Gerne will ich noch das Thema der Bürgermeisterwahlen ansprechen, das der Minister am Schluss angesprochen hat.
(Abg. Fischer SPD: Der wird gerade von Ihrem Kollegen abgelenkt! – Abg. Stickelberger SPD: Der muss gerade Mannheimer Probleme lösen!)
Auch ich finde es gut, dass man diese Wahlen nun gemeinsam mit anderen Wahlen durchführen kann, vor allen Dingen unter dem Aspekt, dass hier auch Geld gespart werden kann.
Die Begründung für die Absenkung der Einwohnergrenze von 20 000 auf 10 000 Einwohner überlasse ich gerne dem Kollegen Theurer oder der Kollegin, die für die FDP/DVP sprechen wird. Ich denke, das hätte man auch lassen können. Aber sei’s drum; wir werden sicherlich gute Argumente von Herrn Theurer hören, weshalb wir das machen sollten. Das soll er dann einmal begründen.
Haben Sie das gerade nicht verstanden? Es geht um die Frage nach den 20 000 oder den 10 000 Einwohnern, Herr Theurer.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das hat mit einem Kol- legen zu tun, der leider nicht mehr unter uns ist! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Dr. Glück war in dieser Sache immer sehr flexibel!)
Wie gesagt, ich will jetzt nicht auf alle Aspekte eingehen. Die Ausschussberatungen bieten hierfür noch ausreichend Gelegenheit. Die CDU-Fraktion trägt diesen Gesetzentwurf mit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Die erste Auffälligkeit ist auf jeden Fall, dass etwas, was seit dem Jahr 2001 in einer Koalitionsvereinbarung steht, nun im fünften und letzten Jahr dieser Regierung schließlich zu einem Gesetzentwurf geführt hat. Man kann hier nur ironisch anmerken: Wenn alle Koalitionsvereinba
rungen darauf angelegt würden, dass sie erst im letzten Jahr der jeweiligen Regierung verwirklicht werden, bräuchte man eigentlich praktisch gar keine Koalitionsvereinbarungen mehr,
weil die Politik damit nicht für die eigene Amtszeit, sondern allenfalls für die folgenden Amtszeiten gestaltet würde.
Lobend kann gesagt werden, dass eine Vielzahl von Routinevorgängen nunmehr klargestellt werden. Wenn ich mich recht entsinne, ist vor einigen Jahren die Umstellung von D-Mark auf Euro erfolgt. Wenn diese Umstellung jetzt auch in den einschlägigen Gesetzesvorschriften vorgenommen wird, so ist auch dies als überfällig zu bezeichnen. Wenn die Lebenspartnerschaft der Ehepartnerschaft bei der Wahrnehmung kommunaler Aufgaben gleichgestellt wird, so ist auch das eine Angelegenheit, die selbstverständlich von uns allen mitgetragen wird. Wenn das nun geplante Gesetz nicht der „ganz große Wurf“ hätte werden sollen, dann wäre das ein oder zwei Jahre zuvor auch mit Novellen, die dann einstimmig oder einmütig verabschiedet worden wären, möglich gewesen.
Es gibt weitere Regelungen, die wir ausdrücklich gut finden, etwa die Nah- und die Fernwärmeversorgung in den Nutzungs- und Anschlusszwang hineinzunehmen. Das hat uns in diesem Parlament schon einmal ausführlich beschäftigt. Damals hieß es dann, es seien verfassungsrechtliche Grundsätze zu bedenken. Die Regelung, die jetzt gilt, halten wir für ergänzungsbedürftig. Die Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen sollte neben den örtlichen Bedürfnissen ausdrücklich ebenfalls in die Regelung aufgenommen werden. Denn letztlich ist es der Gedanke der Ökologie, dass man lokal handeln muss, wenn man global etwas erreichen will.
Deswegen wäre es gut, dies nicht nur über das Staatsziel „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen“ aufzunehmen, weil dann den Gemeinden verdeutlicht würde, dass das örtliche Bedürfnis auch aus den globalen Belangen des Klimaschutzes und der Erhaltung der Lebensgrundlagen hergeleitet werden kann.
Wir werden im Innenausschuss besprechen, mit welcher Formulierung auch den verfassungsrechtlichen Bedenken problemlos Rechnung getragen werden kann. Der Rechtsweg ist im Zusammenhang mit den Verfahren der Stadt Aalen noch nicht abgeschlossen.
Es gibt allerdings – darüber wurde schon am 1. Juni ausführlich debattiert – bei den wesentlichen Themen des Anliegens „Mehr Demokratie“ sehr unterschiedliche Auffassungen. Was jetzt vorgelegt wird und was wir über Jahre hinweg gehört haben, erkläre ich für meine Fraktion für kleinmütig, ängstlich, misstrauisch und zögerlich.
