spielregeln, die sich an den Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns orientieren und nicht am Vertragsbruch – schon gar nicht begünstigt durch öffentliche Gelder.
In Ihrer Stellungnahme schreiben Sie, Herr Kromer habe gesagt, er beabsichtige nicht, weitere Veranstaltungen aus anderen Messen nach Stuttgart zu ziehen.
Das stimmt mit unseren Informationen nicht überein. Nach unseren Informationen geht es bereits um zwei weitere konkrete Messen,
Stoppen Sie Herrn Kromer! Übernehmen Sie endlich die Verantwortung für den Betrieb der Messe in Stuttgart, und sorgen Sie dafür, dass es ein Konzept gibt, das nicht nur der Landesmesse in Stuttgart dient, sondern den Messen im ganzen Land Baden-Württemberg.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion begrüßt es, dass diese beiden Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE heute hier und im Fortgang dann auch im Wirtschaftsausschuss beraten werden, weil auch wir Interesse daran haben, dass diese Vorgänge im Zusammenhang mit dem angekündigten Umzug der Messe Sinsheim nach Stuttgart vollständig aufgeklärt werden. Auch wir waren überrascht, dass der bisherige Betreiber vom Standort Sinsheim weggeht und nach Stuttgart wechselt.
Ich sage in aller Deutlichkeit: Wir von der CDU-Fraktion hätten uns auch gewünscht, dass er am Standort Sinsheim verbleibt, denn wir haben mit dem Standort Sinsheim einen erfolgreichen Messestandort, der, auch mit Unterstützung des Landes, in den letzten Jahren ausgebaut wurde. Wir wissen natürlich auch um den wichtigen Standortfaktor der Messe Sinsheim in der dortigen Region.
Ich denke, dass es deshalb auch ein Ausnahmefall bleiben muss, dass die Landesmesse, die SMK in Stuttgart, den Regionalmessen in Baden-Württemberg Konkurrenz macht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Schmiedel SPD – Abg. Stickelberger SPD: Und wie wollen Sie das verhindern?)
Herr Kollege Schmiedel, das verstehe ich unter den „Spielregeln“, die aufgestellt werden müssen –, dass wir einen deutschlandweit und europaweit profilierten Messestandort des Landes entwickeln, dass es aber nicht zu einem Verdrängungswettbewerb innerhalb des Landes kommt.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das ist immer so bei Überkapazität! Das hätten Sie auch vorher wissen können!)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Schmid SPD: Der wird schon ganz rot! – Abg. Boris Pal- mer GRÜNE: Wieso kommt dann die Messe Sins- heim nach Stuttgart?)