Außerdem kann ich auch hier noch einmal darauf hinweisen – das war auch im Vorfeld unserer Diskussion eine Frage –, dass schon bislang jeder durch Gebrauch des Hausrechts jederzeit ohne gesetzliche Regelung Rauchverbote erlassen kann.
Auch wenn es uns heute in erster Linie um den Schutz der Nichtraucher geht, sei einmal darauf hingewiesen, was die Gesundheitsrisiken derer, die freiwillig rauchen und ihre eigene Gesundheit über Jahre hinweg gefährden, die Solidargemeinschaft letztendlich kosten. Ich denke dabei an die tabakbedingten Krankheiten und Todesfälle, die unser Gesundheitssystem mit geschätzten – man höre und staune – 20 Milliarden € pro Jahr massiv belasten, für die wir alle, ob Raucher oder Nichtraucher, früher oder später aufzukommen haben. Genau da hört für mich eigentlich auch das Recht auf freie Entfaltung auf, es sei denn, die Verursacher würden für diese Belastungen des Solidarsystems selbst aufkommen. Aber dies ist heute nicht unser Thema.
Das Landesnichtraucherschutzgesetz wird nächste Woche, am 1. August 2007, in Kraft treten. Es wird unserer Meinung nach dem selbst gesteckten Ziel, für einen umfassenden Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des ungewollten Passivrauchens zu sorgen, gerecht. Betroffene erhalten damit klare Sig nale. Interessanterweise hat uns das Gaststättengewerbe aufgefordert, noch vor der Sommerpause, bevor die Saison im Gastronomiegewerbe noch einmal richtig beginnt, klar zu sagen, was wir letztendlich wollen.
Man kann jetzt behaupten, dieses Gesetz sei in Teilen lückenhaft. Wenn man damit insbesondere den Schulbereich meint, dann kann ich auch hier nur zum wiederholten Male betonen, dass auch dort das Rauchen grundsätzlich verboten ist. Sonst hätten wir Gesundheitspolitiker der CDU-Fraktion der vorgesehenen Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Bereichen das Rauchen zuzulassen, auch nicht zugestimmt.
Im Vertrauen auf eine sorgsame und fürsorgliche Entscheidung übertragen wir der Gesamtlehrerkonferenz mit Zustimmung der Schulkonferenz und nach Anhörung des Elternbeirats und der Schülermitverantwortung die Entscheidungsbefugnis für eine Ausnahmeregelung für eine Raucherecke auf dem Schulhof – wie Sie wissen, ab der 11. Klasse und ab 18 Jahren –, und diese Ausnahmeregelung muss jährlich neu beschlossen werden. Das übertragen wir verantwortungsvoll diesen Gremien.
Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs setzen wir weiter auf Aufklärung, präventive Maßnahmen und Selbstverantwortung, einen auf lange Sicht selbsttragenden Prozess, bei
dem der Einzelne aus eigenem Antrieb sein Verhalten ändert, statt sich gedankenlos durch staatliche Verbotspolitik verändern zu lassen. Der Freie beugt und bindet sich aus Einsicht irgendwann.
Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, enthält alle notwendigen Vorgaben und Regelungen, um Menschen angemessen vor der Gefahr des Passivrauchens zu schützen. Die Ausnahmeregelungen helfen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, und werden den Einstellungen in unserer Gesellschaft angemessen gerecht. Deshalb stimmt die CDU-Fraktion der Beschlussempfehlung des Sozialausschus ses und damit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes brauchen wir einen gesetzlich geregelten Nichtraucherschutz in Gaststätten, in Schulen und in öffentlichen Gebäuden. Angesichts der Gesundheitsgefahren des Passivrauchens sind strenge gesetzliche Schutzregelungen erforderlich. Immerhin geht es um nicht mehr und nicht weniger als den Schutz vor schwerwiegenden Erkrankungen, die als Folgen des Rauchens gesehen werden können, wie z. B. Lungenkrebs und andere schwere und oft zum Tod führende Krankheiten.
Die SPD-Fraktion hält deshalb einen umfassenden Nichtraucherschutz in Gaststätten, Schulen und öffentlichen Gebäuden für erforderlich. An die Adresse der Kritiker gerichtet, die durch solche gesetzlichen Regelungen die Freiheit der Raucherinnen und Raucher eingeschränkt sehen, sagen wir: Die Freiheit des Einzelnen muss überall dort ihre Grenzen finden, wo es um die Gesundheit und um die Schutzrechte anderer Menschen geht. Dies ist beim Schutz vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens zweifellos der Fall.
Allerdings ist der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf beim Nichtraucherschutz halbherzig und viel zu lückenhaft. An zwei entscheidenden Stellen ist er bei Weitem unzureichend. Die SPD-Fraktion bedauert, dass sich die Landesregierung nicht zu einem kompletten Rauchverbot in Gaststätten durchringen konnte, und wir bedauern ebenso, dass an Schulen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin Raucherecken möglich sein sollen.
