Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast vier Jahren, im September 2001, gab es ein Treffen des damaligen Ministerpräsidenten mit den Präsidenten verschiedener Vereine. Vertreten waren dabei der Schwäbische Albverein, der Schwäbische Heimatbund, der Landesjagdverband und der Landesfischereiverband. Thema dieses Treffens war die Windkraft, obwohl kein Vertreter der Windkraftnutzung eingeladen war.
Der Ministerpräsident und die anwesenden Vereine waren sich damals darin einig, dass der Ausbau der Windkraft reduziert werden müsse. In einer Pressemitteilung vom 24. September 2001 hieß es damals:
Mit der geplanten Initiative soll zugleich den Planungs- und Genehmigungsbehörden von der Gemeinde bis zum Regionalverband deutlich gemacht werden, dass sie für eine restriktivere Genehmigungspraxis den politischen Rückhalt in der Landesregierung finden würden.
Meine Damen und Herren, die damals verkündete Initiative hat inzwischen Folgen gezeitigt. Baden-Württemberg gilt jetzt bundesweit als eines der Länder, die den Ausbau der Windkraftnutzung am stärksten behindern. Diese Behinderung zeigt sich insbesondere in drei Punkten, die auch in den vorliegenden Anträgen thematisiert werden. Zum einen geht es dabei um die Prozesse gegen die Windkraftanlagen am Schauinsland. Zum Zweiten geht es um das Verbot der Nutzung von staatlichen Waldwegen durch Windkraftnutzer. Das dritte Beispiel ist die Sonderrolle der Windkraft im Landesplanungsgesetz.
Besonders bizarr ist das Verhalten der Landesregierung beim ersten Punkt, nämlich bei den Windkraftanlagen am Schauinsland. Hier hat der Betreiber im Jahr 2003 eine rechtsgültige Baugenehmigung erhalten und daraufhin auch zügig mit dem Bau von zwei Anlagen begonnen. Als die Anlagen jedoch schon fast fertig dastanden, hat der damalige Ministerpräsident bzw. das Land verfügt, die Baugenehmigung wieder zurückzuziehen. Dieses absolut ungewöhnliche Verhalten geriet bundesweit in die Schlagzeilen. Es wurden Parallelen gezogen zwischen dem Ministerpräsidenten Don Erwin und dem Ritter von der traurigen Gestalt.
Meine Damen und Herren, man könnte das leicht als Satire abtun, aber es ist in unserem Land besonders schädlich. Zum einen ging es hier um Investitionen in Millionenhöhe. Zum Zweiten war das ein Signal, dass es um die Investitionssicherheit und um die Gültigkeit von Baugenehmigungen in diesem Land schlecht bestellt ist. Das ist schlecht für unseren Standort.
Meine Damen und Herren, heute, da diese Anlagen stehen und sich die Mehrheit der Bevölkerung der Umgebung für diese Anlagen ausspricht, zeigt sich auch die Absurdität der Klagen des Landes gegen diese Windkraftanlagen am Schauinsland in aller Deutlichkeit, Herr Fleischer.
Vergleicht man nämlich die Windkraftanlagen am Schauinsland zum einen und die Windkraftanlagen am Rosskopf zum anderen, dann müssen selbst Vertreter von der CDU zugeben – wenn man sie privat spricht –, dass der Eingriff ins Landschaftsbild bei den Anlagen am Schauinsland geringer ist. Aber genau gegen diese Anlagen klagt das Land und will die Baugenehmigung zurücknehmen.
(Abg. Fleischer CDU: Stimmt überhaupt nicht! Je nachdem, von wo Sie es begucken! Autobahnzu- bringer Mitte!)
Es geht also, wenn man das Fazit zieht, bei diesen Prozessen um die Windkraftanlagen am Schauinsland nicht um die Sache, nämlich den Landschaftsschutz, sondern hier wird eine Antiwindkraftpolitik durchgezogen, egal was es kostet.
Meine Damen und Herren, daher fordern wir hier die Landesregierung auf, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg in dieser Sache zu akzeptieren und die weiteren Prozesse gegen die Windkraftanlagen am Schauinsland einzustellen.
Meine Damen und Herren, eine zweite Folge der damaligen illustren Runde zum Thema Windkraft ist die Änderung des Landesplanungsgesetzes. Gegen unsere Stimmen wurde im Landtag bei der Novellierung des Landesplanungsgesetzes der Windkraft eine Sonderrolle zugewiesen. Die Regionalverbände müssen jetzt eine Vorrangplanung für Windkraft erstellen.
Zwischenzeitlich zeichnet sich auch ab, wie das geschieht. Es zeigt sich, dass die Regionalverbände im Rahmen der Umsetzung dieser Regelung nur sehr kleine Flächen als Windkraftstandorte ausweisen. So hat zum Beispiel der Regionalverband Mittlerer Oberrhein zunächst 19 mögliche Standorte benannt. Im Laufe des Verfahrens blieben davon lediglich vier Standorte übrig. Im Regionalverband Schwarzwald-Baar blieben von ursprünglich 21 Standorten nur noch 15 übrig.
