Protokoll der Sitzung vom 30.06.2005

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

einlassen muss. Zur erfolgreichsten Tradition unseres Landes gehört, dass wir wohnortnahe Schulen haben.

(Abg. Röhm CDU: Genau!)

Wer die Regionalschule haben will, muss ehrlich sagen, dass er dieses Prinzip und diese Strukturpolitik aufgibt. Auch das werden wir sagen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD – Abg. Schebesta CDU: Wirklich schade, dass Herr Käppeler keine Redezeit mehr hat! – Abg. Käppeler SPD: Wir können hier gerne noch weitermachen! Ich hätte noch viel dazu zu sagen!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Bei dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/2762, handelt es sich um einen Berichtsantrag, der durch die Aussprache erledigt ist.

Damit ist Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, auf der Zuhörertribüne hat inzwischen der Schweizerische Botschafter, Herr Dr. Werner Baumann, Platz genommen. Er wird von Herrn Botschaftsrat Dr. André Schaller und Herrn Konsul Johann Müller vom Schweizerischen Generalkonsulat in Stuttgart begleitet.

Herr Botschafter Dr. Baumann, ich darf Sie im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen heißen und Ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt und erfolgreiche Gespräche wünschen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Existenzgefährdung für Waldkindergärten durch das neue Kindergartengesetz – Drucksache 13/2791 (geänderte Fassung)

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Sozialministeriums – Haltung der Landesregierung zu einem Rechtsgutachten über das neue Kindergartengesetz – Drucksache 13/2899

Zu dem Antrag unter Buchstabe a liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Antrag Drucksache 13/4449, vor, den ich mit aufrufe.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Frau Abg. Wonnay.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kindergartengesetz, das zum Januar des Jahres 2004 in Kraft getreten ist, trug schon damals einen Hauch von Rechtsunsicherheit, und es wies einige beträchtliche Strickfehler auf.

Ein großer Strickfehler war die Regelung bezüglich der Kindergärten mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet und besonderer pädagogischer Prägung. Diese Kindergärten, für die es in der Tat in einer ganzen Reihe von Fällen Schlechterstellungen gab, haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, bisher im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf Sie noch einmal an einige Aussagen von Rednern der Regierungsfraktionen im März des Jahres 2003 erinnern. Damals hat der Kollege Noll in seiner Rede gesagt,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ich werde mich übrigens wieder melden!)

niemand müsse befürchten, dass irgendein freier Träger dabei zu kurz komme. Er hat sich ausdrücklich angeboten, quasi als Ombudsmann in solchen Fällen zu fungieren,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Hat mich auch viel Ge- schäft gekostet!)

in denen es tatsächlich zu einer Schlechterstellung kommt. Er hat gesagt:

Wir wollen jetzt sehen, wie diese Regelungen, deren Sinn und Ziel für den, der wirklich lesen kann und lesen will, ganz klar sind, beachtet werden. Wer gegen den Geist dieses Gesetzes verstößt, der wird es mit uns zu tun bekommen!

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Birzele SPD: Herr Noll, jetzt sind wir gespannt!)

Dann ist ein ganzes Jahr vergangen. Nachdem das Kindergartengesetz schon einige Monate in Kraft war, gab es vonseiten der CDU, vom damaligen Fraktionsvorsitzenden Günther Oettinger und vom Kollegen Haas, eine Pressemitteilung, in der stand, es gebe einige wenige Problemfälle.

Wir werden diese Einzelfälle im Auge behalten. Für uns ist es selbstverständlich,

so heißt es in dieser Presseerklärung –

dass sich alle Beteiligten an den bundesrechtlich geregelten Grundsatz der Subsidiarität halten.

Dies bedeute, dass kommunale Gruppen vorrangig zu schließen seien und dass man, wenn es zu einzelnen Problemfällen komme, die nicht auf interkommunaler Ebene geregelt werden könnten, zu verbindlicheren Maßnahmen greifen müsse.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Hört, hört! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Auch das stimmt heute noch! – Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Sie haben damals in Ihrer Parlamentsrede gesagt, Herr Kollege Noll, es dürfe nicht sein, dass auch nur ein einziger dieser freien Träger den Weg zu den Gerichten antreten müsse.