Ich möchte das wie folgt begründen: Wer sich einmal mit den in Bayern gemachten Erfahrungen – auch wenn diese
Regelung erst viel später eingeführt worden ist – auseinander setzt, wird feststellen, dass man keine Angst zu haben braucht, dass überall unsinnige Entscheidungen von Leuten, die nur ihre eigenen Interessen vor Augen haben, getroffen würden. Die Geschichte der umfangreichen bayerischen Bürgerschaftsmitwirkungsbemühungen zeigt, dass bei Bürgerentscheiden sogar in Gebührenfragen sachgerechte Entscheidungen herausgekommen sind, weil die Verantwortung, die wir grundsätzlich jedem in der Demokratie als absolutes Grundelement zuweisen müssen, es auch rechtfertigt, zu sagen: In Angelegenheiten örtlichen Bezugs muss eine möglichst breite und weite Möglichkeit geschaffen werden, sich einzubringen, und zwar deshalb – das ist nicht etwa ein Wort von mir, sondern der frühere Ministerpräsident hat es wiederholt gebraucht –, weil ja immer zu beachten ist, dass Demokratie nicht vom Hinschauen und Zuschauen lebt, sondern vom Mitmachen.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich einzubringen und Entscheidungen zu treffen: Fragen wie die, ob ein Gewerbegebiet ausgewiesen werden soll – ein schwieriger Abwägungsprozess – oder ob ein Naturschutzgebiet ausgewiesen oder ein Hotel gebaut werden soll, sind doch Fragen, die durchaus auch der bürgerschaftlichen Mitwirkung zugeführt werden können.
Der wird sich dann nach einem Bürgerentscheid durchaus an dieses Votum halten, wenn er den Willen seiner Bürgerschaft nicht nur alle fünf Jahre bei Wahlen ergründet,
sondern auch in konkreten Vorgaben und Entscheidungen. Ich kann Ihnen eine ganze Zahl von positiven Beispielen nennen. Deswegen bitte ich darum, dieses Misstrauen einmal zurückzustellen.
Das Grundanliegen lautet doch wirklich – wie in der ersten Debatte zu unserem gemeinsamen Gesetzentwurf gesagt wurde –, dass es wichtig ist, dass der Bürger die Möglichkeit hat, sich in seine eigene Angelegenheit mit Verstand und Energie einzubringen.
Deswegen halten wir es weiterhin für notwendig, das vorgesehene Quorum abzusenken. Wir halten es für erforderlich, noch einmal sorgfältig darüber nachzudenken, ob es denn irgendeinen vernünftigen Grund gibt, Bebauungspläne und die bauliche Gestaltung aus dem Negativkatalog herauszunehmen.
Was wir heute gehört haben, soll den Eindruck vermitteln, als seien hier alle Möglichkeiten gegeben.
Uns erscheint in diesem Gesetzentwurf die Möglichkeit, die Bürger auch in diesem Bereich abstimmen zu lassen, nicht weitgehend genug.
Ich darf Ihnen wirklich empfehlen, die in Bayern gemachten Erfahrungen einmal nachzuvollziehen und nachzulesen, in welchem Umfang gerade auch im baulichen Bereich sachgerechte Bürgerentscheide erfolgt sind.
Ich empfehle Ihnen auch, einmal darüber nachzudenken, was denn die deutliche Absenkung des Quorums bewirkt hat: doch nicht, dass man sich überall die Mühe macht, wegen Kleinigkeiten Bürgerentscheide einzubringen. Aber die Möglichkeit muss gegeben sein.
Ich glaube, wir alle haben überall die Agendaprozesse, dass sich Bürger ihrer örtlichen Probleme annehmen, gefördert und befürwortet. Dazu gehört auch, dass dann, wenn Ergebnisse und Empfehlungen erarbeitet werden, die Möglichkeit gegeben sein muss, dies nicht nur alle fünf Jahre über Entscheidungen in Gemeinderatswahlen umzusetzen. Auch vorher schon sollte die Chance bestehen, durch eine Mitwirkung der Bürgerschaft auf den Gemeinderat einzuwirken. Das halten wir für unverzichtbar und unbedingt notwendig, weil wir alle auch ständig darüber jammern, dass die Wahlbeteiligung zurückgeht und eine Politik- und Parteienverdrossenheit einsetzt.
Warum ist das der Fall? Weil die Politiker angeblich machen, was sie für richtig halten, und auf die Bürger und deren Probleme und Argumente keine Rücksicht nehmen. Deswegen ist es notwendig, auch breite Möglichkeiten zu schaffen, und zwar auf der Gemeinde- und auf der Landkreisebene. Auf der Landkreisebene gibt es wichtige Anliegen. Ich erinnere nur an ein Müllheizkraftwerk in meinem Bereich, das wirklich als Thema intensiv diskutiert worden ist und wo dann die Gremien darüber befunden haben und die konkreten Belange auf einer Ebene wahrgenommen haben, die nichts mehr mit der Betroffenheit der Bevölkerung in einem größeren Gebiet zu tun hatte.
