Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Auch wir würdigen die Leistungen und Verdienste der Beamten und An gestellten im öffentlichen Dienst. Wir betrachten diese Besol dungserhöhung natürlich auch als ersten Schritt und werden dem Gesetzentwurf selbstverständlich zustimmen. Allerdings liegt die Betonung auf „erster Schritt“. Da möchte ich doch noch einmal kurz an die Vorgeschichte erinnern, die auch zu diesem Gesetzentwurf geführt hat.
Es ist kein Zufall, dass diese Besoldungserhöhung jetzt just drei Wochen vor der Landtagswahl beschlossen wird. Diese Anpassung ist im Zuge der Spardiskussionen zum Nachtrags haushalt entstanden. Sie war ursprünglich mit dem Vorgriffs stundenmodell gekoppelt, das für Beamte verpflichtend ein geführt werden sollte.
Nach vielen Protesten von allen Seiten und viel Durcheinan der bei den Koalitionsfraktionen hat man sich dann zu einem freiwilligen Vorgriffsstundenmodell durchgerungen in der Hoffnung, damit das nötige Sparziel zu erreichen. Um die Be amtinnen und Beamten in unserem Land wieder zu beruhigen, hat man dann die Erhöhung ihrer Dienstbezüge um 2 % be schlossen.
Wir glauben Ihnen natürlich nicht, wenn Sie jetzt so tun, als seien hierbei Sachzwänge gegeben. Im Landeshaushalt waren für Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst immer Beträge eingestellt. Man hat dann die Tarifabschlüsse abgewartet.
Man kann es so machen, wie Sie es tun. Es wäre töricht, wenn man als Beamter oder als Beamtin oder wenn wir seitens der Opposition diese Anpassung ablehnen würden. Das liegt außerhalb jeder Vorstellung.
Aber man muss schon auch noch die Kehrseite beleuchten. Was machen Sie, wenn Ihr Vorgriffsstundenmodell nicht funk tioniert? Sie sollten den Beamten schon offen und ehrlich sa gen, wie Sie es dann handhaben wollen. Werden Sie das Vor griffsstundenmodell dann verpflichtend einführen? Legen Sie Ihren Plan B einmal auf den Tisch. Nennen Sie uns Einzelhei ten, wie das aussehen würde.
Denn die 2 %, um die die Besoldung zum 1. April erhöht wird, dienen im Moment als erster Schritt durchaus der Beruhigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Aber was kommt dann, wenn die Tarifverhandlungen zu En de geführt sind? Das wird voraussichtlich Ende März oder An fang April sein. Wie sieht es dann aus? Werden Sie bereit sein, dann den zweiten Schritt zu tun?
In der letzten Debatte – Frau Berroth, Sie erinnern sich – ha ben wir ein bisschen gestritten. Sie haben erklärt – Herr Hol lenbach hat das heute auch getan –, dass Sie den Tarifab schluss übernehmen werden. Wir wollen Sie heute verpflich tend festlegen, den Tarifabschluss zwischen den Tarifbeschäf tigten und den öffentlichen Arbeitgebern zeitnah nach dessen Vorlage und der Höhe nach vollständig auf die Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg zu übertragen.
Wir haben deshalb einen entsprechenden Entschließungsan trag auf den Tisch gelegt. Nach den vollmundigen Bekundun gen im Finanzausschuss, aber auch im bisherigen Verlauf der heutigen Debatte, und nach den Erklärungen im Rahmen der Ersten Beratung können Sie unserem Entschließungsantrag ohne Weiteres zustimmen. Denn Sie haben sich ja selbst ver pflichtet, den Tarifabschluss zu übernehmen.
Die Beamtinnen und Beamten in Baden-Württemberg sind, glaube ich, auf Klarheit und Rechtssicherheit angewiesen. Das Durcheinander, das Sie im Zusammenhang mit den Spardis kussionen angezettelt haben, sollten Sie nicht fortsetzen. Es geht jetzt darum, in einem zweiten Schritt wirklich dafür zu sorgen, dass die Beamten wissen, was auf sie zukommt. In diesem Zusammenhang dürfen sie nicht schlechter gestellt werden als die Tarifbeschäftigten.
Die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst darf nicht von der Privatwirtschaft abgekoppelt werden. Wir müs sen konkurrenzfähig beim Lohngefüge bleiben.
Stimmen Sie deshalb unserem Entschließungsantrag zu, das Ergebnis der derzeit laufenden Tarifverhandlungen für die Be schäftigten der Länder zeit- und inhaltsgleich auf die Beam ten, Richter und Versorgungsempfänger in Baden-Württem berg zu übertragen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hollenbach, die Argu mentation hört sich schlüssig an,
sie ist es aber nicht. Sie ist es deswegen nicht, weil es so et was wie einen althergebrachten Grundsatz der Übernahme der Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes auf die Beamtinnen und Beamten im Land gibt.
Aus unserer Sicht durchbrechen Sie diesen Grundsatz ohne Not; denn Ihre Argumentation, Sie wollten die 2 % jetzt fest schreiben, weil sie im Staatshaushaltsplan abgebildet sind,
wäre nur dann schlüssig, wenn die Tarifverhandlungen über Monate hinweg, gar bis in das nächste Jahr dauern würden. Aber dafür gibt es keinen Anlass.
