Protokoll der Sitzung vom 05.10.2005

Die Frage des schonenden Transports darf man ebenfalls nicht vergessen. Güter, die Sie auf der Schiene transportieren wollen, müssen Sie wesentlich stoßsicherer und damit umfangreicher und teurer verpacken, als wenn Sie andere Transportwege nutzen.

Was ich noch nicht angesprochen habe und was viele noch nicht wissen: Binnenschiffe transportieren fast das gleiche Volumen, das auf der Schiene transportiert wird. Das ist also durchaus ein erheblicher Faktor.

Aber warum müssen wir befürchten, dass es mit der Binnenschifffahrt in Baden-Württemberg künftig bergab geht? Erstens deshalb, weil die Neckarschleusen viel zu klein sind und moderne Schiffe nicht aufnehmen können. Zweitens ist § 6 b des Einkommensteuergesetzes, wonach man stille Reserven übertragen kann, immer noch abgeschafft. Das heißt, wenn heute ein Partikulier – das sind die Mittelständler unter den Binnenschiffern – sein altes Schiff verkauft, kann er sich kein neues mehr kaufen, weil er die stillen Reserven aus dem Schiff versteuern muss. Dann bleibt ihm nicht mehr genug Geld übrig, um ein neues Schiff zu erwerben. Früher konnte man das auf das neue Schiff übertragen. RotGrün hat diese Regelung abgeschafft.

Kurze Zusammenfassung: Ich würde mich freuen, wenn unsere heutige Debatte Wege aufzeigt, die dann auch begangen werden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Ich freue mich auf die weitere Diskussion.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Güterverkehrsleistungen auf den Straßen Baden-Württembergs sind seit 1990 um über 40 % gestiegen. Der Anteil des Transports auf der Straße hat auf über 70 % zugenommen. Die Verkehrsträger Schiene und Binnenschifffahrt haben Marktanteile verloren.

Nach einer Prognose des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Köln für die Jahre 2001 bis 2015 wird der Güterverkehr um 43 % zunehmen – der Güterverkehr auf der Straße um 52 %, also überdurchschnittlich, und der Güterverkehr auf Schifffahrtswegen um 33 %, also unterdurchschnittlich. Diese Zahlen zeigen, dass man mit der Bewältigung dieses Verkehrsaufkommens, aber auch mit der Verteilung unter den Verkehrsträgern vor einer großen Aufgabe steht.

Dieser Aufgabe stellt sich das Land mit finanziellen Mitteln, aber auch durch die Vorbereitung von Entscheidungen, zum Beispiel durch eine Veranstaltung wie dem Güterverkehrskongress am 6. Juni 2005 in Mannheim.

Insgesamt haben wir in unserem Land Nachholbedarf

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

bei der Verkehrsinfrastruktur. Auf dem genannten Kongress wurde der Finanzbedarf in Deutschland mit jährlich 12 Milliarden € beziffert. Nach den Planungen des Bundes für 2005 bis 2008 geht man bisher für den Neubau, den Ausbau und die Erhaltung von Straßen, Schienen und Wasserwegen von Mitteln in Höhe von durchschnittlich 8,2 Milliarden € pro Jahr aus.

Gerade wir in der Südwestecke von Deutschland müssen feststellen: Straßen- und Schienenverkehrsinfrastruktur wird damit nur unzureichend ausgestattet. Als ein Abgeordneter, der vom Oberrhein kommt, will ich nur die beiden großen Beispiele in unserer Region nennen: ein drittes und viertes Gleis bis in die Schweiz und eine dritte Spur für die Autobahn A 5 durchgängig in beiden Fahrtrichtungen südlich der bisherigen Ausbaustrecke.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Neben der Wichtigkeit der Verkehrsinfrastruktur für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist auch die ökologische Komponente dieser Verkehrsentwicklung zu beachten. Das gilt für den Flächenverbrauch, die Schadstoffentwicklung und die Lärmentwicklung. Deshalb sollten wir auch auf Verbesserungen bei den Verkehrsträgern achten. Immerhin sind der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen insgesamt langsamer angestiegen als die Güterverkehrsleistung selbst. Das ist, glaube ich, durchaus auch erwähnenswert.

Darüber hinaus gilt aber: Wo immer möglich, soll Verkehr auf umweltfreundliche Verkehrsträger verlagert werden. Die planerischen Grundlagen für diesen Leitsatz hat Frau Kollegin Berroth erwähnt. Staatssekretär Köberle hat das für die Landesregierung beim Güterverkehrskongress auch so gesagt, und dies gilt auch für die CDU-Landtagsfraktion.

