Protokoll der Sitzung vom 27.06.2007

Für die FDP/DVPFraktion erhält Herr Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, glaube ich, nicht besonders erstaunlich, dass das Interesse in diesem Haus für diesen Tagesordnungspunkt relativ gering ist. Herr Lehmann, das hängt nicht damit zusammen, dass die Ausbildungssituation für junge Menschen niemanden in diesem Haus interessieren würde. Ich darf im Übrigen – wenn ich so in Ihre Reihen blicke – darauf hinweisen, dass nicht nur das Interesse bei den Fraktionen von CDU, FDP/DVP und SPD relativ gering ist, sondern offensichtlich auch bei Ihrer eigenen Fraktion. Es liegt ganz einfach daran, dass wir lediglich ein Ausführungsgesetz beschließen, von dem bekannt ist, dass alle Fraktionen im Ausschuss zugestimmt haben, und zu dem man die Prognose wagen kann, dass dieses Ausführungsgesetz nachher hier einstimmig beschlossen wird. Von daher ist es nicht besonders erstaunlich, dass das Interesse relativ gering ist.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Denn – das ist sicher richtig – mit diesem Ausführungsgesetz allein kann man die Situation der Lehrstellen suchenden bzw. einen Beruf suchenden Jugendlichen nicht verbessern. Man kann nur Voraussetzungen dafür schaffen. Dafür ist dieses Gesetz mit Sicherheit hilfreich, weil es nicht nur einen rechtsfreien Zustand überwindet – es ging auch ohne; das ist ganz klar –, sondern auch den großen Vorteil hat, dass mithilfe dieses Ausführungsgesetzes mehr Subsidiarität möglich ist, dass man beispielsweise bestimmte Kompetenzen – etwa für ausbildungswillige Jugendliche, die sich über ihren Arbeitgeber beschweren wollen – wegverlagert von den Regierungspräsidien zu den Kammern. Das ist ein Zugewinn an Subsidiarität.

Ob sich daraus objektiv eine bessere Situation im ganzen Land ableiten lässt, das wird man im Laufe der Zeit sehen. Dieses Gesetz ist auf jeden Fall ein Zugewinn an Flexibilität und Subsidiarität. Deshalb gehe ich davon aus, dass nicht nur meine Fraktion und unser Koalitionspartner, sondern auch die Oppositionsfraktionen zustimmen.

Nun haben Sie, Herr Kollege Kaufmann, versucht – das hat mich nach Ihrer Initiative in der vergangenen Woche auch nicht besonders überrascht –, die Debatte zu nutzen, um über Ihr Thema Warteschleife und das Thema Ausbildungspakt zu referieren und eine gewisse Kritik anzubringen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Berechtigt! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das ist natürlich Ihr gutes Recht. Aber es wäre vielleicht klüger gewesen, Sie hätten auf die von Ihnen für morgen beantragte Aktuelle Debatte zum Thema „Begleitetes Fahren mit 17“ verzichtet – zu diesem Thema ist nämlich schon alles gesagt – und hätten dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Gestehen Sie uns ein anderes Thema für morgen zu? Wir wechseln!)

Meinetwegen gern.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Gestehen Sie uns ein an- deres Thema zu, dann machen wir das!)

Wie gesagt: meinetwegen gern. Zu diesem Thema jedenfalls ist – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Fragen Sie einmal Ihre Fraktionsspitze, ob die damit einverstanden ist!)

Ich frage sie gern, jederzeit. Kollege Bullinger hat es ja schon heute Morgen angeboten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann hätten Sie im Präsi- dium etwas anderes beschließen müssen! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir haben das Thema ja nicht vorgeschlagen.

Jedenfalls, meine Damen und Herren: Dieses Ausführungsgesetz ist mit Sicherheit gut und hilfreich. Die FDP/DVP-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf der Landesregierung gern zu. Ich freue mich darüber, wenn sich die anderen Fraktionen der Zustimmung anschließen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gute Rede!)

Bevor ich Herrn Staatssekretär Drautz für die Landesregierung das Wort erteile, möchte ich noch eine Bemerkung machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich würde jedem den Ratschlag geben, politisch nicht mit der Frage zu argumentieren, ob nun viele oder ob wenige Abgeordnete im Raum sind. Andernfalls erhielten die Zuhörer auf der Tribüne den Eindruck, dass dann, wenn nur wenige Abgeordnete im Saal sind, nur ein geringes Interesse an der Debatte besteht. So ist es gar nicht.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Die Besten sind da!)

Vielmehr sind alle Abgeordneten im Haus. Wir haben Besuchergruppen im Haus. Es gibt auch Besprechungen mit unterschiedlichen Interessenvertretern. Es wäre gut, wenn sich jeder bei seiner Wortwahl ein bisschen am Riemen reißen würde. Andernfalls wird bei den Zuhörern der Eindruck vermit

telt: Wenn weniger Abgeordnete im Saal sind, dann sind die irgendwo, aber nicht im Haus. So ist es ja nicht.

