Protokoll der Sitzung vom 08.11.2006

Ich würde Ihnen raten, Herr Untersteller, einmal in die Archive des Landes Niedersachsen hineinzugehen,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das sagt jetzt aber die Richtige mit den Archiven! Die Archive, kann ich nur sagen!)

um zu schauen – Sie kommen auch gleich noch dran – ,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

was der Entscheidung für Gorleben zugrunde gelegt wurde. Dann werden Sie feststellen, dass eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung stattgefunden hat, bevor für Gorleben als Standort entschieden worden ist.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das war mit den Handschriften genauso! Die stecken wir alle in den Salzstock! – Gegenruf von der CDU: Sachlich blei- ben!)

Im Übrigen, Herr Stehmer, kann ich Ihnen nur sagen: Diese Entscheidung wurde in einem großen Konsens unter einem Bundeskanzler Helmut Schmidt – meines Wissens von der SPD – gefällt. Insofern wäre es erfreulich, wenn sich die SPD daran erinnern würde, was eigentlich der gemeinsame Konsens für die Endlagerung war.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Wir sind lernfähig! – Zurufe der Abg. Winfried Mack und Dr. Klaus Schüle CDU sowie des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Ministerin Gönner. Ich darf um Ruhe bitten.

Ich glaube, wenn wir immer davon sprechen, dass wir die Themen sachlich angehen sollten, müssen wir auch auf Folgendes achten: Beginnend mit dem Jahr 1998 haben wir uns im Jahr 2000 in der Frage der Endlagersuche auf einen Holzweg begeben. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich wäre dankbar, Herr Untersteller, wenn das BfS lieber dafür sorgen würde, dass über die Aufhebung des Moratoriums entschieden wird und damit die Möglichkeit gegeben wäre, weitere wissenschaftliche Untersuchungen in Gorleben vorzunehmen, um dann auch den vermeintlich – nach deren Aussage – nicht vorhandenen Eignungsnachweis zu erbringen. Genau das tun wir aber nicht, weil wir das Moratorium haben und weil man das ganz bewusst so gelegt hat, um den Vorteil, den Deutschland in der Frage der Endlagersuche gehabt hat, aufzugeben.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Das ist auch der Grund, weshalb wir so diskutieren.

Weil Sie mir meine Stellungnahme gegenüber der Schweiz vorhalten, würde ich Ihnen empfehlen, einmal in die Schweiz zu gehen, ein Gespräch mit der NAGRA zu führen

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

(Ministerin Tanja Gönner)

und diesen die Frage zu stellen – – Ich habe das ganz bewusst zu Herrn Untersteller gesagt; jetzt lassen Sie mich das doch einfach einmal sagen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Entschuldigen Sie, aber wenn man sich mit einer Sache inhaltlich auseinandersetzen will, muss man halt vorher die Arbeit leisten.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ich habe aus Ih- rer Pressemitteilung zitiert!)

Ja. Ich sage Ihnen: Sprechen Sie mit der NAGRA, und fragen Sie, auf welchem Stand die NAGRA im Verhältnis zu Deutschland heute bei dem Thema Benken ist. Dann wird Ihnen der Präsident der NAGRA dasselbe antworten, was er mir geantwortet hat: Die NAGRA befindet sich auf dem Stand, den wir in den Siebzigerjahren hatten, als wir uns für Gorleben entschieden haben. Da bin ich mir nicht sicher, ob Sie mir das jetzt entgegenhalten würden. Frau Chef hat zu den Summen, die wir bereits in die Endlagersuche investiert haben, sicherlich genügend gesagt. – Das ist der Unterschied.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Winkler?

Ja.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Aber kein Korefe- rat!)

Frau Ministerin, Sie haben zu Recht einen Vergleich zwischen der Eignung von Salzgestein, Tongestein und mineralischem Erzgestein vorgetragen. Wenn Sie zu Recht sagen, dass das Salzgestein das besser bewertete ist: Bedeutet das, dass die Landesregierung die Pläne der Schweiz, in Benken im Tongestein abzulagern, nicht für akzeptabel hält, weil das eben nicht das bessere Gestein ist – weshalb Sie Gorleben zu Recht bevorzugt haben? Bedeutet das, dass die Landesregierung das Vorhaben der Schweiz in Benken ablehnt?

(Zuruf von der CDU: Die Schweiz hat kein Salz- gestein!)

