In der ersten Runde dieser Debatte über die Demonstrationen in Heiligendamm fragten Sie: Wo ist das Problem bei dieser Demonstration? – Entschuldigen Sie! 19 verletzte Polizeibeamte aus Baden-Württemberg und Hunderte von verletzten Polizeibeamten bundesweit, die dort waren, um den Rechtsstaat zu verteidigen, und Sie fragen: Wo ist das Problem? Da haben Sie ein gewaltiges Problem. Sie sind das Problem.
Ein Letztes: Ich finde es unerträglich, wie Sie sich anmaßen, zu definieren, was erlaubter ziviler Ungehorsam in diesem Land ist.
Das Bundesverfassungsgericht ist unsere oberste Rechtsprechungsinstanz, die wir alle akzeptieren. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Gipfel in Heiligendamm eine Rechtsprechung verfasst. Sie aber stellen sich hin und sagen – verkürzt –, Sie würden darauf pfeifen. Wo stehen Sie eigentlich?
Lieber Herr Kretschmann, bei aller Hochachtung vor Ihnen muss ich Sie als Fraktionsvorsitzenden einmal fragen: Ist das, was Herr Sckerl vorhin gesagt hat – er würde auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts letztlich pfeifen –,
die Linie Ihrer Partei, Ihrer Fraktion hier in diesem Haus? Wenn ja, dann hätten Sie sich aus dem Konsens aller Fraktionen hier verabschiedet.
Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Herr Innenminister, ich will Ihnen einfach noch einmal sagen, auch wenn es Ihnen nicht passt: Der Ertrag – ich benutze den Ausdruck ausdrücklich noch einmal – einer Veranstaltung wie des G-8-Gipfels, der unter hohem Erwartungsdruck ins Bild gesetzt wurde – nicht nur von den Medien, sondern auch vonseiten der Politik –, wird von den Bürgern schlicht und ergreifend hinterfragt.
Allein diese Frage bedeutet jedoch für mich und bedeutet für uns noch kein Zurückweichen vor Gewalt. Das will ich ganz deutlich sagen.
Das Thema Abgrenzung haben Sie auch noch einmal angesprochen. Ich will da einfach auf eine Pressemitteilung der SPD-Fraktion verweisen.
Darin haben wir, wie schon im Vorfeld des Gipfels, während des Gipfels ausdrücklich und klar gesagt, dass es nicht akzeptabel ist, dass bei den Anti-G-8-Demonstranten in Rostock öffentlich zur Gewalt aufgerufen und die Polizei sogar noch als vermeintliche Ursache dieser Gewalt bezeichnet wird. Eine bessere Abgrenzung kann man, glaube ich, letztlich nicht vornehmen.
Sie haben gefragt: Welche Schlussfolgerungen sind aus dem, was in Heiligendamm passiert ist, eigentlich zu ziehen? Wir hoffen sehr, dass das, was Sie angedeutet haben, auch erfolgt, nämlich dass der Polizeieinsatz tatsächlich gründlich aufgearbeitet und gründlich analysiert wird, und zwar länderübergreifend, nicht nur von jedem entsendenden Land für sich allein.
Auch die Belastung der Einsatzkräfte muss im Übrigen einmal angesprochen werden. Es gab Mängel durch Fehlorganisation. Es gab stundenlang nichts zu essen. Es mangelte an Unterbringungsmöglichkeiten und an Ähnlichem. Darüber muss man reden.
Das ist nicht unser größtes Problem. Das ist das Problem derer, die dort waren, Herr Mappus. Denen müssen Sie einmal eine Antwort geben. Welche Antwort geben Sie denen? Bevor über Freizeitausgleich und Ähnliches gesprochen wird, sagen Sie schon zu, dass bis zu 2 000 Polizeibeamte zur Fuß
Meine Damen und Herren, es ist auch zu untersuchen, warum es eigentlich möglich war, dass trotz Vorwarnung durch den Verfassungsschutz – Sie haben es angedeutet – mehrere Hundert gewaltbereite Randalierer aus dem Ausland nach Deutschland einreisen konnten.
Da muss es doch einfach Lücken gegeben haben. Denn gewaltbereite Japaner – um ein Beispiel zu nennen – sind bestimmt nicht mit ihrem Toyota nach Deutschland gekommen.
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das macht nur Herr Pal- mer! – Abg. Stefan Mappus CDU: Den fährt doch nur der Palmer!)
In diesem Zusammenhang – Herr Kollege Blenke, Sie haben es angesprochen – will ich ausdrücklich die Unterstützung der SPD-Fraktion zusichern, was die Gewalttäterdatei betrifft. Denn es darf nicht sein, dass bundes- und europaweit ein Raum besteht, in dem diese Herrschaften vagabundieren können. Ich muss klar sagen: Was gegenüber Hooligans zum Schutz von Fußballspielen möglich ist, das muss auch hier möglich gemacht werden. Das ist für mich keine Frage.
Herr Präsident, ich komme abschließend noch auf das Thema „Extremistische Gewalttaten“ zu sprechen. Ich hätte noch einige andere Ausführungen zu machen. Aber der Präsident setzt hier die komplette „Lichtorgel“ in Gang.
Meine Damen und Herren, da die Zahl der links- und rechtsextremistischen Gewalttaten in der Summe zunimmt – das ist doch völlig unstrittig –, muss hierauf auch entsprechendes Personal der Sicherheitsbehörden konzentriert werden. Doch was tun Sie? Sie nehmen Umorganisationen im LKA vor und schwächen dort ausgerechnet die Mannschaft, diejenigen Ermittlungsgruppen, die mit der Eindämmung von Linksextremismus und Rechtsextremismus befasst sind. Das passt nicht ganz zu dem, was Sie heute hier ausgeführt haben.
Für uns, meine Damen und Herren – das will ich deutlich sagen –, steht im Mittelpunkt: Wir möchten den Charakter einer freien Gesellschaft bewahrt wissen.
Zum Schluss bedanke ich mich ganz herzlich auch bei den Beamten, die dort eingesetzt waren, und wünsche denjenigen, die verletzt wurden, baldige und vollständige Genesung.
(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Ernst Behrin- ger CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: War das so et- was wie ein Zynismus?)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gäbe vieles zu sagen. Aber, Herr Kollege Blenke, zu Aussagen, die ich in diesem Hause nicht gemacht habe, die mir aber von Ihnen unterstellt werden, erlaube ich mir heute einmal ganz vornehm zu schweigen. Ich muss mich nicht von Worten distanzieren, die ich nicht gesagt habe.