Für diese vier Punkte, die allesamt wesentliche Entwicklungspotenziale beinhalten, ist in diesem Haushalt kein Ansatz sichtbar.
Beispiel Biolandbau: Die Zahl der Biolandwirte ist in BadenWürttemberg gesunken. Der Umsatz der Biolandprodukte in Deutschland steigt. Er ist im letzten Jahr so stark gestiegen wie noch nie. Die anderen Bundesländer gewähren Hilfen. Bei uns wird die Hilfe durch MEKA-Mittel bestritten, was dazu führt, dass nach dem Auslaufen einer MEKA-Kampagne jeweils einige Jahre lang keine neuen Mittel mehr frei sind, Umstellungswillige also nichts bekommen. Mit ganz einfachen Änderungen der MEKA-Auszahlungspraxis und der Reservierung von Umstellungsbeihilfen für Folgejahre könnte man das Problem lösen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)
Beispiel Biogas: Hier steht es in der Zeitung: „Verschenkte Führungsrolle – Bioenergie in Baden-Württemberg“. Das ist eigentlich schade. Das Bemühen, Biogasanlagen zu errichten, wird vom Land eher gebremst statt unterstützt.
Die Genehmigungspraxis ist uneinheitlich; sie ist nicht gut und nicht einfach; sie ist langwierig. Die Beratung in Sachen Biogasanlagen erfolgt landesweit mit zwei Beratern. Zwei Berater für 60 000 Landwirte! Für 500 bis 1 000 Biogasanlagen zwei Berater – welch eine Offensive der Landesregierung bei Biogas!
Entscheidend ist, dass der Landwirt als Pflanzenlieferant nicht Pflanzenlieferant bleibt, sondern Energielieferant wird und an der Wertsteigerung und der Wertschöpfung teilhaben kann. Wenn das nicht gelingt, ist er abgehängt und genauso weit, wie er heute ist. Auch hier erfährt er keine Unterstützung.
Immerhin wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2030 ein Drittel aller landwirtschaftlichen Flächen im Biosektor eingesetzt werden sollen. Wie wichtig ist dieser Bereich für uns – für den Arbeitsmarkt, für die Wertschöpfung und für die Landwirte?
Wir fordern, mehr Berater einzustellen. Sie haben diese Forderung im Ausschuss wortreich abgelehnt. Wir fordern aber z. B. auch, dass die Landesbank einen Kapitalstock für Landwirte bereitstellt, die in Biogas investieren und die bei ihrer Hausbank dafür nichts bekommen. Diese Ansätze sind eigentlich sehr gut. Über dieses Instrument kann auch gewährleistet werden, dass diese Anlagen technisch und wirtschaftlich sicher und richtig und gut betrieben werden können.
Nehmen wir als Beispiel für Vermarktungsstrategien die erfolgreiche Vermarktung hochwertiger Produkte wie Wein oder Käse. In Deutschland stammt jede zweite Flasche Wein, die wir trinken, aus dem Ausland – Europa, Asien, Kalifornien.
Aber dort trinkt man nicht unsere Weine. Hier müssen die Bemühungen zur Vermarktung weit über die CMA hinausreichen, und es muss auch vom Land mehr getan werden.
Aber auch der diesbezügliche Antrag wurde selbstverständlich abgelehnt. Das ist eigentlich schade. Das erinnert mich an einen Beamten des 19. Jahrhunderts, der an seinem Stempelkarussell dreht und selig den Stempel mit der Aufschrift „Nicht zuständig“ findet.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Jörg Döpper CDU: Was für einen Stempel? – Gegenruf von der CDU: „Nicht zuständig“! – Heiter- keit)
Meine Damen und Herren, das hört sich bekannt an und ist auch bekannt: Die Chancen auf dem Weltmarkt ergeben sich nicht auf dem Acker; sie ergeben sich ausschließlich mit Vermarktungsstrategien und Vermarktungsstrukturen. Unsere Vermarktungsstrukturen sind ca. 100 Jahre alt. Nur die ganz neuen sind erfolgreich. Die Strukturen der Genossenschaften haben noch immer die Größenordnung ihrer Gründung in den Fünfzigerjahren. Wir haben 250 Genossenschaften; diese stehen fünf bis sechs Discountern gegenüber – welch eine Marktmacht! Marktanteile müssen auf den neuen Märkten erkämpft werden. Was die ausländische Konkurrenz bei uns vormacht, müssen wir auf den ausländischen Märkten nachmachen. Das klingt doch logisch und ist es auch.
