Eine Wahlfreiheit und damit die eventuelle Notwendigkeit einer jährlichen Neuausrichtung der Sprachenfolgen ist aus mehreren Gründen nur sehr schwer machbar und auch nicht sinnvoll:
Sie wäre in pädagogischer Hinsicht nicht sinnvoll, weil die notwendige Kontinuität des Unterrichts nicht gewährleistet wäre, und sie wäre in schulorganisatorischer Hinsicht nicht sinnvoll, weil die unter Umständen jährlich wechselnden Fremdsprachenfolgen zu gravierenden Schwankungen des fächerspezifischen Lehrerbedarfs führten und damit die Sicherung der Unterrichtsversorgung infrage gestellt würde.
Wenn wir das an den Schulen anbieten, dann müssten wir es konsequenterweise, wie es die FDP/DVP sagt, an allen Schulen im Land anbieten.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja! So ist es! – Ge- genruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wer zahlt das?)
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wie ist das in Würt temberg? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Keine Wahlfreiheit!)
dann müssen wir uns nur noch darüber einigen, wo wir die 310 Stellen hernehmen, die wir dafür benötigen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Im ganzen Land! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da schwätzen wir noch einmal darüber!)
Ich habe es gerade gesagt: In Württemberg gibt es keine andere Wahlmöglichkeit. Sie wollen die Wahlmöglichkeit im ganzen Land, und das würde uns 310 Deputate kosten. Das ist der Punkt.
(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Das ist die Folge, die Konsequenz daraus, dass wir zwei Grundschulfremd- sprachen haben!)
Diejenigen, die eine solche Wahlfreiheit fordern, haben noch keine Rezepte dafür vorgelegt, wie dies mit Deputaten unterlegt werden kann. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn es zusätzliche Deputate für die Schulen gibt, gibt es wichtigere Bedarfe, die wir damit zu decken hätten. Ich nenne hier nur das Stichwort Hauptschule, wo es einen sehr hohen Förderbedarf gibt.
Es ist sicherlich richtig, dass ein Schulwechsel – sei es innerhalb Baden-Württembergs, sei es zwischen zwei Schularten oder sei es aufgrund eines Umzugs innerhalb des Bundesgebiets – für die betroffenen Schülerinnen und Schüler selten völlig reibungslos verläuft. Mit der Situation eines Schulwechsels waren unsere Gymnasien allerdings schon immer konfrontiert. Jede Schule hat ein Übergangsmanagement. Auch bisher waren die Schulen gefordert, einen Schulwechsel durch Ausgleichsmaßnahmen zu erleichtern. Ich denke hier insbesondere an die vielen Schülerinnen und Schüler, die aus anderen Ländern nach Baden-Württemberg ziehen
und die dort in Schulen unterrichtet wurden, die nicht so anspruchsvoll waren wie baden-württembergische Schulen. Ich denke auch an die Tatsache, dass aus anderen Bundesländern Schülerinnen und Schüler zugezogen sind, die dort gar keinen Fremdsprachenunterricht an der Grundschule hatten. Auch für sie mussten wir Anpassungsmaßnahmen anbieten.
Schulische Stütz- und Fördermaßnahmen sowie Einzelfallregelungen, beispielsweise Nachlernfristen, Anpassung der Leistungserhebungen oder sogar das Aussetzen der Versetzungserheblichkeit von einzelnen Fächern können auch bei fehlenden Fremdsprachenkenntnissen sicherstellen, dass der Wechsel an eine andere Schule möglich bleibt.
Jeder Schulwechsel ist ein pädagogischer, individuell zu gestaltender Prozess. Ich versichere Ihnen, dass wir alles dafür tun, die Durchlässigkeit des Bildungswesens zu erhalten. Ich sage Ihnen an dieser Stelle aber auch ganz deutlich, dass kein anderes Land so viele qualifizierte Anschlüsse an einzelne Schularten zu bieten hat wie wir. Die Schüler sind nicht darauf angewiesen, dass sie wechseln, sondern sie können auch durch gut gewählte Anschlüsse hohe Bildungsziele bei uns im Land erreichen.
Das ist etwas, was für uns wohl von hoher Bedeutung ist und was wir immer wieder hervorheben müssen.
Ich bin überzeugt, dass sich die Einführung von Französisch in der Grundschule entlang der Rheinschiene und dessen Fortführung in den weiterführenden Schulen in Anbetracht unserer unmittelbaren Nachbarschaft zu Frankreich auf Dauer als richtig und erfolgreich herausstellen wird. In diesem Sinne bitte ich all diejenigen, die die Schulen auch durch ziemlich gezielte Desinformation zu verunsichern versuchen und die die Eltern zu verunsichern versuchen, indem sie ihnen einreden, sie könnten mit ihren Kindern nicht genügend Erfahrungen mit Englisch sammeln, diese Versuche einzustellen und den Schülerinnen und Schülern an den Schulen die Gelegenheit zu geben, in Ruhe und ohne Aufgeregtheit das Notwendige zu erarbeiten.