Das Entscheidende ist, dass jedes Land, das sich für die friedliche Nutzung der Kernenergie entschieden hat, auch die Aufgabe hat, für ein Endlager zu sorgen. Wenn wir in Deutschland den Vorteil haben, Steinsalz zu haben, sollten wir dieses nutzen. Das heißt aber nicht, dass es uns zusteht, anderen, die ein solches Gestein nicht haben, die Vorgabe zu machen, dass sie kein geeignetes Endlager suchen dürfen. Die Schweiz hat die Schwierigkeit, selbst kein Steinsalz zu haben. Deswegen müssen sie in den Wirtsgesteinen, die sie haben, ihr Endlager vorsehen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber nicht, wenn es mit dem Grundwasser zu tun hat! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Volker Schebesta CDU: Gute Antwort! Wieder et- was gelernt!)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das Land BadenWürttemberg in irgendeiner Weise der Schweiz diese Aufgabe abnehmen kann. Wie gesagt: Ich kann für BadenWürttemberg nur im Rahmen dessen, was wir auf Bundesebene zu vertreten haben, vorgehen.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Das ist im Übrigen der Grund, warum wir ganz bewusst sagen, dass wir das Moratorium für Gorleben aufheben müssen. Das haben wir auch dem Bundesumweltminister vorgetragen. Wir haben nicht umsonst die Formulierung im Koalitionsvertrag aufgenommen, die der Kollege Schebesta vorhin ja auch zitiert hat, nämlich – –

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Ja.

Bitte sehr, Herr Abg. Dr. Bullinger.

Frau Ministerin, die Frage ist:

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Denk dran, du bist Regierung!)

Sind Ihnen die Bedenken des ehemaligen Landesamtes für Geologie in Freiburg bekannt, dass die Grundwasserströme durch das in der Schweiz geplante Endlager sehr stark tangiert sind? Kann man vor diesem Hintergrund eigentlich wirklich sagen, jedes Land müsse selbst für die Endlagerung sorgen? Das ist zwar im Prinzip richtig, aber das darf dann nicht das Grundwasser im Nachbarland beeinträchtigen. Ist Ihnen diese Tatsache bekannt, und was haben Sie in dieser Beziehung den Schweizer Kollegen gesagt? Das würde mich einmal interessieren.

Lieber Herr Bullinger, Herr Untersteller hat ja aus einer Pressemitteilung von mir zitiert, in der ich gesagt habe: Es ist noch nicht so weit, dass Benken als Endlager infrage kommt. Die Schweizer haben anhand des Falls Benken den Nachweis erbracht, dass Ton grundsätzlich geeignet ist, aber die Schweiz hat für sich auch entschieden, jetzt mit einem Sachplan zu starten und dann darüber zu entscheiden, wo das Endlager sein wird.

Darüber hinaus haben wir als Umweltministerium auch auf fachlicher Ebene ganz bewusst jeweils eine Begleitgruppe vom Bundesumweltministerium gefordert, weil es uns wichtig war, dass die Kenntnis des Landesamtes für Geologie und Rohstoffe eingebracht wird, damit dies dann auch mitberücksichtigt werden kann. Ich kann Ihnen sagen: Ich war in der entscheidenden Phase auch an der Grenze in Südbaden, um dort die Debatten zu führen, weil mir dies wichtig und notwendig war. Sie können also davon ausgehen, dass das Land Baden-Württemberg die Interessen der Bürger im Süden des Landes entsprechend vorträgt.

(Ministerin Tanja Gönner)

Trotzdem ist die entscheidende Frage, wie es in Deutschland aussieht. In Deutschland sieht es so aus, dass wir einen Standort für die Endlagerung der stark radioaktiven Abfälle haben. Im Übrigen sind die Betroffenen vor Ort bereit, die Lasten zu übernehmen. Bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen, die vor nicht allzu langer Zeit stattgefunden haben, haben die sich dort jeweils zum Endlager bekennenden Parteien SPD und CDU – die SPD möge dies hören; dort vor Ort bekennt man sich zum Endlager – mit über 60 % die Mehrheit in den kommunalen Parlamenten erhalten, obwohl das dort natürlich auch immer ein Thema ist. Man sollte sich dies vor Augen führen, und deswegen verlangen wir schnellstmöglich die Aufhebung des Moratoriums für Gorleben. Daneben verlangen wir so rasch wie möglich die Weiterführung im Schacht Konrad. Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtskräftig, und wir erwarten, dass der Bundesumweltminister hier auch vorgeht.

Ich kann nur unterstützen, was der Kollege Scheuermann gesagt hat – nein, es war der Kollege Schebesta; das tut mir jetzt leid, Volker –,

(Abg. Volker Schebesta CDU: So schlimm ist das auch wieder nicht! Der redet auch gut! – Abg. Peter Straub CDU: Eine Ähnlichkeit kann ich nicht fest- stellen!)

nämlich dass es ziemlich gekünstelt ist, die Debatte über die Laufzeitenverlängerung mit der Endlagerung zu verknüpfen. Das hat nichts miteinander zu tun. Es wäre gut, wenn wir beides auseinanderhalten würden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Das Wort erhält Herr Abg. Stehmer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schebesta, die Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Stromerzeugung hat keine Zukunft. Sie wissen das. Wenn Sie den Landtagswahlkampf ansprechen, dann sage ich Ihnen: Es hilft Ihnen auch nichts, die Ängste der Bürgerinnen und Bürger vor zu hohen Strompreisen zu schüren.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Wer hat denn Ängste geschürt?)