Jetzt ist das Elterngeld eingeführt worden. Ich will nicht leugnen, dass auch dieses Elterngeld eine neue Dynamik hervorrufen wird. Durch das Elterngeld werden die Annahmen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes sicher übertroffen.
Seit unserer Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/1047 vom März dieses Jahres haben zu diesem Thema in der Tat zahlreiche Gespräche zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden stattgefunden. Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass wir beim Ausbauziel des Tagesbetreuungsausbaugesetzes nicht stehenbleiben können, sondern dass es einen zusätzlichen Ausbaubedarf gibt. Es besteht Konsens, dass eine bundesweite Versorgungsquote von rund 35 % angestrebt werden soll.
Für Baden-Württemberg bedeutet das, dass wir insgesamt rund 90 000 Betreuungsplätze für Kleinkinder in Kinderkrippen, altersgemischten Kindergartengruppen und in der Kindertagespflege benötigen, also etwa das Doppelte des Bedarfs, von dem das Tagesbetreuungsausbaugesetz ausgegangen war. Dieses Ziel wollen wir 2013 erreichen. Ich gehe davon aus, dass durch diese Zielgröße der aktuelle Ausbau eine zusätzliche Dynamik erhält und noch weiter beschleunigt wird.
Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass auch dahin gehend Konsens besteht, dass eine bedarfsgerechte Versorgungsquote angestrebt werden soll. Wir wollen auch weiterhin nicht eine genaue Festschreibung der Zahl der Betreuungsplätze auf Landesebene, sondern wir sind der Auffassung, dass sich der konkrete Ausbau am tatsächlichen örtlichen Bedarf ausrichten muss. Deshalb sehen wir in einer Versorgungsquote von 35 % nicht eine verbindliche Zielgröße, sondern einen durchschnittlichen bundesweiten Orientierungswert. Abweichungen vor Ort – nach oben oder nach unten – sind denkbar. Dies können wir auch an ganz aktuellen Beispielen im eigenen Land feststellen. Auch das ist eine Realität, die wir nicht wegdiskutieren sollten.
Doch wie auch immer: Eine höhere Versorgungsquote kostet zusätzliches Geld. Es ist erfreulich, dass der Bund zugesagt hat, sich bis 2013 an den zusätzlich erforderlichen Ausgaben von 12 Milliarden € mit einem Drittel zu beteiligen.
Hierauf haben die Länder und auch die kommunalen Spitzenverbände großen Wert gelegt. Von Bundesseite besteht also eine Finanzierungszusage in Höhe von 4 Milliarden € bis 2013.
Inzwischen steht auch der Verteilungsmodus für diese Mittel fest. Der Bund wird insgesamt 2,15 Milliarden € für Investitionen zur Verfügung stellen. Nach Baden-Württemberg werden von 2008 bis 2013 durchschnittlich rund 50 Millionen € pro Jahr fließen. In den Jahren 2009 bis 2013 sollen den Ländern im Wege der Umsatzsteuerverteilung 1,85 Milliarden € für Betriebskosten bereitgestellt werden. Das heißt, dass Baden-Württemberg rund 238 Millionen € von Bundesseite zufließen werden. Diese Aufteilung über Investitionskostenzuschuss und Betriebskostenzuschuss ist, denke ich, ein akzeptabler Kompromiss, vor allem auch im Hinblick darauf, dass die Betriebskostenförderung auf 2009 vorgezogen wurde.
Eines möchte ich noch hervorheben: Es ist uns gelungen, dass sich der Bund ab 2014 mit jährlich 770 Millionen € dauerhaft an den Betriebskosten beteiligen wird. Das wird für BadenWürttemberg einen Zufluss von jährlich etwa 100 Millionen € an Betriebskostenförderung bedeuten. Dabei gehe ich davon
aus, dass diese Mittel den Ländern über die Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine verfassungskonforme Lösung, die wir auch sehr befürwortet haben.