Dieser Trend, den wir jetzt konstatieren können, Herr Fleischer, widerspricht jedoch dem vom Bundesgesetzgeber geforderten Ausbau der Windkraftnutzung. Denn die Windkraft wurde im Außenbereich privilegiert, um ihren Ausbau voranzubringen.
(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Aber der Wind weht! – Abg. Fleischer CDU: Das ist doch kein zwingender Befehl!)
Dieser Trend behindert auch das Erreichen des von der Landesregierung verfolgten Ziels, den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln. Denn wir alle wissen, dass neben dem großen Potenzial der Biomasse Wasserkraft und Windkraft etwa gleichbedeutend sind zur Erreichung des Verdopplungsziels bei der Stromerzeugung.
(Abg. Fleischer CDU: Wasserkraft ist wichtiger! – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Nicht in Baden- Württemberg!)
Wir brauchen daher für die Windkraft eine Ausbauperspektive. Wir Grünen fordern deshalb eine Novellierung des Landesplanungsgesetzes und die Rücknahme dieser Sonderregelung für die Windkraft.
Meine Damen und Herren, auch der dritte Punkt, das Nutzungsverbot staatlicher Waldwege für Windkraftanlagenbetreiber, ist sachlich in keiner Weise geboten. Andere Nutzer, wie zum Beispiel Mobilfunkbetreiber, dürfen Waldwege natürlich benutzen, aber Windkraftanlagenbetreiber nicht. Das ist schlicht und einfach absurd.
Dieses Verbot dient allein dazu, die Windkraft zu bekämpfen. Die Absurdität dieses Verbots wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass alle Experten der Landesregierung darauf hinweisen, wie groß hier im Lande die Windkraftpotenziale sind. Es stimmt nicht, dass die Wasserkraft viel größere Potenziale hat.
Herr Fleischer, seien Sie ruhig. – Wenn es um den Zubau und darum geht, was wir zusätzlich erreichen können, kann die Windkraft ähnlich viel wie die Wasserkraft liefern. Deshalb ist dieses Nutzungsverbot der staatlichen Waldwege schlicht und einfach absurd.
(Abg. Fleischer CDU: Schade, dass Sie nicht mehr kandidieren! Dann können wir nicht mal mehr streiten, Herr Witzel!)
Meine Damen und Herren, dem bisherigen Ministerpräsidenten Teufel gebührt das höchst fragwürdige Verdienst, die Windkraft im Lande kurz gehalten zu haben. Jetzt haben wir jedoch einen neuen Ministerpräsidenten. Ich drücke vonseiten der Fraktion GRÜNE die Hoffnung aus, dass der neue Ministerpräsident die alten Antiwindkraftpfade verlässt und zu einer neuen, realistischeren Windkraftpolitik zurückkehrt.
Die Schritte, mit denen er dies demonstrieren könnte, habe ich genannt: Verzicht auf weitere Prozesse des Landes gegen die Windkraftanlagen auf dem Schauinsland, Aufhe
bung des Nutzungsverbots staatlicher Waldwege und Novellierung des Landesplanungsrechts in dem Sinne, dass die Sonderrolle der Windkraft beseitigt wird. Wenn sich die Landesregierung in dieser Richtung bewegt, hat sich für uns diese Debatte gelohnt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Witzel hat schon auf die beispielhafte Behinderung der Windkraft in BadenWürttemberg hingewiesen.
Nicht nur die Windkraftanlagenbetreiber, sondern auch der unbefangene Beobachter können dies in diesem Lande feststellen.
Wenn Sie vergleichbare Bundesländer heranziehen, bei denen ähnliche Windverhältnisse bestehen, wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt, dann stellen Sie fest, dass dort, bezogen auf die Fläche, wesentlich mehr Windkraftanlagen stehen
Ich wünsche mir, dass diese Einstellung, die man bei der Diskussion über den Ausbau der Windkraftanlagen in unserem Land hinsichtlich des Landschaftsschutzes an den Tag gelegt hat, auch bei anderen Eingriffen in die Landschaft, sei es beim Straßenbau, bei Gewerbeansiedlungen oder bei der Verdrahtung der Landschaft durch Hochspannungsleitungen, an den Tag gelegt wird – von der vielfach fehlenden Kritik am ungebremsten Flächenverbrauch in unserem Land einmal ganz zu schweigen.
Meine Damen und Herren, Windkraftanlagen sind sicher markante, unübersehbare Gebilde in unserer Landschaft.
Bevor man sie jedoch einseitig als Belastung für die Landschaft abtut, sollte man sich zumindest gedanklich eine äquivalente Menge fossiler Energieträger in Form von Kohle oder Öl und die damit verbundenen Emissionen von CO2 sowie anderer Schadstoffe vorstellen.