Und nun der Lackmustest, was die Regierung und der Landeshaushalt für diese Interessen tun. Die Gentechnikfreiheit wird nicht unterstützt, nicht einmal propagiert, sondern durch Feldversuche unterlaufen. Forschung wird mit unseren Haushaltsgeldern betrieben statt von der Industrie finanziert. Der Herr Ministerpräsident spricht vor den Bauern und den Verbrauchern negativ über die Gentechnik, weil er weiß, was man dort hören will. Die Politik dieses Landes ist gentechnikfreundlich. Das klingt komisch und ist es auch.
Nun ein Blick in den Naturschutzhaushalt. Herr Minister, vorab möchte ich mich dafür bedanken, dass es gelungen ist, die Naturschutzmittel im Großen und Ganzen von den Kürzungen im Einzelplan zu verschonen. Herzlichen Dank! Das ist schön. Ich begrüße, dass der Personalbestand nun endlich leicht erhöht wird und die Umsetzung von Natura 2000 erfolgreich ist. Wenn man da nicht mehr machen würde, wäre die FFH-Richtlinie nur ein Papiertiger.
Zwei Schnitzer im Haushalt stechen trotzdem ins Auge. Die Naturparks, ein Paradebeispiel baden-württembergischer Schutzgebietspolitik,
waren schon immer finanziell dürftig ausgestattet, weswegen wir sie schon als Etikettenschwindel bezeichnet haben. Zu wenig Landesmittel stehen für sieben Naturparks auf einem Drittel der Landesfläche zur Verfügung, und nun wurden diese Mittel auf die Hälfte zusammengestrichen. Das hat beinahe deklaratorischen Charakter. Eine sinnvolle Arbeit im Sinne von Ökologie und Tourismus ist mit diesen Mitteln nicht zu machen. Für die betroffenen Gemeinden klingt es wie Hohn, wenn Herr Minister Hauk dazu lapidar erklärt, man müsse Geld eben einfach durch mehr Kreativität ersetzen.
Zum Verbraucherschutz: Allen Fachleuten und Betroffenen ist klar, dass die Lebensmittelkontrolle im Land durch die Verwaltungsreform geschwächt und atomisiert wurde. Die Sicherheit der Verbraucher hat sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Das sagen auch die Landräte, die ja nicht unbedingt in der Mehrzahl aus unserem Gäu sind. Sie fordern vom Land mehr Personal. Der jüngst in die Schlagzeilen geratene durch eine Kontrolle aufgedeckte Verkauf von verbotenen Pflanzenschutzmitteln zeigt, dass das Land versagt hat. Im Haushalt gibt es dazu keine Antworten, keine Spur davon.
Das Ministerium stolpert eher von einer abwiegelnden Sprachregelung in die andere. Ob grüne Gentechnik oder verbotene Pestizide – meine Damen und Herren, es sind stichpunktartige Tests von Verbänden und Organisationen, die Missstände aufdecken und publizieren, nicht aber die eigenen Landesuntersuchungsanstalten. Das ist eigentlich schade; denn Landwirte sind darauf angewiesen, dass ihre Kollegen korrekt arbeiten und das Vertrauen der Verbraucher geschützt ist.
Wir haben in Baden-Württemberg für den Mittelstand umfangreiche und wirkungsvolle Instrumente im Wirtschaftsbereich und im Exportförderbereich. Der Ministerpräsident und die Minister jetten als Verkäufer baden-württembergischer Produkte durch die Welt. Das ist ja auch richtig so. Wir haben die Steinbeis-Stiftung, die Firmen bei der Entwicklung neuer Produkte unterstützt. Das ist gut so. Wir haben Existenzgründungshilfen.
Aber zur größten Entwicklung und Veränderung, die in der Landwirtschaft stattfindet und bei der ein Drittel der Landwirtschaft in die Bioenergien, in die entsprechenden Anlagen und Arbeitsplätze geht, findet sich im Haushalt nicht ein Cent, der dieser Entwicklung auch nur ansatzweise Rechnung tragen würde.
Meine Damen und Herren, dieser Haushalt war – ich sagte es – nicht einfach aufzustellen. Lobenswert ist, dass die Landeszuschüsse gehalten werden – auch deswegen, weil das ein Signal für den ländlichen Raum ist.
Die fehlende Botschaft für die Zukunft, die Botschaft, wir hätten es schon immer so gemacht, ist ein schwerwiegender Man
(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Aber die kannst du nicht zurückru- fen!)
Meine Damen und Herren, der „Wind of change“ bläst heftig in der Landwirtschaft. Ob er der Landwirtschaft ins Gesicht bläst oder ihr als Rückenwind zugutekommt, das könnte der Haushalt beeinflussen. Das tut er aber nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Bravo! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sehr gut!)