Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

drin. Aber Sie haben leider nicht dazugesagt, in welchem Zusammenhang sie drinsteht.

(Abg. Stephan Braun SPD: Natürlich! – Zuruf von der SPD: Zuhören! – Abg. Stephan Braun SPD: Vor lauter Adrenalinschub kann er nicht mehr zu- hören!)

Meine Damen und Herren, die Bildungsausgaben pro Schüler in den berufsbildenden Schulen liegen im Bundesdurchschnitt bei 3 200 € pro Jahr; in Baden-Württemberg liegen sie bei 4 000 €. Wir liegen also knapp 20 % über dem Durchschnitt. Was Sie zitiert haben, waren Angaben über Sondermittel aus dem entsprechenden Ministerium.

(Abg. Stephan Braun SPD: Das hat sie doch ge- sagt!)

Diese Ausgaben sind in Baden-Württemberg natürlich niedriger, was ja logisch ist, weil wir ständig auf höherem Niveau fahren. Da machen wir keine Sonderaktionen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Aber wir liegen bei den regelmäßigen Ausgaben knapp 20 % über dem Bundesdurchschnitt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Wahrscheinlich stand da 20 %!)

Wenn wir 20 % über dem Bundesdurchschnitt liegen, dann können Sie ja schlechterdings nicht argumentieren, da wäre alles so katastrophal, dass wir die Sondermittel erhöhen müssten. Das müssen wir nicht; das machen wir nicht. Wir werden weiterhin auf stabil hohem Niveau fahren.

Meine Damen und Herren, jetzt zum Thema Verschuldung. Der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen und ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass wir in der Tat zwei Anläufe hatten, bei denen wir die Nullverschuldung nicht geschafft haben.

(Abg. Ute Vogt SPD: Genau!)

Ich will mich jetzt nicht über die Achtzigerjahre äußern – das war vor meiner Zeit; da kenne ich mich auch nicht so aus. Aber was den zweiten Anlauf angeht, müssen Sie schon fair bleiben.

Wenn Sie sich einmal die Einnahmesituation anschauen – ich will gar nicht darauf eingehen, warum die Steuereinnahmen eingebrochen sind –, so können wir gern darüber diskutieren, wer in der Bundesrepublik Wirtschaftspolitik macht. Aber lassen wir das einmal beiseite. Wir reden über die Steuereinnahmen von Baden-Württemberg. Wenn Sie innerhalb von zwei Jahren ab dem Jahr 2002 knapp 10 % Mindereinnahmen haben, wenn Sie neun Mal in Folge sinkende Steuerschätzungen haben, wenn Sie in absoluten Zahlen immer weniger in der Kasse haben, aber bei einem Personalkostenanteil von direkt und indirekt knapp 50 % steigende Kosten haben, dann ist es schlicht unseriös, zu argumentieren, es wäre in dieser Phase völlig übel gewirtschaftet worden und deshalb wäre die Verschuldung gestie

gen. Keine Regierung dieser Welt kann in so kurzer Zeit in einem laufenden Haushalt Einsparungen treffen, damit die Verschuldung nicht steigt. Deshalb ist die Behauptung schlicht und ergreifend nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Thema Vertrauen und Seriosität.

(Zuruf von der SPD: Auweh! – Abg. Stephan Braun SPD: Da sind Sie genau der Richtige!)

Es gibt eine ganz einfache Ursache, warum die neuen Steuerschätzungen immer weiter nach unten gingen. In dieser Republik war es bis vor geraumer Zeit so, dass die Steigerungsraten für die Steuerschätzungen – oder auch die Minusraten, je nachdem, wie es gerade lief – von der jeweiligen Regierung immer leicht oder stark unter dem festgesetzt wurden, was die Wirtschaftsweisen gesagt haben. Es ist ein ganz einfaches Vorsichtsprinzip, das man in jeder Kaufmannslehre in den ersten Wochen lernt, dass man eher etwas unter der Schätzung bleibt, damit man später einen Spielraum hat. Bei den neuen Steuerschätzungen, meine Damen und Herren, war es aber bemerkenswerterweise genau andersherum: Da wurde das Wachstum politisch immer ein bisschen weiter nach oben geschraubt,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hochge- rechnet!)

und dann hat man sich seltsamerweise gewundert, wenn die nächste Steuerschätzung wieder in den Keller ging, was eigentlich unschwer vorhersagbar war. Denn wenn man den Prozentsatz zu hoch ansetzt und die Konjunktur einbricht, dann ist es logisch, dass von Steuerschätzung zu Steuerschätzung das Ganze immer weiter nach unten geht.

