Die Zuwächse sind enorm: im Jahr 2006 bei den Biomolkereiprodukten 40 %, beim Frischobst 40 %, beim Biotiefkühlgemüse 60 %, bei Eiern 27 %. Solche Zuwächse gibt es auf keinem anderen Marktsektor. Europaweit ist der Biomarkt 15 Milliarden € schwer. Deutschland hat mit 4 Milliarden € mit Abstand den größten Anteil in Europa. 27 % Anteil halten wir am europäischen Markt – und das bei laufend sinkendem Anteil von Ausgaben für Grundnahrungsmittel. Nur noch rund 8 % gibt der Verbraucher für Grundnahrungsmittel aus. Vor 27 Jahren waren es noch 26 %.
Der Stand mit Bioprodukten, früher am Ende des Wochenmarkts als Geheimtipp für Freaks, ist jetzt für den Verbraucher im Zentrum angekommen – allerdings nicht von selbst. Die Förderung war erforderlich. Jedoch haben andere Bundesländer mehr und besser gefördert. Baden-Württemberg ist in den letzten Jahren zum Schlusslicht bei der Förderung geworden.
Die Landwirtschaftsstaatssekretärin wird vielleicht nachher sagen, Bremen sei auch nicht besser. Burkina Faso, könnte man hinzufügen, ist noch schlechter. Das ist also ein schlechtes Argument. Wir sind sozusagen Schlusslicht. Kein Wunder, denn wir sind auch bei der Anbaufläche Schlusslicht.
Die Schlagzeile in der „Welt“ vom 7. März lautet: „Wir brauchen mehr Ökolandwirte“. Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt am 21. März: „Verschläft das Land den Bioboom?“ Dabei dient Ökolandbau vielem mehr: dem Gewässerschutz, dem Artenschutz, dem Klimaschutz, dem Bodenschutz und nicht zuletzt auch dem Tierschutz. Das Ökolandbaugesetz hat dies unterstützt, die Ökoverordnung in Europa auch. Die Biosiegel nach der europäischen Ökoverordnung haben die unübersichtlichen und unzähligen Herstellerlabels im Bereich Bio abgelöst und für die Verbraucher zu mehr Übersichtlichkeit geführt.
Eine Feststellung an dieser Stelle: Der ökologische Landbau soll für Landwirte eine Alternative und Option sein. Wir gehen ja keinesfalls davon aus – und wollen dies auch gar nicht –, dass jeder diesen Weg beschreitet. Es geht nicht um hundertprozentige Umsetzung. Aber die entsprechende ökonomisch gerechtfertigte Unterstützung sollen alle bekommen, die diese Umstellung anstreben. Wir wollen eine an der Nachfrage der Verbraucher orientierte Steigerung des Ökolandbaus, und wir wollen ein Mehr an Ökologie auch im konventionellen Landbau.
Deswegen stehen wir zum MEKA und seiner Weiterentwicklung, aber genau deswegen erachten wir die grüne Gentechnik auch als kontraproduktiv für die Weiterentwicklung von Ökolandbau.
Nun zum „Bioland Baden-Württemberg“. Auch hier ist die Nachfrage nach Bioprodukten – wie in Deutschland insgesamt – ganz stark gestiegen. Doch hier wurden die Förderinstrumente für die Landwirte, die umsteigen wollten, heruntergefahren. Diese Landwirte wurden ausgebremst, und die Förderinstrumentarien waren untauglich. In Baden-Württemberg hieß es für Landwirte, die auf Biolandbau umsteigen wollten: „Sorry, es gibt im MEKA keine Punkte hierfür. Könnten Sie nicht 2007 oder 2008 noch einmal bei uns vorbeischauen?“
Andere Bundesländer haben kontinuierlich gefördert. Das hat sich statistisch ausgewirkt. Die Zahl der Biolandbaubetriebe ist bei uns von 2003 bis 2005 gesunken. Die Anbaufläche des Biolandbaus hat stagniert. In dieser Zeit ist die Fläche bundesweit um 27 % gestiegen – bei uns jedoch nicht. Die bundesweite Steigerung um 27 % bedeutet 173 000 ha zusätzliche Anbaufläche im Biolandbau.
Wir haben ein untaugliches Fördersystem, das nur alle fünf Jahre mit der Verteilung der Punkte neu zur Verfügung steht, und haben obendrein noch deutlich geringere Fördersätze als Bayern und andere Bundesländer. Der Umsatz mit Bioprodukten ist um 40 % gestiegen. Die baden-württembergische Landwirtschaft hat daran keinen Anteil. Die Zahl der Biolandbaubetriebe ist um 2 300 gestiegen. Baden-Württemberg hat daran keinen Anteil.
