Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

Da werde ich ganz blass.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das sieht man Ihnen aber gar nicht an!)

Herr Kollege Gall, erste Regel: Recht darf Unrecht nicht weichen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Unstreitig!)

Zweite Regel: Ein freiheitlicher Staat darf der Gewalt nicht weichen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! – Abg. Reinhold Gall SPD: Völlig einig!)

Drittens: Demokratie lebt davon, dass man verhandelt, miteinander spricht, dass die gewählten Vertreter demokratischer Staaten sich treffen, um Themen zu besprechen, die wichtig sind. Da können Sie nicht daherkommen und sagen: Das sollte besser unterbleiben, damit solche Dinge nicht passieren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Es kommt doch darauf an, welche Erwartungen man daran knüpft, welchen Po- panz man da aufbaut!)

Jetzt könnte man sich natürlich alles Mögliche dazu ausdenken. Dann können die sich auf der Zugspitze treffen.

(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Helgoland!)

Dann sind die Demonstranten, was das Bundesverfassungsgericht nicht gern sehen würde, 2 000 m tiefer.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Aber trotzdem ziemlich nah dran!)

Das wäre auch nicht so recht im Sinne der Sache. Oder sie könnten sich auf einer Insel treffen, wie es jetzt auch schon einmal vorgeschlagen worden ist.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Wie man dann die Demonstrationsfreiheit gewährleistet, ist mir jedoch auch rätselhaft.

Ich sage nochmals: Die Betrachtungsweise anhand der Frage, ob der Ertrag den Aufwand rechtfertigt, ist in einem demokratischen Staat fehl am Platze.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zweitens: Herr Kollege Sckerl, ich habe bislang noch nie irgendetwas zu Ihrer Bundesvorsitzenden gesagt. Aber in einem anderen Zusammenhang hat sie mir neulich innerlich schon gewaltig zugesetzt. Ich will es hier nicht verschweigen, auch wenn es nur indirekt etwas mit dem Thema zu tun hat:

Es geht um die Diskussion um Christian Klar und dessen Vollzugslockerungen. Ich habe übrigens auch darauf gewartet, dass er einmal in einer Talkshow auftaucht. Ich glaube, so, wie die Medien dieses Thema aufbereitet haben, hat da nicht mehr viel gefehlt.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Aber dann ist Claudia Roth gekommen und hat noch eins draufgesetzt, indem sie gesagt hat, das wäre nun eine Chance gewesen, die RAF-Ideologie aufzuarbeiten.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Also: Es gibt nichts aufzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das waren Verbrecher, und das sind Verbrecher, und diese müssen als solche behandelt werden. Da gibt es nichts mehr aufzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Sehr gut! – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Auch Verbrechen muss man aufar- beiten!)

Die Verbrechen, die mit einer perfiden Ideologie unterlegt wurden – oder bei denen zumindest ein solcher Versuch unternommen wurde –, sind aufgearbeitet und abgeurteilt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber nicht in einer Talk- show! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Er ist ein Mörder, und damit hat es sich!)

Am Ende dieser Aufarbeitung steht für mich ganz klar: Es waren und es sind Verbrecher, und sie müssen als solche behandelt werden, und zwar genauso wie alle anderen Verbrecher.

(Zuruf: Serienmörder!)

Punkt, Ende!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dazu gehört auch, dass sich der Bundespräsident ein eigenes Bild macht, bevor er über Begnadigungsanträge entscheidet. Das ist alles richtig. Aber im Jahr 2007 die RAF-Ideologie aufarbeiten zu wollen, dazu gehört schon einiges.

Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Blenke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dem Innenminister für diese klaren und deutlichen Worte sehr dankbar. Das war angebracht und auch nötig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Kollege Gall, ich möchte kurz etwas zu Ihren Äußerungen von vorhin sagen. Sie haben uns vorgehalten, wir würden uns bei dieser Debatte heute nur mit Linksextremismus beschäftigen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: So lautet auch der Titel!)

Es ist ja schön, wenn Sie den Titel gelesen haben. Es geht heute um Linksextremismus. In Heiligendamm haben keine Rechtsextremisten Gewalt geleistet.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Natürlich! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was verstehen Sie unter Linksextremismus?)

Jetzt passen Sie einmal auf. Ich habe vorhin ganz klar und deutlich gesagt, dass wir auf keinem Auge blind sind und dass wir Gewalt – egal, ob von Rechts oder von Links – verurteilen. Wenn Sie oder auch wir hier Debatten über Rechtsextremismus beantragen, dann ist das völlig legitim. Es ist genauso legitim, dass wir hier etwas aufarbeiten, was in Heiligendamm war, ausgehend von Linksextremisten.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Zweiter Punkt: Das, was Herr Sckerl vorhin abgeliefert hat, war schon mehr als bemerkenswert.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was heißt „abgelie- fert“?)

Verbal abgeliefert. – Wir sind von Ihnen, Herr Sckerl, einiges gewohnt. Ich erinnere mich an die Beratung eines Antrags von Ihnen im Innenausschuss, den Sie einmal zu einer Demonstration in Freiburg eingebracht hatten, bei der es zu einem Polizeieinsatz gegen Pflastersteinwerfer kam. Bei dieser Ausschussberatung kamen Ihre Sympathien ganz deutlich zum Vorschein.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das war nur ein Berichtsantrag, Herr Kollege!)

Das sind wir von Ihnen gewohnt. Aber wenn Sie heute sagen, Sie hätten zum Thema Gewaltfreiheit als Grüne keinen Nachholbedarf, und im nächsten Satz sagen, Blockade habe Tradition in diesem Land, dann stehen Sie doch irgendwo nicht ganz richtig.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Gewaltfreie Blo- ckade!)

In der ersten Runde dieser Debatte über die Demonstrationen in Heiligendamm fragten Sie: Wo ist das Problem bei dieser Demonstration? – Entschuldigen Sie! 19 verletzte Polizeibeamte aus Baden-Württemberg und Hunderte von verletzten Polizeibeamten bundesweit, die dort waren, um den Rechtsstaat zu verteidigen, und Sie fragen: Wo ist das Problem? Da haben Sie ein gewaltiges Problem. Sie sind das Problem.