(Abg. Stephan Braun SPD: Wer ist beteiligt an der Steuerschätzung?)

Meine Damen und Herren, dies hat sich geändert. Seit dem letzten Jahr liegen die prozentualen Steigerungen, die für die Steuerschätzungen angenommen werden, unter dem, was die fünf Weisen vorhersagen, sodass selbst dann, wenn die Konjunktur etwas langsamer wächst, wir trotzdem nicht die Einbrüche haben, wie wir sie bisher hatten. Das zum Thema Seriosität und Vertrauen. Deshalb ist es auch ziemlich wahrscheinlich, dass man konkret vorhersagen kann, dass die Steuereinnahmen, wie es der Herr Ministerpräsident erwähnt hat, auch in den nächsten Jahren zumindest leicht steigen werden und wir deshalb jetzt die Chance haben, die Nullneuverschuldung für die nächsten Jahre zu erreichen.

Pensionsrücklage: Wir sind dabei, wir haben das Thema im Koalitionsvertrag drin. Aber auch da muss man fair bleiben. Wenn man, bevor man die Nullneuverschuldung erreicht, Pensionsrücklagen bilden will, Herr Kretschmann, dann gibt es nur eine einzige Möglichkeit: auf Pump.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist nicht meine Idee!)

Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass ich Geld zu einem beträchtlichen Prozentsatz aufnehme, um es auf ein Bankkon

to zu legen, wo ich einen niedrigeren Zinssatz bekomme, aber dafür behaupten kann, ich habe Rücklagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Da haben Sie ausnahmsweise recht!)

Das entspricht keinem soliden wirtschaftlichen Konzept. Deshalb sagen wir: So schnell wie möglich die Nullneuverschuldung erreichen, dann massiv in die Rücklagenbildung für die Pensionen einsteigen und jetzt auf dem Weg, den wir schon eingeschlagen haben – Sie wissen, dass es bereits einen Rücklagenfonds gibt –, indem wir 0,2 % der Steigerungsraten zurückgelegt haben, weitermachen. Kleine Sümmchen – richtig, aber der Weg ist begonnen. Wir müssen auf diesem Weg so schnell wie möglich nach Erreichen der Nullneuverschuldung den Pensionslastenberg, den wir in etwa 20 Jahren erreichen werden, angehen, weil uns ansonsten der Haushalt unbestritten – wenn ich es so salopp formulieren darf – um die Ohren fliegt, wenn wir es nicht schaffen, diese Rücklagen zu bilden. Wir sind an Bord, auch bei diesem Thema.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Mappus, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmid?

Herr Abg. Schmid, bitte.

Herr Mappus, ist Ihnen bekannt, dass zum Thema Pensionsfonds die Diskussion im Finanzausschuss gemeinsam mit dem Finanzminister inzwischen schon weiter gediehen ist und dass klar geworden ist, dass die Habenzinsen nicht automatisch niedriger sein müssen als die Sollzinsen? Beispielsweise ist das der Fall bei der Versorgungsrücklage des Landes und auch bei den Anlagen, die die Landesstiftung tätigt. Insofern ist dieses traditionelle Argument nicht mehr gültig und sollte nicht mehr gegen einen Pensionsfonds ins Feld geführt werden, auch nicht von Ihnen.

Herr Schmid, das ist insofern nicht richtig, als Sie diese Situation nur bei einem niedrigen Zinsniveau haben. Dieses Glück haben wir im Moment. Aber Sie wissen ganz genau, dass wir diese einmalige Situation nicht auf Dauer haben werden. Im Gegenteil, die EZB hat vier Mal in Folge die Zinsen erhöht. Deshalb würde dieses nette Argument, wenn Sie das weiterspinnen, bedeuten: Ich muss möglichst hohe Schulden machen, damit ich den Kredit auf das Konto legen kann, weil ich dann sogar noch einen Ertrag daraus gewinne. Sie wissen ganz genau, dass das auf Dauer so nicht funktionieren wird. Sonst würden das übrigens andere auch machen – Herr Föll lächelt schon –; diese Idee hätte die Stadt Stuttgart mit Sicherheit bereits umgesetzt. Die brauchen nämlich immer Geld, wenn sie Entsprechendes tun.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber genau das macht die Stadt Stuttgart! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Falsches Denken, Herr Mappus!)