Die Vereinbarung mit dem Bund ist in der Tat daran gekoppelt, dass der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Ein- bis Dreijährige eingeführt wird. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es dieses Rechtsanspruchs eigentlich nicht bedarf. Der Ausbau wäre zielgerichteter, wenn wir uns nicht an einem theoretischen Bedarf orientierten, sondern allein an dem, was tatsächlich gebraucht wird. Der Bund hat hierzu bereits einen Referentenentwurf erstellt. Dieser wird im Moment unter den Ressorts abgestimmt und dann den Ländern zugeleitet. Wir werden sehen, wie die näheren Einzelheiten zur Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs aussehen werden.
In den letzten Wochen wurden wichtige Schritte auf dem Weg zu einem weiteren Ausbau der Betreuungsangebote für Kleinkinder unternommen. Der Bund hat Klarheit über seine Unterstützung geschaffen. Nun geht es darum, diese bundespolitischen Weichenstellungen auf das Land zu übertragen.
Ich kann verstehen, dass Sie alle und auch die Kommunen und die Träger auf klare Signale der Landesregierung warten. Ich kann Ihnen versichern, dass das Land auch zukünftig einen Beitrag zum Ausbau der Betreuung von Kleinkindern leisten wird. Aber die Einzelheiten wollen wir in Gesprächen mit den Kommunen erörtern, so wie wir es auch in der Vergangenheit mit Erfolg getan haben.
Ich denke, es ist müßig, sich an dieser Stelle über den Terminkalender des Ministerpräsidenten auszutauschen. Wichtig ist, dass diese Gespräche stattfinden und dann auch in der ganzen Komplexität der Thematik geführt werden können.
Ich denke, das Vertrauensverhältnis zu den Kommunen und den freien Trägern wird durch solche Gespräche gefördert. Wir werden uns auch nicht von pauschalen prozentualen Forderungen beeindrucken lassen. Das tut der Sache nicht gut, weil die Thematik etwas komplexer ist.
Ministerpräsident Oettinger wird noch in diesem Jahr mit den Präsidenten der kommunalen Landesverbände zum gesamten Themenkomplex „Erziehung, Bildung und Betreuung“ – das beinhaltet eben nicht nur die Kleinkindbetreuung, sondern das muss man wirklich im Gesamtpaket sehen –
Gespräche führen. Es ist wichtig, dass wir über den Gesamtkomplex sprechen und nicht über starre Versorgungsquoten, die vielleicht jetzt populär sind.
Für mich steht derzeit das Investitionsförderprogramm des Bundes im Vordergrund, das 2008 starten soll. Auch hier sind über die Fördermodalitäten schon verschiedene Gespräche geführt worden. Weitere Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden und den betroffenen Trägerorganisationen sind bereits in Planung. Es ist in der Tat unser Ziel, ein möglichst einfaches Förderverfahren zu erarbeiten, damit die Bundesmittel zielgerichtet, aber auch nachhaltig zum Einsatz kommen. Wir denken deshalb an ein pauschales Fördersystem. Aber dazu sind noch bestimmte Klärungen notwendig. Ich
glaube, Schnellschüsse machen hier wenig Sinn. Wir werden – das kann ich Ihnen versichern – rechtzeitig zum Jahresende die Fördervoraussetzungen bekannt geben, damit die Mittel ab 2008 auch abgerufen werden können.
Ich bin davon überzeugt, dass wir hier zu guten Lösungen kommen. Das haben wir auch bisher mit den Kommunen hingekriegt. Ich bin sicher, dass wir auch in diesem neuen Paket, das in der Tat geschnürt werden soll, zu guten Lösungen kommen. Da muss ich Sie im Interesse einer guten Lösung einfach noch um ein paar Wochen Geduld bitten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist guter parlamentarischer Usus, dass die Regierung die Möglichkeit hat, in eine Debatte einzugreifen, und die Antragsteller dann auch auf die Aussagen der Landesregierung noch einmal reagieren können. Daher bin ich sehr dankbar für die Ausführungen der Sozialministerin und möchte auf einige Punkte eingehen.