Herr Kultusminister Rau, ist Ihnen bekannt, dass sich die Kritik hauptsächlich daran entzündet, dass das bewährte Angebot von Latein und Englisch entlang der Rheinschiene mit Ausnahme dieser sieben altsprachlichen Gymnasien nicht mehr möglich ist und dass z. B. in Karlsruhe von den fünf Gymnasien, die bislang Englisch mit Latein angeboten haben, voraussichtlich nur an einem Gymnasium eine kleine Lerngruppe von zwölf Schülern zustande kommt, die Französisch zusammen mit Latein nehmen, und dass nach Berechnungen der Direktorenvereinigung die Anmeldungsquote der Schüler an diesen Schulen beim Angebot von Englisch und Latein 45 % betragen hat, beim jetzigen Angebot von Latein und Französisch aber nur noch 5 % betragen wird und dass auch diese wenigen, die das machen, nur mit gewaltiger Überredung dazu motiviert werden konnten, und die Direktoren davon ausgehen, dass solche Angebote künftig nicht bestehen?
Zweite Frage: Können Sie überhaupt nachvollziehen, dass Eltern, die wissen, dass Kinder außerhalb der 30-km-Zone sieben Jahre lang Englisch hatten – vier Jahre in der Grundschule und drei Jahre im Gymnasium –, natürlich Angst haben, dass ihre Kinder zu wenig Englisch lernen, wenn sie erst in der achten Klasse damit beginnen,
und dass diese Entscheidung für Englisch als dritte Fremdsprache am Oberrhein deshalb kaum getroffen wird?
Eine dritte Frage muss ich jetzt wirklich noch einmal stellen: Wieso hatten Sie nicht den politischen Mut – wenn Sie so überzeugend argumentieren, wie wichtig Französisch für Baden-Württemberg als Nachbarland von Frankreich ist –, in ganz Baden-Württemberg einen Aufschlag mit Französisch zu machen, sondern haben dies lediglich in einer 30-km-Zone durchgeführt? Das wird auch in unserer Region nicht nachvollzogen.
und den Kindern entlang der Rheinschiene die gleichen Chancen zu geben wie im übrigen Baden-Württemberg.
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE spricht mit Abg. Wolfgang Drexler SPD. – Abg. Jörg Döpper CDU: Hören Sie doch zu!)
Wollen Sie die Antwort auf Ihre Frage auch hören, oder wollen Sie weiter mit dem Kollegen sprechen? Okay.
Erstes Thema: In welchem Umfang wird Latein ab Beginn des Gymnasiums gewählt? Nach den uns vorliegenden Zahlen, die über den Sommer hinweg noch immer ein bisschen variieren, weil es noch Ausgleichsmaßnahmen zwischen Schulen gibt, wird im Regierungsbezirk Karlsruhe ein deutlich höherer Anteil an Schülern mit Latein beginnen als im Regierungsbezirk Stuttgart. Ich sage das nur, um einmal aufzuzeigen, dass es hier offensichtlich nicht die Entwicklung gibt, dass Latein in dem Regierungsbezirk verschwindet.
(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Wir haben schon im- mer mehr Latein gelernt! – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)
Zweitens: Es ist bereits heute sicher, dass aufgrund von Eltern entscheidungen – und nicht, weil wir das irgendwohin lenken wollten – an mindestens zehn Gymnasien Schülerinnen und Schüler mit Französisch und Latein starten. In Karlsruhe liegen so viele Anmeldungen vor, dass wir das an einer Schule bereits sichergestellt haben, dass wir das aber – um allen, die das wollen, die Möglichkeit zu geben – an zwei Schulen machen müssen.
Dann kommen die humanistischen Gymnasien dazu. Das heißt, es wird einen nennenswerten Teil von Schülerinnen und Schülern geben, die sich dafür entschieden haben, diesen Weg zu gehen, mit Französisch und Latein zu beginnen und dann Englisch als dritte Fremdsprache zu wählen. Sie tun das nicht, weil sie nicht die Angst haben, sie würden nicht genügend Englisch lernen, sondern sie tun es auch, weil sie darauf setzen, dass sie auf der Basis von Französisch und Latein sehr viel schnellere Fortschritte in Englisch erzielen werden. – Frau Rastätter, Sie ziehen die Augenbrauen hoch. Sie müssten doch eigentlich auch wissen, dass die Hälfte des englischen Wortschatzes aus dem Französischen kommt
und dass es sehr viele Möglichkeiten der Wortableitung gibt, die das Erlernen sehr viel einfacher machen.