Es gibt aber gute Gründe, auf ökologischen Landbau umzustellen: einer davon sind die Arbeitsplätze. Keine andere Branche im Agrarbereich hat im Verhältnis so viele Arbeitsplätze wie der Biolandbau, in keiner anderen Branche sind die Aufwendungen hierfür so hoch. Zitat aus den Erläuterungen zum Agrarbericht der Bundesregierung 2006 für das Wirtschaftsjahr 2004/2005:
Die Ertragslage der ökologisch wirtschaftenden Betriebe entwickelte sich weiterhin verhältnismäßig stabil. Das Unternehmensergebnis lag über dem der konventionellen Betriebe. Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe erzielten weiterhin erheblich höhere Produktpreise bei Getreide und Kartoffeln und höhere Produktpreise bei Milch, bei deutlich niedrigeren Naturalerträgen … Die Aufwendungen für Dünge- und Pflanzenschutzmittel je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in den ökologisch wirtschaftenden Betrieben waren sehr niedrig. Für Personal mussten die ökologisch wirtschaftenden Betriebe höhere Aufwendungen tätigen, da sie mehr entlohnte Arbeitskräfte beschäftigen.
Das heißt also, die Schaffung von Arbeit ist beim ökologischen Landbau höher als beim konventionellen Landbau und sollte unterstützt statt ausgebremst werden. Hier könnte und müsste das Land Marktimpulse setzen, hat dies aber nicht getan. Das ist ein Nachteil und ein Mangel. Ich werde in der zweiten Runde noch einige weitere Punkte anführen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Gern nehmen wir von der CDU-Fraktion zu dem Antrag „Ökologischer Landbau in Baden-Württemberg“ Stellung. Wir können zu diesem Thema viel Positives berichten. Wir sehen das Ganze nicht so pessimistisch, wie es eben vorgetragen wurde.
Wir sind schon immer für ein gleichberechtigtes und ein von gegenseitigem Respekt getragenes Miteinander und Nebeneinander der verschiedenen Bewirtschaftungsweisen im ländlichen Raum gewesen. Freiheit für den Verbraucher korrespondiert mit der Freiheit der Bauern. Das möchte ich zunächst einmal in den Vordergrund stellen.
Die Vielfalt der Lebensmittel und deren kontrollierbare Wege von Feld und Stall bis auf den Teller kommt uns allen zugute. Dies wollen wir, und daran arbeiten wir. Denn konventioneller und ökologischer Landbau haben auch vieles gemeinsam. Beide müssen ihre Stellung auf dem deutschen, auf dem europäischen und inzwischen auch auf dem globalen Markt behaupten. Beide Systeme sorgen dafür, dass unser Land flächendeckend bewirtschaftet wird – mit all den damit verbundenen Vorzügen.
Der Ökolandbau bringt neue Herausforderungen. Wir unterstützen auch Exportorientierung in größeren Maßstäben auf internationalen Märkten. Die landes-, bundes- und weltweite Beliebtheit der Bioprodukte zeigt, welch produktiver Stand erreicht ist. Wir sind auf diesem Gebiet absolut nicht Schlusslicht. Wir sehen im Moment aber auch, dass Angebote an Bio lebensmitteln oft regelrecht knapp geworden sind.
Grundsätzlich ist jedoch zu bedenken, dass für eine Betriebs umstellung immer eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Jahren erforderlich ist. Die aktuelle Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe beruht auf den unternehmerischen Entscheidungen von vor zwei oder drei Jahren. Auch für die Zukunft gilt, dass ein Landwirt, der sich für den ökologischen Landbau entscheidet, mittelfristig immer Umstellungsrisiken einkalkulieren und darauf achten muss, dass der Betrieb wirtschaftlich weiterlaufen kann.
Unerfreuliche Vorgänge wie aktuelle Gammelfleischskandale und Ernteausfälle im letzten Jahr haben zur Umorientierung in Richtung mehr Biolebensmittel geführt. Marketingverfahren, wonach verschiedene Lebensmitteldiscounter Bioprodukte in ihr Angebotsprogramm aufgenommen haben und teilweise im Regal auch auf Augenhöhe einordnen, sind positiv. Aus persönlicher Erfahrung, meine Damen und Herren, weiß ich, wie schwer es ist, in diesen Regalen Zentimeter für Zentimeter Platz zu ergattern.
Wir in Baden-Württemberg stehen dem ökologischen Landbau sehr positiv gegenüber. Er hat bei uns eine lange Tradition. Die Leistungen der ökologisch wirtschaftenden Betriebe und der dort arbeitenden Familien erfahren große Beachtung und Würdigung und genießen einen hohen Stellenwert.
Dies wird im Besonderen auch bei der Förderpolitik in unserem Land deutlich. Über das MEKA werden an diese Betriebe, deren Anteil an allen teilnehmenden Betrieben 4,6 % beträgt, rund 12 % der gesamten Finanzmittel ausbezahlt.
