Bei der verbindlichen Zuteilung der neuen Klassen zu den Standorten der beruflichen Gymnasien sind unter Hinzuzie hung weiterer Kriterien, beispielsweise der Schulraumsitua tion vor Ort und der tatsächlichen Bewerbersituation im März 2011, in der Region durchaus auch noch Abweichungen von der Vorschlagsliste möglich.
Zum zweiten Teil Ihrer Anfrage: Im Zuge der Einrichtung von 100 zusätzlichen Klassen zum kommenden Schuljahr sollen vorwiegend Parallelklassen an bereits bestehenden berufli chen Gymnasien sowie bis zu 17 neue Standorte für berufli che Gymnasien in Abstimmung mit den Schulträgern im Land geschaffen werden.
Jeder Stadt- und Landkreis wird nach dem Ausbau zumindest einen Standort mit einem beruflichen Gymnasium besitzen. In diesem Zusammenhang sind jedoch keine neuen Standor te mit Wirtschaftsgymnasien vorgesehen, da in Baden-Würt temberg landesweit ein dichtes Netz von Wirtschaftsgymna sien besteht. Nach einer aktuellen Statistik sind etwa 47 % der Schülerinnen und Schüler, die derzeit berufliche Gymnasien besuchen, Schülerinnen und Schüler an Wirtschaftsgymnasi en. Das belegt den sehr hohen Stand des Ausbaus in den letz ten Jahren
Herr Staatssekre tär, viele unserer Kolleginnen und Kollegen sind auch Kreis räte und Gemeinderäte. Deshalb interessiert uns schon, bis wann wir konkret erfahren, wann und wo Erweiterungen er folgen. Vor allem interessiert mich auch, in welchem Umfang wir in den Landkreisgremien entsprechend Vorsorge treffen müssen. Denn der Sommer kommt sehr schnell, und später läuft uns die Zeit davon. Bis wann konkret erhalten wir diese Liste?
Wir haben mit Pressemittei lung und Verlautbarung von Mitte November unsere 100 Vor schläge vorgelegt. Demnach sind jetzt – das sieht auch das Schulgesetz so vor – die Schulträger am Zuge. Das heißt, die
Schulträger haben noch vor dem verbindlichen Anmeldeter min die Möglichkeit, uns gegebenenfalls Abweichungswün sche vorzutragen. Das können sie dann gegebenenfalls auch mit Beschlüssen untermauern, und dann ist es eine Frage des Dialogs zwischen der Schulverwaltung und den Schulträgern vor Ort, um bei erforderlichem Bedarf auch Anpassungen vor zunehmen. Derzeit gehen wir allerdings davon aus, dass die Vorschläge vonseiten der Schulträger, bezogen auf die gesam te Fläche des Landes, überwiegend positiv aufgenommen wer den.
Herr Staatssekretär, sichert die Landesregierung durch die Bildung von neuen Klassen jetzt zu, dass alle Schüler, die einen Anspruch auf einen Zugang zu den beruflichen Gymnasien haben, dort einen Platz finden?
Herr Kollege Winkler, ich verweise darauf, dass wir schon bisher einen sehr hohen Aus baustand haben. Wir wollen aber den Weg zur allgemeinen Hochschulreife über die beruflichen Gymnasien weiterhin aus bauen und noch attraktiver gestalten als bisher. Ich darf nur zwei Zahlen zum Stichtag 1. März 2010 nennen, die, so glau be ich, den hohen Ausbaustand insgesamt deutlich machen. Im Jahr 2010 haben wir von 27 207 Bewerbern um einen Platz an einem beruflichen Gymnasium nahezu 20 000 Schüler auf genommen. Durch die Einrichtung von 100 zusätzlichen Klas sen können wir einen weiteren großen Teil der Schülerinnen und Schüler, die solche Plätze begehren, berücksichtigen. Au ßerdem wollen wir mit Augenmaß einen weiteren Ausbau für das Schuljahr 2012 vornehmen. Frau Ministerin Schick hat in diesem Zusammenhang bereits von weiteren 50 Klassen ge sprochen.
Von einem Rechtsanspruch, Herr Kollege Winkler, halten wir recht wenig. Vielmehr gehen wir so vor, dass wir in der ge samten Fläche die Balance halten, weil wir wollen, dass für alle interessierten Schülerinnen und Schüler in erreichbarer Nähe ein attraktives Angebot vorhanden ist. Dies lässt sich auch ohne gesetzliche Vorschrift bewerkstelligen.
Herr Staatssekretär, Sie ha ben bezüglich der Verteilung dieser 100 zusätzlichen Klassen auf die einzelnen Schulen sehr blumig geantwortet. Könnten Sie einmal belastbare und nachvollziehbare Kriterien nennen, nach denen die Zuteilung an die einzelnen Schulen aus Sicht des Kultusministeriums erfolgt ist? Ich gehe davon aus, dass das, was Sie jetzt gesagt haben, auch dazu führt, dass die Lis te, die Sie jetzt vorgelegt haben, nicht die endgültige Liste sein kann, da, wenn die Anhörung der Landkreise am 15. Dezem ber zu Ende gegangen ist, noch entsprechende Vorschläge vor liegen. Aber Sie haben noch nicht dargelegt, nach welchen ob jektiven, nachprüfbaren Kriterien diese Zuteilung an die ein zelnen Schulen erfolgt ist.
