Protokoll der Sitzung vom 23.05.2007

Drittens muss das Land Baden-Württemberg als Hightechstandort seine Kräfte darauf konzentrieren, energiewirtschaftliche Technologieführerschaft zu entwickeln.

Viertens wollen wir das Ziel verbindlich fixieren, dass die Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens – Herr Untersteller, um mindestens – 30 % gegenüber 1990 verringert werden.

Fünftens: Wir wollen den Luftverkehr sowie darüber hinaus den gesamten Verkehrssektor in das bestehende EU-Emissionshandelssystem integrieren.

Sechstens muss die Wärmegewinnung für Gebäude in den Emissionshandel einbezogen werden.

(Glocke der Präsidentin)

Und siebtens – das halte ich für ganz wichtig –: Das Thema Energiesparen muss in den Mittelpunkt jeder weiteren Diskussion gestellt werden.

Ich persönlich glaube: Wenn insbesondere die Industrienationen nicht dramatisch Energie sparen und damit ein Beispiel geben, dann wird die notwendige weltweite CO2-Einsparung überhaupt nicht möglich sein.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kaufmann?

Herr Kaufmann, ich bin in einer Minute fertig. Dann können Sie fragen.

(Heiterkeit)

Wenn der Energiehunger so fortbesteht, wird aus meiner Sicht keine Energieform überhaupt je ausreichen. Deshalb müssen auch wir als Land als Vorbild beim Energiesparen vorn dabei sein.

Kurz zum Antrag der SPD zum Thema Hochwasserschutz. Herr Kaufmann, Umweltministerin Gönner hat bestätigt, dass seit dem Jahr 2005 bei den Planungen von Hochwasserschutzmaßnahmen der Lastfall Klimawandel bereits berücksichtigt ist. Wir als FDP/DVP gehen deshalb davon aus, dass der Antrag damit erledigt ist.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Im Ausschuss erle- digt!)

Ich möchte grundsätzlich noch eines bemerken: Es gibt beim Hochwasserschutz zwei Maxime. Erstens: Nur ökologisch

verträglicher Hochwasserschutz ist nachhaltig, und zwar in ökonomischer Hinsicht und auch in Bezug auf Klimaschutz. Zweitens: Sämtliche Hochwasserschutzmaßnahmen – auch die technischen – haben ihre Grenzen. Einen umfassenden Schutz kann es nie geben. Das muss uns allen bewusst sein.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Bitte schön, Herr Abg. Kaufmann.

Herr Kollege Ehret, wenn ich die sieben von Ihnen genannten Punkte Revue passieren lasse, dann stelle ich fest, dass die Verlängerung der Laufzeiten für die Kernkraftwerke für Sie keine Option war. Habe ich das richtig verstanden?

Herr Kaufmann, Sie kennen meine Position innerhalb der FDP. Ich habe bisher immer so gestimmt; das ist nichts Neues.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der ist ver- gesslich! Der fragt jedes Mal!)

Das Wort erteile ich Frau Ministerin Gönner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass alle gemeinsam der Auffassung sind, dass Klimaschutz und die damit einhergehende Bearbeitung, einerseits die Aufgabe der weiteren CO2-Senkung und andererseits die Anpassungsmaßnahmen, eine der größten Herausforderungen für Politik und Gesellschaft sind. Da sind wir dann beisammen. Dass man in der Frage des Weges immer unterschiedlicher Auffassung sein kann, ist nicht neu. Dass sich dabei Opposition und Regierung unterschiedlich aufstellen, dürfte auch kaum jemanden verwundern.

Zunächst einmal geht es darum – und das wurde angesprochen –: Die Landesregierung hat erst im Jahr 2005 ein umfangreiches und schlüssiges Klimaschutzkonzept für BadenWürttemberg verabschiedet. Wir haben damals zwar noch nicht die Vorhersagen des IPCC aus dem Jahr 2007 gekannt, und trotzdem sind wir für Baden-Württemberg weite Schritte vorangegangen. Wir haben damals ganz bewusst eine Zielsetzung für das Jahr 2010 dargestellt. Wir werden hier auch die Maßnahmen, die wir im Klimaschutzkonzept 2010 aufgenommen haben, abarbeiten. Ich glaube, es gehört auch zu verlässlicher Politik, einmal gefasste Beschlüsse entsprechend umzusetzen.

Ich lege auch auf eines Wert, Herr Untersteller: Sie sagten, die Europäische Union habe sich 30 % nur dann als Ziel gesetzt, wenn andere Länder mitmachten. Sie haben dabei aber unterschlagen, dass die Europäische Union gesagt hat: Um mindes tens 20 % werden wir den CO2-Ausstoß auf alle Fälle reduzieren, und wenn die anderen mitmachen, um 30 %.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Man muss sich auch korrigieren können!)

Ich finde schon, dass das dazugehört, wenn wir darüber diskutieren; das haben Sie weggelassen.

