Das Wort für die Landesregierung erhält Herr Landwirtschaftsminister Hauk. Ich will nur darauf hinweisen, dass sich die Frau Umweltministerin an die zeitlichen Vorgaben des Herrn Präsidenten sehr gut gehalten hat.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die entscheidende Frage ist, glaube ich, nicht die, ob wir in allen Sektoren gleich spitze und gleich gut sind, sondern die entscheidende Frage der nächsten Jahre und Jahrzehnte wird sein: Wie sieht der ländliche Raum aus, und ist er für Menschen weiterhin lebenswert?
In der Vergangenheit hatten wir eine Abstimmung mit den Füßen: hinaus aus der Stadt und hinein in die ländlichen Räume. Ein besseres Erfolgsergebnis kann eigentlich keiner bekommen,
als wenn die Menschen die Lebensqualität, die Arbeitsplatzqualitäten etc., die es im ländlichen Raum gibt, als solche erkennen und annehmen und diese Chancen auch ergreifen.
Der Trend hat sich nicht gedreht, sondern es ist nur so, dass im Augenblick die Zuwachsraten, die wir noch haben, in den Großstädten wieder etwas stärker sind; dann folgt der ländliche Raum, und dann kommen die „Speckgürtel“. Das ist im Augenblick die Situation des Zuwachses. Da hat sich nichts gedreht.
Wir müssen aber jetzt darauf schauen, dass wir auch bei veränderten gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen die Attraktivität des ländlichen Raums nach wie vor hochhalten. Das ist eine Frage der Strukturpolitik. Wir versuchen mit Erfolg, uns diesen strukturpolitischen Herausforderungen zu stellen.
Aber, meine Damen und Herren und liebe Kollegin Splett, natürlich ist es so, dass Baden-Württemberg, wenn man so will, auch europaweit eine Modellregion ist. Ich bekenne mich dazu, dass wir im Schnitt kleinere Naturschutzgebiete als anderswo haben. Das ist aber auch gar nicht verwunderlich, weil bei uns die Besiedlungsdichte auch in den ländlichen Räumen viel höher ist als anderswo.
Entschuldigung, das ist so. Natürlich können Sie in Mecklenburg, Brandenburg, auch im Bayerischen Wald und in der Oberpfalz
riesige, großflächige, menschenleere Gebiete als Naturparks, Nationalparks, Biosphärengebiete etc. ausweisen.
Das stört niemanden, weil es dort kaum Nutzungskonflikte mit den Menschen gibt. Das ist doch der Punkt.
Wir stehen hier vor einer ganz anderen Herausforderung. Wir müssen den Spagat zwischen den Interessenkonflikten, der bei einer hohen Besiedlung auch in den ländlichen Räumen viel, viel größer ist, ständig, und zwar Tag für Tag, Jahr für Jahr machen. Nur dann kann Naturschutzpolitik im Interesse der Menschen auch gelingen. Denn eines habe ich mit Sicherheit nicht vor: Ich habe nicht vor, eine restriktive, stringente Käseglockenpolitik zu betreiben,
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist doch Rhetorik aus den Achtzigerjahren! Wo gibt es denn bei uns eine Käseglocke? – Gegenruf des Abg. Gun- dolf Fleischer CDU: Sie wollen eine!)
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Jo- chen Karl Kübler CDU: Jawohl! – Zuruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist doch ein alter Käse, den Sie erzählen! – Gegenruf des Abg. Jochen Karl Kübler CDU: So alt ist der Minister gar nicht! Er ist noch ganz jung!)
weil die Richtlinien von Vogelschutz und FFH in Natura 2000 so konzipiert sind. Die stammen nämlich aus der Zeit vor knapp 30 Jahren und sind entsprechend statisch. Immer wieder – das wurde vorhin schon geäußert – werden Vorwürfe ge
äußert, wir würden zu wenig tun und dergleichen mehr. Diese kommen aber nur deshalb, weil es eben statische Richtlinien sind, gerade vonseiten der Europäischen Union.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: In einem dicht besiedelten Land muss man mehr für den Na- turschutz tun als in einem weniger dicht besiedel- ten Land! – Gegenruf des Abg. Gundolf Fleischer CDU)
Ja, natürlich. Das muss man dann aber auch anders machen, Herr Kollege Kretschmann. Die Instrumente müssen ande- re sein. Die Instrumente können hier nicht auf großflächige Schutzgebiete hinauslaufen, sondern die Instrumente müssen viel differenzierter angegangen werden. Sie müssen vor allem auch in der Fläche beginnen.
Wir wollen keine sektorale Naturschutzpolitik nach dem Motto betreiben „Dort nehmen wir die Flächen, dort machen wir Naturschutz, und anderswo machen wir gar nichts“. Wir haben vielmehr den Anspruch, das Thema „Biodiversität, Artenspektrum“
nicht nur in Sektoren zu behandeln und in Flächen abzugrenzen, sondern im gesamten Land flächig voranzubringen. Deshalb machen wir eine umweltfreundliche Landwirtschaftspolitik.