Zu beiden Punkten werden wir heute Änderungsanträge einbringen, die wir bereits in den entsprechenden Ausschussberatungen gestellt haben. Wir wollen, dass Gaststätten in Baden-Württemberg zukünftig komplett rauchfrei sind. Deshalb wollen wir auch, dass die Ausnahmeregelung des Gesetzes, die das Rauchen in Nebenräumen ermöglicht, gestrichen wird. Wer die Realität kennt, der weiß nämlich, dass der Rauch wei
terhin vom Nebenzimmer aus in den Hauptraum ziehen kann und die dort sitzenden Gäste weiterhin den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens ausgesetzt werden.
Wenn Sie aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, das Rauchen in Gaststätten mit diesen gesetzlichen Regelungen in der Praxis wirklich verhindern wollen, dann ist das Einzige, was Sie produzieren, eine aufwendige Kontrollbürokratie, da künftig überprüft werden muss, ob die Türen zu den Nebenräumen tatsächlich immer geschlossen sind und ob die Entlüftung des Raucherzimmers tatsächlich ausreicht.
Mit Bürokratieabbau, wie vor allem Sie ihn immer wieder propagieren, hat dies überhaupt nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Die SPD will zudem, dass unsere Schulen künftig komplett rauchfrei sind. Die inkonsequente und pädagogisch fragwürdige Ausnahmeregelung, die Raucherecken an Schulen auch künftig möglich macht, wollen wir deshalb streichen.
An Ihre Adresse, an die FDP/DVP-Fraktion gerichtet, die Sie ein solches Rauchverbot im Vorfeld der Gesetzesberatung vehement befürwortet haben,
sage ich an dieser Stelle: Es liegt heute in Ihrer Hand, und es liegt in der Hand des Fraktionsvorsitzenden, hier eine sinnvolle Veränderung vorzunehmen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Keine Zigarette mehr! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Schon einmal üben!)
Es gibt in diesem Haus, sehr geehrter Herr Dr. Noll, mit der SPD und den Grünen zusammen eine parlamentarische Mehrheit für eine komplett rauchfreie Schule –
allerdings nur dann, wenn Sie ein bisschen Mut aufbringen und in der heutigen Abstimmung Ihre Überzeugungen höher gewichten als die Koalitionsräson.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das kommt alles von der Kettenraucherin!)
Herr Zimmermann, wenn Sie erst denken würden, bevor Sie schwätzen – das habe ich Ihnen schon manchmal gesagt –,
Wenn unsere Änderungsanträge heute in den abschließenden Beratungen keine Mehrheit finden, wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung nicht zustimmen können,
denn dieses Landesnichtraucherschutzgesetz der Landesregierung weist in der vorliegenden Form zu viele und zu gravierende Lücken auf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Landesnichtraucherschutzgesetz haben Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen zwei Chancen vertan. Die eine Chance wäre es gewesen, einen wirklich umfassenden Nichtraucherschutz landesrechtlich zu regeln, und die zweite Chance betrifft die neuen landespolitischen Chancen durch die Föderalismusreform.
Wir haben gemeinsam dafür gekämpft, dass die Landespolitik wieder mehr Gestaltungsspielraum erhält. Wir sollten die se Spielräume nun auch mutig nutzen und uns nicht hinter Absprachen zwischen den Bundesländern verstecken. Es war in diesem Zusammenhang entlarvend, dass die Sozialministerin in der Pressemitteilung, mit der sie den Gesetzentwurf am 24. April vorgestellt hat, fast entschuldigend gesagt hat, dieser Gesetzentwurf entspreche den Vorschlägen der Gesundheitsminister der Länder. Sehr geehrte Frau Ministerin, so war die Föderalismusreform nicht gemeint. Wir haben nicht um mehr landespolitische Kompetenzen gekämpft, damit wir die se Kompetenzen bei der ersten Gelegenheit auf dem Altar einer bundesweit einheitlichen Regelung wieder opfern.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)
Das Argument, man wolle in Deutschland beim Nichtraucherschutz einen Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen vermeiden, kann in diesem Zusammenhang ja wohl nicht ernst gemeint gewesen sein. Wenn Sie das Argument einer bundeseinheitlichen Regelung für das Gaststättenwesen für so gewichtig halten, dann hätten Sie nie die Landeskompetenz für das Gaststättenwesen fordern dürfen. Sie gießen mit solchen Argumenten Öl ins Feuer der Kritiker der Föderalismusreform, die immer behauptet haben, die Länder dürften keine neuen Kompetenzen bekommen, weil angeblich ein Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen entstehen würde.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das bleibt im Kreis! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Es verlängert die Re- dezeit!)
Ich frage nicht, was Sie vom Rauchen halten. Ich wollte nur wissen, wie Sie die Haltung des OBs von Schorndorf beurteilen, der sich für eine Ausnahmeregelung ausspricht. Der ist bei Ihnen ja kein Unbekannter, glaube ich.
Wenn Sie gerade meine Ausführungen verfolgt haben, Herr Heinz, dann werden Sie mit Sicherheit vernommen haben, dass wir in der Fraktion hierzu eine andere Meinung haben als der OB von Schorndorf. Auch dies ist in einer föderalen Welt durchaus möglich.