Erstens: Stärkung des ökologischen Landbaus für Betriebe, die nur einen Teil und nicht, wie es das MEKA fordert, den ganzen Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umstellen.
Zweitens: Die gute Arbeit der Ökolandbauverbände hinsichtlich der Information unserer Verbraucher wird honoriert. Ich nenne als Beispiele „Schmeck den Süden“, „Grüne Woche“, Messen und vieles mehr – auch über unsere Marketinggesellschaft, die gestützt wird.
Drittens: Anteilmäßig werden Beratungsdienste gefördert, die auf ökologischen Landbau spezialisiert sind.
Viertens: Wir fördern die Kennzeichnung von Bioprodukten und andere Vermarktungsaktivitäten wie „Ökosommer“ mit Präsentationen in der Öffentlichkeit. Viele landwirtschaftliche Betriebe und Verarbeitungsbereiche stellen sich unter einem Dach vor und werben für diese Produkte.
Fünftens: Sicherheit und Vertrauen sind entscheidend, wenn das Vertrauen der Verbraucher gewonnen und erhalten werden soll. Deshalb führt Baden-Württemberg als einziges Bundesland ein spezielles Untersuchungsprogramm für Ökolebensmittel durch, das Ökomonitoring.
Hier erfolgt eine systematische Rückstandsuntersuchung – z. B. auch auf Pflanzenschutzmittel und Schadstoffe – mit dem Ziel, mögliche Verbrauchertäuschungen besser und schneller zu erkennen. Die bisherigen Ergebnisse stellen unseren Bioerzeugern gute Noten aus. Auch ausländische Bioprodukte werden gezielt kontrolliert.
Zuletzt nenne ich die Forschungsprojekte an unseren Universitäten und an unseren Landesanstalten der Agrarverwaltung. Wir hätten gern mehr Mittel, als im Landeshaushalt vergeben wurden, aber die Haushaltskonsolidierung ließ die von uns gewünschte Höhe der Stützungen nicht zu – wie auch in anderen Bereichen. Dazu stehen wir, und wir sagen das auch deutlich.
Zusätzlich wurde uns – wie allen bekannt – der bisherige Ökofinanzrahmen der EU in Brüssel in der Förderperiode von 2007 bis 2013 gekürzt. Wir werden bereitgestellte Mittel auch künftig verwenden.
Abschließend: Es ist entscheidend, die zur Verfügung stehenden Mittel, Möglichkeiten und Beratungen gezielt an den richtigen Stellen einzusetzen. Das Land fördert über das MEKA den Ökolandbau hinreichend und berücksichtigt auch viele Umweltmaßnahmen der über 90 % konventionellen Betriebe. Wir dürfen nicht zweierlei Verhältnisse zulassen und kon ventionelle nicht gegen Ökobetriebe ausspielen oder umgekehrt.
Mit diesen Maßnahmen haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Große Hoffnungen setzen wir in das neue MEKA III im Hinblick auf den ökologischen Landbau. Die Weiterentwicklung bringt weitere Antragschancen und Möglichkeiten für die Zukunft.
Für eine weitere Verbreitung des ökologischen Landbaus – lassen Sie mich das noch abschließend sagen – müssen die Kräfte des Marktes noch mehr wirken. Nur wenn der Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher bereit sind, die notwendigen Preise zu zahlen, gelingt dies. Letztendlich entscheiden die Verbraucher und Verbraucherinnen am Regal, wie viele Produkte zu angemessenen Erzeugerpreisen erzeugt werden können. Mit dem Kauf wird darüber entschieden, ob die höheren Standards unserer heimischen Betriebe honoriert werden. Wir möchten anerkennen, …
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Frau Staatssekretärin! Der Mangel an baden-württembergischen Biolebensmitteln gemessen an der Nachfrage ist Auswuchs einer steten Ignoranz der Landesregierung, was die positiven Faktoren des Biolandbaus angeht.
Minister und Ministerpräsident, CDU und FDP/DVP versuchen immer wieder, den Eindruck zu erwecken, als wäre das kein ernst zu nehmender wirtschaftlicher Faktor und deswegen zu vernachlässigen,
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Haben Sie dem Kollegen Traub gerade nicht zugehört? – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir hindern niemanden am Ökolandbau!)
weil sowohl Anzahl als auch Fläche der Ökobetriebe nicht wirklich bedeutend seien. Genau diese Einschätzung hat dazu geführt, dass andere Bundesländer und andere Staaten nun diejenigen sind, deren Biolebensmittel hier in Baden-Würt temberg angeboten werden.
Ein konkretes Beispiel: Die Breisgaumilch in Freiburg mit ihren 2 000 Milcherzeugern muss in großen Mengen Milch von Söbbeke aus Norddeutschland zukaufen, weil es in BadenWürttemberg nicht genügend Biomilcherzeuger gibt.