Ich möchte friedfertig und freundlich beginnen, wie gewohnt – wie das vor Kurzem ein von mir sehr geachteter Journalist geschrieben hat –,
will dann aber in einem zweiten Satz auch nicht verbergen, dass mir auch andere Züge innewohnen und ich manchmal mein Temperament nicht zügeln kann; das war bei Ihren letzten Ausführungen, Herr Sckerl, der Fall.
Zunächst einmal, damit meine Grundposition noch einmal klar unterstrichen wird: Ich stimme meinem Kollegen Blenke vollinhaltlich zu, wenn er sagt: Die Sicherheitsgesetze müssen weiterentwickelt werden mit Blick auf die neuen Herausforderungen, aber auch mit Maß und Ziel im Blick auf das, was notwendig ist.
Jetzt zu Ihren Ausführungen, Herr Sckerl: Der G-8-Gipfel in Heiligendamm ist eine neue Herausforderung. Im Übrigen war auch schon die Außenministerkonferenz in Hamburg eine Herausforderung. Sie sprachen von friedlichen Globalisierungsgegnern.
Ich würde auch gerne daran glauben. Aber wo leben Sie eigentlich? Sie bewegen sich doch im Internet. Gucken Sie doch einmal, was sich da abspielt und was da angekündigt wird und wozu da aufgerufen wird! Es kommt ja nicht von ungefähr, dass zu dieser Veranstaltung 16 000 Polizeibeamte notwendig sind, allein 1 300 aus Baden-Württemberg, zeitlich gestaffelt. Glauben Sie, diesen Aufwand betreiben wir aus Jux und Tollerei? Ganz abgesehen davon, was das uns und jedem einzelnen Polizeibeamten abverlangt – ich habe vorhin von Risiken gesprochen – und was das für einen finanziellen Aufwand für diese wenigen Tage mit sich bringt. Gucken Sie einfach ins Internet. Schauen Sie sich einmal an, was sich beim G-8-Gipfel in Genua abgespielt hat. Ich bin überzeugt: Wenn Sie das tun, werden auch Sie nicht mehr von friedfertigen Globalisierungsgegnern reden.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Aber man muss auch nicht jeden Schachtdeckel zuschweißen, zumal es in einigen Län- dern nicht einmal welche gibt!)
Dann ein klares Wort zu Ihrer provokanten Frage zu den Onlinedurchsuchungen: Die Polizei dieses Landes fordert die Weiterentwicklung der Sicherheitsgesetze, damit sie die Rechtsgrundlage hat, um bei der Ausübung ihrer Maßnahmen rechtlich auf gesichertem Boden zu stehen. Deshalb sage ich ganz klar und völlig ungeachtet dessen, was Otto Schily da veranstaltet hat
ja, das im Übrigen; der Zwischenruf ist berechtigt –, zum Stichwort „Abbau der Bürgerrechte“: Meines Wissens waren die Grünen an dem „Otto-Katalog“ von Otto Schily betei ligt.
Noch einmal zurück zu Ihrer Frage zu den Onlinedurchsuchungen – dabei will ich es auch schon belassen –: Die Polizei in Baden-Württemberg hat solche Onlinedurchsuchungen nicht praktiziert, und zwar deshalb, weil es dafür bis dato keine gesicherte rechtliche Grundlage gibt. Deswegen müssen wir darüber nachdenken, ob es notwendig ist, eine solche Rechtsgrundlage zu schaffen. Wenn dies der Fall ist, werden wir überlegen, in welchen Fällen eine solche Maßnahme gerechtfertigt ist. Aber solange die Rechtsgrundlage nicht besteht, machen wir das auch nicht; so einfach ist das –
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Im Gegensatz zu Schily! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Und seiner Staatssekretärin!)