Zur Umsetzung dieser planerischen Grundsätze sind in den letzten Jahren Maßnahmen durch das Land erfolgt. Zum Beispiel hat das Land bei der Schiene in Umsetzung des Generalverkehrsplans die Schaffung von überregionalen Güterverkehrszentren und regionalen logistischen Zentren unterstützt. Deren Realisierung hängt aber natürlich entscheidend von der Bereitschaft in der Region ab.

Im Güterverkehrskonzept des Landes, das mit dem Generalverkehrsplan entwickelt worden ist, spielt Vernetzung eine große Rolle. Damit sind wir beim kombinierten Verkehr. In den vergangenen Jahren ist für den Bau von Umschlaganlagen an den Standorten Mannheim, Stuttgart, Weil am Rhein, Heilbronn, Karlsruhe sowie für den Bau von Gleisanschlüssen mit rund 13 Millionen € eine finanzielle Unterstützung erfolgt.

Ähnliches gilt für die Binnenschifffahrt an Rhein und Neckar, wo sich eine Zunahme des Containerverkehrs im Land mit einer Verdopplung des Güterumschlags seit 1995 bis 2002 immerhin gegen den Trend der Frachtentwicklung des Binnenschifffahrtsverkehrs insgesamt abzeichnet. Wir haben im Rahmen von Zuschüssen für Investitionen in Häfen und Umschlagplätzen auch für den Containerumschlag im Hafen Stuttgart finanzielle Unterstützung gegeben, und diese Maßnahme war mit entscheidend dafür, dass der Linienverkehr nach Amsterdam und Rotterdam eingerichtet worden ist.

Mit diesem positiven Beispiel will ich enden. Den Güterverkehr insgesamt zu bewältigen und zwischen den Verkehrsträgern möglichst zu einer Verlagerung hin zu umweltfreundlichen Verkehrsträgern zu kommen ist und bleibt eine Aufgabe, der wir uns stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Das Wort erhält Frau Abg. Schmidt-Kühner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Prognosen für den Güterverkehr bis zum Jahr 2015 sagen eine erhebliche Zunahme voraus. Ob das nun 63 % oder 75 % oder etwas weniger sind, sei einmal dahingestellt. Darüber gibt es sicherlich auch unterschiedliche Aussagen. Aber in der Tendenz ist es noch einmal eine sehr deutliche Zunahme, und wir alle starren auf diese Zahlen der Zuwachsraten wie das Kaninchen auf die Schlange. Denn es gilt doch angesichts knapper werdender Ölreserven zu erreichen, dass auch der Güterverkehr, der Gütertransport ökologisch verträglich und energieeffizient gestaltet wird. Wir haben ja in diesem Hause heute Morgen schon einmal sehr ausführlich über dieses Thema diskutiert.

Es ist für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes geradezu unerlässlich, die Frage des Güterverkehrs zu lösen. Da haben Sie, Frau Berroth, durchaus Recht; das wollen wir alle auch überhaupt nicht in Abrede stellen.

Aber auch für den Güterverkehr gelten die drei Grundprinzipien, die wir in der Verkehrsplanung immer wieder anwenden müssen: Erstens das Vermeiden von Verkehren, zum Beispiel, indem wir versuchen, regionale Kreisläufe zu stärken, indem versucht wird, unsinnige Transporte zu vermeiden; ich erinnere an den berühmten Joghurtbecher, der sozusagen als Synonym gilt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und was ha- ben Sie dazu getan?)

Es gibt da auch noch viele andere Sachen, die vermieden werden müssen; dazu muss man auch im europäischen Bereich einiges tun. Die zweite Komponente ist das Verlagern von Verkehren auf umweltverträgliche Verkehrsträger. Wir sind uns ja an dieser Stelle durchaus einig in dem Wunsch, dass der Güterverkehr stärker auf die Schiene und das Schiff verlagert werden muss. Die dritte Komponente ist eine Optimierung auch im Güterverkehr mit Leittechnik, Logistikkonzepten usw. usf. In diesem Bereich wird ja auch erheblich geforscht, und es gibt auch schon vieles an neuen Einsatzmöglichkeiten in diesem Bereich. Ich denke aber, es gibt da noch sehr viel mehr zu tun.

Dass dieses Thema „Güterverkehr im internationalen Bereich“ angesichts der Öffnung Europas natürlich ein außerordentlich schwieriges Thema ist, welches wir schwer fassen können, wissen wir doch alle, und dass wir da im europäischen Rahmen wie im nationalen Rahmen dicke Bretter bohren müssen, um einen Umstieg zu erreichen, darüber sind wir uns auch einig. Es ist aber außerordentlich schwie

rig, bei dieser Interessenlage ein wirklich durchgängiges Konzept umzusetzen.

