Wir erreichen mit dieser Richtlinie keinesfalls mehr Bodenschutz, sondern wir schaffen eher Widerstände gegen die unbestrittenen Ziele des Bodenschutzes sowohl in der Politik als auch bei den Betroffenen.
Der Dissens, den wir in der FDP/DVP-Fraktion sehen, liegt also keinesfalls im Bodenschutz, sondern in der Umsetzung. Wir wollen ganz klar eine Beschränkung auf Grundsätze, Herr Stober. Wir sind uns einig. Wir wollen Grundsätze, Ziele und Standards des Bodenschutzes, aber die Instrumente wollen wir uns vorbehalten, wie Abgeordnetenkollege Müller gesagt hat.
Das Land Baden-Württemberg hat beim Bodenschutz unbestritten viel geleistet. Bereits 1991 wurde ein Bodenschutzgesetz erlassen.
Weitere Beispiele sind die Klärschlammverordnung oder die Altlastenkartierung. Das hat auch Kollege Müller schon erwähnt. Unbestritten ist aber auch, dass die bei uns selbstverständlichen Standards im Bodenschutz bei einigen anderen europäischen Ländern eben noch nicht erreicht sind.
(Abg. Johannes Stober SPD: Genau deswegen brauchen wir die Richtlinie! – Gegenruf des Abg. Ulrich Lusche CDU: Aber nicht diese! – Gegenruf des Abg. Johannes Stober SPD: Nicht die, aber eine geänderte!)
Das sehe ich anders. – Die EU muss aus Sicht unserer Fraktion deshalb Mindestkriterien für den Bodenschutz EUweit festlegen und auch dafür sorgen, dass alle Mitgliedsstaaten diese umsetzen und dann auch einheitliche Umweltstandards einhalten, auch um Wettbewerbsgleichheit zu garantieren.
Standards, die wir hier in Deutschland und in Baden-Württemberg insbesondere im Bereich des Bodenschutzes bereits erreicht haben, bedürfen für uns keiner zusätzlichen formalen Regelung durch die EU. Dies führt nur zu einem unnötigen Mehraufwand. Deshalb würden wir damit von den dringend für den Boden- und Umweltschutz benötigten Haushaltsmitteln nichts in den Schutz des Bodens stecken, sondern wir würden sie für Bürokratie ausgeben.
Nach Berechnungen, Herr Dr. Murschel – diese zweifle ich nicht an –, sind die Kosten in Nordrhein-Westfalen auf etwa 11 Millionen € beziffert worden. Bei uns würde diese von der EU vorgesehene Erstellung von Berichten und Kartierungen nach Berechnungen des Umweltministeriums ca. 5 Millionen € jährlich kosten.
Das ist aus unserer Sicht ein nicht zu akzeptierender Betrag. Diesen möchte ich lieber für aktive Umweltschutzmaßnahmen einsetzen. Dort würde er dann fehlen.
Die FDP/DVP-Fraktion unterstützt deshalb die mit großer Mehrheit verabschiedete Beschlussempfehlung des Umweltausschusses. Herr Stober, wir haben ja damals gemeinsam mit Herrn Scheuermann die Zusätze, die wir erarbeitet haben, mitgetragen. Wir stehen zu diesen Standards. Wir sagen ganz klar Ja zu aktivem Umweltschutz, aber Nein zu ausufernder Bürokratie.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, eines wurde in dieser Debatte noch einmal klar, nämlich dass wir hier in Baden-Württemberg die Initiative der EU-Kommission und des EU-Parlaments für einen besseren Bodenschutz auf
europäischer Ebene befürworten. Da sind wir uns im Übrigen fraktionsübergreifend einig. Ich lege ausdrücklich Wert auf die Feststellung, dass sich auch der Kollege Müller in seiner Rede heute in keiner Weise von dieser Befürwortung entfernt hat. Diese Befürwortung hat er in seiner Rede deutlich herausgearbeitet.