Wir reden heute über die Kleinkindbetreuung, und wir reden dabei über drei Punkte: Wir reden über die Finanzierung, wir reden über das Ausbaukonzept, und wir reden – leider viel zu wenig, auch in der jetzigen Debatte – über die Qualität der Kleinkindbetreuung. Aber die Zeit reicht einfach nicht aus, alle Punkte in gleicher Weise anzusprechen.
Ich komme jetzt zum Thema Ausbaukonzept und möchte dazu aus der Stellungnahme zu unserem Antrag, Drucksache 14/1047, zitieren: Im Jahr 2007 betrug die Versorgungsquote 10,6 %. Von 11 % hat die Frau Sozialministerin jetzt gesprochen; das ist offenbar die Versorgungsquote, von der Sie ausgehen. Für das Jahr 2010 beziffern Sie die Versorgungsquote auf 18,1 %. Es reicht nun nicht, irgendwelche gegriffenen Zahlen in die Diskussion zu werfen, sondern man muss sich schon an den Zahlen der Landesregierung orientieren. Wenn man diesen Anstieg hochrechnet, dann kommt man jedoch nie und nimmer auf 35 % bis 2013. Um das festzustellen, muss man nicht einmal Mathematikerin sein.
(Beifall der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE und bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wet- zel FDP/DVP: Sondern?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mancher Vorwurf wird nicht richtiger, wenn man ihn ständig wiederholt.
Niemand von der Opposition fordert hier eine Versorgungsquote von 35 % in jeder Kommune. Wir sprechen seit jeher von einer landesweiten durchschnittlichen Versorgungsquote von 35 %.
Wenn Sie Ihre Vorurteile und Klischees einmal außer Acht ließen und zuhören würden, dann würde uns das einiges an Zeit ersparen.
Wer hat hier Polemik betrieben, Kollege Theurer? Haben Sie überhaupt zugehört? Hören Sie einmal zu! Dann können auch gerade Sie als Oberbürgermeister noch einiges lernen.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Was sollen denn Quoten? Wir brauchen bedarfsgerechte Angebote! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bedarfsgerechter Ausbau ist gefragt, Frau Lösch, sonst nichts!)
Der zweite Punkt – hören Sie doch einmal zu! – betrifft die Finanzierung. Eine zehnprozentige Beteiligung bedeutet 11,3 Millionen € Landesmittel. Eine Beteiligung in Höhe von 30 % ergibt – jetzt brauchen wir wieder das kleine Einmaleins – 33,9 Millionen €.
Bei einer Betreuungsquote von 25 % bei 30-prozentiger Beteiligung – Dreisatz – kommt man auf 97,5 Millionen €. Diese Summe würde also das Land bei einer 30-prozentigen Beteiligung aufbringen müssen, wenn 2010 eine Betreuungsquote von 25 % erreicht wäre. Das ergibt sich, wenn man die von der Landesregierung genannten Zahlen hochrechnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist machbar, das ist bestimmt kein illusionärer Betrag. Wir haben einen Finanzierungsvorschlag vorgelegt. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir, um den bedarfsgerechten Ausbau der Kleinkindbetreuung zu finanzieren, immer noch die stufenweise Umwidmung des Landeserziehungsgelds vorschlagen.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Da haben wir aber doch schon einen Teil umgewidmet! – Abg. Andrea Krueger CDU: Das erklärt einmal den Familien, die wirklich mit wenig Geld auskommen müssen!)
Sie wissen, dass Länder, die familienpolitisch erfolgreich sein wollen, anstelle von Transferleistungen mehr Investitionen in Bildungs- und Betreuungsstrukturen brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Auf das Betreuungsgeld kann ich jetzt leider nicht mehr eingehen. Das war auch reiner Populismus, was da in den Raum gestellt wurde, denn wir haben dieses Thema ja noch gar nicht angesprochen.
Jetzt komme ich zum Thema Fördermodalitäten. Dazu habe ich vorhin erwähnt: Das Windhundverfahren lehnen wir ab.