(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Ute Vogt SPD: Ein Präsident, der seine Aufgabe wahrnimmt!)

Jetzt bitte ich um Aufmerksamkeit für den Vertreter des Wirtschaftsministeriums, Herrn Staatssekretär Drautz.

Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir gesehen haben, handelt es sich hier um eine rein rechtstechnische Angelegenheit. Das Gesetz zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes wird als Rechtsgrundlage für die Zuständigkeitsverordnung zum Berufsbildungsgesetz benötigt. Ohne sie kann das Gesetz nicht in Kraft gesetzt werden.

Was ist nochmals der Hintergrund dieses Gesetzes? Das Berufsbildungsgesetz des Bundes regelt die Rahmenbedingungen der beruflichen Aus- und Fortbildung. Das Gesetz aus dem Jahr 1989 wurde grundlegend überarbeitet und zum 1. April 2005 in Kraft gesetzt. Daraufhin musste in Baden-Württemberg die aus dem Jahr 1970 stammende Zuständigkeitsverordnung zu dem alten Berufsbildungsgesetz ebenfalls überarbeitet werden. In dieser Verordnung sind bislang die bundesrechtlichen Vorgaben für Baden-Württemberg umgesetzt.

Bei dieser Überarbeitung hat der Normenprüfungsausschuss völlig überraschend festgestellt, dass für Teile dieser Verordnung eine Ermächtigungsgrundlage fehle und ein Ausführungsgesetz erforderlich sei. Daraufhin ist der nun vorliegende Gesetzentwurf zur Ausführung des Berufsbildungsgesetzes erarbeitet worden.

Kurz zum Inhaltlichen: Wesentlicher Inhalt ist § 1. Darin wird die Landesregierung ermächtigt, die Zuständigkeitsverordnung zu erlassen.

Da wir schon dabei waren, haben wir auch noch ein bereits bestehendes anderes Gesetz als § 2 in das Ausführungsgesetz eingebaut, nämlich das Gesetz über die Berufsbildung im öffentlichen Dienst aus dem Jahr 1980. Folgerichtig wird dieses Gesetz dann in § 3 aufgehoben. Damit ist gesichert, dass wir weiterhin nur ein einziges Gesetz haben. Ich möchte nur das Stichwort Deregulierung nennen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Zum Verfahren: Der Gesetzentwurf ist mit allen anderen fachlich berührten Ministerien abgestimmt worden,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Welchen?)

insbesondere mit dem IM, dem MLR und dem SM.

(Zuruf von den Grünen: SM!)

Das Anhörungsverfahren ist auch schon durchgeführt worden. Es wurden alle Ministerien, der Industrie- und Handelskammertag, der Handwerkskammertag, der DGB, der Gemeindetag, der Städtetag und der Landkreistag sowie nachrichtlich auch alle Regierungspräsidien beteiligt.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der Gemeindetag? – Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Lehmann?

Natürlich, gern.

Bitte, Herr Abg. Lehmann.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, mich würde brennend interessieren, welchen Handlungsauftrag Sie heute mitnehmen. Sie bekommen heute die Ermächtigung, auf dem Verordnungswege die Spielräume des Berufsbildungsgesetzes auszufüllen. Werden Sie in Kürze eine Anrechnungsverordnung auf den Weg bringen? Werden Sie Instrumente zur Qualitätssicherung im beruflichen Bildungswesen einführen?

Sehen Sie: Das fragen Sie jetzt im falschen Moment.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jawohl!)

Ich mache jetzt erst Ausführungen zum Gesetz, damit auch die Zuhörer, die heute bei uns zu Gast sind, wissen, worum es bei diesem Sachverhalt überhaupt geht. Anschließend werde ich die weitere Vorgehensweise erläutern, Herr Kollege.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist der richtige Weg! – Abg. Thomas Blenke CDU: Didaktisch gut aufgebaut! – Heiterkeit)

Auch die Vorschläge des Normenprüfungsausschusses sind eingearbeitet worden.

Der Wirtschaftsausschuss hat in seiner Sitzung am 13. Juni 2007 dem Gesetzentwurf einstimmig zugestimmt. Kurzum, meine Damen und Herren: Das Ausführungsgesetz und damit die Zuständigkeitsverordnung zum Berufsbildungsgesetz sollen dann schnell in Kraft gesetzt werden.

Jetzt stelle ich fest, Herr Kollege:

(Zuruf von der SPD: Jetzt!)

Das Gesetz ist die Basis für neue Handlungsspielräume auf Landesebene. Nur damit Sie es wissen: Erst muss das Gesetz heute beschlossen werden, damit wir neue Handlungsspielräume haben.