(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Das haben wir nicht gehört! – Abg. Johannes Stober SPD: Hier war nur das Gegenteil zu hören!)
Was sollten wir im Übrigen auch dagegen sagen? – Genau das hat er auch gesagt. Es ist immer die Frage, was man hören möchte, lieber Herr Stober.
(Abg. Johannes Stober SPD: Ich hätte heute gern etwas anderes gehört! Wenn Sie nur meine Rede durchlesen, merken Sie, dass ich mit etwas ande- rem gerechnet habe!)
Herr Stober, dann ist natürlich die Frage, warum Sie die Rede, die Sie haben, nicht einfach halten. Dann brauche ich sie nicht durchzulesen, sondern dann kann ich Ihnen zuhören.
Herr Stober, Sie haben mehrfach gesagt, dass wir alle einig seien. Ich stelle mir nur die Frage, warum Sie dann im Umweltausschuss nicht bereit waren, genau diesen Beschlussvorschlag des Umweltausschusses auch zu unterstützen, sondern sich der Stimme enthalten haben. Entschuldigung, ist es ein Bekenntnis zum Bodenschutz, wenn ich mich der Stimme enthalte? Denn es war genau dieser Beschlussvorschlag, den Sie für richtig gehalten haben, indem Sie gesagt haben: Wir wollen den Bodenschutz, aber wir wollen nicht diese Richtlinie, sondern wir wollen, wie dies auch der Umweltausschuss deutlich gemacht hat, Grundsätze, Ziele und Standards. Dann hätte ich mir gewünscht, dass Sie tatsächlich auch mitstimmen, weil damit am stärksten zum Ausdruck kommt, dass man für etwas steht.
Frau Ministerin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie sich dafür eingesetzt haben, dass die Richtlinie – jetzt auch hoffentlich mit Änderungen an bestimmten Stellen – kommt, dass hier aber in diesem Beschlussvorschlag direkt formuliert ist, dass diese Richtlinie abgelehnt wird?
Dieser Beschlussvorschlag beinhaltet diese Richtlinie, das heißt genau in der Form, wie sie vorliegt, und enthält anschließend die weiterführende Empfehlung, darauf zu drängen, sich auf Grundsätze, Ziele und Standards des Bodenschutzes zu beschränken. Das ist der Auftrag an uns.
Nein, nein. Deswegen: „diese Richtlinie“. Es wäre schön, wenn man sich intensiv mit der deutschen Sprache auseinandersetzen würde, um zu erkennen, warum es einen Unterschied zwischen „die Richtlinie“ und „diese Richtlinie“ gibt.
Es gehört eben zur Spitzfindigkeit der deutschen Sprache dazu, dass man wissen muss, welche Bewertung man wann und wie vornehmen kann. Genau das war ja die Debatte, wie man es formuliert, dass wir es für notwendig halten, Bodenschutz vorzunehmen, dass wir es auch für notwendig halten, dass auch andere Staaten genau, wie Sie gesagt haben, hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit auf unseren Level kommen, weil natürlich die Wirtschaft in Deutschland immer darauf hinweist, dass sie durch Umweltstandards entsprechende Wettbewerbsnachteile hat. Wir wollen aber gerade beim Thema Bodenschutz nicht zurückgehen, sondern im Gegenteil die Wettbewerbsgleichheit dadurch herstellen, dass die anderen auch diesem Grundsatz Rechnung tragen sollen.
Das ist der Grund, warum wir diesen Weg gehen und warum wir sagen, wir wollten eine Regelung. Wir halten das für richtig, weil wir wollen, dass andere Länder auch genau diesen Weg gehen. Aber wir wollen im Rahmen dieser Regelung dann auch die Klärung, ganz bewusst die Aussage: Grundsätze, Ziele und Standards, so wie es Herr Müller deutlich gemacht hat. Wir sind für die Ziele, ohne die Instrumente vorzugeben. Genau das war es, was wir immer vorgetragen haben.
