Wir wissen alle, dass vieles gleichzeitig vorhanden sein muss: ein kinderfreundliches Klima, familienfreundliche Arbeitsbedingungen,
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Kürzere Ausbil- dungszeiten, Frau Kollegin! Ganz wichtig!)
Jetzt hat die Frau Ministerin dankenswerterweise erwähnt, dass die Zahlen, die gestern auch der Öffentlichkeit präsentiert wurden, zu Beginn des letzten Jahres erhoben wurden und nur den Ausbau nach den Erfordernissen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes aufnehmen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine neue Situation, weil es gelungen ist, mit dem Bundeselterngeld eines der Reformvorhaben von Rot-Grün zu Schwarz-Rot zu übernehmen. Das ist ein neues Instrument, das neue Ausrichtungen erfordert. Diesem Erfordernis werden Sie bisher nicht gerecht, weil Sie dieses Instrument überhaupt nicht berücksichtigen.
Das heißt, Sie müssen zugrunde legen – und die bisherigen Erfahrungsberichte stimmen uns doch positiv –, dass das Bundeselterngeld greift und die Zielsetzung, die wir uns wünschen, dass sich nämlich mehr junge Menschen für ein Leben mit Kindern entscheiden, berücksichtigt. Diese jungen Eltern werden nach 12 oder 14 Monaten Elternzeit fragen: Wo ist das entsprechende Angebot, das uns im Anschluss an das Bundes elterngeld zur Verfügung stehen soll? Das heißt, wir haben heute schlichtweg die Anschlussfähigkeit zu gewährleisten. Es geht nicht darum, dass man jetzt für 12 oder 14 Monate ein tolles Instrument hat. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass nach Ablauf dieser Zeit junge Eltern, die wieder in ihren Beruf einsteigen wollen, nicht feststellen müssen, dass es kein Anschlussangebot gibt.
Deshalb reicht es eben nicht, sich nur an der Messlatte des Tagesbetreuungsausbaugesetzes zu orientieren. Wir brauchen mehr, und das kann differenziert gestaltet sein.
Ich bin froh, dass die Bundes-SPD klare Vorschläge gemacht und dies mit dem Angebot verknüpft hat, darüber zu diskutieren und ein Einvernehmen zwischen den Kommunen, den Ländern und dem Bund herzustellen.
Es gibt mehrere Zielsetzungen. Dazu gehören der Ausbau der Kleinkindbetreuung, die Stärkung der frühkindlichen Bildung mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen, über die wir hier im Land auch schon längst diskutieren. Denn Kinderkrippen und
Kindergärten sind eben auch Orte der Bildung und nicht nur Orte der Betreuung, und sie sind immer familienergänzend und niemals familienersetzend. Lassen Sie uns dies also nicht so schief diskutieren.
Ich habe die herzliche Bitte an uns alle, die Bälle, die uns jetzt zugeworfen wurden, aufzunehmen und sie richtig zu nutzen, auch mit der Unterstützung des Bundes – denn es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dass sich das Land in der zartestmöglichen Weise mit lediglich 10 % beteiligt und ansonsten sagt, jetzt sollten es doch die Kommunen richten, ist für uns völlig unzureichend. Wir wollen, dass sich auch das Land mit 30 % an dieser wichtigen Zukunftsaufgabe betei ligt.
Wenn wir diese Aufgabe engagiert anpacken, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann tun wir etwas für ein wirklich kinder- und familienfreundliches Baden-Württemberg. Wir tun dann etwas dafür, dass junge Familien hier ihre Lebensentwürfe nach ihrer Wahl, nach ihren Vorstellungen realisieren können, weil sie Wahlmöglichkeiten haben. Das ist allemal besser als reine „Kinderlandlyrik“.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Wonnay, ich weiß nicht, was Sie bei meinen Ausführungen falsch verstanden haben oder wie Sie diese einschätzen. Aber wenn Sie von demografischer Entwicklung sprechen, dann weise ich darauf hin, dass wir sie auch schon im Jahr 2005 gekannt haben. In diesem Jahr wurde nämlich das Tagesbetreuungsausbaugesetz des Bundes verabschiedet.
Wir dürfen eines nicht vergessen: Bei allem Wohlwollen gegenüber den Familien und den Kindern ist sicherlich im gan zen Haus unbestritten, dass die Frage der Finanzierung nun einmal auch dazugehört.
Ich möchte noch einmal – ich habe es vorhin schon einmal gesagt – auf die Aussage unseres Ministerpräsidenten hinweisen, dass er gegebenenfalls sogar außerplanmäßig bereit wäre, Geld in die Hand zu nehmen, sofern Bedarf vorhanden ist und Nachfrage besteht. Das ist doch eine Aussage, mit der wir, denke ich, ganz gut leben können.
Wenn ich die Ausführungen heute so höre, habe ich den Eindruck, dass überhaupt kein Vertrauen in unsere Kommunen besteht. Die Kommunen machen das aber doch hervorragend.
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie dürfen die Kom- munen nicht alleinlassen! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Schauen Sie sich doch einmal die Finanzsitua- tion in unseren Landkreisen an!)
Sie melden sich auch zu Wort, wenn sie tatsächlich einen Mehrbedarf haben und weitere Mittel vom Bund und vom Land brauchen.
Das Bundeselterngeld gibt es seit 1. Januar dieses Jahres. Ich muss schon einmal an die Adresse des Bundes sagen – auch wenn wir an der Koalition beteiligt sind –: Man kann nicht alle möglichen Gesetze verabschieden und gleichzeitig sagen: Das, was sich daraus an Konsequenzen ergibt, sollen hinterher gefälligst die anderen regeln.
Da müssen wir schon im Vorfeld etwas genauer nachdenken und solche Fragen einbeziehen oder die Länder von vornherein beteiligen.
Ich sage jedoch hier auch ungeschützt – und ich wiederhole: obwohl wir selbst an der Koalition in Berlin beteiligt sind –: Ich persönlich halte das Bundeselterngeld in der jetzigen Form für unsozial. Wir können uns bei Gelegenheit einmal darüber austauschen.
Nehmen Sie als Beispiel einmal eine Arzthelferin, und überlegen Sie, was diese Frau an Elterngeld bekommt. Es ist durchaus ein Unterschied, ob eine Familie 1 800 € oder aber nur 300 bis 400 € erhält.
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie haben aber schon zur Kenntnis genommen, dass es auch Kinderzu- schläge für Familien gibt?)
Da gibt es aber nicht viele Wahlmöglichkeiten für die Familien; das höre ich immer wieder. Auch darüber müssen wir uns, wie gesagt, einmal ernsthaft unterhalten.
Deshalb sage ich: Lassen Sie uns auf die Kommunen, aber auch auf die jungen Familien vertrauen. Die jungen Familien kommen und melden ihre Ansprüche an. Wenn Sie mit jungen Familien reden, dann wissen Sie, dass diese oft etwas völlig anderes wünschen, als die Politik ihnen weismachen will.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Sozialministerin hat auf die gesamtgesellschaftliche Dimension der Diskussion hingewiesen und hat auch darauf hingewiesen, dass wir uns über die Ziele einig sind. Da hat sie recht. Wir sind uns aber natürlich nicht einig über den Weg dahin. Da beginnen die Unterschiede.