Drittens: Demokratie lebt davon, dass man verhandelt, miteinander spricht, dass die gewählten Vertreter demokratischer Staaten sich treffen, um Themen zu besprechen, die wichtig sind. Da können Sie nicht daherkommen und sagen: Das sollte besser unterbleiben, damit solche Dinge nicht passieren.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Es kommt doch darauf an, welche Erwartungen man daran knüpft, welchen Po- panz man da aufbaut!)
Jetzt könnte man sich natürlich alles Mögliche dazu ausdenken. Dann können die sich auf der Zugspitze treffen.
Dann sind die Demonstranten, was das Bundesverfassungsgericht nicht gern sehen würde, 2 000 m tiefer.
Das wäre auch nicht so recht im Sinne der Sache. Oder sie könnten sich auf einer Insel treffen, wie es jetzt auch schon einmal vorgeschlagen worden ist.
Ich sage nochmals: Die Betrachtungsweise anhand der Frage, ob der Ertrag den Aufwand rechtfertigt, ist in einem demokratischen Staat fehl am Platze.
Zweitens: Herr Kollege Sckerl, ich habe bislang noch nie irgendetwas zu Ihrer Bundesvorsitzenden gesagt. Aber in einem anderen Zusammenhang hat sie mir neulich innerlich schon gewaltig zugesetzt. Ich will es hier nicht verschweigen, auch wenn es nur indirekt etwas mit dem Thema zu tun hat:
Es geht um die Diskussion um Christian Klar und dessen Vollzugslockerungen. Ich habe übrigens auch darauf gewartet, dass er einmal in einer Talkshow auftaucht. Ich glaube, so, wie die Medien dieses Thema aufbereitet haben, hat da nicht mehr viel gefehlt.
Aber dann ist Claudia Roth gekommen und hat noch eins draufgesetzt, indem sie gesagt hat, das wäre nun eine Chance gewesen, die RAF-Ideologie aufzuarbeiten.
Das waren Verbrecher, und das sind Verbrecher, und diese müssen als solche behandelt werden. Da gibt es nichts mehr aufzuarbeiten.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ste- fan Mappus CDU: Sehr gut! – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Auch Verbrechen muss man aufar- beiten!)
Die Verbrechen, die mit einer perfiden Ideologie unterlegt wurden – oder bei denen zumindest ein solcher Versuch unternommen wurde –, sind aufgearbeitet und abgeurteilt.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber nicht in einer Talk- show! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Er ist ein Mörder, und damit hat es sich!)
Am Ende dieser Aufarbeitung steht für mich ganz klar: Es waren und es sind Verbrecher, und sie müssen als solche behandelt werden, und zwar genauso wie alle anderen Verbrecher.
Dazu gehört auch, dass sich der Bundespräsident ein eigenes Bild macht, bevor er über Begnadigungsanträge entscheidet. Das ist alles richtig. Aber im Jahr 2007 die RAF-Ideologie aufarbeiten zu wollen, dazu gehört schon einiges.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin dem Innenminister für diese klaren und deutlichen Worte sehr dankbar. Das war angebracht und auch nötig.
Kollege Gall, ich möchte kurz etwas zu Ihren Äußerungen von vorhin sagen. Sie haben uns vorgehalten, wir würden uns bei dieser Debatte heute nur mit Linksextremismus beschäftigen.
Es ist ja schön, wenn Sie den Titel gelesen haben. Es geht heute um Linksextremismus. In Heiligendamm haben keine Rechtsextremisten Gewalt geleistet.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Natürlich! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was verstehen Sie unter Linksextremismus?)
Jetzt passen Sie einmal auf. Ich habe vorhin ganz klar und deutlich gesagt, dass wir auf keinem Auge blind sind und dass wir Gewalt – egal, ob von Rechts oder von Links – verurteilen. Wenn Sie oder auch wir hier Debatten über Rechtsextremismus beantragen, dann ist das völlig legitim. Es ist genauso legitim, dass wir hier etwas aufarbeiten, was in Heiligendamm war, ausgehend von Linksextremisten.
Verbal abgeliefert. – Wir sind von Ihnen, Herr Sckerl, einiges gewohnt. Ich erinnere mich an die Beratung eines Antrags von Ihnen im Innenausschuss, den Sie einmal zu einer Demonstration in Freiburg eingebracht hatten, bei der es zu einem Polizeieinsatz gegen Pflastersteinwerfer kam. Bei dieser Ausschussberatung kamen Ihre Sympathien ganz deutlich zum Vorschein.
Das sind wir von Ihnen gewohnt. Aber wenn Sie heute sagen, Sie hätten zum Thema Gewaltfreiheit als Grüne keinen Nachholbedarf, und im nächsten Satz sagen, Blockade habe Tradition in diesem Land, dann stehen Sie doch irgendwo nicht ganz richtig.
In der ersten Runde dieser Debatte über die Demonstrationen in Heiligendamm fragten Sie: Wo ist das Problem bei dieser Demonstration? – Entschuldigen Sie! 19 verletzte Polizeibeamte aus Baden-Württemberg und Hunderte von verletzten Polizeibeamten bundesweit, die dort waren, um den Rechtsstaat zu verteidigen, und Sie fragen: Wo ist das Problem? Da haben Sie ein gewaltiges Problem. Sie sind das Problem.