Sie wissen alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Fakt ist. In den eineinhalb Jahren, in denen das Kindergartengesetz jetzt in Kraft ist, haben eine ganze Reihe von freien Trägern – ich erinnere an den Hohenlohekreis – den Weg zu den Gerichten antreten müssen. Sie prozessieren noch heute, weil sie die Rechtssicherheit, die Sie im März des Jahres 2003 vorgegaukelt haben, vermissen. Sie sagten, Sie hätten dies mit der Rahmenvereinbarung erreicht, wohl wissend, dass die Empfehlung der kommunalen Landesverbände eben keine Verbindlichkeit gegenüber den einzelnen Kommunen entfaltet.

Eine ganze Reihe von Einrichtungen hat den Weg der Petition beschritten. Diese Petitionen sind alle noch im Petitionsausschuss anhängig. Sie haben genau diese Initiativen, die sich durch ein außerordentliches Maß an bürgerschaftlichem Engagement auszeichnen, durch Ihre lange Untätigkeit wirklich im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir waren sehr tätig!)

Ja, aber das Ergebnis hat eben auf sich warten lassen, Herr Kollege Noll.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Leider, ja!)

Oder wie stufen Sie es ein, dass im Gemeinderat der Stadt Stuttgart – über alle Fraktionsgrenzen hinweg, mit Unterschriften von den Grünen über die SPD, die FDP, die Freien Wähler bis hin zur CDU – alle miteinander den Landesgesetzgeber aufgefordert haben, endlich tätig zu werden, weil man mit den anderen Kommunen eben nicht zu Potte kommt? Selbst in der Region Stuttgart, wo man glauben könnte, dort funktioniere die interkommunale Zusammenarbeit noch besser als anderswo, ist es nicht gelungen, eine solche Regelung zu finden. Daraus müssten doch auch Sie ersehen, dass es längst überfällig ist, dass der Landesgesetzgeber handelt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Frau Abg. Wonnay, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Noll?

Aber natürlich.

Bitte sehr, Herr Abg. Dr. Noll.

Frau Kollegin Wonnay, ist Ihnen bekannt, dass dann, wenn freiwillige Lösungen angestrebt werden, derjenige, der diese herbeiführen will, sich auch mit den Partnern in Verbindung setzen muss, und ist Ihnen irgendein Fall bekannt, wonach die Stadt Stuttgart mit ihren Nachbarkommunen in irgendeiner Form Gespräche über Kostenbeteiligungen aufgenommen hat?

(Abg. Zeller SPD: Sie theoretisieren aber ganz ge- waltig!)

Ich habe von den Fildern die Erfahrung, dass eben nicht nachgefragt worden ist.

(Abg. Zeller SPD: Sie haben von der Praxis keine Ahnung!)

Herr Kollege Noll, das ist doch jetzt ein klassisches Ablenkungsmanöver. Sie wissen es aus Gesprächen im Bereich Stuttgart, aber auch aus Gesprächen in vielen anderen Bereichen. Sie haben doch auch die Briefe aus dem Kreis Freudenstadt und aus dem ganzen Land bekommen, wonach es eben mit der freiwilligen Lösung nicht geklappt hat.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber Stuttgart war sich zu fein! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Das ist doch gar nicht wahr!)

Sie warten jetzt eineinhalb Jahre zu. Es ist eben nicht nur ein Problem der Waldorfkindergärten und der Waldkindergärten, sondern auch ein Problem zum Beispiel von Betriebskindergärten. Ich erinnere die Kolleginnen und Kollegen, die mit uns in der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ sind, an die Aussage des von der CDU benannten sachverständigen Unternehmers Dr. Schwiezer, der gesagt hat, gerade auch für betriebliche Einrichtungen, von denen wir noch viel mehr in diesem Land brauchen – Sie wissen, dass wir da nicht gerade glänzen –, sei ein solcher Ausgleich, und zwar ein gesetzlich verbindlich geregelter Ausgleich, zwischen Standortgemeinde und Wohnsitzgemeinde dringend notwendig.