Protokoll der Sitzung vom 27.07.2005

Unser Ministerpräsident Günther Oettinger hat in seiner Regierungserklärung vom 27. April 2005 die Exzellenzinitiative als ein wichtiges hochschulpolitisches Ziel bezeichnet. Sie, Frau Bauer, haben jetzt für das Jahr 2006 die landesseitige Finanzierung angemahnt und mich aufgefordert, ich möge doch mit unserem Finanzminister darüber sprechen.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Da kommt er gerade!)

Wir haben natürlich längst darüber gesprochen. In den Nachtrag für 2006 wird für die Finanzierung von Landesseite eine entsprechende Summe eingestellt. Dabei muss man sich immer vor Augen führen, dass wir keine genaue Kenntnis davon haben, wie viele Mittel auf uns zukommen. Denn wie viel unser Anteil von 25 % ausmacht, richtet sich ja nach dem Erfolg unserer Universitäten im Wettbewerb. Wir hätten natürlich gern den Erfolg, der sozusagen dem Rang der baden-württembergischen Universitäten angemessen ist. Nach dem Ranking des „Focus“ müssten wir zwei Drittel der Mittel erhalten. Ich glaube aber, dass der Föderalismus bei uns noch nicht so leistungsorientiert ist, dass er einem Land zwei Drittel der Mittel der Exzellenzinitiative zuschreibt. Vielmehr wird man selbst dann, wenn Universitäten in einem Land so exzellent sind wie bei uns, wahrscheinlich doch auf eine gewisse geografische Verteilung über das Bundesgebiet hinweg achten. Andernfalls würde es sich letztlich fast nur um eine baden-württembergisch/ bayerische Exzellenzinitiative handeln. Das wird so jedoch nicht der Fall sein.

(Abg. Pfisterer CDU: Schade!)

Das heißt, wir erfüllen die Verpflichtungen, die wir eingegangen sind. Wir nehmen auch an, dass der Bund seine Verpflichtungen genauso erfüllt.

(Abg. Capezzuto SPD: Natürlich!)

Wir haben übrigens gerade am Montag – am Donnerstag findet die nächste Runde statt – mit der Umsetzung begonnen. Am Donnerstag wird die Ausschreibung der Exzellenzinitiative verabschiedet. Es sind wiederum die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die dabei sind, das Programm möglichst zügig umzusetzen. Wenn man uns also vorwerfen würde, wir würden die Umsetzung verzögern, könnten wir nur sagen: Man kann einen Motor, der auf Hochtouren läuft, nicht dafür verantwortlich machen,

wenn etwas langsam vorangeht. Die Kupplung greift, und der fünfte oder der sechste Gang ist eingelegt.

Nur muss man wissen: Man muss den Hochschulen jetzt auch genügend Antragszeit lassen, sich auf diese Ausschreibung einzustellen. Denn auch dort darf jetzt nicht gehudelt werden. Vielmehr handelt es sich um ein Programm, das langfristig angedacht ist. Es macht keinen Sinn, wenn es ein Fünfjahresprogramm bleibt. Kein Sonderforschungsbereich ist ein Bereich, der nur fünf Jahre währt. Vielmehr müssen wir vor allem die Nachhaltigkeit dieses Programms sichern. Andernfalls wird es nicht die Wirkungen entfalten, die wir alle uns erhoffen.

Zum Bewilligungsausschuss – um noch einmal die Frage der politischen Einflussnahme aufzugreifen –: Wir wollten möglichst wenig politische Einflussnahme. Ich habe aber auch darauf gedrungen, dass beim Wissenschaftsrat nicht das Plenum die Entscheidung über die Gutachter fällt, sondern dass nur die wissenschaftliche Kommission, also die wissenschaftliche Seite, die Entscheidung über die Gutachter in der Strukturkommission fällt.