Wenn ich das sehe, sage ich: Die Feststellung, in dieser Hauptfrage sei jetzt mit der vorgesehenen Änderung der Gemeindeordnung eine positive weitgehende Veränderung erreicht, können wir nicht bejahen. Wir meinen, es muss noch weiter gehen. Wir bleiben bei dem Gesetzentwurf, der ja gemeinsam im Innenausschuss behandelt wird, in der Frage von mehr Bürgerbeteiligung bei unserer Meinung. Was Jugendgemeinderat und Jugendmitwirkung betrifft, sind wir unverändert der Meinung, dass eine Sollvorschrift wirklich viel mehr Anreiz und Auftrag gäbe als die Regelung, dass man noch gewisse Gremien mit einbeziehen kann. Gerade im Bereich der jungen Menschen ist es wichtig – wir haben es bei der Frage der Herabsetzung des Wahlalters diskutiert –, dass sie die Möglichkeit haben, sich mit ihren Ideen und mit ihren Vorstellungen einzubringen. Wo Jugendgemeinderäte durch Wahlentscheidung gebildet worden sind, leisten sie wichtige Arbeit. Sie fördern insbesondere auch die Beteiligung der Jugendlichen an dem politischen Geschehen und den Wahlentscheidungen.
Auch wenn das zu beachten ist, bin ich trotzdem der Meinung, dass die Routinearbeit Lob verdient. Die ist jetzt mittlerweile geleistet. Zwar sind einige Vorschläge, die auch seit Ewigkeiten auf der Agenda standen, nicht aufgegriffen worden. Gerade im Gemeindewirtschaftsrecht ist ja nun nicht erkennbar – –
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das kommt noch! Ge- meindewirtschaftsrecht ist etwas anderes! – Abg. Fischer SPD: Nächste Wahlperiode!)
Kommt natürlich noch getrennt, obwohl ja der große Wurf als Einheitsentwurf seit vier Jahren angekündigt wurde.
Wir wollen in Einzelheiten im Innenausschuss sorgfältig besprechen, inwieweit die Regelungen auch allen, sage ich einmal, kritischen und konstruktiven Anmerkungen standhalten. Wesentliche Punkte werden von uns mitgetragen, weil sie wirklich ein Schritt in die richtige Richtung sind. Es geht auch ausnahmsweise nicht um Geld, sondern um Demokratie und die Landesverfassung. Wir, die wir darauf stolz sind, dass wir seit 1955 insoweit Vorreiter für alle deutschen Länder sind, sollten auch den Mut haben, konsequent das, was uns andere mit abgesenkten Quoren und erweiterten Mitwirkungsmöglichkeiten an positiven Ergebnissen geliefert haben, in der Gemeindeordnung dieses Landes umzusetzen.
Da ist es natürlich wieder die CDU, die, wie es Herr Schneider am 1. Juni formulierte, grundsätzlich sagt: „Alles dummes Zeug! Was soll das denn? Alle sind zufrieden und glücklich. Wir brauchen doch nicht mit hohem Kostenaufwand irgendwelche erweiterten Regelungen.“ Auf dieser Grundlage werden wir mit Sicherheit der Demokratie nicht dienen, die ständig dadurch gefährdet ist, dass die Bürger nicht mehr wahrnehmen, dass ihre Mitwirkung auch von der Politik so hoch geschätzt wird, wie es eigentlich notwendig ist, wenn man etwas von Demokratie auch mit basisdemokratischen Ansätzen hält. Deswegen werden wir im Innenausschuss die Regelungen in Einzelheiten besprechen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als FDP/DVP-Fraktion danken zunächst einmal dem Innenministerium mit Ihnen, Herr Innenminister, an der Spitze für die sehr gute Zusammenarbeit bei den Gesprächen im Vorfeld der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs, den wir für sehr gelungen halten. Sie haben das bereits angesprochen. Ich bin Ihnen auch dankbar für die Klarstellung, was die Bauleitplanung angeht. Selbstverständlich kann man bei jedem Gesetzentwurf und bei jeder gesetzlichen Regelung die Dinge noch einmal abwägend darstellen. Es gibt immer Menschen, die weiter gehen wollen, anderen geht es weit genug. Wir stellen jedenfalls heute nicht ohne einen Unterton der Zufriedenheit fest, dass sich die Beharrlichkeit der Liberalen bei der Durchsetzung von mehr Bürgerbeteiligung bei kommunalen Entscheidungen gelohnt hat.