Natürlich. Das ist doch der Ansatz. Was glauben Sie, warum wir MEKA machen? Doch nicht aus Jux und Tollerei. Die Landwirte haben im Prinzip nichts davon, weil sie dafür ja Gegenleistungen im Interesse einer umweltfreundlichen Bewirtschaftung erbringen müssen. Da gibt es Bewirtschaftungsauflagen. Das sind Verträge. Es muss keiner mitmachen. Aber die meisten machen mit.
(Abg. Gundolf Fleischer CDU: So ist es! – Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Aber da müssen Sie die zwei- te Säule stärken!)
Aber natürlich. Das ist der strategische Ansatz, dass wir einen flächendeckenden Ansatz haben und keinen Ansatz, der nur segregiert.
Meine Damen und Herren, natürlich gilt es, Entwicklungen, die gesamtpolitisch vorhanden sind – denken Sie an das Thema „Internationalisierung der Wirtschaft“ und an die damit einhergehenden Konzentrations- und Rationalisierungsprozesse –, entgegenzusteuern, denn die erreichen natürlich auch die Landwirtschaft und die ländlichen Räume. Auch das Thema Demografie, die Frage der Ausdünnung, die zunehmende Mobilität auch der Menschen im ländlichen Raum mit ihren Auswirkungen auf die Infrastruktur, aber auch auf Grundversorgungseinrichtungen, all dies muss gemeinsam und auch ressortübergreifend betrachtet werden. Deshalb hat die Landesregierung beschlossen, einen Kabinettsausschuss „Länd
Meine Damen und Herren, welche Instrumente stehen zur Verfügung? Das ist das, was der Haushalt hergibt. Zunächst einmal gibt es das ELR als Strukturinstrument, als Förderprogramm für Strukturmaßnahmen in ländlich geprägten Dörfern und Gemeinden. Ich danke der CDU-Fraktion und der FDP/ DVP-Fraktion, dass sie dieses ELR im jetzigen Haushalt noch einmal aufgewertet haben und weitere 10 Millionen € durch Umschichtungen bereitgestellt haben.
Wir werden dabei einen Anspruch erfüllen müssen; das Programm wird ein Stück weit auch neu justiert werden müssen. Wir werden dafür sorgen müssen, dass wir genau den infrastrukturellen Anspruch, nämlich die Lebensqualität in den ländlichen Räumen zu halten, entsprechend verbessern. Das heißt, Menschen in den Dörfern, und zwar auch in den Ortskernen, wieder verstärkt eine Zukunft zu geben und das Wohnen auch im Ortskern wieder attraktiv werden zu lassen – das betrifft auch die Mobilisierung entsprechender Flächen –, um damit zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: erstens die soziostrukturelle Wirkung des dörflichen Lebens zu erhöhen und zweitens auch den Flächenverbrauch in der freien Landschaft ein Stück weit zu mindern und Flächen einzusparen.
Ich glaube, damit kommen wir ein ganz erhebliches Stück weiter. Ich sage allerdings auch dazu: Es kann aber auch nicht so sein, dass draußen im Land, in der Fläche gespart wird, während auf den Fildern und anderswo unsinnigerweise zu viel verbraucht wird.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Jetzt haben Sie endlich einmal aus Ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht!)
Diese Segregation gibt es natürlich auch nicht. Ich muss natürlich schon sagen: Es ist ja erfreulich, dass die Region Stuttgart ihre Gewerbeentwicklungsflächen ein Stück weit zurückgestutzt hat. Aber es kann natürlich nicht so sein, dass wir uns über Flächenverbrauch beklagen, draußen in den ländlichen Gemeinden dagegenhalten und dafür auch gute Instrumente finden – nicht mithilfe des Rechts; da geht es aber nicht um 40 Auflagen; es gibt dafür auch Finanzierungsinstrumente – und in den Städten gerade alles so weiterläuft. Diese Verteilung kann es natürlich auch nicht geben.
Meine Damen und Herren, das Zweite, was bei der Fortentwicklung des ELR dazukommt, ist die Frage: Wie gestalten wir Investitionsmaßnahmen aus, wie können wir sie mit regenerativen Energien etc. verbinden? Diese Beratungen werden wir in den nächsten Wochen führen.
Nur am Rande will ich LEADER und das Programm der Europäischen Union für Wettbewerb und Beschäftigung, früher Ziel 2, anreißen. Auch das sind Instrumente, die wir in BadenWürttemberg nutzen, und zwar voll ausnutzen, weil die Europäische Union diese kofinanziert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein paar Takte zum Thema Verbraucherschutz. Der Verbraucherschutz und die Verbraucherpolitik sind Aufgaben, die fast alle Lebensbereiche durchdringen. Die Politik für den Verbraucher ist da