Der Bewilligungsausschuss hat eine Mehrheit von Wissenschaftlern. Das heißt, Bund und Länder können die Wissenschaft im Bewilligungsausschuss nicht überstimmen, sondern die Wissenschaftler können die politische Seite überstimmen. Insofern war das natürlich auch nicht ganz uneigennützig, weil wir wissen: Je stärker das Gewicht der Wissenschaft ist, umso stärker wird das Gewicht der badenwürttembergischen Universitäten in dieser Exzellenzinitiative sein.

Lassen Sie mich, wie es sich in Baden-Württemberg gehört, im Einsteinjahr mit einer Überschrift eines Kapitels aus der Einsteinbiografie von Jürgen Neffe enden. Die Überschrift dieses Kapitels lautet: „Zwerge und Riesen – eine kleine Geschichte der Wissenschaft, wie Einstein sie las“. Wir haben im Land eigentlich neun Riesen unter unseren Universitäten. Hoffen wir, dass sie die Riesen sind, die einen großen Teil der Exzellenzinitiative-Mittel zur weiteren guten Entwicklung einnehmen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Bei beiden Anträgen handelt es sich um Berichtsanträge, die mit der heutigen Aussprache erledigt sind.

Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Subventionspolitik in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen, fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Die Mitglieder der Landesregierung werden gebeten, sich ebenfalls an diese Zeitvorgaben zu halten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Subventionsabbau wird jenseits von Sonntagsreden immer dann interessant, wenn es konkret wird. Erst im Konkreten kann man sehen, wer die hehren Bekenntnisse auch in praktische Politik umsetzt.

Ich darf eingangs den Finanzminister zitieren:

Aus wirtschafts-, finanzpolitischen, aber auch aus haushaltswirtschaftlichen Gründen müssen Finanzhilfen auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

Ich möchte anhand von drei Fällen von glattem Subventionsunsinn noch einmal klar machen, dass die Landesregierung diesen eigenen Maßstäben nicht gerecht wird, dass sie mit ihrer Subventionspolitik den Haushalt weiter an die Wand fährt und nicht sorgsam mit unserem Vermögen umgeht. Ich nenne drei Beispiele.

Erstes Beispiel: Messeförderung. Sie wissen: Wir waren aus grundsätzlichen konzeptionellen Erwägungen und aus Gründen der Staatstätigkeit gegen die Messeförderung. Aber darüber kann man natürlich unterschiedlicher fachlicher Meinung sein; das sind die Fraktionen hier im Haus.

(Abg. Fleischer CDU: Zum Beispiel der Herr Salo- mon sieht das anders als Sie!)

Der Rechnungshof gibt uns allerdings in seiner Denkschrift im Prinzip Recht.

Mit der fachlichen Debatte geht es allerdings dann zu Ende, wenn staatliche Hilfen und staatliches Engagement dazu benutzt werden, um andere Vorhaben, nämlich solche mittelständischer Unternehmer, kaputtzumachen. Es ist doch ein Unsinn ersten Ranges, wenn staatlich subventionierte Messen und Firmen einen Verdrängungswettbewerb mit der Gewissheit einleiten: Notfalls, wenn das Geld ausgeht, springt der Staat wieder ein. Beides ist bei der Messe in Sinsheim so geschehen.

Besonders gravierend ist es, wenn dieser Verdrängungswettbewerb im eigenen Bundesland geführt wird. Eine staatlich subventionierte Subventionsspirale hat in diesem Fall dazu geführt, dass mit einem staatlich subventionierten Unternehmen einem mittelständischen Unternehmen an seinem Standort der Garaus gemacht wird. So etwas kann ja wohl nicht sinnhaft sein und ist völlig absurd. Aus einer solchen Subventionsspirale, die mittelständisch engagierte Unternehmer ausbootet, müssen wir schnellstmöglich aussteigen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: Die zielgerichtete Kausalität ist aber nicht gegeben!)