Wir haben heute einen ersten Tarifabschluss für die Beschäf tigten in der Energiewirtschaft bekommen, der bei 5,1 % liegt. Jetzt will ich nicht sagen, dass das eine Orientierungsgröße ist. Wenn Sie aber argumentieren, die Beamtinnen und Beam ten im Land sollten an der wirtschaftlichen Entwicklung teil haben, dann können die 2 % natürlich nie und nimmer der richtige Maßstab sein. Wenn das aber nicht der richtige Maß stab ist, Kollege Hollenbach, dann ist schon jetzt klar, dass Sie im Prinzip nachbessern müssen. Sie wollen, dass die Be amtinnen und Beamten im Land darauf vertrauen, dass Sie das tun. Deswegen begrüßen wir Grünen den Antrag der SPDFraktion, in dem die wirkungsgleiche Übertragung des Tarif abschlusses gefordert wird, und werden ihm zustimmen.
Wenn Sie das ernst meinen, dann müssen auch Sie dem An trag zustimmen. Dann wären wir bereit zu sagen: Wir tragen diesen ersten Schritt mit. Denn zu oft ist es in diesem Haus vorgekommen – ich nenne nur Leistungszulagen und andere Themen –, dass Sie Dinge versprochen und hinterher nicht eingehalten oder gar zurückgenommen haben. Wenn Sie nicht aus dem Zwei-Prozent-Gesetz lediglich eine wahltaktische Maßnahme machen wollen und wenn Sie wirklich ernsthaft beabsichtigen, das hinterher anzupassen – bislang ist dies stets wirkungsgleich übertragen worden –, dann müssen Sie im Prinzip einem solchen Antrag, wie ihn die SPD jetzt einge bracht hat, zustimmen, ohne dass Sie zu stark präjudizieren.
Wenn Sie nicht zustimmen – das ist der Punkt, auf den es letzt endlich ankommt –, dann heißt das, Sie halten sich das offen. Sie erhöhen jetzt einmal um 2 %. Das ist sozusagen Ihr Er gebnis, Ihr Angebot. Im Übrigen hat Ihr Ministerpräsident, wenn ich es richtig im Kopf habe, dies im Alleingang ange boten, und zwar aufgrund dessen, dass er mit seinem Vor griffsstundenmodell wieder eine Nummer gefahren hat, die
von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Aus meiner Sicht versucht er damit, die Unruhe unter den Beamtinnen und Be amten wieder aus der Welt zu schaffen. Das ist eine rein wahl taktische Maßnahme. Schon allein deswegen tragen wir die sen Gesetzentwurf nur dann mit, wenn Sie dem Antrag der Fraktion der SPD zustimmen. Dann ist das, was Sie sagen, glaubwürdig.
Wir sind mit Ihnen der Meinung – das will ich zum Schluss noch erwähnen –, dass wir in unserem Land mit einer Dienst rechtsreform, die tausend Seiten umfasst und die wir erst vor Kurzem hier im Parlament beschlossen haben, nur dann mit unserem öffentlichen Dienst konkurrenzfähig sind, wenn wir versuchen, die Guten und die Besten für den öffentlichen Dienst des Landes zu gewinnen. Das gelingt uns nur dann, wenn wir, das Parlament, glaubwürdig und vertrauenswürdig agieren und nicht althergebrachte Grundsätze der Tarifüber tragung auseinanderbrechen – und zwar, wie ich meine, aus wahltaktischen Gründen.
Stimmen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion also zu. In die sem Fall tragen wir den Gesetzentwurf mit. Andernfalls wer den wir den Gesetzentwurf ablehnen, weil wir die wahltakti schen Überlegungen, aus denen heraus Sie so vorgehen, nicht gutheißen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Sehr gut! – Abg. Albrecht Fischer CDU: Herr Oelmayer, was ist das für eine Haltung? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt bin ich schwer enttäuscht!)
Herr Kollege Stickelberger, Sie haben zu Recht darauf hinge wiesen: In dreieinhalb Wochen ist Landtagswahl.
Wenn ich Ihre Arbeit, Ihre Argumentation und die Pressebe richterstattung richtig verfolgt habe, dann wollen SPD und Grüne künftig doch die Landesregierung stellen.
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Richtig! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Zwischen Wollen und Können ist ein Unterschied, Frau Kollegin!)
Wofür brauchen Sie dann aber jetzt diesen Beschluss? Wol len Sie sich etwa selbst an die Leine legen, weil Sie sich selbst nicht trauen und nicht wissen, ob Sie hinterher noch dazu ste hen können?
(Abg. Jörg Döpper CDU: Sehr gut! – Abg. Albrecht Fischer CDU: Hört, hört! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wir sind einfach glaubwürdig!)
Für mich ist nicht so ganz klar, was das jetzt soll. Wenn Sie von Ihrem Vorhaben so überzeugt sind, könnten Sie doch sa gen: „Wenn wir an der Regierung sind, machen wir es auf je den Fall.“ Dann brauchen Sie jetzt auch keinen Beschluss.
Aber Spaß beiseite. Herr Kollege Oelmayer, Sie haben gesagt, es gebe einen althergebrachten Grundsatz. Das ist richtig, und zwar für Zeiten, in denen nicht zwischendurch anderes wich tig ist. In solchen Fällen kann man tatsächlich zeitgerecht an passen, sobald die Tarifverhandlungen abgeschlossen sind. Jetzt wissen wir aber alle – auch ich gehe davon aus –: Noch im April werden die Tarifverhandlungen abgeschlossen sein. Zu diesem Zeitpunkt tagt der alte Landtag nicht mehr. Der neue Landtag muss sich zunächst konstituieren. Er hat, bevor er dazu kommt, sich neuer Gesetzesvorhaben anzunehmen, noch eine ganze Menge an anderen Aufgaben zu bewältigen; das wissen Sie, die Sie dies schon öfter erlebt haben, genau.