Meine Damen und Herren, um das noch einmal ins richtige Gleichgewicht zu bringen: Klar muss sein: Die Polizeiarbeit
basiert auf einer guten Ausbildung, auf einer angemessenen Besoldung, auf einer hohen Motivation in Baden-Württemberg. Natürlich gehören dazu auch eine Ausrüstung und ausreichendes Personal. Aber es gehören auch die gesetzlichen Handlungsinstrumentarien dazu. All dies muss in einer ausgewogenen Balance liegen, damit wir unserem Ziel möglichst nahekommen.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (AGSchKG) – Drucksache 14/1077
Das Präsidium hat für die Aussprache nach der Begründung durch die Regierung eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Schwangerschaftskonfliktgesetz des Bundes wird den Ländern ein Sicherstellungsauftrag zum Schutz des ungeborenen Lebens zugewiesen. Dieser Sicherstellungsauftrag soll mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf im Land konkretisiert werden.
Der vorgelegte Entwurf des Gesetzes hat folgende Schwerpunkte: Er regelt erstens die Grundsätze der öffentlichen Förderung der anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und der katholischen Schwangerenberatungsstellen. Zweitens – –
Frau Ministerin, Entschuldigung! – Liebe Kolleginnen und Kollegen, verlegen Sie doch Ihre Gespräche nach außerhalb des Plenarsaals.
Zweitens legt dieser Gesetzentwurf die Kriterien für die Auswahl der vom Land zu fördernden Beratungsstellen fest.
Insgesamt geht es also darum, den Institutionen, den Beratungsstellen im Land Rechtssicherheit und rechtliche Klarheit in einem höchst sensiblen Bereich ihrer täglichen Arbeit zu geben.
Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz haben die Länder ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für die Schwangerschaftskonfliktberatung und für die allgemeine Schwangerenberatung sicherzustellen. Diese Beratungsstellen sind auch öffentlich zu fördern. Das Land fördert die Beratungsstellen zum Schutz des ungeborenen Lebens in erheblichem Umfang. Die Haushaltsmittel dazu sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Wir haben hierfür im Jahr 2007 15,7 Millionen € und im Jahr 2008 15,9 Millionen € ausgewiesen.
Mit den im Gesetzentwurf festgelegten Grundsätzen der Förderung wollen wir auch künftig ein ausreichendes plurales Angebot an wohnortnahen Beratungsstellen sicherstellen. Dies erreichen wir dadurch, dass wir den bundesgesetzlich festgelegten Versorgungsschlüssel von mindestens einer Vollzeitfachkraft auf 40 000 Einwohner für Baden-Württemberg als maßgebliche Grenze landesgesetzlich festlegen; das bedeutet mindestens 267 Vollzeitstellen für Fachkräfte. Im Rahmen des Sicherstellungsauftrags greift das Land auf das vorhandene und bewährte Beratungsangebot der anerkannten Konfliktberatungsstellen und katholischen Beratungsstellen zurück. Hierzu wird in unserem Ausführungsgesetz ausdrücklich bestimmt, dass die im Jahr 2006 geförderten Beratungsstellen auch weiterhin zu fördern sind. Damit gewährleisten wir auch künftig die gewachsene und bewährte plurale und wohnortnahe Beratungsstruktur im Land.
Wir haben bereits jetzt die Bedarfsdeckung im Land erreicht. Deswegen ist eine Förderung neuer Beratungsstellen oder einer Fachkraftaufstockung nur dann möglich, wenn bislang geförderte Fachkraftstellen frei werden oder zurückgegeben werden. Der Gesetzentwurf bestimmt auch hierzu die Auswahlkriterien.
Zu den Grundsätzen der Förderung, die wir in unserem Gesetz regeln, gehört auch die gesetzliche Festlegung der Förderhöhe. Damit tragen wir auch den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts Rechnung, die eine Förderung von 80 % der notwendigen Personal- und Sachkosten vorschreiben. Näheres hierzu regeln dann die Förderrichtlinien des Ministeriums.
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens haben sich die Landesverbände und die Beratungsstellen weitestgehend positiv zum Ausführungsgesetz und zur Verwaltungsvorschrift geäußert. Der Gesetzentwurf baut daher auf einem breiten Konsens auf.