Zweites Beispiel für glatten Subventionsunsinn: der Hockenheimring. Auch das hat eine Vorgeschichte. Schon bevor das Land die 15 Millionen € Zuschuss in den Ausbau der Rennstrecke steckte, hatte eine Wirtschaftsberatungsgesellschaft vor allzu rosigen Erwartungen gewarnt. Trotzdem hat man das gemacht, und zwar gegen unseren Widerstand und gegen unsere Anträge bei den vorletzten Haushaltsberatungen, wobei es sich ja bei den Formel-1-Rennen um eine Sportart handelt, die weder der Volksgesundheit dient

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

noch zum Breitensport werden sollte, wo also gar kein staatliches Interesse für eine Förderung vorliegen kann.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: Es gibt auch noch einen Spitzensport! – Abg. Seimetz CDU: Und Zuschauer!)

Ministerpräsident Oettinger sagt zu den Prioritäten der nächsten Jahre:

Wir brauchen … eine schonungslose Kritik unserer Aufgaben. Wir müssen dem Bürger klar machen, dass nicht mehr alle Dienstleistungen, die der Staat bietet, vom Staat erbracht werden können.

Aber Formel 1 geht offenbar immer. Da müssen sich die Bürgerinnen und Bürger doch fragen, wo die Prioritäten gesetzt werden. Ich sage ganz bewusst: Hier wurde Geld verschleudert, denn auch diese Subventionsgeschichte hat eine peinliche Fortsetzung. Jetzt ist der Hockenheimring nahe an der Pleite, und wieder soll das Land einspringen. Das ist eben die Droge der Subventionen.

(Abg. Fleischer CDU: Das hat doch mit der Sub- vention nichts zu tun! Ihre Kausalitäten sind falsch!)

Wenn der Veranstalter erst einmal gemerkt hat, dass die Politik erpressbar ist, braucht man sich nicht mehr zu wundern, wenn dauernd neue Forderungen nachgereicht werden. Ich sage Ihnen: Die Nachforderungen werden schneller kommen als die Rundenrekorde bei der Formel 1.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Stratthaus, Sie haben bei der Haushaltsberatung gesagt: Der Grund für die Schulden sind die Schulden. Hier muss man sagen: Der Grund für die Subventionen sind die Subventionen. Sie erheben immer wieder warnend den Zeigefinger und sprechen die warnenden Worte, dass wir endlich einsparen müssen, um den Haushalt zu sanieren. Ich kann hier aber nichts erkennen. Das liegt doch wohl hoffentlich nicht daran, dass der Hockenheimring in Ihrem Wahlkreis liegt.

(Zurufe von den Grünen und der SPD: Aha! – Abg. Fleischer CDU: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!)

Wir wissen doch alle, dass es, auch wenn sich da die L-Bank engagiert, nur eine Lizenz zur Geldverbrennung ist, sich da zu engagieren. Ich sage klipp und klar: Wer Motorsport veranstalten will, der soll dies tun, und wenn das nicht wirtschaftlich zu betreiben ist, dann soll er sich Sponsoren suchen, in diesem Fall aus der Automobilindustrie, sein Defizit aber bitte nicht aus der Kasse und mit dem Geld der Steuerzahler decken wollen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Fleischer CDU: Se- hen Sie das bei Fahrrädern anders?)

Dazu kommt natürlich noch der ganze Zickzackkurs. Noch vor wenigen Tagen sagte Ministerpräsident Oettinger, eine weitere Beteiligung des Landes komme nicht infrage. Am nächsten Tag ist in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu lesen, die Landesbank solle sich beteiligen, immerhin eine 100

prozentige Landestochter. Um 10 Uhr meldet die L-Bank, dass sie davon noch gar nichts wisse. Kehrtwendung: Um 2 Uhr nachmittags erklärt dann der Finanzminister der Presse, dass er Unternehmen wegen einer Beteiligung gefragt habe, darunter auch die L-Bank. Meine Damen und Herren, gegen die Äußerungen dieser Landesregierung ist das Gegacker auf dem Hühnerhof wirklich ein wirtschaftspolitisches Seminar.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPD)

Also, man sieht schon an diesen beiden Beispielen, dass das eine vollkommen unsinnige Subventionsspirale ist, aus der wir herauskommen müssen.

Auf das dritte gravierende Beispiel, nämlich den BadenAirpark, werde ich in der zweiten Runde noch eingehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)