Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

und dass das Sicherheitskonzept insgesamt mit dem Grundrecht auf Demonstration nicht vereinbar ist. Es steht dort auch, dass das Urteil anders ausgefallen wäre, wenn die Demonstration am 2. Juni friedlich gewesen wäre.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Es ist aber so ausgefal- len!)

Was ist denn daraufhin passiert?

(Abg. Stefan Mappus CDU: Weichen Sie nicht aus!)

Es ist das passiert, was logischerweise passiert.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sie haben gesagt, nur weil dort demonstriert worden ist!)

Nein. Was ist denn passiert? Die Geschichte ist doch nicht zum ersten Mal so verlaufen. Wir haben es doch auch in Brokdorf gehabt, Anfang der Achtzigerjahre.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da haben Sie Erfahrung, oder?)

Da war ich persönlich dabei. Darauf bin ich heute noch stolz.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Das wundert uns über- haupt nicht!)

Da gab es auch ein Demonstrationsverbot.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Aha, und Sie haben trotz- dem demonstriert? – Weitere Zurufe, u. a. des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Das Demonstrationsverbot wurde im Laufe der Demonstration vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Okay, das ist etwas an- deres!)

Hunderttausend Menschen haben damals einen wichtigen Beitrag zum Demonstrationsgrundrecht in Deutschland geleis tet.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU: Aber das ist bestätigt worden!)

Aus dieser Erfahrung heraus, Herr Kollege Mappus, war es doch völlig logisch und konsequent, dass die Polizeiführung und die Veranstalter rund um Heiligendamm für die Tage danach dieses friedliche, deeskalierende Konzept vereinbart haben. Wir hatten das doch verabredet.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ach so!)

Alle Beteiligten wussten, was stattfinden wird, und hatten sich darauf verständigt, dass es, soweit es irgendwie geht, friedlich stattfindet. Dieses Konzept ist doch aufgegangen. Das war doch ein Sieg für den Rechtsstaat, und die Polizei konnte eine zufriedenstellende Bilanz ziehen.

(Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Das ist unglaublich!)

Wo ist das Problem?

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie fragen, wo das Pro- blem ist? – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist unglaub- lich! Hunderte von verletzten Polizisten! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Er redet von den Tagen da- nach! Seien Sie doch einmal fair!)

Wir unterscheiden uns dadurch, dass wir auf dem Recht zum zivilen Ungehorsam bestehen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Bemerkenswert! Sehr bemerkenswert!)

Das Thema Linksextremismus und alles, was Sie, speziell in Baden-Württemberg, daraus machen wollen, hebe ich mir für eine spannende zweite Runde auf.

(Zuruf von der CDU: Lesen Sie einmal den Verfas- sungsschutzbericht!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck.

(Abg. Ute Vogt SPD: Mal sehen, was die liberale Par- tei hier vorbringt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hoffe, allen hier von links bis rechts ist Artikel 8 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland geläufig. Darin steht:

Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

Damit ist das Demonstrationsrecht als Grundrecht festgeschrieben, und die Liberalen stehen ohne Einschränkung dazu.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Da könnten wir sogar klatschen!)

Herr Kollege Gall, wenn Sie sagen, jetzt nehme die rechte Gewalt zu und die linke Gewalt nehme ab, dann ist mir das kein Trost.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Mir auch nicht!)

Ich will bei Demonstrationen überhaupt keine Gewalt.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Wir auch nicht!)

Ich will überhaupt keine Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele.

Wenn wir von Heiligendamm sprechen – dort wurde Gewalt gegen Personen ausgeübt –, dann müssen wir auch einen Blick auf Rheinstetten-Forchheim werfen, wo man wieder einmal ein Maisfeld zertrampelt hat. Das ist Gewalt gegen Sachen. Wir machen da keinen Unterschied.

(Abg. Ute Vogt SPD: Gewalt gegen Menschen ist doch noch einmal etwas anderes!)

Gewalt wird durch das Demonstrationsrecht nicht gedeckt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! Auch keine Ge- walt gegen Sachen!)

Ob Gewalt von Vermummten ausgeübt wird, die dem linken Spektrum zugerechnet werden, oder ob durch den Ex-CDUGeneralsekretär Heiner Geißler zur Gewalt aufgerufen wird – ich darf zitieren: „Wenn mich einer anfasst, dann schlage ich zurück; und wenn es ein Polizist ist, dann schlage ich zurück“ –: Wir haben mit beidem nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Fritz Buschle SPD – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Wir auch nicht!)

Wir Liberalen argumentieren nicht mit Fäusten,

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wo sehen Sie jetzt die Grünen?)

und zwar weder im Parlament noch außerhalb des Parlaments,

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

obwohl es in anderen Parlamenten manchmal ganz lustig zugeht, wie man manchmal sieht. Aber das wollen wir lieber nicht.

Wir stehen zu einem starken Staat, der Leben, Gesund- heit, Freiheit und Eigentum seiner Bürgerinnen und Bürger schützt.