Nun sind wir hier jetzt nicht im Bund und auch nicht in Europa – ich meine das jetzt im Sinne parlamentarischer Verantwortung –, sondern wir müssen uns hier im Landtag von Baden-Württemberg fragen, was die Beiträge des Landes in diesem Bereich sind.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr richtig!)

Bei der Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene und auf das Schiff müssen wir doch erreichen, dass die Anbindung des ländlichen Raums mit den vielen kleinen Mittelzentren an die Schiene erhalten bleibt, damit die zu transportierenden Güter möglichst früh auf die Schiene wechseln können und möglichst spät die Schiene wieder verlassen müssen. Ähnliches gilt natürlich auch im Bereich der Wasserstraßen.

(Beifall des Abg. Fischer SPD)

Nehmen wir einmal das Beispiel des kombinierten Verkehrs. Im kombinierten Verkehr werden im Ferntransport der Lastkraftwagen selber oder Teile des Fahrzeugs – das ist dann der Container oder der Sattelaufleger oder das sind Wechselaufbauten oder wie all diese Dinge auch heißen mögen – mit der Bahn befördert, während die Zulieferung im Nahbereich mit dem Lkw erfolgt, weil man eben die Vorteile des Lkw in der Feinverteilung braucht. Gerade in diesem kombinierten Verkehr stellt sich die Frage nach der Erreichbarkeit der Verladestelle und der Gleisanschlüsse in der Fläche.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Ge- nau! Das ist der Punkt!)

In der Drucksache 13/3321 heißt es in der Antwort auf die Frage, in welchen Verkehrsräumen des Landes derzeit die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Generierung des kombinierten Ladungsverkehrs fehlten – nach einem Verweis auf den Generalverkehrsplan, der ja zugestandenermaßen durchaus eine gewisse Verteilung vorsieht –:

Wenn wegen eines unzureichenden regelmäßigen Aufkommens keine wettbewerbsfähige Alternative zum Straßentransport angeboten werden kann, sind diese Standorträume als Zukunftsvorsorge anzusehen.

Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Was heißt denn dieser Satz eigentlich? Das heißt doch eigentlich, dass man in diesem Bereich keine Möglichkeit sieht, etwas zu tun.

Das haben Sie auch tatsächlich getan.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Nämlich nichts!)

In Nagold und in Pfullendorf haben Sie schulterzuckend zur Kenntnis genommen, dass Einrichtungen des kombinierten Verkehrs geschlossen wurden. In Pfullendorf war übrigens d a s Vorzeigeprojekt des kombinierten Verkehrs im Land. In den Achtzigerjahren war es Gegenstand von ungeheuer vielen Untersuchungen, und es wurde immer als beispielhaft dargestellt, dass direkt in den Container hinein produ

ziert wurde und hinterher die Verteilung mit der Schiene erfolgte – das war ein Küchenhersteller – und die Geräte erst zur Auslieferung an den Verbraucher auf die Straße gehen mussten. Jetzt wird einfach lapidar dargestellt: Es ging nicht mehr, fertig, aus. Und es wird nichts dafür getan, dass dieser Schienenanschluss erhalten bleibt. Das Gras wächst jetzt darüber. Insofern müssen wir uns fragen: Was können wir im Land dafür tun, um diese Infrastruktur zu halten?

Ich möchte zum Schluss noch ein paar Worte zum Thema Schifffahrt sagen. Die Bedeutung der Wasserstraßen ist von vielen sicherlich viele Jahre lang unterschätzt worden. Ich schließe da auch Mitglieder meiner eigenen Fraktion und unserer Partei nicht aus. Das ist wirklich so. Die Leistungsfähigkeit des Systems Wasserstraße zu erhalten und ökologisch auszubauen ist daher im Grundsatz absolut richtig.

Es ist das Verdienst von Bundesverkehrsminister Stolpe, dass das Thema Wasserstraße für den Bundesverkehrswegeplan endlich in seiner Bedeutung erkannt wurde und dass Wasserstraßen ausgebaut werden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das gilt nicht für den Neckar!)

Ich sage gleich noch etwas zum Neckar, Frau Berroth. Sie brauchen nicht immer nur ihr Lieblingskind im Auge zu haben. Es geht bei den Wasserstraßen zunächst einmal darum, dass deren Bedeutung insgesamt erkannt wird,

(Abg. Dr. Caroli SPD: So ist es!)

und dann muss man schauen, wann man was mit welcher Priorität ausbauen kann.