Das Entscheidende für uns ist bei der Debatte um die Subsidiarität, die sehr intensiv geführt worden ist, insbesondere im Europaausschuss, dass man genau darüber nachdenken muss, was für und was gegen Subsidiarität spricht. Natürlich könnte man dadurch, dass wir die Schwierigkeit haben, dass der Boden als typisch ortsfeste Ressource nicht unbedingt einen transnationalen Aspekt hat, zu dem Ergebnis gelangen, dass deswegen keine Regelung gemacht werden sollte. Aber ich glaube, an diesem Punkt sollten wir es uns nicht so einfach machen, sondern wir sollten schon auch sehen, dass die Kommission zu Recht darauf verweist, dass wegen fehlender Regelungen zum Bodenschutz in den meisten Staaten anhaltende Risiken und Gefahren für die Bodenqualität in Europa insgesamt vorhanden sind. Deswegen leitet die Kommission an diesem Punkt zu Recht aus der ortsungebundenen Funktion des Bodens auch eine transnationale Bedeutung ab. Denn – Herr Murschel, Sie haben es angesprochen – Böden sind weltweit der größte CO2-Speicher. Vor allen Dingen beeinflussen auch Veränderungen im Humusgehalt der Böden unser Klima.
Darüber hinaus ist eine Debatte, die wir häufig führen müssen: Verseuchte Böden können die Gesundheit europäischer Bürger und die Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln bedrohen. Die Erosion – auch das wurde angesprochen – macht vor Grenzen nicht halt. Leistungsfähige Böden sind darüber hinaus für die Produktion nachwachsender Rohstoffe aus energiepolitischen Gründen europaweit zunehmend von Bedeutung.
Genau dies sind Gründe, die dafür sprechen, die neue Richtlinie nicht von vornherein wegen unterschiedlicher Auffassungen in der Frage, welche Regelungen sie beinhalten muss, insgesamt abzulehnen. Aber natürlich müssen wir auch darüber nachdenken, was notwendig ist und wo wir Punkte sehen, bei denen wir der Auffassung sind, dass wir selbst schon weiter sind. Es wäre gut, wenn das, was wir als Standards haben, EU-weit eingeführt würde.
Deswegen glaube ich, dass es hier manche Fragen gibt, die noch debattiert werden müssen. Wir werden als Landesregierung ganz bewusst im Bundesrat mit den anderen Ländern eine Positionierung vornehmen.
Wichtig ist dabei für uns vor allem die Frage: Wie laufen die Debatten in Europa? Ist es richtig, zu sagen, wir wollten gar keine Richtlinie und betrieben Fundamentalopposition? Da hilft es uns natürlich auch – –
Frau Ministerin, ich habe jetzt zugehört und habe vorhin auch gehört, dass es ein Unterschied ist, ob man „diese“ oder „die“ Richtlinie ablehnt. Was sich mir noch nicht erschlossen hat, war, ob Sie nun „eine“ Richtlinie wollen oder ob Sie noch nicht wissen, ob Sie „eine“ Richtlinie oder etwas anderes haben wollen. Deswegen wäre ich für Aufklärung dankbar.
Liebe Frau Splett, wenn Sie mich hätten zu Ende reden lassen, wäre die Frage vielleicht schon beantwortet. Deswegen werde ich jetzt im Text fortfahren. Ich bin der Überzeugung, dass diese Frage dann entsprechend beantwortet ist.
Ich habe gerade angesetzt, zu sagen: Wir beobachten natürlich, was in Brüssel debattiert wird und wie es debattiert wird. Jüngst tagte die Ratsarbeitsgruppe in Brüssel. Dort votierte die überwiegende Mehrheit der Staaten für die Bodenschutzstrategie und für eine Rahmenrichtlinie. Lediglich Frankreich zeigte sich gegenüber der Richtlinie skeptisch; Großbritannien und die Niederlande lehnen sie ab.
Deswegen ist es auch für die Bundesrepublik eine Aufgabe, im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft die Bodenschutzstrategie zu beraten und sich auch zu positionieren.