Es gibt mehrere fachliche Gründe, die zu diesem Verteilungsvorschlag geführt haben; diesen haben wir auch den Schulträgern unterbreitet. Ein Grund ist zunächst die bisherige Bedarfsdeckungsquote. Hier gibt es durchaus auch größere regionale Unterschiede. Bei spielsweise können wir im Regierungsbezirk Nordbaden und auch im Landkreis Rastatt bisher eine sehr gute Versorgung nachweisen. Dennoch haben wir mit dem Ausbau eine weite re Akzentuierung vorgenommen, da wir im Grunde auch die Profile insgesamt flächendeckend so ausbauen wollen, dass die Schulen für die Schülerinnen und Schüler tatsächlich tag täglich erreichbar sind. Vor diesem Hintergrund haben wir je den Stadt- und Landkreis mit zusätzlichen Eingangsklassen, teilweise auch mit zusätzlichen Profilen berücksichtigt. Das sind nachvollziehbare Kriterien.
Im Übrigen können wir den Bedarf für die nächsten Jahre nicht sehr präzise prognostizieren. Das hängt zum einen vom Notendurchschnitt ab, wie Sie wissen, zum anderen auch von der konkreten Entscheidung eines jungen Menschen und des sen Interesse an dem entsprechenden Bildungsgang.
Herr Kollege Kaufmann, Sie wissen auch – wenn wir die Ent wicklung der letzten Jahre beobachten, sehen wir das –, dass es eine Wechselwirkung gibt zwischen der schulischen Qua lifikation der jungen Menschen, der Interessenlage der jungen Menschen, auch der Angebotsmöglichkeiten für junge Men schen vor Ort und der Situation auf dem Arbeitsmarkt. All die se Faktoren hängen miteinander zusammen. Diese wirken sich auf die konkrete Bedarfssituation aus. Deswegen müssen wir den Ausbau immer mit Augenmaß vornehmen. Aber wir wol len den Ausbau gleichzeitig sehr zielstrebig vornehmen. Des wegen sind jetzt zunächst einmal die Anmeldezahlen für das Jahr 2011 wichtig, um dann darüber hinaus auch die weitere Bedarfsplanung vorzunehmen.
Herr Staatssekretär, ich darf doch davon ausgehen, dass Sie insbesondere die Situation in Nordbaden kennen. Sie kommen ja selbst aus dieser Region. Wie ist es dann zu erklären, dass von den zugeteilten Klassen nur 17 % auf Nordbaden entfallen? Dort wohnt immerhin ein Viertel der Bevölkerung des Landes. Sie können wohl nicht unterstellen, dass in Nordbaden eine Überversorgung vorhan den ist.
Lieber Herr Kollege Kauf mann, Sie können davon ausgehen – ich bin in meinem Her zen Kurpfälzer und Nordbadener –,
dass wir alle Regionen, Herr Kollege Hans Heinz, gleicher maßen im Blick haben und keine Bevorzugung, aber auch kei ne Benachteiligung vornehmen wollen.
Aber konkret darf ich noch einmal belegen: Wir wissen be züglich des Schuljahrs 2010/2011, wie viele freie Kapazitä ten wir zur Verfügung hatten und wie viele Bewerber es zum Anmeldetermin 1. März tatsächlich gab. Wenn wir uns die einzelnen Stadt- und Landkreise im Regierungsbezirk Nord baden anschauen, stellen wir fest, dass die sogenannte – ich nenne jetzt einfach einmal diesen durchaus nicht ganz ge schickten Begriff – Bedarfsdeckungsquote dort deutlich hö her war als beispielsweise im Regierungsbezirk Stuttgart,
Das ist der Grund, weshalb wir in starkem Maß auch andere Regierungsbezirke berücksichtigt haben. Im Übrigen hat auch Nordbaden davon profitiert.
Herr Staatssekretär Wa cker, dass in einigen Landkreisen Unmut entstanden ist, liegt sicher daran, dass der Ausbau eigentlich überfallartig über die Landkreise gekommen ist.
Beabsichtigt die Landesregierung bzw. das Kultusministeri um, in der Zukunft vielleicht nicht doch besser
einen konzeptionellen Ausbau der beruflichen Gymnasien, was die Profile angeht, offensiv zu vertreten, anstatt dies als geheime Kommandosache zu betreiben? Ich glaube, das hat auch für ein bisschen Unmut gesorgt. Dass Sie jetzt bestimm te Profile verstärken wollen ist vollkommen richtig und gut so. Aber die Art und Weise, wie das geschehen ist, ist viel leicht nicht ganz glücklich gewesen.
Lieber Herr Kollege Leh mann, wenn ich Kreisrat eines Landkreises wäre und über die Presse erfahren würde, dass in meinem Kreis zusätzliche Klas sen eingerichtet werden,