Zweitens – auch das gehört zur Diskussion –: Wenn man das Kioto-Protokoll kennt und weiß, welche Verpflichtungen Europa darin übernommen hat, und zwar ausgehend vom Jahr 1990 bis zum Jahr 2012, dann bedeutet das eine Reduktion von 8 %,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das hieße 0,6 % pro Jahr!)

bei denen wir heute noch nicht wissen, ob Europa sie einhält; Deutschland hat damals als Verpflichtung 21 % übernommen. Wir befinden uns heute bei 19 %. Ich gehe nachher noch kurz darauf ein, wie wir die Reduktion bisher geschafft haben und wie derzeit die Entwicklungen sind.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Aber man muss schon sehen, dass deswegen die 20 %, die wir uns für die Zeit von 2012 bis 2020 vornehmen, also in einem Zeitraum von acht Jahren 12 % oben draufzugeben, durchaus ambitioniert sind. Wenn man auch vor dem Hintergrund der Verhandlungen, die im internationalen Bereich anstehen, sagt, dass wir andere mitnehmen wollen – wir haben bisher ganz bewusst die Meinungsführerschaft in Europa übernommen, wir wollen es zukünftig weiterhin, aber wir müssen auch Anreize setzen, damit andere Länder mitgehen –, dann halte ich dieses Vorgehen der Europäischen Union mit dieser Staffelung – 20 % auf alle Fälle und 30 %, wenn andere mitgehen – durchaus für richtig.

Fakt ist: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Großteil der Minderung von knapp 19 %, die in Deutschland erreicht wurde, in den Jahren 1990 bis 1995 erreicht wurde und dass seitdem Stagnation herrscht. Daraus kann man auch erkennen, womit wir den Großteil unserer Reduktionsverpflichtungen tatsächlich erbracht haben: durch die Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft. Eine solche Leistung, die wir vorgenommen haben, ist beachtlich, aber lässt sich nicht ständig wiederholen; denn wenn Sie Anlagen modernisiert haben, dann wird es anschließend sehr schwer, weitere Potenziale zu erschließen.

Deswegen ist für uns ganz wichtig: Wir werden die Zielsetzungen des Klimaschutzkonzepts 2010 umsetzen. Mir ist dabei aber wichtig, auch einmal einen Blick darauf zu werfen, wie sich der CO2-Ausstoß innerhalb Deutschlands verteilt und wie es auf Baden-Württemberg heruntergebrochen aussieht. Da geht es schon um die Frage des Pro-Kopf-Verbrauchs, und der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt bei 10,6 t pro Jahr, und der in Baden-Württemberg liegt bei 6,9 t pro Jahr. Das heißt, wenn ich von einem deutlich niedrigeren Niveau pro Kopf ausgehe, dann sind natürlich auch weitere Minderungsmaßnahmen entsprechend schwer zu generieren. Trotzdem stellen wir uns dieser Aufgabe.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wo wird denn der Stahl hergestellt?)

Jetzt nenne ich Beispiele, Herr Untersteller, Herr Kaufmann, wo wir hier ganz bewusst Schwerpunkte setzen. Wir haben im Haushaltsplan des Umweltministeriums für 2007 die Mittel für den Klimaschutz um 5,7 Millionen € auf 19,2 Millionen €

aufgestockt, und das in einem Haushalt, der als d e r Sparhaushalt des Landes in die Geschichte eingegangen ist. Ich finde, das ist durchaus eine beachtliche Steigerung. Wir setzen unser Förderprogramm „Klimaschutz-Plus“ fort, und wir haben ein Förderprogramm für kleine und mittlere Betriebe zur Steigerung der Energieeffizienz in Produktionsprozessen – ganz bewusst in den Produktionsprozessen, weil es dort große Potenziale gibt – neu eingeführt.

Wir sind derzeit dabei – auch dies ist nicht neu –, die Einführung eines Wärmegesetzes zu prüfen, in dem wir ganz bewusst sagen: Wir wollen für Neubauten eine Pflicht hinsichtlich der Nutzung erneuerbarer Energien im Bereich der Wärme einführen, und wir prüfen auch, inwiefern dies ebenfalls im Altbaubereich angesetzt werden kann. Dies ist ein völlig neuer Ansatz in Deutschland.

Im Übrigen schaut der Rest von Deutschland hier sehr genau auf Baden-Württemberg. Sie können also nicht sagen, dass die Landesregierung – –

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wegen dem VfB! – Gegenruf von der CDU: Und dem KSC!)

Nicht nur wegen dem VfB, Herr Bullinger. Auch wegen dem, aber nicht nur wegen dem VfB. Wir freuen uns natürlich auch, dass alle auf Baden-Württemberg schauen. Nein, Scherz beiseite: Auch hier schauen alle.

Zweitens: Wir haben uns die Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2010 vorgenommen. Wir sind bei 10 % angekommen, was die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angeht. Wir haben beim Primärenergieeinsatz unser Ziel bereits überschritten. Ich halte es immer für schwierig – aber es kommt ja noch ein späterer Tagesordnungspunkt, bei dem Sie darüber diskutieren –, den Vergleich zu starten, weil, wie Sie wissen, der deutliche Zuwachs in Deutschland hauptsächlich durch den massiven Zubau von Windkraftanlagen an der Nordsee und an der Ostsee erfolgt ist.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Es gibt aber Grenzen der Nutzung von Windkraft im Binnenland, und deswegen halte ich es für schwierig, einen Vergleich anzustellen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Claus Schmie- del SPD – Abg. Jörg Döpper CDU: Das ist denen wurst!)

Wir haben es geschafft, hier bereits auf 10 % zu kommen. Das heißt, alles spricht dafür, dass wir das gesetzte Ziel auch erreichen werden.

Der Landesregierung ging es immer darum, realistische Ziele zu setzen, die wir auch erreichen können. Lieber erreichen wir sie etwas früher und diskutieren dann über die Weiterentwicklung, als dass wir uns Ziele setzen würden, die nachher nicht erreicht werden können, weil sie nicht realistisch waren. Denn der Bürger misst Politik an der Frage: Sind die Versprechun gen umgesetzt worden, oder gab es nur Versprechungen? Uns, der Landesregierung, geht es darum, hier realistische Ziele zu setzen.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Untersteller?

Ja.