Meine Damen und Herren, mit den vorgesehenen Neuregelungen schaffen wir eine landesgesetzliche Grundlage für den Sicherstellungsauftrag des Landes zum Schutz des ungeborenen Lebens. Dieser Sicherstellungsauftrag verpflichtet uns aber auch, aktuelle Entwicklungen aufmerksam zu beobachten und uns den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Das ist mir auch ein besonderes Anliegen. Deswegen möchte ich die heutige Debatte über die Grundlage der Schwangerschaftsberatung auch zum Anlass nehmen, auf das Thema der Pränataldiagnostik zu sprechen zu kommen. Die anhaltende medizinische Entwicklung hat ja zu einer erheblichen Zunahme von Maßnahmen der Pränataldiagnostik in der Schwangerenvorsorge geführt, und daraus ergibt sich ein steigendes Informationsbedürfnis der schwangeren Frauen und ihrer Partner.
Die breite Palette vorgeburtlicher Untersuchungen ist ja schon heute die Regel. Das führt auch dazu, dass ein großes Spektrum an Untersuchungen durchgeführt wird, ohne dass sich die Betroffenen über die möglichen Konsequenzen des Untersuchungsergebnisses immer Gedanken machten. Ich bin der Auffassung, dass die schwangere Frau und ihr Partner in diesen schwierigen Fragestellungen noch mehr als bisher unterstützt und begleitet werden müssen. Wir müssen helfen, dass auch in diesem Bereich eigenverantwortliche und fundierte Entscheidungen getroffen werden.
Ich sehe hier in der Tat Handlungsbedarf, und zwar in der Phase vor der Inanspruchnahme solcher pränataldiagnostischer Untersuchungen und natürlich auch nach dem Vorliegen eines pathologischen Befunds. Im Klartext heißt das: Einer Frau muss vor der vorgeburtlichen Untersuchung klargemacht werden, vor welch schwieriger Entscheidung sie möglicherweise bei einem pathologischen Befund steht. Hierfür ist eine enge Verzahnung zwischen medizinischer und psychosozialer Beratung durch unser Netz unabhängiger Beratungsstellen erforderlich. Auch die Beratung nach der Mitteilung eines pathologischen Befunds muss verbessert werden, weil wir die Eltern in dieser schwierigen Situation nicht allein lassen wollen. Ärzte und Beratungsstellen müssen hier noch mehr Hand in Hand arbeiten, damit möglicherweise vorschnelle Entscheidungen zulasten des Kindes vermieden werden.
Eine qualifizierte psychosoziale Beratung kann hier eine wesentliche Unterstützung geben. Sie werden mir sicher zustimmen, wenn ich sage, dass es in diesem schwierigen und vielschichtigen Problembereich keine Patentrezepte und auch keine einfachen Rezepte gibt. Deshalb möchte ich insgesamt acht Pilotprojekte durchführen, und zwar in jedem Regierungs bezirk ein Pilotprojekt zur Verbesserung der frühzeitigen Schwangerschaftsinformation vor Beginn pränataldiagnostischer Untersuchungen und in jedem Regierungsbezirk ein Pilotprojekt zur Verbesserung der Beratung und Unterstützung nach der Durchführung von Maßnahmen der Pränataldiagnostik bei der Feststellung eines krankhaften Befunds.
Zentraler Punkt wird sein, eine bessere Kooperation von ärztlicher und psychosozialer Beratung zu gewährleisten. Ich meine, damit können wir auch den Paaren Sicherheit geben.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Unsere Beratungsstellen im Land stehen auch in Zukunft vor bedeutsamen Auf gaben. Der Gesetzentwurf zur Ausführung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes wird dazu beitragen, dass sie diese auch künftig in gewohnter Kompetenz erfüllen können. Mithilfe der neuen Regelung schaffen wir die Grundlage, um den Sicherstellungsauftrag des Landes zum Schutz des ungeborenen Lebens auch weiterhin zu erfüllen. Ich möchte Sie daher bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind unser höchstes Gut. Kinder sind unsere Zukunft, und – ich darf das als überzeugte, leidenschaftliche Mutter sagen – sie sind unsere Freude.
Und doch wissen wir alle, dass es außergewöhnliche Situationen und Konstellationen in einem Leben geben kann, in denen es für eine Schwangere schwer sein kann, sich für das in ihr werdende Leben zu entscheiden.