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt: Frau Vogt, ich habe gesagt, Sie hätten im Verlauf zweier Rederunden exakt eine einzige Zahl genannt.

(Heiterkeit des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Ute Vogt SPD: Da haben Sie schlecht zuge- hört!)

Nein, ich habe genau zugehört. Ich habe vor allem gehört, was Sie alles an Vorschlägen gemacht haben, für die wir mehr Geld brauchen. Sie haben beispielsweise mehr Stellen im Polizeidienst und mehr Lehrerstellen gefordert – obwohl ich Ihnen zuvor ja dargelegt hatte, dass Sie vor Kurzem noch das exakte Gegenteil davon gefordert haben; aber in Ordnung. Wer mehr Wohnungsbaumittel, mehr Mittel für Schulsozialarbeit – obwohl wir als Gesetzgeber hierfür gar nicht zuständig sind –,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber Herr Oettinger ist doch zuständig, sagt er!)

Pensionsrücklagen und anderes mehr fordert, dem sage ich: Wir können über jedes Thema reden, über jedes! Wir hätten auch kein Problem, bei dem einen oder anderen Punkt, den Sie genannt haben, mitzumachen – unter einer Bedingung: Machen Sie einen soliden und sauberen Deckungsvorschlag! Dann können wir in diesem Haus über alles – egal, von wem es kommt – reden.

Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich auf die Anträge gespannt, die wir in den nächsten Wochen, den nächsten zwei Monaten bekommen werden. Ich sage zu, dass wir alles sehr sachlich diskutieren werden.

(Abg. Stephan Braun SPD: Das haben wir ge- merkt!)

Aber wir werden nicht sachlich diskutieren, wenn immer nur Forderungen erhoben und entweder gar keine oder aber faule Deckungsvorschläge gemacht werden. Das hielte ich für falsch. Wir sind konstruktiv, wir wollen dieses Land voranbringen – aber unter solider Zielsetzung. Sparen und investieren – beides zusammen ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Frau Vogt: Mit Ihrer Forderung nach mehr Respekt vor dem Parlament haben Sie ja recht. Ich meine auch – so war es ja sicherlich auch eher gemeint –, es ist selbstverständlich die Aufgabe des Parlaments, bei der Aufstellung des Haushalts und vor allem auch bei dessen Verabschiedung sein Königsrecht zu nutzen.

Aber ich muss dem Ministerpräsidenten doch ein großes Kompliment machen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Da sind wir ja ge- spannt! – Zuruf von der SPD: Jetzt aber! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wenn man bei diesen großen Brocken – wir haben sie doch genannt: Beamte, Kommunen, Sport – einen Solidarpakt schließen will, dann geht das nicht, wenn 20 Parlamentarier am Tisch sitzen, sondern dann muss einer einfach der verlässliche Partner sein. Ich stehe nicht an, zu sagen: Es war unglaublich, wie intensiv und strikt die Rückmeldung in die Fraktionen und die Einbindung der Fraktionen stattgefunden hat. Da muss ich einfach noch einmal an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von unserer Fraktion, vor allem an Frau Berroth und Herrn Herrmann, ein Kompliment richten: Sie waren immer bereit, im Rahmen der Beratungen und auch in den Arbeitskreisen die Grundlage für weitere Schritte zu schaffen. Von daher sind die Fraktionen – zugegebenermaßen zunächst einmal nur die Regierungsfraktionen – sehr intensiv in die Beratungen eingebunden worden.

Ich stehe aber zu meiner Aussage: Wenn Sie wie ein Hühnerhaufen in eine solche Beratung hineingehen würden, in der es immerhin darum geht, den eigenen Haushalt aufzustellen, dann – das wissen Sie auch – wäre das naiv. Trotzdem – und das habe ich ja auch schon gesagt –: Was die Eckpunkte betrifft, kann man sicherlich an der einen oder anderen Stelle immer wieder über bessere Lösungen diskutieren. Der Gesamtrahmen jedoch muss stimmen. Und hier dürfen wir als Regierungsfraktionen schon ein wenig stolz darauf sein, dass wir gemeinsam mit der Landesregierung einen solch guten Gesamtrahmen hinbekommen haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)